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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Januar
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M; 17. Dienstag. 2l Zanuar

Amerikanifche Union und Seeefflon.

(Nach Jayies Spence.)

Die Gründe, wclche den Süden znr Tren-
nunq bestimmten, sind die veränderte Macht-
stetlunq durch die starke Einwanderunq in die
Nordstaaten, seine durch die Abolitionisten ge-
nährte ursprüngliche Antipathie und seine durch
die Uebermacht der Nordstaaten bedrohten Jn-
teresien. War auch die Sclaverei diesen Grün-
den nicht fremd, so ist sie doch nicht der ei-
qentliche Streitpunct, ihre Nothwendigkeit wird
vielmehr von beideu Seiten anerkannt, nnd
die tadelnswerthestkn Handlunqen des Südens
waren nur Maßreqelu der Verlheidiqung sei-
nes politischen Spstems. Es ist Thatsache,
daß der Süden gefühlt hal, daß uicht allein
seine Uebermacht, sondern sogar die gleiche
Macht mit bem Norden ihm entschlüpfte; er
sank zur Minorität und ;u der bamit in den
Vereinigten Staaten Verbundenen Abhängiq-
keit hkrab; darum kämpft er für Unabhängig-
keit und der Norden für Herrschaft.

Wenn man die Gründe untersucht, welche
dem Süden seine Unabhängigkeit so theuer
machen, so wird man finden, was sie für ihn
bedeutet. Die ursprüngliche Verschiedenheit
der Meinungen und Gefühle, die schon im
Multkrland bestand, wurde in den Colonien
noch badurch erhöht, daß die Ertremsten bei-
der Parteien, der Puritaner und der Cheva-
lerie, erstere nach bem Nordeu, letztere nach
dem Süden answanderten. Weder die gemä-
ßigten Puritaner, noch die Vernünftigen der
Cavalierpartei waren in die Noihwnidiqkeit
versetzt, auöwandern zu müffen. Die, welche
England verließen, siedelten sich in verschiede-
nen Breitegraden an uud ihr verschiedenes
Temperament wurde dann noch burch die php-
sischen Ursachen erhalten. Norden und Süden
bezeichnen nicht nur geographische Verschiedeitf
heitcn, sondern die Grenze zweier vkrschiedenen
Völker, die zwar eine nnd dieselbe Sprache
sprechen und eine Föderation bilden, jedoch
in Grundsätzen undInteressen verschieden, eifer-
süchtiqe Nivale in dem Strebcn nach polirischer
Macht sind.

Bis in die neueste Zeit war das Juterksse
des Südens in der Union vorherrschend. Vir-
qinien, die alte Colonie, war der leiteube
Staat, sowohl durch seine reichen Prvdukte,
wie durch sein großes Territorium und die
Superiorität seiner Staatsmänner, denn es
war vas Vatkrland der Präsidenten, und AUeö
deutete darauf hin, daß es sich in dieser Stel-
lung behaupten werde; allein die starke Ein-

Eiil Frauenherz.

(Fortsetzung.)

Da trat er heran. Er fragte nach ihrem Befin-
den und brachte ihr, wieimmer, ein Bouquet. Dte
Größe desselben fiel ihr auf.

/,Jch habe mehr Rosen gebracht", sagte er, „da-
mit Sie einige behaltcn können, wenn Sie etwa
Bluwen verschenken wollen."

Ietzt erst bemerkte sie, daß er drei kleine Bou-
quets zusammengebunden hatte, nachdem er sie aus
dem Korbe genommen. Wir haben nämlich ver-
gessen, zu sagen, daß Graf Lindenau die einzigen
großen Treibhäuser im Orte besaß und nuf jeden
Ball einen Korb mit Blumen für den Cotillon
schickte. Die Moosrosen wählte er stets für Alber-
tine aus. Heute waren in ihrem Bouqet auch an-
dere Blumen.

