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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Februar
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HMlbtrger Itilmig.




ausg^MvME taglich

Freitag. 21. Februar

L8«2.

Die Coalition der Mittelstaaten.

(Schluß.)

Me Mittelstaaten beqreifkn wohl den unge^
heurxn Fehler,' den Preußen begangen; aber
das Prinzip ihrer eigenen Eristenz verbietet
ihnen, den Fehler des Gegners vollständig zu
benützen, Sie sind nicht im Stande, selbst zu
yermeiden, was die Nation Preußen zur po-
jitischen Sünde anrechnet, obschon sie nach
Kräften dcn Versuch unternehmen. Um ihren
Fortbestand dem Volke erwünscht zu machen,
greifen sie nach der vermoderten Idee von
1847, den Bundestag mit einem Absud der
deutschen Kammern zu umwässern; das soll
denn eine Nationalvertretung ersetzen. Das
Kunststückchen, wenn es selbst nicht etwas Un-
mögliches bezielte, ist zu ungeschickt, als daß
die Nation sich nur einen Augenblick der ge-
ringsten Täuschung hingeben könnte; das Au-
gebot ist zu jämmerlich, als daß die Gläu-
bigerin es für die große Forderung der Ein-
heit uud Freiheit als Abschlagszahlung anzu-
nehmtn vermöchte. Wie gewisse Regierungen
nach dem Iahre l815 das Volk mit Verfas-
sungen begabten, um an diesen einen Halt und
Schutz gegen die Antastungen der Cabinette
von Berlin und Wien zu finden, so wollen
sie jetzt in ähnlichem Sinne ein Spottgebild
von Parlament herstellen, in der Hoffnung,. an
eiu solches ihr Fortbestehen anlehnen zu kön-
nen. Es gilt die Nation zu gewinuen; aber
hier wie dort, diesseits wie jenscits ist hie
Selbstsucht zu groß, als daß sie den hohen
Gewinn mit irgend welchxr Opfergabe ver«
dienen möchten.

Und das ist noch Preußens Glück im Un-
glück. Es hat sich nicht ermqnnt zur Schaf-
sung der Freiheit: aber seine Nehenbuhler
vermögen es eben so wenig.' Preußen wiü
den deutschen Bundesstaat ohne etwas dafstr
zu thun; seine Nebenbuhler wollen ihn gar
nicht: Beides aber kommt sür die Nation qus
Eines hinaus.

Wer aus diesen Kämpfen und Krämpfen
der deutschen Nation den besten Nutzen zu
ziehen denkt, das ist jedenfalls Oesterreich,
Die Mittelstaaten sind ihm nur Werkzcuge
sür seine Plane auf Italien, wo die Zuständx
von 1858 wiederherzustellen sein erstes und
letztes Ziel ist. Deutschland soll die Feuer-
zange sein, dem Hause Habsburg die Frucht
aus den glühenden Kohlen zu holen. Die
Verbürgung des österreichischen Länderbrsitzes
wird, wenn auch jetzt noch nicht, später nach wie
vor den deutschkn Staaten angesonnen, und

Ocsterreich wrrd nicht rnhen und rasten, b,K
ste stch ,m Abgrund bi'eser Thorheit fangen
laffen. wenn mcht der große Gcrichtstag ker
deutsche» Nation vorher schou aubricht.

