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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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März
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Freitag, LL März


N:: «2.

C Der Stand der römischen Frage.

Die Wl'chtigkel't dcr römischen Frage ift
sowohl an sich, als auch der möglichen unge-
heueren Folgen wegen so groß, daß wir jrdes
Stadium, in das sie eingetreten, gewissenhast
notisiciren, und jedcs'neue Licht, dqs man
von irgend einer Seite auf sie wirft, dank-
bar begrüßen müssen.

In leHterer Beziehnng sind es vorzüglich
die Verhandlungen des französischen Senats,
und darunter besonders die Rede des Mini-
sters Billault, wodurch nicht wenig Auf-
kläruug in die hochbedeutende Angelegenheit
gebracht wird. Und worin besteht diese Auf-
klärung?

Weiin je noch der geringste Zweifel obwalten
konnte, daß die weltliche Hcrrschaft des Pap-
stes unwiderruflich, vou Frankreich aufgege-
beu sei, so mußte die Rede des Minister
Billault auch die letzte Spur einer Uckzewiß-
heit in dieser Beziehung auslöschen. Wäh-
reud er für die Erhaltung dieser weltlicheu
H.errschaft nicht Ein Worl verliert, treunte
er das Weltliche und Geistliche auf das al-
lerscharfste, beklagt die Uiivefänderlichkeit d^s
hl. Stuhles, die wohl in relig^ösen, aber nicht
in zeitlichen Dingen gut sei, und sagt gera-
vez», daß das Zeitliche sich nur mit den Mit-
telu dieser Welt wahren könne. Ist das nicht.
deutlich genug? Oder sollen wir noch auf
die Worte eines französischen Gesandten,
welche Herr Billault anführt, hinweisen, vie
Worte, welche unter Anderem heißen: „Die
Säcularisation ist unvermeidlich?"

Aber wenn dies wirklich die Politik der
französischen Regieruiig ist, warum zieht sie
dann nicht Lhre Truppen aus Rom nnd über-
läßt sie uicht die ewige Stadt den Itälienern?
Es ist keine Frage mehr; nur die möglichen
Folgen, die sich an dieses Ereigniß knüpfen
dürften, halten Frankreich ab, jenen Schritt
jetzt schon zu thuu. Die kaiserliche Regie-
rung weiß, daß n'iit dem Abzug der Franzo-
sen der Papst Nom verlaffcn wird. Wird
aber der.Papft im Eri! unthätig bleiben?
Schwerlich. Er wird Alles in Bewegung
setzen, um Europa in Unruhe unk Verwir-
rung zu stürzen. Und eben so wenig werdeii
die katholischen Mächte gleichgiltig bleiben,
die sich vielmehr nur zu leicht zu einer In-
tervkiirion bestimmen dürften. Außerdem würde
den Italikiieril, wenn sie einmal im Besitze
der Stadt Rom sind, der Kamm nicht ganz
außerordcntlich anschweüen? Würde jene „iin-
terirdische zerstörende Thätigkeit", würdeu

Der alte Capitain.

(Schluß.)

Bertrand verließ das Zimmer und schlug die
Thüre mit einer Heftigkeit hinter sich zu, die genug-
sam scinen Aerger bekundete. Aber der Verlust
des Vermögens schien ben Veteranen nicht lange
zu betrüben; er setzte sich mit einem Freund zum
Dominospiel niedcr und dieser erzählte nachher, er
habe Pierre nie so lustig gesehen, bei jeder Klei-
nigkeit sei er in ein schreckliches Gelächter ausge-
brochen.

Iulius war wie versteinert, als er sah, was Ber-
trand gethan, jedoch kam er bald wieder zu sich,
als er sich mit Marie allein befand. Sein Zart-
gefühl war eben so wenig erheuchelt, wie seine Liebe
zu Marie, und das junge Paar versprach sich bald
Hand und Herz. Ste faßen noch lange zusammen,
der alte Bertrand kehrte ckber absichtlich erst spät
zurück; als er kam, hatte Jülius das Haus bereits
verlassen.

Es würde vielleicht zu neugierig sein, wollten wir
fragcn, ost nicht Iulius, als er an diesem Abende

jene „tollkühnen Hoffnungen" nicht unmittel-
bar darauf sich auf Venetien werfen, und so
einen Brand anstiften, der ganz Europa in
sich hineinziehen könnte? Und endlich: wäre
nicht zudcm noch die Gefahr eines religiösen
Schismas mehr als wahrscheinlich? Wenn
aber für alle diese Folgen Frankreich vrrant-
wortlich gemacht würde, begreifr man dann,
warum es noch fortwährend in Rom bleibt,
obglcich im Priiicrp die Sache bei ihm schvn
längst entschieden ift? ,

