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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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März
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N S2


Sonntag, 2. März


- Aaf dik „Heidelbevqer-'i Klekch« Rechtr-. an das vorbeifließend^ Wafler
Zeitunfl"'kanni man isichr^ hätten/aber nuv in dem Siyn, wenn sie auch

mi«u18 Kreuzern abonnirenibei aück Postan-
stal'tenden Böten -und Träqern, soi.-wie-.bei
der Erpedition (Heugasse Nri 2).

Badischer Landtag.

V Karlsruhe, 27. Fkbr. 21. Sitzunq
dev zweiten Kammer. (SchlußI , Wenn der-
Satz der Commission, daß die Glaubitzsschc
Mühle einmal da sei und deßhalb die Ver-
waltungsbehörve sie ebenfasts im Genusse des
Mühlwassers zu schützen habe^ auf,den. §. 11
de'r Miihlenordulliig gestützt werdej so würbe-
mw<eijler derartigen Ausltgung der ' Jndn--
strie ein schlechter Dienst erzeigt. Äie ganze
GM'sche Sache, die nun seit Iahren -auf'je«
dem ^Ländtaqe zur Sprache komme, habe ihm
ein bebäuerliches Bild von der Mangelhaf-^
tigkeit gewiffer Verwaltungszweige qegeben'
und" ev'hoffe, daß ein dtrartiges Drama nicht-
mehr bei uns vorkommo. Er'- stelle den' An-
trag , die Petition bem - qroßh. Staatsmini»
sterium mit Empfehlung, insbesondeve in der>
Richtung einer nochmaligkn' Begutachtungiu-
technischer Beziehung,- zu überweisen.

Abg.Thoma spkicht anf Giund einer von ihm.
vökgenommenen technischkn Untersuchung seiNe^
Ueberzeuqung dahin' aus , daß dem Müller^
Gbll ein schweres Unrecht geschehbn sti, er-
bezeichnet das Gutachten, auf welches geg§n-
übdr früheren Gött günstigen Gutachtm^ die
leßten Enrscheidungen - d'er Staatsbehödde ge--
baut'sind, als ein unrichtigeA' Handelsmi-
nister Weizel verth'cibigt den CommiMnsan-
trag. Da kein Privatrechtstltel geltend^ ge-
macht werde , so sei die Poli'zeibehökde im
Recht, wenn sie allen Anstößerii des sragli-
chen WasserS deffen Genuß gewahre. Moll'
unterftützt lebhaft deu Antrag Eckhard's- und'
macht' darauf aufmerksam, dvß es-die Indu-
sttie ruiniren hieße, wenn män den Grund-
satz aufstelle, es seien an eliier WafferbeniL-
tzung möglichst Viel zuzulasstn ohne Rücksicht
darauf, ob sie sich gegenskitig Abbruch thä-
ten. Wettll Glaubitz ohttd die Erhöhung des
Cichpfahls tticht mehr ganz mit Waffer arbci-
ten könne, solle er sich daueben eine Dampf-
iilaschme anschassen. Knies: auch er häbe
das Gefühl, daß hier das Necht in einer'
außerordeutlichen Weise gekränkt worden sei.
Man solle doch uicht aus formellen Gründcn
materielles Unrecht ungesühnt lassen. EWard:
Es' sei aüervings richtig, daß alle Anstößer

gleichzeiriq ihre, Merke! errichtieten, ni.cht, auch
wenn nacheinander dies geschche^ Die Con-
cessioiii.rung. habe ja ge.rade nur! den.St'ml,
hen früheren. Besttzer zu schützen. Nachdem
noch Kirsner! uud jschmitt den von Eckhard
gestellten Antrag vertheidigt hatten, wixd der-
selbe mit einex Mgior-i'tät..voii et.wa.10 Stim-
uren aligenommen. Nächste Sitzung:. D.iep-
stäg, 11. März.

* Politische Umschau.

Heute wurde von Nellwied aüs'dem badi-
schen Mt'nister Freiherrn von Roggenbach für
sein tapfer.es und ent sch.ikdene6Vo.rgchfnin
der deutschen Frage, eine Auerkeringngs-Hdreffe
übermittelt, welche von den aygesthellsten
Männern hiesiger S.tndt uiid Ujnge.geyb.' zahl-
reich unters.chriehen war.

Die Bundeshagssitzung vym 27. Febr. war
vonl ganz ckurzer D-auer und die Vechqndlun-
igsnusind ganz iyteressel.os.,

Die hkssische,N/Treubündler haben sich .auch
an, das Herrenhaus gewandt; sie begimien
ihre Adreffs: „Hohes Herrenhaus bes Preu-
ißenlandkis! Im Vertrauen auf die tiefe Ei'n?
sicht, Lm- Vertrauen auf bie-sür das gauzc.
christLich - moiiarchisch - landstättdisch gesinnte
-Deutschland vorleuchtende hochherzige Halkung
undi.im Vertrauen aus deu ächten preußifcherl
Ehrensinn^ wodurch das preußlsche Herrenhaus
als hellschimmernder Stern in; dem finsteren
MeyscheowLrrwarr aus seiner Bahn weilhin
erglänzt —u. s. w.

