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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Juni
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1Ä8.


Freitag, 27. Juni


T Di« Deputittett Bersammlunge»
in Frankfutt.

. Den Beschluß, dem gemäß von Zeit zu Zeit
Versammlungen von Deputirten in Franksurt
ftattfindcn sollen, können wir nur mit Freu-
dcn begrüßen., Denn wenn — Dank der neuer
sten Äera in Preußen — der Agitation des
Nationalvereins in jüngfter Zeit offenbar mehr
oder weniger Boden entzogen worden ist, so
ift gut, daß dem großen nationalen Gedanken
noch ein weiteres Organ ersteht, welches mit
frischen Kräften die Idee der deutschen Lin-
heit aufnimmt und in den Geistern wach er'-
hält. Und wir denken, daß hiezu Versamm-
lungen von Deputirten am aüertauglichsteu
sind, die, wenn fie auch nicht Abgeordnete zu
einem deutschen Parlamente, sonvern nur zu
den Ständekammern der einzelnen Staaten sind,
immerhin ein großes moralisches Gewicht
in die Wagschqale werfen werden und so,
wenn auch kein förmliches, doch eine Art von
deutschem Parlamente oder Notabelnversamm-
lung bilden dürften. Aüerdings beruhen diese
Versammlungen weder auf anerkannter, ver-
faffungsmäßiger Befugniß, noch haben ihre
Beschlüffe oder Ansichten irgend welche bin-
dende Kraft. Aber gleichwohl vürften sie nicht
wenig dazu beitragen, sowohl in ihrem eige-
nen Schooße, als auch außerhalb der Nation
selbst, eine Verständigung und Annäherung zu
erzeugen, die uns leider noch immer viel zu
sehx sehlen. Ober sollte es nicht wahrschein-
lich se<n, daß den Meinungsäußerungen dieser
Versammlungen gew-iffe spröde Elemente Viel
eher einen bcstimmenden Einfluß verstalten
werden, als z. B. den Versammlungen des
Vationalvereins. Und so glauben wir denn,
daß burch dieje VersammluNgen sür die na-
tionale Bewegung manche Elemente gewonneu
werben dürften, die sich bisher noch zlemlich
passiv oder doch negaliv verhalten haben.

Abcr nicht nur dies erwarten wir von deu
in Nebe stehenden Zusammenkünften; wir sind
außerbem auch der Ansicht, baß sich das Ver-
hältniß zu Oesterreich nicht wenig klä-
ren müffe. Wenn nämlich bis jetzt sn Oester-
reich von positiven Vorschlägen und Auf-
stellungen kaum eine Spur zu finden war;
wenn man sich lediglich damil begnügte, die
Tenbenzen bes Nationalverkins zu bekampfen,
ohne baß man im Geringsten im Stanbe war)
auch nur halbwegs ein eben so bestimmtes
Programm denjelben entgegenzusktzen; wenn

man mit Einem Wvrte bis jetzt mehr nur lmt
aÜgemeinen Phrasen, als da sind: Zusammenl-
gehörig'keit und Zusammenhang mit dem übri-
gen Deutschlaud und wie sie älle heißen Äö-
gen, um sich werfen konnte, so ist klar, daß
von nun an diese Ungewißheit nothwendig
schwinden wird. Die Oesterreicher können nicht
mit leeren TäscheN in Frankfurt erscheinen;
man wird sie schvn genau eraminiren ; und sie
werden nicht umhin konnen, endlich cinmal
herauszurücken mtt dem, wäs ihnen möglich
ist, was sie uns zu bikten haben. Und dävon
wird es dann natürlich abhängen, ob wir die
Einheit Deutschlanvs mit oder ohüe Oester-
reich in's Auge fassen werden.

