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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2810#0089

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Ui'idklbkrgkr Ikilung.

23


Dienftag, 28. Zannar


^ Ans der Denkschrift der badischen
Regiernng

an die deittschen Cnl'inette ,n der kurhrsstschen
Angcleqenheit, woiin fle ihren <!M Bunbes-
tag unterm 4. Juli v. Z. gestellten Antrag
nochmalS eingehcnd bcgründet, heben wir fol-
gende wesentlichc Momcnte hervor:

__ 2,2 2 _ _2 _ _

Badifcher Landtag.

Erste Kammer.

3. öffentliche Sitzung vom 24. Jan. 1862.

Bei Verhinderung des Präsidenten führt
Generäll. Hoffmann den Vorsitz; am Regie-
rungstisch Generaü. Ludwig unv Oberstlieut.
Götz. Prälat Holtzmann tritt ein und wird
beeidigt. Das Präsidium eröffnet, daß S. K.
H. der Großherzog der Adreßdeputation die
höchste Anerkennung und den Dank für den in der
Dankadreffe der 1. Kammer bekundeten Patrio-
tismus und für die persönlichen Gesinnungen
der Mitglieder des Hauses ausgedrückt habe.
Einer Deputation der Kammer, welche S. K.
H. dem Großherzoge anläßlich des Hinschei-
dens des Prinzen Albert das Beileid auszu-
drücken vergönnt worben war, hat S. K. H.
dec Großherzog den huldreichsten Dank aus-
gesprochen. Graf v. Berlichingen hüt schrift-
lich wegen Unwohlseins einen Urlaub auf 8
bis 10 Tage nachgesucht und erhielt solchen.
Generalmajor von Göler ist durch Unwohl-
sein abgehalten, in heutiger Sitzung zu er-
scheinen.

Unter den Einläufen der 2. Kammer befin-
det sich auch das von dieser berathene Elap-
pengesetz. Unter den Petilionen befinden sich
zahlreiche von Volksschullehrern, die Versor-
gung der Wiltwen und Waisen, viele aus dem
Kinzigthal, den Eisenbahnbau im Kinzigthal
betreffcnd. Frhr. v. Stotzingen empfiehlt letz-
tere Bitte als eine gerechle, von welcher der
Wohlstand der Schwarzwald - Industrie ab-
hängig sei: je länger man den Bau hinaus-
schiebe, desto mehr Verlust erleide der Schwarz-
wald. Frhr. v. Stotzingen zeigt sodann an,
daß er in nächster Sitzung eine Motion über
Abänderung des Gesetzes über die Accise und
Ohmgelv begründen werde.

Staatsmiuister Stabel legt einen Gesetzes-
entwurf vor, die Aufhebung des Lehensver-
bandes betr.; Ministerialrath v. Freiborff ist
hiezu zum Regierungskommissär ernannt. Zweck
des vorgelegten Gesetzentwurfs ist, die Vor-
bereitung der Ablösung der eigentlichen Lehen,
nachdem vie uneigentlichen abgelöst sind. Graf
v. Hennin und Zolldirector Kirchgeßner legen
Budgetberichte zum Drucke vor.

Graf v. Hennin nimmt den Präsidentenstuhl
ein. Generallieutenant Kuntz verliest den Be-

richt des Generalmajors v. Göler über den
Gesetzesentwurf, die frühere Einberufung der
Rekruten betr., vor. Die Kämmer beschließt
mit Einwilligung der Regl'erungskommission
soförtige Berathung in abgckürzter Form. Ge-
nerall. Hoffmann will dem Gesetze seine Zu-
stimmung nicht versagen, setzt aber in längerer
Rede auseinander, daß es von ml'litärischem
Vortheile wäre, die Rekruten im Spätjahre,
etwa am 1. Nov. einzuberufen, wie dies in
Preußen der Fall sei. Bei dieser Besprechung
kömmt der General auf dieZurückbehaltung der 7.
Altersklaffe im Iahre 1859 zurück; dieselbe sei
widerrechtlich erfolgt, denn das Gesetz sage aus-
drücklich, solche dürfe uur „während der Dauer
des Krieges" geschehen. Kriegspräsident Lud-
wig vertheidigt den Entwurf, eine Einberufung
im Spätjahre mache die Erbauung von Erer-
cierhäusern nöthig, nehme die Kasernen zu sehr
in Ansprnch, erhöhe die Ausgaben für Montur
und sei der Gesundheit nicht günstig; zudem
müffe für die technischen Waffengattungen
(Artillerie und Pionnüe) der Winter zum Un-
terricht benützt werden. Bezüglich der Rück>
behaltung der 7. Altersklafse habe Vorretner
nach dem Gesetze die richtige Ansicht, aber eine
scit Iahren bestehende Staatsministerialverord-
nung sage statt Krieg: „Kricgsbedrohung" und
auf diese Verorduung habe sich die Regierung
im Jahre 1859 gestützt. Nachrem noch Oberst-
lieutenant Götz für den Regierungsentwurf
und Generall. Kuntz für die Ansicht des Ge-
neral Hoffmann sich ausgesprochen, wird das
Gesetz, welches die frühere Rekruten - Einbe-
rusung auf weitere 4 Iahre genehmigt, in
namentlicher Abstimmung el'nstimml'g angenom-
men, worauf dre Si'tzung geschlossen wird.