„Wozu haben Sie fich die Mühe gemacht?" fragte
sie, das Band lösend, welches die drei Bouquets
vcrband, „ich hätte mir ja ein Bouquet aus dem
Korbe nehmen können, wenn Sie doch kein beson-
dcres für mich bestimmten."

wan^erystg in die Nordstaaten brachte den
Süden um seine Präponderanz, und gleichzeitiq
entsta.nden ini Norden auch von denen des
Südenö vcrschiedene materielle Intereffen.
Nachdcm dort die Sclaverei aus volkswirth-
schaftlichen Gründen abgeschafft und aus den-
selben Gr ünden iin Süden beibehalten wurde,
waren beide Slaatsqruppen durch eine „häus-
liche Jnstitution" getrennt, welche zum Schlacht-
ruf ihrer Ialousten wurde. Unerklärlich bleibt,
chas Ppence alch selbstverständlich annimmt,
daß die Senatoren aller Staaten, in denen
noch Sclavcn qehqlten wurden, mit dem Sü-
den stimmen mnßten, aucy wenn sie ein noch
so kleines Interesse an der Sclaverei hatten,
wie z. B. Neu-Merico, das nur Ä Sclaven
zählt; darüber brach 1820 der' erste Conflikt
aus, welcher durch das Missouri-Compromiß
beendigt wurde, durch.welches Missouri als
Sclavenstaat aufgknommen ward, während
die Sclaverci m allen andern Territorien,
die mit Louisiana gekauft worden waren,
nicht zugelaffcn werden sollte. Jn den
darauf fplgenden Kämpfen behauptete der
SüdeN seinen Stand durch Allianz mit den
Einwanderern des Nordens. Die Aristokratie
des Südens handelte im Einverständniß mit
der Frcihandel-Demokratie des Nordens und
die Wahl Lincolns war ein Beweis vou der
Auflösung odev Ohnmacht dieser Allianz^ Es
war ein geographi'scher Sieg, welcher Süd
und Nord wie dutch einen Messerschnitt trennte.
Der Norden hatte dadurch gezeigt, daß seine
Macht unwiderstchlich sei; von nun an hatte
der Süden sich mit dem Loov einer Minorität
im Skaate zn beqnügen, und er befürchtete
daher, daß er nicht mehr als Gleichberechtigter

„Elgenthum" durch die Abolitionisten bedroht
werden würde. Die Wahl Lincolns war ihm
ein Zeichen, daß der Norden entschlossen sei,
in der Sclavenfrage gegen die Verfassung zu
handeln, welche sie beschütze; es war dem
Süden nicht um Ausdehnung des Sclavenqe-
biets zu thun, denn bies wäre gegen sein In-
tereffe gewesen; nnd dem Norden nicht um
Abschaffung der Sclaverei, da wo sie bestand,
denn Lineoln und seine Partei hatten darüber
bündiqe Versprechen gegeben. Die Wahl Lin-
colns war aber ein Zeichen, daß die politische
Macht in andere Hände übergegangen, und
baraus konnten durch eine bespotische Majo-
rität fchlimme Folgen entstehen.

In den Händen des Südens hatte diese
Macht keine Gefahr für die. gemeinschaftlichen

„Ich hoffte", antwortete er, „daß Sie vielleicht eins
von mir bchalten würden, wenn ich Ihnen mehrere
brächte."

„Sie sind verletzt, weil ich das letzte Mal Jhr
Bouquet fortgab?"

-,Wtr kennen einander zu lange, als daß ich über
etwas verletzt sein könnte, was Sie thun."

„Sie geben mir meine gestrigen Worte zurück",
sagte sie lachend, „der Pfeil hat also getroffen."

„Ihre Pfeile treffen nur zu sicher, Sie sollten
daher kein Spiel damit treiben."

„Es war kein Spiel; ich wollte Sie dafür be-
strafen, daß Sie meinen Worten keinen Glauben
schenkten."

„Ich habe mich daran gewöhnt", entgegnete er,
„dies nur dann zu thun, wenn Ste in guter Laune
find."

„Warum daS?"

„Fragen Sie sich selbst nach der Ursache, oder
wäre es Ihr Wunsch, daß man Sie wentger gün-
stig beurthetlt, als Sie es verdienen?"

„Das Urtheil der Leute ist mir gleichgültig",
antwortete sie rasch.