Aber auch dann, wenn man äus irgenv
einem Grunde von -Oesterreich Umgang neh-
men wird, nachZem es zu Tage getreten, daß
der gegenwärtig angestrebte österrerchische Ein-
heitsstaat sich nimmermehr mit einer wirklichen
deutschen Centralgewält unv einem deutschen
Parlamente vertragen kann, auch dänn wird
der sogenannte Ausschluß Oesterreichs nur cin
einstweiliger, nur ein provisorischer
sein. Wir erklären däm^t nur, daß wir für
jrtzt auch ohne Oesterreich uns coustttuircn
wollen. Unv sicherlich sind wir dabei in voüem
Rechte. Denn wenn auch die Rücksichten, vie
wir auf Oesterreich zu nehmen haben, gewiß
immer große sein müffen, so können sie doch
nicht derart sein, daß wir nnser gaüzes Schick-
sa! einzig und aüein von ihm abhängig mächeu,
Aües nur in seine Hände legen. Auch der
Nationalverein faßt die Sache ganz edenso
auf. Aus der Gki^eralversammlung den 3. Sep-
teMber 1860 zu Coburg sprach er sich ohne
alle Zweideutigkeit folgenbermaßen aus: „Der
deutfche Nationalverein gibt keinen Theil'des
dentichen Bundesgebietes auf. Er erkennt die
deutschen Proviuzen Oesterreichs als na-
türliche Bestandtheile deS Vaterlanbes und
wirb mit Freuden den Augeüblick begrüßtn,
welcher ven Anschluß dieftr Provinzen än das
geeinigte Deutschland möglich macht. Die Ge-
meinsamkeit des Blutes, ber Geschichte, der
Inleressen weist uns auf die innigste Verbin-
dung mit ihnen hin, äuf eine durch Ueberein-
stimmung der politischen Institutionen und durch
den ungehemmtesten geistigen unb wirthjchaft-
lichen Verkehr iiiniger als bisher geknüpfte
Verbindung. Der Verein wird aber auch, falls
die Macht der Verhältniffe und unbesiegbaren
Hinderniffe die beutschen Theile Oesterreichs
vom gleichzeitigen Anschluß an ben deut-
schen Bunbesstaat abhalten, sich hiedurch nicht
hindern lassen, die Einigung bes übrigen

Deutschlands anzustreben." Mit dieser Er-
klärüng steht der Nationalvedbin ganz auf dem
Standpunkte dines Probst und Schott, die,
Ms es sich herausstellen sollte, daß für jetz t
die Einheit Deutschlands in drr Form eines
Bundesstäats mit Osterreich unmöglich ist, in
gleichcr Weise von letzterem rinstweilen
absehen werden, ohne deßwegen im Geringsten
aüf dik Hvffnung eines vielleicht späteren An-
schluffes der deutschen Provinzen des
Käiftrstäates an das übrige Deütschländ zu
vetzichten. Man kann sogar üoch weiter gehen:
Äan darf fonwährend auf jenett Anschluß hin-
arbeiteN und ihn herbeizuführen suchen. Nur
hät man gewiß ein volles Necht, denselben
nicht zur älleinigen Bedingung jcglkcher Eini-
gung und Einheit Deutschlands zu machen.
Denn hieße das nicht; daß wir nur ein Acci-
deNz, ein Appendir von Oesterreich ftien und
in alle Ewigkeit auch bleiben wollten?

Badischer Landtag.

Karlsruhe, 24. Juni. (26. öffentliche
Sitzung ber l. Kammer. Fortsetzunß.) Art. 2.
Linie von Neckarelz gegen Heilbronn. Die
Commission ftellt den Antrag aüf Annahme.
Graf v. Berlichingen befürwortet die Be-
rücksichtigung der'Stabt Sinsheim. Geh. Rath
Weizel bemerkt, daß die Regieiüng die tech-
nische Untersuchung ber Linie von Nappenau
über Sinshcim nach MeckeshriÄ äNgeordnet
habe. Baden werbe abwarten, wö Württem-
berg mit einer Nekarbahneinzumünden wünsche.
Es sprechen noch Lauer und GeNeral Hoff-
mann für den Antrag, welcher angenouimen
wird; die Petitionen werden dem Staatsmi-
nisterium eckpfehlenb überwieftn. Ärt. 3. Li-
nie Stockach - Meßkirch. Antrag: Annahme
und bezüglich der Petitionen Uebergang zur
TagesorvnuNg, da daS Gesuch gewährt sei.
Frhr. von Slotzingen macht auf die Linie
Stockach-RadolfzeÜ-Ludwigshafen äüfmerksam
und wünscht, daß Mll Verlegung des Haupt-
zollamts voü letztem Orte nach Ueberlingen
zugewartet werde, bis bie Folgen der Eisen-
bahn ktar seien, Ueberlingen wevde ohnehin
kein Handelsplatz geben. Geh. Rath Wei-
zel und GeNera! Hoffmann sprrchen noch,
worauf der Antrag der Eommission angenom-
men wurde. Art. 4 und 5 rusen keine Dis-
cussion hervor und werden genehmigt. Art.
6 Kinzigthalbahn. Antrag: Annahcke und Er-
klärung zu Protokäll, daß dieser Baü Möglichst
beschleunigt werde unb empfehlenbe Ueberwei-
sung zur Berücksichtigung. (Schluß folgt:)

