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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2810#0542

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* Politische Umschau.

Wir habcn bereits in Nr. 130 den Adreß-
entwurf des preuß. Abgeordnetenhauses, fowir
solcher von der Commisflon beantragt wurde,
wörtlich mitgetheilt. Der Wortlaut der
Adresse selbst, wie er aus den Verhandlungen her-
vorgegangen, istmit dem Entwurf beinahe iiber-
einstimmend, und nur noch das Amendement
vou Bresgen,/behuss des Verfaffungsausbaues
i.nsbesondere zur Begründung selbstständiger
Gemeinde- und Kreisverwaltung und Zurück-
führung des gesammten Steuersystems auf
ein der Steuerkraft entsprechendes
Maaß" sowie serner folgenver Satz einzu-
schalten: „Das Abgeordnetenhaus ersehnt nach
Außeii eine kräftige und vorwärts schreitende
Politik, welche Ew. Maj. erhebende Erklärung
vom 9. November 1858: „Die Welt muß
wisskn, daß Preußen überall bereit ist, das
Recht zu schüßen," in vollem Umfange ver-
wirklicht: es begehrt also in Wiederholung
seiner früher ausgesprochenen Ueberzeugung,
daß mit allen Mitteln auf die Hersteüung des
verfaffungsmäßigen Nechtszustanbes in Kur-
hessen, insbesondere auf eine sofortige Be-
rufung der hessischen Volksvertretung auf
Grund der Verfassung vom 5. Ianuar 1831,
der in den Iahren 1848 und 1849 dazu ge-
gebenen Erläuterungen und daran vorgenom-
menen Abänderungcn, und des Wahlgesetzes
vom 5. April 1849 hingewirkt — daß damit
unser eigener Nechtszustand gesichert und die
Ehre und die Jnteressen Preußens als euro-
päischer Großmacht gewahrt werden."

Die „Berl. Allg. Ztg." schreibt: „Wie wir
von den verschikdensten Seiten hören, hat die
Annahme des BreSgen'schen Amendements in
die Adreffe auch in den Kreisen „sehr ent-
schiedener" Liberalen eine'nicht unerhebliche
Mißstimmung hervorgerufen; auch dort scheint
man überrascht zu sein, daß cs — mit Hilse
der clericalen Partei — die Majorität erhielt.
So ohne weitcres dem größeren Publicum
das Schiboleth 'eines die Kräfte des Landes
übersteigenden Steuerorucks in die Hand zu
geben, hat denn doch seine Vedenken. Das
linke Centrum hat gegen das Amendement
gestimmt; einige Mitglieder deffelben, z. B.
Profesior Röpell, in Folge deffen auch gegen
die ganze Adresse; die anderen wollen, wie
wir hörcn, eine Verwahrung veröffentlichen."

Die Bildung eines neuen knrhessischen
Ministeriums schreitet unter der auf den
Kurfürsten geübten Pression langsam vor.
Nach dem heutigen Stand ist Hoffnung auf

eine den Landeswünschen entsprechende Zu-
sammensetzung vorhanden. Ueber die Namen
ist Zuverläffiges n'och nicht bekannt. Die
veröffentlichten Listen sind sämmtlich unver-
bürgt.

Eine auS Wien an alle' venetianischen
Postbureaur gerichtete minisierielle Depesche
verbietet pie Absendung italienischer Journale
in's Jnnere Venetiens. Verhaftungen haben
in Benetien stattgefuiiden.

Garibaldi exklärt in einem Tursner Jonr-
nale, welches am 4, Iuni ausgegeben wurde,
wiederholt, daß er mit den Werbungen, die
in seinem Namen stattfinden, durchaus nichk
einverstanden sei und in dieser Beziehung
jede Verantwortlichkeit ablehne.

Garibaldi hat sich am 8. Iuni auf dle
Einladung der Behörde von Locarno (Schweiz)
nach diesem Ort begeben.

General Klapka zeigt von Genf aus seinen
Austritt aus dem von Kossnth präsidirten un-
garischen Nationalkomite an. Als Gründe
führt derselbe seine leidende Gesundheit, so-
wie seine Privatgeschäfte an. Dvch wolle er,
wenn das Vaterland ihn rufe, demselben gerne
seine Dienste widmen. Es scheint, daß Klapka
mit den unionistischen Ideen Koffuth's nicht
einverstanden ist und zur Schonung ber Ver-
irrung deffelben diesen Ausweg gewählt hat.

