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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2810#0113

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Dioustag, L. FeVruar


LG«2.

Anf dik „Heidelberqer
Zeitunq" kann man fich
^ ^ noch für dic Monate
Februar und März mit 36 kr. abonniren
bei afien Postanstalten, ^en Boten und Trä-
gern, sowie bei d. Erped. (Heugaffe Nr. 2).

-j-f Die Rechtspflege in Deütschlattd.

(SchlSß.)

Wenn wir den BLick auf die Zustände der
württembergischen Iufiiz wenven, so fin-
den wir, daß dort schon seit 1819 die Iustiz
von der Verwaltung getrennt ist. Bei dcn
Untergtzrichten (Oberamts-Gerichten) herrfcht
die eigenthümliche (Linrichtung, daß das Ur-
theil von rechtsgelehrten Nichtern und untex
Beiziehung aus der Mirte deS Volkes entnom-
menen Beisitzern (Schöppen) gesprochen wird.-
Bedenkt man nun aber, daß in Württemberg
zugleich noch römisches Recht gilt, so ergibt
fich ein auffallender innerer Widerspruch in
Bezug auf diese Mitwirkung der Laien bei
der Civilrechtspflege. Das bürgerliche Prozeß-
versahren beruht theils auf gemeinem Rechte,
theils auf einzelnen fragmentarischen Landes-
gesetzen aus den Iahren 1818, 1819 und
1822, unv darf als ein veraltetes und zusam-
menhangloses betrachtet werden. Die Folgd'
hiervon ist eine gewisse Langsamkeit des
Rechtsganges, besonders bei den Obergerich-
ten, wo vollkommene Schriftlichkeit herrscht,
verbunden mit Länge der Fvifien und einem
Uebermaaße von Rechtsmitteln.

Die Strafproceßordnung von 1843 gehörte
zwar ihrerzeit zu ven beffern Deutschlanvs,
ist aber jctzt vom Schritte der Zeit überholt
worden. Es besteht nach vieser, mit Ausnahme
der Schwurgerichts- und Proceßsachen, gehei-
mes schriftliches Untersuchungsverfahren. Eine
für die übrigen Straffälle früher festgesetzte
Einrichtung einer mündlichen Schlußverhand-
lung hat sich nicht halten können, und wurde
als nicht lebensfahig schon im I. 1852 wieder
ahgeschafft. (Diese lctztere Erfahrung machte
man auch im Laufe des vorigen Iahrzehnts
im Großherzogthum Baden. Nach dem neuen
badischen Gesetzentwurfe soll dagegen was
wir hier beiläufig erwähnen — vas Institut
der Schöppen oder bürgerlichen Beisitzer bei
minder bedeutenden Straffallen ebensalls zur
Geltung kommen.)

Was den baierischen Civilproceß betrifft,
so beruht derselbe noch immer anf den Grund-
sätzen des gemeinrechtlichen, schriftlichen Ver-
sahrens. Insbesondere ist eine hierauf süßende

Gerichtsordnung vom I. 1753 ckaäßgebend.
Etwas befriedißeNder und Zeitgemäßer ist das
Strüfverfahren siit 1848 gtregelt, hinsichtlich
deffen damals ein aüf Müiidlichkeit und Oeffent-
lichkeit beruhendks Gesetz erlasskn worden ist.
Doch bildet sblbst dieses Gesetz kein abgerun-
detcs Gänzes, muß vielmehk in wichtigen
Theilen noch dürch ein älteres Stkafgesetz
von 1813 ergänzt werden. Aus die geringen
Bergehen hat es keinen Bezug. Doch ist
diese Lücke in neuerer Zeit in Baiern dürch
Edition eineS Polizeistrafgesetzbuches ausgefüllt
worden^ Seit 1856 bestehen dortselbst Colle-
gialgerichte ünter dem Nämen Bezirksgerichte
(nachdem man sich schon seit 1848 Mlt Ver-
suchen zu einer neuen' Gerichssvei'faffung ge-
tragen hatte), fü-r einzelnrichterliche Aburthei-'
lung der geringfügigen Civil- ün^Strafsachen
bestehen nvchLandgerichte fort, mit deneu zu-
gleich noch vie Berwaltung vereisiigt ift. Jn
Bezug auf das richterliche Verfahren bei die-
sen Landgerichten gilt noch ein älteres Gesetz
von 1837. Die Gerichts- und Proceßordnung
Ln Baiern ift däher noch ziemlich complizirt,
theilweise veraltet und beruhen die zbitgemäßen
Neuerungen blos auf Stückwerk. Doch> geht
man damit um, durchgreifende Btsserungen
cintreten zu laffen.

