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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2810#0081

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Badischer Landtag.

/X Karlsruhe, 22. Ian. Bei dex in
der 9. öffentlichen»Sitzung der zweiten Kam-
mer ftattgefundenen Discussion über die Rech-
nungs - Nachweisungen des Justizministeriums
Tit. V. Nechtspolizei wurde von dem Ahge-
ordneten Krausmann auf die bedeutende Min-
derausgabe von 32,789 fl. bei den Gebüh-
ren der Notare bemerkt, daß diese ihre gewiß
erfreuliche Ursache in der Abnahme der'Vollstre-
ckungen, daher in dem Zuuehmen des. Wohl«
standes unseres Landes habe, daß dadurch aber
auch das Einkommen der Rechtspolizeibeam-
ten bedeutend gefchmalert, daß im Budget
18^g eine Summe zur Befferstellung der
Notare ausgenommen fei, welche jedoch feiner
Ansicht nach nicht ausreicht, bie Notare zu
entschädigen und ihnen eine, der Wichtigkeit
ihres Amtes angemessene Stellung zu verschaf-
fen. Obwohl von den in der Sitzung anwe-
sendcn Negierungscommissären hiergegen nich^s
bemerkt wurde, vernimmt man doch, daß es
in der Absicht der Regierung liege, mit den
ausgenommenen Summen solche Notare auf-
zubessern, welche an kleinen Orten wohnen
und ein sehr spärliches Einkommen haben, da-
gegen aber bei der bevorstehenden Gerichts-
organisation den Notaren überhaupt eine au-
dere Stellung zu geben. — Jn der nämlichen
Sitzung der Zweiten K ammer wurden noch
die folgenden Petionen angezeigt:

1) Ehrerbiettge Bitte der Volksschu'llehrer der Be-
ztrke GernSbach, Schönau tm Wtesenthal, St. Blasien,
Eberbach, StnShetm, Waldshut, HaSlach, Stadt Ueber-
ltngcn,^ Oberkirch, Offenburg , Ncckargcm^ünd^ubtt-

Metzg erz'unft Pforzheim, die endltche Aufhebung

3) Eine gletche Bttte der Mehgerzunft Stein.

stellung einer Telegraphenanstalt daselbst.

8) Bitte von 19 Gemeinden deS 2. Aemterwahlbeztrks
um Abänderung der §§. 9 und 35 deS Gesetzes üher die

9) Eine gletche Bttte von 14 Gemeinhen deffelben
Wahlbeztrks.

10) Etne gletche Bttte der Gemetndcn des Beztrksamts
Waldshut.

11) „Ehrfurchtsvolle Bttte des Küblermetsters Anton

zeitigen AmtSrichterS vr. Schultz setl und über Das, waö
ernstlich Noth thut, hinrctchendeS Ltcht verbrettend."

12) Bttte von 33 Äemetnden des 2. WahlbezirkS um

Abänderung des GesctzeS vom i9. März 1858, die änder-
wette Bestimmung der Acctse und des Ohmgeldes vom
Wein betreffend. '

13) „Un^rlhgytstste^.Bttte pon 229 Bstrgern der Stadt

gten/^ ^ ^ ^ ^ ^ F d b

Verkäufer, Miterben und Theilhaber bei LiegenschastSthet-

tn das UnterpfandSbuch etngetragen werden müffen."

15) »Ehrerbietigste Bitte der Bürgermeister des Amts-
bezirks Waldshut, dte nachtheiligen Folgen, welche die

