Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Juni
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2810#0588

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Dormerstag, 26 Zuni


Russifche Streisiichter.

Hr'e ensktzlichkn Fkuevsbrüuste, melchk seit
elliiger Zeit Rußlands Stadte vclwüsten,
flammen vor uns auf aus dunkler politischer
Nacht. Trotz, der Sttenge, womit öie russische
Regl'crung die Verbrecher bedroht, treibkn die-
seiben dennoch in dem weiten Reiche vom
Eismeer bis an die Küften des schwarzen Mee-
res den Frevcl fort, ohne daß wir bis jetzt
mehr erfahren, als daß man abwechselnd diese
oder jene Partei beschuldigt oder dazu fähig
hält. Die „Opinion nationale" enthält heute
eine Reihe von Betrachtungen und Mitihei-
lun.gen über, yie innern Äerhältniffe des russi-
schen Reichs; sie sagt: Rnßland gebt einer
großen Nevolution entgegen, deren Ausbruch
vielleicht näher liegt, als wir glauben. Die
Parteien erscheinen äuf dem Kampsplatz, Ma-
nlfeste, Proclamationen, Verfassungs- und
Or.ganisationsvorschläge werden vertheilt, man
fpricht laut und bildet im Dunklen Verschwö-
rungen; die ganze Zugend ift sür bie Ncvo-
lution, dl^ Armke zum Theil gewonnen. Der
Kaiser wiü die verschiedenen Elcmente be-
herrschen, sie zur Negeneration des Reichs be-
nützkn, aber wer weiß, ob es shm mögüch
sein wird, den mehr und mehr anschweüendev
Strom in seine Ufer zu dämmen? Die Rus-
sen verlangen die Versaffung zurück, die ihneu
Altris Romanoff genommen hat. Die Be-
wegung breitet sich nach allen Seiten aus, sic
lst politisch, social und religiös. Alerander,
der Wohlwollende, wie man ihn nennt, hat
in seinem eigenen Cabinet mit den Vertretern
der verschlkdenen Ansichten zu kämpfen, die
deUtsche Partei ist gegcn jedes Nachgeben, ge-
gen jede Verbksserung. Die Regierüng schwaiikt
hin und her, sie fürchtet in .gleichem Maße
das Vorwarts- wie. das Riickwärtsgchen:
und darum möchte sie gern die fikberhafte Auf-
regung der Nation nach Außen lenken, um
dann später, wenn auf den Kampf die Ab-
spannung folgt, ihre Pläne ruhig vollenden
zü können. Man beabsichtigt, im Einverständ-
niß mit einer großen Macht, sich gegen den
Osten zu wenden; der Preis sür die Alliaüz
sei eine Reform Polens uud die Anerkennüng
Ztäliens. Die Maßregeln werden bereits ge-
nommen, und eine Anzahl Agenten durchziehen
Vie slavischen und griechl'schen Pröviuzen bes
türkischen Reichs. Die „Opinion nationale"
fügt hinzu: dr'ese Berichte könnten in Man-
chem übcrtrieben sein, aber jedenfalls dürfe
man sich auf große Crcignisse im Czarenreiä)
gefaßt machen.