Wenn aber Billault meinte, man dürfe
auch jetzt nvch nicht auf den Zei'tpunkt ver-
zichten, wo der heil. Stuhl und die kathol.
Kirche die Nothwendigkeit der Situation ein-
sehen, unv vie Transaction annehmen werden;
w.eNii er ferner die Hoffuunq ausspricht, daß
bie Thalsachen auf den Geist Aller wirken
werden, um ganz Europa dahin zu bringen,
jene Nothwendigkeit zu begreifeu, so mgg es
ihui mu Lctzterem immerhin Ernst, sein aber
schwerlich auch mit Ersterem. Denn sicher-
lich hegt kein einziger französifchcr Staats-
mann die Ueberzeugung, daß dek heil. Stuhl
am Ende dennoch ansV eine Versöhinmg mit
Italien eingehen werde. In dieser Hinsicht
wird denn auch der MeiiiungsäuSdruck des
französischen Senats, der gegen das eine, wie
gegen das andere Ertrein sich richtet, und die
Ueberstürzung der Aktloiispartei ebenso wie
bie Unbeweglichkeit des römischen Hofes be-
klagt, ohne alle Wirkung sein. Wenn daher
der Kaiser gleichwohl nach wic vorhcr seine
Truppen in Rom läßt, sv geschieht cs nur,
weil rhm imgegenwärtigen Augenblicke
die Folgen des Abzugs zu gefährlich dünken,
weil er eine ruhigere allgemeine L-ituation
abwarten will.

Worin die Vorschläge, d'ie er dann als
Ultimatum in Nom machen wird, bestehen
werden, darüber kann Nicmanv mehr den
geringsten Zweifel haben. Jndem er die
weliliche Herrschaft des Papstes vollständig
prci'sgibt, wird er einzig und allein dahin
streben, dem heil. Vater die geistliche Un-
abhängigkeit, so weit sie eben ohne jcne mög-
lich ist, zu erwirken. Er weiß auch nur zu
wohl, daß andere Bebingungcn von Jtalien
in keincm Fall angknommkli werden würven,
daß Italien Rom um jeden Preis haben
will.

Das der gegenwärtige Stand der römischen
Frage. Man sieht: die Sache ist vollständig
ctttschicden, und Iene täuschen sich gar sehr,
die glauben, daß der Kaiser, weil er früher
bie italienische Conföderation angestrebt habe,

auf seinem Heimwege über die Scinebrücke ging,
bcim Anblicke dcs Wassers fich selbst Vorwürfe ge-
macht habe. Wir müffen ihm Gerechtigkeit wider-
fahren lassen: wenn er den Verlust des Geldes be-
dauert, so that er das nur mit Rücksicht auf Marie
und ihren Vater; nicht mit Rücksicht auf sich selbst.
Aber die Sachc war ein Mal nicht zu ändern. Man
hätte hundert Jahre suchen können, ehe man die
Brieftasche in dem tiefen schwutzigen Waffer gefun-
den hätte.

Kurze Zeit nach diesem Ereignlß wurde die Hoch-
zeit gefeiert. Bertrand übernahm es, die Festlich-
keiten zu arrangiren, und richtete dicse so großar-
tig ein, daß von der Tausend-Francs-Note nicht
viel übrig blieb.

Alle Freunde und Veteranen waren eingeladen.
Die Mchrzahl bestand aus alten Jnväliden, die
entwkder.mit Narben bedeckt waren, oder denen
ein Glied* des Körpers fehlte. Die Mängel' wur-
den aber durch Medaillen, Ehrenkreuze und andere
Auszeichnungen aufgewogen. Nach dem Mittags-
essen wurde mit dem Dcssert eine ungeheure Torte
aufgesetzt. Der alte Capitain erklärte wohlgefällig,
ssic sei nach seinem Rccept zubereitet. Die Braut

diese auch jetzt noch wolle. Der Kaiser kennt
die Thatsachen vollkommen an. Es bleibt ihm
eben schlechthin gar nichts anderes übrig, als
die Einheit Jtaliens in ver Form anzuneh-
meü, in der sie sich gegenwärtig darbietet.
AUes Andere hieße gewaltsame Intervention
und Reaction, die er entschieven verwirft.

Badischer Landtag.

Äarlsruhe, 10. März. Jn der hemigen 10. Sitzung

fordern hatte, im^ Lauf>er Zeit hmweggefallcn sei, wie
-z. B. die Kriegsdienfte. Bluntschti ist überraschl,
daß die Negiernngsvorlage mil Mißlrauen von den

sie aber auf etwas so Hartes, vaß sie erklärte, des
Vaters schönes Gericht sei ganz ungenießbar, jeden-
falls unverdaulich.

„Ei was", rief Pierre aus, „zieh' das Harte 'mal
heraus."

Marie that dieses, und die Gesellschaft sah eine
neue rothe Brieftasche, welche tn goldenen Buch-
staben die Aufschrift trug: „499,000 Frcs." Pierre
lachte, so laut er konnte. Er hatte nichts in die
Scine geworfen, als die werthlose Brieftasche, nach-,
dem er die Banknotcn vorhcr herausgenommen.

Julius brauchte seinen Schwicgervater nicht zu
fragen, was dieses bedeute; als cr die goldenen
Ziffern sah, begriff er den Zusammenhang gleich.
Er bezieht seine 25,000 Francs Renten und liebt
seine Frau eben so sehr, als wenn sie ihm nur ihr
Herz als Auösteuer gebracht hätte. Und was seine
früheren Bedenklichkeitcn betrifft, so sagt er jetzt,
er hätte damals mit Freuden Marie ^zur Frau
nehmen müssen, sogar wenn sie eine Königin ge-'
wesen wäre. (Ostpr. Z.)
 
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