„Sie fallen wieder in den Ton", seufzte er, „wel-


Jnteressen, denn ste bedrohte den Norden nicht
und wollte nichts in seinen Zuständen änvern.
Der Norden hatte nur neqative Folqen zu
traqen — seine Ausschließung von der Ver-
waltung. Fiel aber die Macht an den Nor-
den, so'war der Süden , ja selbst der Wohl-
stand jedes Einzeinen im Süven bedroht.
Norden und Süden waren iu einer verschro-
benen Laqe: der letztere kämpfte für ein Sp-
stem, das der civilisirten Welt zuwiber ist,
ersterer suchte eine aufrichtige Ueb-erzeugung
durch unconstitutionelle Mittel zum Sikg zu
führen. Der Süden wollte allein geiassen sein
und hatte nicht die Verbindlichkeit, auf seine
Kosten uuo Gefahr in der Union zu blerben.
Aas Recht zur Trennung lag der Verfaffung
zn Grunde, und bieses Recht ist nie ausgege-
ben worden. Sclaverei rst ein bedauernswer-
thes Uebel, ein großes Unrecht; sie entwürbigt
den Neger, benachtheiligt den Herrn unb schavet
dem Gcmeinwesen. Die Weißen leiden großen
Nachtheil durch kas Sclaventhum, denn der
Aermste unter den Wcißen entwürdigt fich
durch Arbeit und wird der bürgerlichen Ge-
sellschaft, der er eine Stütze sein könntc, zur
Last; ein Mittelstand kann vabei gar nicht
aufkommen. Es laßt sich aber nicht weq-
läugnen, daß die Sclaverei einen Theii der
Verfaffung ausmacht, und daß die Wieber-
herstellung ber Union ihre Fortbauer verbür-
gen mürde. (Schluß f.)

* Politische Umschau. ^

König Mar von Bapern geht auf 2—3
Monale nach Nizza.

Der Prozeß zwischen Kould Vater nnd
Sohn, welcher heuke zur Verhandlung kom-
men follrc, wurve abermalS auf 8 Tagc ver-
schoben.

Zu Altheim, Amts Walldürn, hat man nach
der „Bad. Lz." für einen Wirth, ber am
Splvesterabend Tanzmusik gchalten, öffenttich
gebetet. Ein ähnliches ist zuBühl geschehcu.

Die Hanauer haben eine alte Denkmünze
aüs dem Iahre 1552 mit dem Bilve Phrlipps
des Großmüthigen und der Umschrifk: „Lie-
ber Land' und Leut' vcrloren, als einen fal-
schen Eid geschworen" kurz vor der Iahres-
feier der 1831er Verfassung (am 5. Januar)
aufgefunden und terey Abbildung im Festsaale
aufgehängt. Die Hess. Morgenzeitung fand
diese Decoration sehr „bezeichnend." Sett-
dem fahndet die Polizei nach den Urhebern
und verantwortlichen Anordnetn der Deko-
ration.

cher jedes ernste Gespräch abschneidet."

„Das ist mein Wunsch, ich bin hier, um mich zu
amüsiren."

gnügen!" sagte er mit leisem Vorwurf, und sein
Blick hatte etwas schmerzlich Trübes — „die Mu-
sik beginnt — Sie sind engagirt?"

„Ia; Sie nicht?"

Albertine fragte dies in gleichgültigem, beinahe
wcgwerfendem Tone, es reizte sie, daß er um kei-
nen'Tanz bat, nicht cinmal fragte, od sie noch einen
Tanz frei habe; aber kaum sah sie den Blick, mit
welchem Lindenau auf ihre Frage antwortete, als
es sie reute. —

„Nein, ich bin nicht engagirt!" sagte er, und seine
Stimme klang rauh, als lege das gepreßte Herz
unwillkürlich einen tieferen Sinn in .diese Worte.

Albertine wurde von ihrem Tänzer geholt; das
Bouquet, welchss Lindenau ihr gereicht, blteb auf
dem Stuhle liegen.

Als sie zurückkehrte, war der Graf verschwunden.
Als sie sich nach ihm umschaute, fühlte fie plötzlich
etwas Weiches unter ihrem Fuß. Sie schaute auf
die Erde. Es war das Bouquet, welches sie mit
 
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