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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Mai
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Wdtltmger Ititung.

N 121


Samstag, 24. Mai

Badischer Landtag.

Karlsruhe, 20. Mai. 51. öffentliche Si.
tzung der H. Kammer. (Fortsetzung.) Groß-
holz (von Baden) entgegnet, daß der Vor-
redner über Moral eine Rede gehalten, aber
Volkswirthschaft und Staats-Oekonomie bei
Seite gelaffen habe. Er bespricht die Stel-
lung der Stadt Baden als Welt-Äade-
siadt und die Folgen des Aufhörens der Spiel-
pacht, weist aus statistischen Nachrichten nach,
daß das Spiel hauptsächlich den großen Zu-
lauf der Fremden verurursacht habe, der bis
über 50,000 Personen angewachfen sei. Vor
dem Spiele sei die Gegend eben so schön wie
jetzt gewesen, das Wasser habe dieseibe Heil-
kraft wie jetzt gehabt, aber doch sei die Frem-
denzahl um 35,000 Personen geringer gewe-
sen. Das Spiel und die Freigebigkeit des
Spielpächters bei Aufführungen von Pracht-
bauten, von wohlthätigen und nützlichen An-
sta.lten, Kestlichkeiten rc. seien die nächste
Ursache der Blüthe der Stadt. Der Spre-
cher sucht mathematisch diese Behauptung zu
beweisen und hierauf die Gegengründe zu eut-
kräften. Jm Prinzipe seien aüe Spiele gleich,
und was die Moral betreffe, so herrjche tn
vielen Ländern das noch verderblichere Lotto-
spiel, namentlich in Jtalien, sogar am Sitze
des Papstes, und man werde doch nicht mo-
ralischer sein wollen, als der Papst selbst. Ue-
brigens könne er dem in Naffau gestellten
Antrag auch beistimmen, sobald in allen Nach-
barstaaten das Spiel aufhören müffe; wenn
dies nur in Baden geschehe, so verweise man
eben die Badener Gäste nach Wiesbaden, Ems,
Homburg rc. Er stelle den Antrag: Großh.
Regierung möge dahin wirken, daß bie Spiel-
banken in ganz D.eutschland abgeschafft wer-
den. Geh. Nath Lamey erklärt, die Regie-
rung gegen den Knies'schen Vorwurf der In-
conscqncnz entschieden in Schutz zu nehmen;
sie wolle, daß das Spiel nichl länger als bis
zum Iahre 1870 bestehe, dann aber jedenfalls
aufhöre; bis dahin sei der Vertrag abgeschlos-
sen und wenn er früher aushören köune, d. h.
wenn auch die anberen Staaren die Spiel-
bankew aufheben würden, so werde dies auch
in Baden geschehen. Porerst aber müsse das
Intereffe der Stadt Baden die großh. Ne-
gierung leiten. Der Vertrag sei einmal da,
die Kammer habe zu demselben mitgewirkt
und bis jetzt habe noch nie ein Ministerium
oder eine Kammer dessen Auflösung beschlos-
sen. In Wiesbaden dauere der Spielverlrag
trotz bes KammerbeschlusseS vertragsmäßig

yoch 20 Iahre, also 13 Jahre länger als er
bei uns längstens noch bestehen könne; in
diesen 20 Jahren würden wir die Vortheile
Badens auf Wiesbaden und andere Bäder
übertragen. Die moralischen Ausführungen
des Abg. Knies und die Rede des Abg. Groß-
holz «enthielten vielfache Unrichtigkeiten. Red-
ner verbreitet sich über die Moral des Spie-
les und kömmt dann auf die Gefahr der
Stadt Baden bei Aufhebung der Bank zu
sprechen. Wenn auch nicht so arg, wie Groß-
holz meine, so werde sie doch sehr beeinträch-
tigt; die Entwerthung namentlich des Grund-
eigenthums sei mit Grund zn befürchten, ins-
besondere in erster Zeit, aber nachher habe
Baden eine hoffnungsvolle Zukunft vor sich;
es müsse einmal selbst etwas leisten; aber es
scheine alle wohlthätigen Folgen des Spiel-
pachtgeldes als Ergebniß seiner eigenen Thä-
tigkeit zu bctrachten, obgleich es gar kein Vor-
recht auf diesen Spielpachtzins habe. Red-
ner spricht noch wenige Worte gegen die be-
zügliche Petition der Gemeindebehörden der
Stadt Baden.