Im Großherzogthum Hessen sind in der
Civiljustiz selbst für Sachen bis zmn höchsten
Streitwerth noch Einzelnrichter bestellt, unter
der Bezeichnung Landrichter. Ein im I. 1848
ausgearbeiteter Entwurf für Collegialgerichte
ist nicht zur Ausführung gelangt. Doch ist
die Iustiz von dcr Vcrwaltung schon seit An-
fang der 20er Iahre getrennt. Das Civit-
verfahren beruht immer noch auf den Grundsätzen
des gemeinen dcutschen Prozesses, und ift ekst im
I. 1848 durch ein spezieües Gesetz etwas näher
geregelt und verbessert worden. Im Straf-
verfahren bestehen für wichtige Fälle Schwur-
gerichte; alle andern Fäüe aber, also bei wei-
tem die Mehrzahl, werden nach einem ziem-
lich veralteten Verfahren abgeurtheilt. Durch
ein Spezialgesetz von 1845 ist hier zwar eine
Nachhülse, jedoch eine ungenügende, geboten.

In Kurhessen sind Instiz und Verwal-
tung ebenfalls von einander getrennt. Zahl-
reiche kleine Untergerichte unter dem Namen
Iustizämter mit Einzelnrichter bestellt, versehen
die Civilrechtspflege. Die übrigen Verbrechen
und Vergehen werden durch eine Arl von Col-
legialgerichten abgeurtheilt, welche jedoch nur
temporär zusammenkommen, und jeweils durch
Herbeiziehung verschiedener Richter unter dem
Vorsitze eines ständigen Directors gebildet

werden. Der Civi'lproceß ist der gemeine
deutsche schriftliche, durch verschiedeye Lokal-
rechte Unb landesherrliche Gesetze etwas mo-
difizirt. Seit 1851 besteht eine öffentlich-
mündliche Schlüßyerhandlung. Die Straspro-
ceßordnung ist im I. 1848 erlaffen worden,
dem Geiste ver Neuzeit gemäß abgefqßt und
sehr rühckenswerth, besonders mit Pezug auf
die Äburtheilung der Schwurgerichtsfälle.

Der Nechtspflege in unserm engern Vater-
lande (in Baben) haben wir neulich schon in
einem besonderen Artikel näher gedqcht. Nach
dcm neuesten Entwurfe, dessen durchgreifende
Ausführung noch in Frage steht, würden wir,
ähnlich wie in Baiern, Einzelnrichter und
Collegialgerichte besttzen. Manche frühere Halb-
heiten und Mißstände wären zwar beseitigt,
besonders das Strafverfahren mehr aus einem
Gusse, jedoch die Gerichtsverfassung etwas zu
complicirt.

Aus dieser unserer summarischen Gesammt-
übersicht ist leicht zu ersehep, wie bunt das
Gemengsel der Gesetzgebungen in den vkrschie-
denen Staaten ist. Kaum in einem. Staate
harmonirt eine solche mit den gesetzlichen Ein-
richtungen eines Andern. Der vielen Klein-
staate'n in Deutschland haben wir bei dieser
unserer Züsammküstcllpng nicht einmal gedacht.
Des eigentlichen bürgerlichen oder Prlvatrechts
haben wir ebenfalls keiner Erwähnung gethan.
Auch kann dieses, wie wir bei einem frü-
heren Anlasse ^chon erwähnt Haben, ohne ben
Sondereigenthumlichkeiten der einzelnenStämme
in ihren Nechtsverhältnissen zu nahe zu treren,
nicht wohl nach einem völlig gemei'nsamen
Maaßstabe nivellirt werden.

* Politische Umschau.

Die Novelle zum Gesetze über.die allgemeine
Dienstpflicht wurde im preuß. Herrenhause
ohne jede Discussion unverändert angenommen.

Der „Moniteur" sagt in seinem Bulletin,
seit der Beilegung der Trentfrage habe sich der
Wind in England gewattig gedrcht; bei einem
Meeting in London seien sehr feindjiche Be-
schlüsse gcgen die Sclavenconföderation gefaßt
und dem amerikanischen Gesandten in Abschrift
mitgetheilt worden.

Auf die Note Russels in Betreff der Stein-
sperre vor dem Hafen von Charleston ant-
wortete Seward, daß es sich nur um einf mi-
litärische Maßregel zur Lerstärkung der Blo-
kade, keineswegs um eine dauernbe Sperre
handle. Die Union werde nach hergestelltem
Frieden den Steindamm wieder wegräumen,

Prozeß Iakoby,

(Fortsetzung.)