Dl'e,„K.reiizztg,7 sagt in einem Leitartikel,
— leider im Ganzcn nur zu, mahr: Auch dem
blödestkn Auge. ist- nunuiehx. klgr^, wohiil, die
„neue Aera" in. ber ayswärtigen wie in der
innerLN! Politik uns gchrycht hat. Während
ihre Staatömänner wsthnten- Dentschiand mit
d^mi Haucht! ihres Munbcs^ einig uud mächtig
zu mach-en, ist-die Misere-von 1859 über uns
ergangeu, ist Dentschland gespaltener und Preu-
ßen isoljrtcr benu je. Statt auf die Führer-
schast., sehew wir uns aus Protestiren ange-
wiesen-; statt aus- lebendige Action aus hem-
Mklidks N!egiren zur Lähmlegung des sür irre-
formähel/ e.rklä.rteii. Bundeötäges,

JmBerliir soll möglichst noch vor dem Ab-
lauf der Zollvercins-Verträqe eine Industrie-
Äusstellung ber Zvllvereinsstaatcn veranstaltet
werden, um so einen klaren Ueberblick des
Standes der zaÜvereinKländischen Indusirie zu
gewinnen. Wie wir hören, ist die prcußische

Regieruqg, .sehr bere/t, aus, .diese. Jdee eiqzu» .
gehen.

Die Berliyer „Volksz." schreiht ; „Wenn noch ,
Jemand von. ,dem Wahn befangen ist, daß bie
Politik Berllstorff zu irgend el'ner^NeIoxyl der
deutschfü.Serhältniffe sühuey werve, so mWe
er durch die letzte Erklärung des Mi'nisters
in der, Commission des Abgeordnetenhauses
aus's gründ,I,ichstk davon geheilt seiy.. Diese.
Elckla^uug lst ^ .in 'so s'ern, charäcteristisch, als
sie ilicht. eine Absicht, sondern eine Anstcht des
Ml'nisters,zu erkennen gibt, und diese Aststcht
ist nicht blos eine Äuffrischunq der bankerott
gewordenen Änsichten von vor eilf Iahren,
sondern ste .ift noch .mit neuen Umständ.en so
verorämt,, daß an die Verwirklichung el'qer
Abstcht dabei gar nicht zu deuken ist."

In- Basel hat ein kirchlichcr Vorsall großes
Aufsehen -erregt; der dortige kath. Psarrep hat
letztcn Sonntag seine Zuhqrer durch eine der
hestigsien Prkdigtell gegen die Protestanten,
und namentlich gegen die gemischten Ehen,
ruit UnwiÜen erfüllt. Er ermahnte lnshe/on-
dere, allen Umgang mit den „Jrrgläubigen"
zu meiden. Dies geschah-tn etner-resormir-
ten Stadt und in einer Kirche, welche vou
den Neformirten gebaut und verschönert wor-
den ist,

Das heutige „Journal de. St..,Pe1ersburg"
sagt bei Beschreibung der im sranzösischen
Senat vom Senator Larabit gehaltenen Rede ^
über Polen: Die glückliche Zukunft unb die-
Wohlsahrt dieses Landes seien sicher gesteüt,
wenn die Vernuust und das Pstichtges'üh.l der
Bevölkerung die wohlthätigen Absichten des
Kaisers urztelstützen. Es hänge nur von den
Polen.selbft ab, der möglichst vollkommenen
Wohlsahrt sich. zu, erfreuen; Vl'e Achlung ber
Verträge und des Völkerrechts könne allein
den Fortschrilt und die.Verbefferungen sichern,
welche der Kaiser vorbereitet. Außerhalb die-
ser Bedislgungen setze man sich argen Täu-
schungen aus.

D e u t s ch l a n d.

KarlZruhe, 28. Febr. S. K. H. der G r psther z o g
haben den Rechtspraktikanten Frtedrich von Neubronn

Karlsruhe, 26. Febr. Jit Anwesenheit
Sr. Kölligl. Hoh. des Großherzogs, mehrerer
Minister und Staatsbeamlen, des Stadtdirec-
tors, Gcmeittderaths, auswärtiger und hiesi-
ger Mitglieder ber sreiwilligen Feuerwehr,
wurde in einem mit Rauch angefüüten Kel-
ler ein vonHrn.Kühfuß, Obmann derSchlauch-

Aus dern Leben eines kleinen deul-
schen Fürsten.

(Fortsetzung.)