Schaaff erklärt sich gegen den Minoritäts-
antrag uud hebt insbesondere hervor, daß das
öffentliche Spiel viel weniger gefährlich sei,
als das geheime Hazardspiel. Häusserrdie
Kammer möge Zeugniß ablegen, daß maw ge-
gen die horrenden Grundsätze, die man heute
in diesem Saale gehört, wenigstens Verwah-
rung eingelegt habe; widerlegen wolle er sie
nicht, es bedürfe deffen nicht. Die Frage sei
zu Scherzen zu ernft und mit Erstaunen habe
ihn aus naheliegendem Bedenken erfüllt, daß
Großholz das römische Lotto in dieses Haus
gebracht habe. Redner spricht über die per-
sönliche Freiheit nnd Moral; die öffentliche
Meinung, die größte Iury, habe das Ver-
dict über die Spielbanken gesprochen und die-
ses werde Niemand umwerfen können. Der
Sprecher äußert sich mit aller Entschiedenheit
gegen die Grundsätze der Petition der Stadt
Baden und ihres Abgeordneten und erklärt
sich-für den Minderheitsantrag. Dcn von
Kirsner gestellten und in der Kammer ange-
nommenen Antrag haben wir bereits gestern
mitgetheilt. (Schluß f.)

Karlsruhe, 22. Mai. 52. öffentliche
Sitzung der Zweiten Kammer. Vorsitz: Hilde-
brandt. Am Regierungstische: die Minister
Stabel, Lawey unv Vogelmann, Geh. Nefe-
rendär Cron und Ministerialräth v. Freydorff.
Geh. Rath Vogelmann legt vor: 1) einen
Gesetzentwurf über den Bau eines Gebäudes
für Aufnahme der Hofbibliothek, der natur-

historischen, ethnographischen und alterthüm-
lichen Sammlungen. Das Gebäude soü auf
einen der Civilliste gehörigen Platz gesteüt
und zum Bau 334,000 fl. aus den Mitteln
des Domanialgrundstockes bewilligt werden';
es soll ein Bestandtheil der Civllliste und die
desfallsigen gesetzlichen Bestimm ungen auf das-
selbe anzuwenden sein. 2) D as Budget der
in den Iahren 1862 und 1863 aus dem Do-
manialgrundstock zu machenden Ausgaben, und
zwar für die Erzwaschereieinrichtung in Aug-
gen 6000 fl., Kunstgegenstünde in die Kunst-
halle 8000 fl., Wafferleitung 125,000 fl. und
Hofbibliothek und Naturalienkabinet 167,000 fl.,
zusammen 306,000 fl. Der Präsident theilt
mit: die Einladung zur Freiburger Feier der
Errichtung eines Denkmals für Rotteck; eine
Deputation (ein Präsident, zwei Sekretäre
und eine zu wählende Deputation der übrigen
Mitglieker) soll das hohe Haus bei der Feier
vertreten; und das Ergebniß-der Wahl in die
Commission, die Auslegung des §. 74 der
Verfaffungsurkunde betr., sie fiel auf Häußer,
Hägelin, Prestinari, Schmitt und Achenbach.
Die Tagesordnung führt zur weiteren Be-
rathung des Berichts^des Abg. Wenzler über
das Badanstaltenbudget. Jn Folge des Mng-
sten Kammerbeschluffes hat die Budgetcom-
mission gestern neu berathen und ist zu dem
Beschlusse gekommen, einen neuen Antrag zu
stellen, welchen Wenzler mit empfehlenden
Worten als dahin gehend bezeichnet: Der
Neservefond soll möglichst (nicht nur um
20 pCt.) erhöht und die Regierung gebeten
werden, ein nachträgliches detaillirtes Budget
der sogen. außerordentlichen Ausgaben vorzu-
legen. Geh. Nath Lamep (st über diesen
Antrag, zu welchem die Regierung wie ein
Fremdling sich verhalte, überraschl. Gegen
die möglichste Erhöhung des NeservefondS
habe er nichts einzuwenden; aber ein nach-
träglich detaillirtes Budget vorzulegen, daS
sei zu viel gefordert und werde auch bei an-
deren Budgels nicht verlangt; die projectirten
Ausgaben im Aügemeincn' seien im Budget
erwähnt und innerhalb des Badfonds habe
bisher die Regierung die Ausgaben ohne die
Kammer festgesetzt. Uebrigens sei er iu der
Lage, die Ueberschläge auch detaillirt zu ge-
ben, und habe keinen Anstand, diese mitzu-
theilen, aber im Intereffe eines Präjudizes
sei nicht zu wünschen, hier mehr als bei an-
dere» Bubgets zu thun. Die ganze Frage sei
in der Kammer weiter zur Sprache gekom-
men, als nolhwendig wäre; der letzte Kam-
merbeschluß sage dasselbe, was der Bericht

f Zur Rotteck-Feier

25. Mai 1862.

Sie hcn kei Denkmol duldet Ihm, ei, ei,

Wie sind si worde gege Ihn so chlei!