Karlsruhe, 23. Z<m. In der cheu-
tigen zehntkn Sitzung der zweiten Kammer
wurben zunächst wieder eine größere Anzahl
von Petitioncn angezeigt, darunter namentlich
eine von den Metzgermeistern von Heidelbei'g,
Mannheim, Karlsruhe, Freibürg und Konstanz
um Aufhebung der Fleischaccise, und eine große
Anzahl von Petitionen, den Bau der Kinzig-
thalbodensee-Eisenbahn, ebenso eine Reihe von
Petitionen der Volksschullehrer, die Versorgung
der Schullehrer - Wittwen betreffend. Kmes
zeigt eine Jnterpellation an das Ministerium
an über -den Stand der Verhandlungen wegen
Erneuerung der Zollvereinsverträge. Der heute
anwesende Abg. Hoffmeister von Heidelberg
wirr- beeidigt. Die nnn folgende Berathung
über de-n Bcricht von Grosholz, die Erhöhung
der Etappengelder betreffend, verbreitet sich
auf das Einzelne der Berechnung des aufzu-
stellenden Tarifs. Schließlich wird der Ge-
fetzentwurfe in folgender, theilweise nach dem
Vorschlage der Commiffion abgeänderter Fas-
sung einstimmig angenommen:

Art. 1. Die zum Dienst emrückenden Re-
kruten, die in und aus Urlaub gehenden, so
wie die mit Abschied entlassenen Unteroffiziere
und Soldaten erhalten zur Bestreitung der
Reisekosten vor Abgang in die Garnison oder
bei Entlaffung aus derselben ein Etappen-
geld:

1) von vier Kreuzern für die Stunde auf
jenen Strecken, wo die Eisenbahn nicht benützt
werden kann,

2) für jene Strecken, wo die Eisenbahn be-
steht, die Eisenbahnmilitärtare nebft einem Zü-
schlag für Zehrung von zwei Kreuzern für jede
Fahrstunde.

Art. 2. Das Etappengeld wird nach der
direkten Entfernung berechnet, und zwar

a. beim Einrücken: von. dem Aufenthaltsort
oder, wenn dieser außerhalb des Großherzog-
thums liegt, von dem inländischen Ort, wo
das Land betreten wird;

b. bei ver Beurlaubung oder Entlaffung:
von der Garm'son bis zu dem Heimathsort
oder dem künftigen inländischen Aufenthalts-
ort, soferu derselbe nicht weiter entfernt ist,
als der Heimathsort.

Das Kriegsministerimn ist ermächtigt,. bei
Feststellung des Etappentarifs die an der Ei-
senbahn gelegenen Amtssitze anstatt der Auf-
enthalts- oder Heimathsorte zu Grunde zu
legen und in diesem Falle für die betreffenden
Amtssitze einen Zuschlag zu machen, welcher
jedoch' den Betrag von 6 Kr. nicht überstei-
gen darf.

Art. 3. Auf allen Strecken, wo die Eisen-
bahn nicht benützt werden kann, wird das
-Etappengeld auf die direkte Entfernung be-
rechnet; wo die Eisenbahn theilweise benützt
werden kann, wird die Entfernung zu oder von
der entsprechenden Eiscnbahnftation in Anrech-
nung. gebracht.

Der weitere Wortlaut ist der des Ent-
wurfs und bestimmt die Aufhebung älterer
Gesetze.

Kirsner berührt am Lchlnß der Debatte
noch die im vorigen Iahr mit Prenßen abge-
schlossene EtappenAmvcntion, wodurch den Be-
wohnern der Etappenstraße von Slgmaringen
nach Freiburg große Belästr'gungen auferlegt
wären, die wohl nicht ohne Zustimmung der
Stänbe a-uf dem Wege des blyßen Verträgs
hätten auferlegt werden sollen. Der Berichl-
erflatter der Komnn'ffion zur Aufsuchung pro-
visorischer Gesetze,. Hägelin, erwidert, daß er
demnächst diese Convention reklamiren werde;
der Minister des Aeußern erklärt, daß die Re-
gierung bereit sei, die Convention den Stän-
den vorzulegen. Die Petitionskommiffion wird
um 4 Mitglieder (Allmang, Seitz, Kusel,
Wundt) verstärkt, und die nächste Sitzung auf
Dienstag anberaumt.

* Politische Umschau.

Gestern nahm die großherzoglich hessische
Polizei in einer Buchhandlung Darmstadls
den bekannten Kalender „Lahrer hinkender

Ettl Frauenherz.