* Politische Umschau.

Ueber die preußische Thronrede hinsichtlich
der kurhessischen Frage schreibt Hr. v. Nochau
in der neuesten Nummer der „Wochenschrift
des Nationalvereins" Folgendes: Die Wenbung,
mit welcher sich die Thronrede über die kur-
hessische Sache ausspricht, ist durch ihre Mat-
tigkeit von der niederschlagendsten Wirkung
sür aüe Diejenigen, welche darauf warten,
daß man mit den lange angekündigten mora-
lischen Eroberungen endlich wenigstens in
Kassel Ernft machte, während auf der andern
Seüe natürlich die gesammte Gegenpartei durch
den schwächlichen Ausdruck der Hoffnungen für
die Verfaffung von 1831 meht gereizt als ein-
geschüchtert sein wird. Soü denn der Proceß
des hessischen Volkes bis zum jüngsteu Tage

Ein Frauenherz.

(Kortsehung.)

Als er seine Studien beendet hatte, diente er
einige Jahre dem Staat, um die Würde eines
Landraths in seiner Heimath zu erhalten. Als er
nach achtjähriger Abwesenheit mit dieser Würde be-
kleidet zurückkehrte, und beim Anblick der bekannten
Fluren das Hcrz in weicher Stimmung der frohen
Iugendzeit gedachte und sich trübe des Tages er-
innerte, an dem er den Vater zur Erde bestattet,
da überkam ihn das Gefühl der Einsamkeit, wel-
ches damals sein' Herz frösteln gemacht, und es war
ihm, als er Frau von Emsbach wiedersehen sollte,
als müsse sie ihm näher stehen, als müsse er sie
wie eine Mutter begrüßen.

Anton hatte mit Frau von Emsbach correspon-
dirt; aber je mehr die Anknüpfungspunete schwan-
den, hatten die Briefe einen rein geschäftlichen Eha-
racter angenommen und fast ausschließlich die Ver-
besscrungen auf seinem Gute zum Gegenstand, da
sich Frau von Emsbach für die Anlagen interessirte.

„Wie wird sie Dich empfangen!" dachte er, „bist

Du ihr mit den Iahren auch sremd geworden, kann
sie dem Manne noch dasselbe sein, was sie dem
Knaben gewesen? Und die kleine Albertine—"

Anton gedachte lächelnd der Tage, wo sein Vater
scherzend ihn mit dem Kinde verlobt und er die
Kleine ftine Braut genannt hatte.

Es war mchr als Neugier, was sein Herz un-
ruhig pochen ließ, als er die Schwelle des Ems-
bach'schen Hauses betrat.

Der Lakai führte ihn hinauf; eine Iungfrau von
stolzer Schöne begrüßte ihn mit verlegcnem Errö-
then; überrascht und staunend wagte er nicht zu
fragen, ob ein Traum ihn täusche, ob dies bren-
nende Auge wirklich dem Wesen gehöre, das als
Kind mit ihm gekost.

Es konnte Niemand anders sein. Frau v. Ems-
bach trat unbemerkt ins Zimmer, und ein freudi-
ges Lächeln verklärte ihre Züge, als sie den Ein-
druck sah, den ihre Tochter auf den schönen statt-
lichen Mann, das Ebenbild seines Vaters, gemacht;
und als sie ihn jetzt mit dem traulichen Du be-
grüßte, da perlte es in seinem Auge vor Rührung
und Wonne, und immer wieder preßte er seine LLp-
pen auf ihre Hand.

Die Mutter nannte ihn Du. Albertine gebrauchte
die ceremoniellere Form der Anrede, und es fiel
ihr schwer, sich in das vertraute Verhältniß zu fin-
den, welches zwischen Anton und ihrer Mutter be-
stand.

Er war ihr fremd geworden, fie hatte sich nicht
wie er nach den Bildern der Heimath gesehnt und
der Iugend täglich gedacht, sie erröthete vor dem
Manne, der sie an vte Tändelei der Kindheit erin-
nerte, und vor dem die Mutter sich nicht genirte,
hin und wieder einen sanften Vorwurf gegen sie
auszusprechen.

Die amtliche Thätigkeit und die Uebernahme des
Gutes von seincm Pächter beschäftigten Anton in
der ersten Zeit so sebr, daß er wenig Zeit hatte,
die Familie Emsbach zu besuchen.

Der Winter kam heran, und er sah Albertine
meist in Gesellschaft, von Verehrern umringt, als
gefeierte Dame. Der Ton dcs Salons, dies Ge-
misch aus steifer Form unv Galanterie, dies kokette
Spiel des SuchcnS von Menschen ustter der Maske
von Herrschaften, sctzte auch«zwischen Anton und
Albertine jene Schranke der Form, welche die Liebe
unterminirt.
 
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