Badkfcher Landtag.
Karlsruhe, 24. Zuni. (.26. öffeutliche
Sitzuiig dcr i. Kammer.) Vorsitz: Graf v.
Hennin. Äm Regierllngstisch'e: Minifter
Stabcl, Geh. Nath Weizel, Director
Bär und die Ministerialräthe Muth und
v. Frepdorff. Dennig und General-
Leutnant Hofsmaün legen Budget Berichte
vor. Lauer und das Secretariat 2 Petitio-
nen, die Verlegüng des Hauptzollamts von
Ludwigshafen nach Ueberlingen belreffend.
Bluntschli steUt den Antrag, daß noch in
heutiger Sitzung die wenigen Aenderungen dcr
H. Kammer berathen und angenommen wer-
den. Ailgenommen. Die Kammer schreitet
zur Beratdung des Berichts des General-,
Leutnants Hoffmann über den Gesetzesent-
wurf, die Vervollständigung der Schienenwege
dks Großherzogthums betr. Die Commission
stellt den Antrag, dem ganzen Gesetze die Zu-
stimmung zu ertheilen. GeneralLeutnant
Hosfmann: Cs sei die Ansicht der Com-
mission, daß die Hauptbahn von Konstanz
über Basel, Freiburg, Heidelbcrg, Mösbach,
an die bayerische Grenze gegen Würzburg
gehe. Die übrigen Linien sollen dann solgen.
Es wird zu der Berathunq der einzelnen
Artikel gcschritten. Art. 1. Odenwaldbahn.
Lauer spricht für Tauberbischossheim, dem
hervorragrlidsten Orie zwischcn Mosbach und
Würzburg, deffen bii ecle Beiührung durch die
Eisenbahn ulivermeidlich' sei. Geh. Rath
Weize l bcmerkt, daß die Regierung über bie
Liüie sich bald entscheiden werde, da sie be-
zügllch des Baues sich im Vertrage mit
Bayern verpflichtet habe. General Kunz
spricht sich für die Linl'e Borberg-Gerlachsher'in
aus, da es sich nicht blos um eine badische
Bahn hanple, uud wünscht die Berbinbung
vön Gerlachsheim über Tauberbischofsheim
nach Werthcim. Lauer empsiehlt die des-
fallsige Pekition und beautragt den protokol-
larischen Wunsch: die Regierung wolle anf
die Verbindung mit Wertheim Bedächt nehmen.
Graf von Berlichingen unterstützt diesen
Antrag uud schildert die Vorzüge Wertheims.
Gch. Rath Weizel: Wertheim müffe schon
seiner Verkehrsveihältnisse ivegen nothwendig
berücksichtigt werden, es chandle sich nur noch
um die Zeitfräge. Man müffe abwarten, ob
Bayern nach Miltenberg und Aschaffettburg
anschließe. Nebrigcns könne sich die Regierung
durch den Wunsch, welcher gegen das Gesetz
laute, nicht gebunden fühlen; es wäre däzu
ein Zusatz zum Artikel nörhig. Frhr. v.

Stotzingen, Lauer und Graf v. Berli-
chingen hätten sofortige Entscheidung resp.
alsbaldiges Vorgehen gewünfcht, dann würde
die Äbsicht am ehesten erreicht werden. Auf
Hofraths Bluntschli's Bedenken, ob der
Lauer'sche Antrag, wenn er die Mehrheit nicht
erlange, Wertheim von Nutzen sein werde,
nimmt dieser seinen Antrag zurück. Der
Arn'kel wird angknommen und die Petitionen
der Regierung empsehlend überwiesen. .

(Schluß folgt.)

Die Kammer hat den Gesetzesentwurf be-
züglich ber neuen Eisenbahnbauten einstimmig
angenommen und bei Art. 6 die Erklärung zu
Protokoll gegeben: „Die I. Kammrr betrachte
bie Regierung noch sür ermachtigt, auch über
den Bau und Betrieb ver Kinzigthalbahn mit
einer Privatgesellschast zu unterhandeln und
ist der Meinung, daß die Aussührung der
Bahn, sei es aus Staaks- oder Privatkosten,
möglichst besördert werde". Sie hat kie außer-
ordentlichen Ausgaben aus dem Domänen-
grundstock (Wafferleitnng rc.) und das Ge-
bäude für die großh. Sammlungen einstiminig
genehmigt und die Aeuderungcn der H Kam-
mer an der Gerichtsveriaffung und bem Ge-
setze über Aushebung des Lehensverbandes
angenominen. (K. A.) ^

Karlsruhe, 23. Zuni. (65. offentliche
Sitzung ver ll. Kamnikr. Schluß.) Der Abg.
Bär und Muth nehmen aw Regierungs-
tische Platz und folgt nun die Berathung des
Berichts des Abg. Arraria über das Budget
des Eisenbahnbaues für 1862 und 1863 in

Verwendung in den Zahren 1860 und 1861.

Abq. Kra u s mann sreut sich, daß die Bau-
ten der Ovenwaldbahn so weit fortgeschritten
sind, baß die Strecke Heidelberg-Mosbach im
Spätjahr dem Betrieb übergeben werden
könne, er zweifelt nicht an der Frequenz die-
ser Strecke und erwähnt anerkennend des Ei-
fers ber technischen Behörden in Förderung
der Arbeiten. Zugleich fragt er die Regie-
rung, ob das Gerüchl wahr sei) dak die Karls-
thor-Station Heidelberg nur für Personen mit
kleinem Handgepäck benützt werde und das
übrige Reisegepäck auf dem Hauptbahnhof auf-
und abgeaeben werden müffe. Dies würde
dem Zweck nicht entsprechen, namentlich, wenn
nicht auch ein Abstoß für VLeh und Früchte
der Nähe des Marktes wegen ftattfinde.