Die Fragc, was Prcußen z„ thun blcibt.
um nicht in dic BedeutungSlostgkeit und daS
politische Nichts der Manteuffel'schen Zeit zu-
rüekzufallen, beantworsct stch von selbst auS
dem. was eS will. Es will die politische
und militärische Führerschaft in Deutschland;
wenn cs fich je die Bedeutung dieser Forde-
rung klar gemacht hat, so muß es wiffcn, es
will eine Revolution oder die Folgen einer
Revolution. Es gibt Revolutionen von Oben
und Unten; beide iin Verein sind unwider-
stehlich. Mcte Preußen der Nation eine frei-
heitliche und einheitlichc Berfassung, wicr sonst
nur eine gewaltige Umwälzung stc ihr schaffen
könnte, so wirv es sriumphirend erkennen,
was dafür ihm die Nation gcwährt. Deii
rechten Zeitpunkt zu wählen, wäre freilich
dcr Tapscrkeit und nicht der ängstlichen Vor-
stcht anheimzugeben; aber bis daß er komme,
müßte Preußen einstwciien in scinen inneren
BerfaffungSverhältniffen deutlich zelgen, waS
d-reiilst dic ganze Nation von ihm mit Sicher-
heit zu crwarten hätte.

Zst das zuviel verlangl? Es kömmt dar-
auf an, an wen die NaUon ihr Berlangcn
richtet. Besttzen dic Lenkcr dcr StaalSgeschickc
zu Berlsii nicht dic Erkenutfliß uud dcn Muth
und die Kraft sür ei»e der schwerstcn Auf-
gabcn der Gcschichte, wohl, sv entsage Prcu>
ßen den Hoffuungcn, jcmais mit feincr Größe
daS deutsche Voik verbündct zu sehen; es
trctc zurück von der unfruchtbaren Aufgabc,
Regicriingen zu übcrzcugeu, daß ste feibst
ihre Sclbstständigkcil verstümmeln müsscn;
das Königlhnm von Gottes Guaden verlange
yon seineS Gieichen keine Untcrordnimg. Nur
bic Kraft ber NaUon und die nationale Jbcc
vermag Deiilschlaiib zu cinem Ganzen zu ge>
stalten und dle Siindc von 1806 wieber gul
zu machcn, die das tausendjährige deutsche
Reich mit Hülse beS Rcichsfemdes in vicrzig
Souvcränetäten zerschlug.

2) Bitte der Gewerbeschullehrcr Egctmqyer, Huber und
Lips NamenS aller Gewerbeschullehrer, dte BcsoldongS-
und RechtSverhältnissc der Letzteren betreffcnd; übergeben
durch den Abg. Frtck.

3) Wiederholte Bitte der'Metzgermeister RastättS, dte
endliche Aufhebung der im Jahr 1850 pryvisorisch wteder
cingeführten Fletschacctse betreffend; überaeben von dem
Abg. Fauler.

4) Bitte der Vorstände der Stadt und der Amtsorte deS
BcztrkSamtS PhtltppSburg, die Erhaltung deS AmtSfitzeS
betrcffend; übergcben durch den Abg. Allmang.

5) Bitte des BürgerS Anton Schattiot auS StnShekm,
dte HerauSgabe der bürgerlichen Waffen vom Jahr 1849

len in den Gemeindecollegien; eingekommcn beiin Secre-
tartat.

10) Bitte der Stadtgemeinde Konstanz um Abänderung
deS Weinsteuer-GesetzeS vom 19. März 1858; übergeben

11) Eine Anzahl von Ptflen gegen dte völlige Gletch-
stellung der Zsraelkten aus den AmtSbezirken Ettenhetm,
PhtlippSburg, Bretten. Waldshut, Kenztngen, Weinhetm,
Meßktrch, Radolfzell, Wiesloch und der Stadtgemeinde
Säcktngen.

* Politische Umschau.

Giaubwürdigem Vcruchmen nach ist der
Staatsralh Scheffer mit AuSarbeitung ciner
Gegenschrift gegcn die badischc Dcnkschrift be-
züglich dcr kurhesstscheu Verfaffungsfrage be>
schäftigt.

Die „Patrie" widerlegt die m Nummer
42 enthattene Ngchricht von der Nl'ederlage
dcr Spauier in Merik o. Puente-
Nationai befinde sich 70 Kilometer von Vera-
Cruz aus der Straße uach Meriko, uud die
Spanier hätien stch vor Ankunfk der Franzo.
sen nicht über 1S Kilometer von Vera - Cruz
entsernt. Außerdem hätten die allürten Trup-
pen kei„e isvlirte Opcration vorgcnvmmen und
Bera-Crnz nicht »erlaffen.