Sie hen Ihn wölle g'schände an der Ehr'

Und hen si selber g'schändet gar so sehr!

Doch jez, Gottlob, ischö wieder anders cho,

'S sind andre Lüt und andre Zite do;

D' Nachtüle suechet ihre Löcher uf

Und schreie sie au no, 's hört Niemes druf.

Der Morge isch erwacht und übrall ni
Dringt früsche Luft und Freiheitssunneschi!

Drum hat me Ihm uffs Neu' e Denkmol g'weiht
Das d' Liebe g'sezet hät und Dankbarkeit
Und wenns Verdienst mueß g'ehret si am Ma,
Denn hät au Er gerechte Aspruch dra.

Si Bruft hät g'schmücket weder Band no Stern
Doch isch Er g'ehret gsi von noh und fern -
Hät Er doch g'chämpfet in meng schwerem Gang
Für Freiheit und für Recht si Lebe lang;

Für's Glück des Volk's in Wort so wie in Schrift,
Wie mes so chräftig nu gar wenig trifft.

St riches Herz, sin biedre offne Sinn
Isch Viele worde zuem e wahre G'wünn.

Mit einem Wort, en echte dütsche Ma
Hen wir an unsrem Rotteck g'ha!

Und wenn kei Denkmol au git wahre Werth
Isch das e Zeiche doch, daß me Ihn ehrt,

Den Freiheitsfründ, den Fründ vom Vaterland,
Den Fründ vom Volk, set es us welem Stand
Und wenn Si Denkmol nümme meh wird stoh,
So lebt Sin Name doch, der nie wird untergoh!

Rueb v. Laufenburg.

§ Heidelberg, den 10. Mai. Es sei uns ver-
gönnt, ein kleines aber nettes Büchlein, mit wel-
chem uns vor ein paar Tagen Herr vr. Otto be-
schenkte, freundlichst zu begrüßen, und dasselbe den
Lesern der Heidelberger Zeitung auf, das wärmste
zu empfehlen. Es ist dieses das „Wildbad und
seine Heilquelle", welches unser heimischer Dichter
in einem beschreibenden Gedtcht besungen, worin er
mit poetischem Schwung die großartige Natur des
Schwarzwaldes mit ihren heilbringenden Thermen
schildert. Sehr treffend rühm) der Dichter das edle
Gut der Gesundhett, tndem er im ersten Gesange

„Edle Gesundheit! Du köstliche Blüthe des LebenS!
Freude winket umsonst Iedem, den du nichr beglückst.

Ohne dich neidet der mächtigste König den Bettler,
Ohne dich fühlet sich nie glücklich hienieden der Mensch!"

Nachdem nun der Dichter den Gesundbrunnen
und seine Lage im Schwarzwalde mit lebendigen
Farben gemalt, fährt ec fort, dessen Badeinrichtun-
gen, Gasthöfe und Wohnungen, Unterhaltungen
und Umgebungen und zuletzt das Geschrchtliche und
die Sage der Entstehung des Namens dieses Ba-
des zu besingen, worauf sich folgende Verse beziehen:
„Wenn man dem Namen vertraut, der es ja deutlich
bezeugt,

Wär ein verwundeter Eber Entdecker gewesen,

Dcr hier die Schmerzen gestillt und sich die Wunden
geheilt."

Weil also nach der Sage durch etn Wild, welcheS
hier gebadet, unsere Quelle entdeckt wurde, behielt
sie bis zur Stunde den-Namen Wildbad.

Als Beigabe folgen der in sieben Gesängen ver-
faßten Dichtung noch eintge gemüthliche poetische
Ergüffe, wie ctn „Gruß an die Badgäste", „Wild-
bads Ursprung" und „Abschicd von Wildbad."

Wir könncn daher das besprochene Werkchen allen
Freunden beS Wildbads, der Natur und der Poesie
auf das Beste empfehlen.
 
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