Ingleichen mird wohl bei dcr Magd, Elisabetha
Gansert, im Ernste nicht einmal der Gedanke an
bie Möglichkeit eines Verdachtes aufkommen. Es
sei deshalb nur bemerkt, daß fie erst srit Iohanni,
älso kaum 5 Wochen vor dem Tode der Frau Iakoby,
bei dieser im Dienste war, daß sie die 24jährigc
Tochter des Forstwarten Gansert zu Nieder-Beer-
bach ist und vaß sie von der Heimathsbehörde vas
Zcugniß erhielt, sich stets gut betragen, noch nik in
Untersuchung gesianden zu haben unb daß sie, wenn
auch etwas eigensinnig, voch nie lügenhast gewesen
sei. Hiernach kann der Mörder, auch äbgesehen
von dem bereits Erörterten und weiteren Beweisen,
nur in dem Ängeklagten G. H. Iakoby, dem eige-
nen Gatten der Unglücklichen, gefundcn werden.

Das ortsgcrichtliche Zeugniß spricht sich über Iakoby
dahin aus: „daß derselbe schon früher die Achtung
seiner Mitbürgcr nur in geringcm Maaße beseffen
und dieselbe in letzter Zeit ganz verloren habe."
Es ist dieses Zeugniß unter Änderem darauf ge-
stützt: „daß Iakoby schon bci seiner crsten Ehefrau
Verhältnisse mit verschiedenen Weibspersonen un-
terhalten und in Fosge davon auch einmal mit
Wagen, Pferd, Geld und anderen Effectxn mit
finer Dienstmagd durchgegangen sei; nach seiner

Wiederhierherkunft - babe er dann wegen Vervor-
theilung seincr Gläubiyer 4 Monate in Untersu-
chungshaft gescffen, sei;edoch freigesprochen ivorden.

Kaufmann Schmidt gibt an: Iakoby habc schon
zu Lebzciten seiner ersten Ftau mit einem Mädchen
ein Kind gezeugt. Die erwähnte heimliche Entfer-
nung des Iakoby fanv im Iahre 1838 statt, wäh-
rend er und seine Frau damals am Neckarthore eine
Wirthschaft betrieben. Während setne Frau Mor-
gcns auf bem Markte war, um die Einkäufe zu
besorgen, hatte sich Iakoby mit Wagen und Pferd,
ciner vollgepackten Comode und mit 70 bis 80 fl.
an baarem Geld davon gemachr. Er hatte fich über
Straßburg nach Frankreich begeben, hatte unter-
wegs Pferd und Wagen verkaust, war 2 Monate
aus^ebtte^n^un^

dinncn, daß er allen Mädchen nachlaufe, u^d war
cinmal im Winter 1860 außer sich darübcr, daß sie
ihn bei ihrer Nachhausekunft mit ihrcr Magd ein-
geschwssen gefunven habe. Am ernstesten und be-
denÄichsten für ihr ehelicheS Gefchick hatte fich -je-

doch das Verhältniß gestaltet, welches Iakoby mit
der MarieHuber angeknüpft hätte. Dieselbe hatte
von 1857 bis Ostern 1850 bei dem im Nachbar-
haus wohnenden Großh. Kreisasscssor Küchler als
Kindermädchen gedient. Sie hatte Reiz für ihn,
er gab dies dem Mädchen bald durck sem Beneh-
men zu erkennen, wenn er von seinem Garten aus
hinüber nach dem Nachbarhaus blickte, oder er das
Mädchen über die Straße gehcn sah, und nachdem
er einmal Abends Gelegcnheit gefunden hatte, sie
am Mainthore zu, sprechen, er ihr darauf auch ein
Paar goldene Ohrringe zum Präsent gemacht hatte,
so war das Liebesverhältniß bald geknupft und die
heimlichen Zusammenkünfte fandcn öfter Statt.
Nach der Entfernung der Huber hörte jedoch die
Neigung, welche Jakoby zu dic,em Madchen gefaßt,
nicht auf und auch die Huber bliev gefesselt an rhn
durch das Bewußtsein, baß es Iakoby gut'mit ihr
meine und daß sie durch ihn ihr Glück begründen
könne. Iakoby hatte ihr nämlich in der That da-
mals schon Aussichten, sie zu heirathen, eröffnet
gehabt. Er hatte ihr bcieiner Zusammenkunft auf
dem Friedhofe, wie die Huber selbst angibt, gesagt:
„daß man ja nicht wissen könne, was über Einem
verhängt sei; seine Frau sei 6 Iahre älter wic er,
sei öfter rrank nnd wenn sie etwa fterbe, so werde
er an sie denken." Jakoby hatte später, wie dte
Huber selbst angibt, diese brieflich bestimmt, wieder
nach Darmstadt zu kommen und hatte ihr auch 5 ft.
geschickt. Das Nnterkommen, was er ihr ausge-
 
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