Der heil. Vater hat aus Veranlassung der
Kanonisation der japanischen Märtyrer von
seiner natürlichen Milve Gebrauch gemacht
und allen Verhafteten nnd Verurtheilten, mit
Ausnahme derer, die wegen Diebstahls, Fäl-
schung und Betrugs verurtheilt sind, 6 Mo-
nate ihrer Haft erlaffen.

In der Aüokution, welche der Papst am
Pfingstfest an die versammelten Bischöfe hielt,
beklagte er die Irrthümer, Gewaltthätigkeiten
und Unter'drückungen, deren Opfer die Kirche
gegenwärtig sei. Italien führe Krieg gegen
die welkliche Gewalt des Papstthums. Die
Bischöfe werden schließlich ermahnt, r'hren
Eifer zu verdoppeln und die Irrthümer zu
bekämpsea.

Deutschland.

Karlsruhe, 7. Junk. n(Schluß deS großh. bad. Re-

v. MtS., die Errtchtung etneS gr. ConsulatS in Rtga u.

2) Gr. ZustizmintstcriumS vom 20. v. M., dte Ueberein-
kunft mit der k. k. österr.^Regierung bczüglich der Be-

thanen tn Baden uud bad. Unterthanen tn Oesterretch betr.
3) Gr. MintstertumS deö Jnnern vom 23. v. M., dte
Erthetlung der Apothekerlizenz an Karl Letmbach von Het-
delberg betr. 4) Derselben hohen Stelle vom 26. v. M.,
wonach I. K. H. der Großherzog und dte Großherzogtn
tn bas Krankenhaus tn Baden eine Glocke gestistet haben.
5) Ebenderselben hohen Stelle vom 3. d. M., Vollzugö-
verordnung zu dem Gesetze vom 19. v. M., den allgemet-
nen Schullehrer-Wittwen- und Waisenfond betr. 6) Gr.
Handelsministeriums vom 21. v. M., die Etnrichtung deS
BetrtebsdtensteS der Wtesenthal-Eisenbahn betr. 7) Der.
selben hohen Stelle vom 21. v. M., die WteSereröffnung
deS Postexpedtttons- und TelcgraphendtensteS in NippoldS-
au, so wie dcr PostomnibuSfahrten nach und von dtesem
Orte betr. 8) ,Ebenderselben hohen Stelle vom 22. v. M.,
dte Errichtung etner Pofterpedttton tn Albbruck betreffend.
9) Gr. MintstertumS der Ftnanzen vom 31. v. M., vie
Sertenziehung sür dte 66. Gewinnziehung des Lotteriean-
lehens von 14'Mill. Gulden in 35 st. Loosen von 1845
betr. (siehe Nr. 128I III. Diensterledigung. Die Stelle

zulage 100 fi. snd Fourageavcrsum 120 fi. Bewerdungen

fall. Am 15. v. M. Assistenzarzt Maus in Herrtschried.

KarlSruhe, 8. Zunt. Das BcrordnuygSblatt Nr. 30
der Dircction der großh. bad. VerkchrSanstalt en vom 5. d.

tend: Die gr. Telegraphenanstalten werden unter Bezug
auf. die Verfügung vom 11. Zunt v. I. Nr.' 15,023 tn
^e^rttn^ß ^ig^^e^raph^>con

d^ I. des AmtöverbrechenS der Unterschlagung von dret
Geldpackcten tm Werthe von 180 fl. 53 kr. zum Nach»
thctte dcs Kaufmanns Kern von Ellmendingcn für schul»

^ Heidelberg, 10. Iuni. Ueber di'e zu
Frankfurt a. M. (nicht in Heidelberg, wre
in der gestrigen Nummer itrig angegeben) in
den jüngsten Tagen stattgehabte Versammlung
von Führern der demokralischen und constitu-
tionellen Partei aus Süd- und Norddeutsch-
land, größtentheils Mitglieder deutscher Stände-
kammern, zur Berathung öffentl. Angelegenhei-
ten, insbesondere der deutschen Verfassungs-
frage, entnehmen wir der „N. Fx. Ztg." sol-
gendes Nähere: Theilnehmer waren u. A.:
v. Hoverbeck, v. Unruh aus Berlin, Dr. Völk,
Äarth, Brater, Buhl ans Bayrrn, Hölder,
Ämmermüüer, L. Seeger, Probft, Scholt aus
Württemberg, Bluntfchli, Häuffer, Baumgar-
ten, Ladenburg aus Baden, Metz, W. Stein,
Vollhard aus Heffen-Darmstadt, Fries, Streit,,

Die Eiöffnnng der Wiesenthalbahn.