Döch der Zwiespalt ihrer Naturen sollte bei eincr
anderen Gelcgenheit noch schärfer zu Tage-kvmmen.

Der Fürst fuhrte, wenn er ausging, unausweis-
lich eine mächtige Dogge bei sich. - Diese? Dogge war
die verkörperte persönllche Iustiz. Sah der Fürst
einen Contravenienten gegen sekne Befehle, öder
glaubte ev ihu zy srhen — so äeuügte ein Pfiff und
der HunL' halte' mkt etnigen Äätzcn' seinen Mann
an! oer Kehle — der Uebclthäter war curyktirt.

Diese Art der Iustiz geficl nicht übel, und ha
sich allmälig zwlschen dem Bewohner und der Be-
wohneriff des Schloffes Ebersburg eine große Zn-
timität ausgebildet hatte, nahm diese die große
Dogge nicht selten auf ihre Spaziergänge mit. Auf
emer dieser Promenaden geschah es, daß sie bei deiy
Gruße eines vorübergehenden Baucrs einen Man-
gel an Devötion wahrzunehmcn glaubte. Ein Pstff
— uNd der Hund hatte den armen Teufel bei der
Kehle!

Lachend erzählte die Spanierin bei ihrer Heim-
kehr ihre That dem Fürstcn; dicscr aber lachtenicht
und runzelte die Stirne. Er fühlte die Sache nls
einen Eingriff in seine Souveränetätsrechte.

„Hören Sie, meine Liebe", sagte sr, „dergleicken
vrrbitte ich mir! guoä liest äovi — doch was La-

tein! ^ Will sagen: wäs Fürst thun darf, darf
Maitresse nicht wagen! Verstanden?"

ES gab Strcit und verstimmt trennten sich die
Beide. — Ein paar Monate später tpat Lola in
München auf. —

Ununterbrochen wirkte Hclnrrch I>XXU., als nach
Lola's Abreise in das Schloß von Ebersdorf die
frühcre melanchölische Stille wieder eingekryrtwar,
burck selbstverfaßte Erlässe für die Evheiterun^des
deutschen Lese-PublikumS.

Diese Rescripte waren sämmtlich in cinem pa-
triarchalischen Geiste verfaßt, indem sie bald gehar-
nischt gcgen den Lurus in Kleidern auftraten, bald
die Trunksucht bci Beamten, Militär- und^Eivil-
Persoyen mit den schärfstey, Strafen bedrohten.
Andere waren lcdiglich harmws komisch, wie z. B.
der Erlaß, in welchem der Fürst den abendlichen
Bcsuch des Hofgartcns unrcrsaate, weil sich „in der
Zeit zwischen 7 und 8 Uhr die Begriffe von An-
stänoig und Unanständig zu verwischen anfangen."
Oder dcr Fürst erklärte, bei Gelegenheit eines Ein-
bruchs im Steueramte zu Lobenstein, feierlich':
„Lobenstein müffe etnen Nachtwäckter bekommen!
Er reite schon seit fünfzehn Jahren auf der Idee,
Lobenstein müffe einen Nachtwqchter haben." Alle
Blattxr, sclbst Regierungs-Organe, druckten diese
Erläffe böswillig nach, und machten sich über den
Ehrenmann, der cs mit scinen Untergebenen von
seinem Standpunkt aus so gut meinte, lustig, ohne
zu bedcnken, daß sie damit hie Autorität eines Sou-

veräns untergruben, der ja doch, so klein auch fein
Land, unter den' deutschen Fürsten als Gleicher
unter Glcichen. stand.

Die Saat, welche so gesäet wurde, sollte nur zu
bald aufgehen.

Es kam eine arge Zeit, das Iahr Achtundvier-
zig. Auch im kleinen Fürftenthum wurden die Leute
schwierig. Demagogen standen auf, böse, böse Men-
schen, klsttisirten die höchstselbststylisirten Erläffe,
und brächten öffentlich im Wirthshause in Erin-
nerung, wie viel die Iagd, um derentwillen alles
Uebrige da zu sein schien, dcm Landmanne Schaden
bpinge.

Jn einer Nacht im April oder Mai wurde der
Fürst plötzlich äufgeweckt. ' , .

Der Forstmeister, der allzeit freien Zutritt zu set-
nem Herrn hatte, brachte die NaPricht, daß eine
Rotte Bauern in den Wildpark eingebrochen sel.

Hastig sprang der Fürst empor, kleidete ßch an,
hing seine Büchse um uud schritt, uur von dem
Forstmeister gefolgt, in den Park hinaüs.

Dcr Mond leuchtete hell, es war eine warme,
licbliche Frühlingsnacht. die gleichsam im scharfften
Contrast zu den Freveln stand, die in ihr began-
gen wurden.

Dcr Fürst hörte bald ein wildes Geschret, von
Flintenschüssen und Gekläff untermischt.
(Fortsetzung folgt.)
 
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