Der Präsident oes Handelsministeriums,
Geh. Rath Weizel, entgegnet, daß auf die-
sem Bahnhof einftweilen ein Provisorium er-
richtet werde.

Die Schlacht von Nichmond.

Newyork, 7. Juni. Die Eretgnisse der letzten
8 Tage fokgten sich Schlag aüf Schlag, sind aber
ltider noch immer nicht maßgebend und haben uns
dein größen Ziel dteses verderblichen Bruderkrieges
nur um weniges näher gebracht. Ueber die am31.
Mai ünd 1. Juni vor der Rebellenhauptstädt Rich-
mönd in Virginien geschlagene blutige Schlacht
möchte Referent nicht früher Bericht erstatteni öa
es hter zu Lände ein Ding der Unmöglichkeit ift,
sich tm ersten Augenblick aus Vem Labyrinth der
amtlichen und nichtamtlichen telegraphischen Nach-
richten herauszufinden, oder auch nur annähernd
Ver Wahrheit nahe zu kommen. Wie bei Pitts-
bprg Landing, verloren auch hier die Föderalen den
ersten Tag die Schlacht vor Richmond odkr Fair
Oaks; um sie, wie dort, am zweiten zu gewinnen.
Am zweiten Tage waren über 130,000 Mann ins
Gefecht gekommen und beide Heere schlugen sich mit
großer Erbitterung. Der linke Flügel Mac Elellan's
unte» General Casey wurde zuerft vom Feinde ge-
schlagen und zurückgetrieben, da er schon Tags zu-

vor ungeheuer gelitten und dem hier fünffach über-
legenen Feind nicht gewachsen war. Ganze Regi-
menter wurden bis auf 3—400-Männ zusammen-
gehäuen; Hauptsächlich fielen äuf Seiten der Fö-
deräletr wteder viele Offiziere. Das Feuer der
Bundesarmee war furchtbar, allein es hielt den
Feind, welchcr mit großer Bravour kämpfte, nicht
ab, bis tns Herz unserer Linien einzudringen. Das
ganze Ärmeecörps Eäsey's wäre vernichtet gewesen.
wenn nicht im rechten Augenblicke dte Generale
Kearney ünd Hoöker mit ihren Divisionen auf dem
Schlachtfelde angekommen wären. Beide Divisionen
rückten im Sturmschritt vor, trieben den Feind
zurück Und bivouakirten enblich Angesichts deöselben
in den älten Pösitionen. So wurde der erste Tag
durch die rechtzeitige Ankunft obiger Dtvisiönen
vom Hetnzelmann'schen Corps gerettet. Casey's
Öffiziere wurden fast alle getödtet oder verwundet,
die Geschütze dieser Division mußten zum großen
Theil vernagelt werden, zum Theil blieben sie in
den Sümpfen stecken. Der am erIen Tag von den
Rebellen gewonnene Steg ließ diese am zweiten Tag
glaüben, man habe nur noch mit Ver demoralisirten
Rcserve der BunVesarmee zu thun und in diesem

Glauben warfen sich die Fetnde am nächsten Mor-
gen auf unsere Linien, aber fie wurden bitter ge-
täuscht. Änstatt auf eine gebrochene und demora-
lisirte Reserve, stießen sie auf die mittlerweile an-
gelangten Regimenter der Hetnzelmann'schen nnd
Sumner'schen Divisionen, welche sie mit d'em Bajon-
net auf der ganzen Linie angriffen und in die Flucht
jagten. Auf Seiten des Feindes fielen, nach den
besten Quellen, 10-12,000 Mann. Der Verlust
auf Seiten der Bundestruppen tst nicht viel ge-
rtnger und dürfen mit 8000 nicht zu hoch ange-
schlagen sein. Alle Todten nnd Verwundeten des
Feindes wurden von dicsem zurückgelaffen. Während
die Schlacht wüthete, cmpfing M'Clellan von einem
2000 Fuß über der Meercsfläche schwebenden Luft-
ballon telegraphische Nachrichten übcr die Bewe-
gungen und Stellungen der feindlichen Heeresthcile.
Auch war die Etsenbahn von großem Nutzen, in-
dem die Bahnwagen biö auf 1'/, Meilen vom
Schlachtfelde gclangen konnten. General M'Clellan
commandirte diesmal in Person, was nicht wentg
dazu beigetragen haben soll, unsere Truppen zu
begeistern. — Im Südwesten spielten die Confö-
derirten dasselbe Spiel, wie bei Uorktown. Beau-
 
Annotationen