(Schluß.)

Den ersten Toaft brachte der Director des Ver-
waltungsrathcs der Wiesenthal-Bahn, Fabrikant
Geigy, tn folgenden Worten aus:

Hochansehnliche Versammlung! Der heutige Tag
wird als ein Gedenktag der Ehre und der Freude
in die Chronik des Wiesenthals und der Stadt
Schopfheim verzeichnet werden. Die Eröffnung des
wichtigften Verkehrsmittels der Gegenwart auf einer
neuep Strecke gibt Veranlassung zu der schönen.
Feicr eines internationalen Festes, welche wir vor-
züglich drr Huld und der freundlichen Gesmnung
des geliebten Landesfürsten verdanken. Höchstdem-
selben vor Allcn gebührt die Ehre des heutigen
Tages, so erfordert es die hexgebrachte gute, alte
Sitte bei jedem öffentltchen Fesle des Landes. Wir
folgen aber heute nicht nur oieser selbst.verständ-
lichenUebung, sondern dem innersten.Triebe unseres
Gemüths bei dem ersten Trinkspruch.

Die schönste Erscheinung im politischen Leben 'ist
das innige Verhältniß zwischen Negierung und Re-
gierte«, zwischen Landesfürst und Volk. Wo, dür-

fen wir fragen, tritt dasselbe klarer an den Tag,
als in dem schönen Lande Baden — dem Garten
Deutschlands? Ein edler, aufgeklärter Fürft er-
kennt mit selbstbewußter Klarheit bie Bedürfnisse
setnes Volks und seiner Zeit. Er umgibt seine
Krone mtt Rathgebern, welche ihn verstehen und
ihm behilflich sind zu dem schönen Ausbau, den
wir vor unsern Augen entfalten sehen. Mit sicherer
Hanv werden die wichtigsten Fragen der Kirche und
des Unterrichts, des öffentlichen Rechts, der Ver-
waltung, soipie der socialen und materiellen In-
teressen des Volks zur allgemeinen Zufriedenheit
gelöst.

Hter sehen wtr nicht unfruchtbare Kämpfe zwi-
schen Fürst und Volk, welche einen Stachel im Her-
zen zurücklaffen, sondern einen edlen Landesfürsten,
der das Volk beruft zur Mithilfe an dem politi-
schen Aüsbau und zur Selbstregierung in seinen
bürgerlichen Verhältnisscn.

Bci der Ausführung des Werks, dessen Vollen-
dung wir auf so schöne Weise feiern, haben wir —
der Verwaltungsrath und die Gesellschaft — den
gewaltigen Einsiuß eincs erleuchteten Landesherrn
und seiner wohlmeinenden Rcgierung thatsächlich

kennen gelernt; das Gelingen ist die Frucht des-
selben; daher tiefgefühlter Dank und herzlichste An-
erkennung aus dem Jnnersten unseres Gemüthes.

An der Stufe dcs Greiscnalters durfte ich das
Vorrecht in Anspruch nehmen, mich mit Freimuth
auszusprechen, im Angesicht eines hochherzigen Lan-
desherrn, der die Schmeichelei nimmer als Huldi-
güng betrachtet, fonvern die Wahrheit liebt und
Len Männerstolz vor Königsthronen achtet- Nun
ich bin überzeugt, den Gefühlcn dieser hochansehn-
lichen Versamwlung, des ganzen badischen Volks
und derverehrten nachbarlichenSchwcizergäfteWorte
zu verleihen, wenn ich aussprcche, daß das Land
sein Glück hoch zu schätzen weiß, von etnem edlen,
freisinnigen Fürsten regiert zu werden, und den
Segen des Himmels erfleht für sein Wohl und
das Gedeihen seines Hauses; — wobei wir der
hohen, vorzüglichen und liebcnswürdigen Frau
gedenken, die ihnr zur Seite stehend den Thron
ziert und auf die das ganze Land mit Stolz und
Liebe^sckaut.

Ieder Bürger dieses Landcs bekennt sich mit frcu-
digem Selbstgefühl als Badener, aber schon seit
Iahrhunderten werden die Bewohner dieser Gegend
 
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