Mannyeim, 24. Junt. Jn dcr gestrigen und
heutigen Sitzung des Schwurgerichts kam die An-
klage gegen ben Hanbelsmann Samuel Wcil von
Adelsheim wegen boshafter Zahlungsstüchtigkeit-
gegen seine Ehefxau und setne Söhne Jofeph und
Herrmann Weil wegen Mttschuld und gegen sechs
Einwohner von Adelsheim wegen Begünstigung
dieses Verbrechens zur VerhanolUng. Der Haupt-
Angeklagte Samuel Wiil ist flüchtig und wtrd des-
halb vom Schwurgerichtshof ohne Mitwirkung der
Geschworenen abgeurtheilt werden. Von den an-
wesenben Angeklagten wurde Joseph Weil durch
den Wahrspruch für schuldig erklärt, daß er von
den zur Gantmasse seines Vaters gehörigen Fahr-
niffen 10 vollständige BetteN, Fevern und eine
Matraze im Gesammtwerth von 414 fi. 22 kr. l>e-
ftirigt und verheimlicht habe, in der Absicht, diese
Gegenstande den Gläubigern zu eNtziehen und ddm
Samuel Weil und d§r Familie deöselben zu eri-
halten, und daß er dadurch bewirkte, daß die be-
zeichneten Fahrnisse nicht tn däs Gantinvetitar auf-
genommen wurden; Herrmann Weil wurde der
Bctheiligung an Waaren, Weißzeug, Betten und

andeten Fahrniffcn ini Werth von etwa 145 st. für
schulbtg, jedoch wegen jugendlichen Alters nicht für
zurechnungsfähig erklärt. Hinsichtlich der übrigen
Angrklagten, sowie bezüglich einiger anderen gegen
Joseph Weil erhobentr BeschuldiguNgen läutete der
Wahrspruch auf Nichtschuldig, worauf Etstere so-
fvrt in Freiheit gesetzt wurden. Gegen Joftpy Weil
verhängte det Schivurgcrichtshvf wegen Betrugs
zuni Nachtheil der Gantmafft eine Arbeitshaus-
strafe von 6 Monatcn, während Herrmann Weil
wegen Unzurrchn'Nngsfähigkeit freigrsprochen wurde.
Ueber die Verhandlungen, welche jedesmal bis
Abends 8 Uht dauerten, wirb eiN näherer Bcricht
nachfolgeN. (M.A.)

FreiVurg, 10. Juni. Nachdem die Sitzungen
der hter anwesenden Burschenschafter aus den ver-
schttdettsten deutschen Univerfitätsstädrett vom 2. bts
4. d. M. tzedäNert, ttahm am 5. Auni das zehn-
jährige Stiftungsfest dek hiefigen Burschenschaft
Teutoniä ftinett Pnfang. An demselben bethei-
ligten sich nicht blos die anweftnden fremden Stü-
dettten- sottdern sämmtliche ehettialigen und jetzigen

Mitglftdet der Teutonia. Der erste Tag wurde,
wie alljährlich, durch einen Ausflug auf die Bukg
Zähringen gefeiekt, wo ttür Burschenschafter Theil
nahMen, da dieses Fdst den spezifisch burschcnschaft-
lichen Btsprechungen und Tendenzen ausschließltch
gewidmet wär; von Mittags 2 Uhr bis Sonnen-
untergang waren die Studenten aüf der ittalerischen
Höhe, wo in gehvbener und ungetrübter Heiterkett
unter sinnigen Toasten üttd Rcden und Butschen-
sängen bie Zeit rasch dahinflog. Den fotgendeü
Tag fand eitt großer BurschettschastscomMers statt,
zu welchem eine Anzahl Gäste gekaden waren, denn
es waren nicht nur viele Stubeiiten, Profefforen,
sondertt auch viele Bürger, ber Gemeinderath und
Bürgermeister anwrsend; auch alft Burschenschafter
aus den zwanziger Aahren waren herbeigteilt,. so
Aakob Venedey aus dem benachbarten Obetweiler.
Der Commers begann im Kaufhauft und würde
durch etn altes Mitglied §er Teutonia Mtt etnem
Hoch auf unsern allverehrtett Landesfürsten etöffnkt.
Wir köttnen natürlich nicht sämmtliche Redett und
Trinksprüche mittheilen, die gehalten wbrden; wir
etwähnen nur die tton Hans Blum, der eine Pa-
rallele zog zwifchen Süd- und Norddeutschland und
 
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