(Fortsetzung.)

Das Weib liebt heißer, wenn man es verwun-
det, es hat das Gefühl der Würde, aherjedes Ge-
fühl schweigt bei ihm, wo die Liebe glüht. Es ver-
zeiht, sobald die Liebe bittet, ja, es kennt kein
süßeres Gefühl, als dieses Spiel mit Nadelstichen
von Kränken nnd Verzeihen, als verjünge sich da-'
durch vie Gluth^

Lindenau hatte den Ort verlässen, er machte da-
dürch jede Aussöhnung unmöglich. Das erbitterte
Albertinen fast noch mehr, als daß er an ihre Mut-
ter geschrieben. Sie erfuhr durch einen Freund
Lindenau's, daß er nach der Residenz gefahren sei
und dort Vorbereitüngen treffe, eine Reise in fremde
Welttheile zu unternehmen. „Er soll dies nicht
n.öthig haben", ries ihr Stolz, „cs gibt Etwas,
dgs noch sicherer trennt. Fürchtet er etwa, daß Du
ihn zurückrufen könntest?"

Albertine lachte bitter und der Gedanke schoß in
ihr auf, Lindenau's Abreise damit zu beantworken,
daß sie'einem Anderen die Hand reichte. Bewerber

hatte sie genug. Die Mutter schaute noch immer
hesorgt, Albertine las es in ihren Blicken, daß sie
zweifelte. Was konnte die Mutter besser überzeu-
gen und Lindenau bitterer treffen, als ihre Ver-
lobung mit einem Anderen.

Aber wer sollte der Erwählte sein?

Albertine wußte Keinen, den fie bevorzugte; sie
Hatte mit Vielen getändelt, um Linvenau's Eiser-
sucht zu erwecken; also mochte es Derjenige sein,

glücklich zu werden, hatte fie ja aufgegeben!

Alberttne dachte nach. Seit dem Augenbltck, wo
sie mit dem Gedanken vertraut geworden, ließ er
ihr keine Rühe. Sie dachte nicht an die Zukunft,
dachte nicht daran, daß eine Ehe sür's Leben bin-
det; sie dachte nur an den Tag, an dem ihrML'er-
lobungsanzeige in der Zeitung stehen und Lindenau
das Blatt in die Hand bekommen würde.

Unter den Verehrern des schönen Mädchens waren
vier, welche ihr deutlich genug den Wunsch zu er-

ben zu dürfen. Zuerst der Husarenoffizier Baron

M_„Aber nein", sagte das widerstrebende Herz,

„er trägt die Schuld, daß du Lindenan verletzt hast,

überdem ist er eitel, hochmüthig, geckenhaft."

„Herr v. B...? nein, er ist yerschuldet, er soll
spielen."

„Graf K...? der ist unausstehlich süß."

„Baron Tiefen von der Gesandtschaft? Er ist ein
Eurmacher und sucht eine reiche Frau, die zugleich
repräsentirt; übrigens scheint er auch in Fräülein
von A... verliebt."

„Und wenn du wolltest, würdest du nicht über
Fräulein von A... triumphiren?" rief ihre Eitel-
keit; „sie rühmt sich vielleicht dessen,.ihn dir unge-
treu gemacht zu haben! — Tiefcn ist der Beste. Er
wird dich nicht mit Zärtlichkeiten qüälen, wieK...,
er braucht eine Gemahlin. Er hat Aussicht, Ge-
sandter zu werden; die gesellschaftliche Stellung,
die er seiner Frau gibt, ist reich an Zerstreuungen,
welche für den Mangel an häuslichem Glück ent-
schädigen. Du wirst einen Gemahl haben und doch
dir allein gehören!"

Albertine war entschlossen. Der Vorsatz, den fie
gefaßt, war ihrem Herzen eine Zerstreuung; es blu-
tete, aber sie sühlte den Schmerz weniger. Es über-
kam sie zuweilen freilich wie ein Grauen, sie bebte
vor dem Gelingen; aber je zögernder fie wurde,
 
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