Die Nachrichien auS Lpon und St. Etienne
lauten fortwährend sehr traurlg. Jn meh-
reren Stadttheisen vvn Lpon sind die Kaffee-
häuser geschlvssen, da die Herausiretenden »on
dcr Mcnge hungerndcr Leuie nicht immer aufS
temüthigste angcbettelt wurden. Z0,0M Ar-
beiter stnd nur 3 Siunden des Tags beschäf-
tigt, an 20,000 stnd ganz arbeitSlos. 3»
Lille und Rouen soll es zu Ruhcstörunge» ge-
kommen sein.

Badischer Lan-tag.
Karlsruhc, lä. Febr. Aus der sechSzehn-
len Hihuug der Zwciten Kammcr trageu
wir noch foigeude in dcrselbeil eingcbrachte
Petitioueu nach:

Eisenbahn; übttgebcn durch den Abg. Kimmig.

Proceß Dumollard.

Eröffnet zu Bourg am 29. Ianuar.

(Fortsetzung.)

Präfident: Sie haben nur die Sachen der Pichon
verbrannt, ouenbar in der Hopnung, daß man we-
^n der früheren Diebstähle keinen Verdacht auf

Äntwort: O, ich habe gerade gedacht, daß man
noch auf Alles kommen würde! Wenn tch die Masse
Sacheu aufgchobcn habe, so geschah e< damrt die
Verwandten nichts verlieren und sie später wieder

Das Verhör geht nun die sämmtlichen Fälle chro-
nologilch durch. Bei dem der ermordcten Marie
Baday bleibt er bei seiner früheren Behauptung,
die Kleider erst 8 Tage nachher erhalten zu haben.

Präsident: Abcr diese Kleidex waren noch ganz
mit feuchtem Blut befleckt; Jhre Frau selbst sagt,
es sei noch ganz frisch gewesen.

Antwort: Wenn sie das sagt, so versteht sie sich
nicht darauf!

Präsident: Beharren Sie bei dcr Erklärnng, daß
Marie Baday vor der Ermordung Nothzucht er-
litten hat?

Antwort: So haben mir's die Hcrren grsagt und
!ch ihnen geglaubt, warum? weil sie dte Mädchen
ja nur zu dtesein Zweck mityahmen; sie wollten ja
auch, ich solle an ihrem Amüsement Theil nehmen,
ich wollte aber nicht... '

Präsident: Sie sprechen immer wieder von Jhrkn
Affiliirten: was trichen denn diese Leute etgent-
lich? Wie viel waren ihrer? Was waren ihre Sub-
sistenzmittel?

Antwort: Sie xeisten beständig im Lande herum.

Präsident: Warcn es etwa Schmuggler?

Antwort: Könnt' es Jhnen wahrlich nicht sagcn.

Präsident. llnd wissen Sie die Zahl der Mit-
glieder dieser vorgeblichen Bande?

Antwort: Sie sagten mir, sie seien ihrer mehr
als Achtzig und würden mich zu finden wissen, wo
ich mich auch verberge.

Die mißglückten Versuche gegen Olympia Alu-
bert, Marie Curt, Charletti, Bourgois und Perrin
leugnet Dumollard auf's Vollständigste ab. Die an-
erkanntcn Effecten will er sämmtlich auf dem be-
kannten Wege erhalten haben. Das Geld in der
Kiste dcr Perrin verleugnet er ebenfalls, will je-
doch öfters Geld von 25—50 Frcs. von seinen Mit-
schuldigen erhalten haben.

Staatsprocurator: Zu welchem Zweck gab man
Jhnen denn Geld?

Dumoflard thut, a(s ob er die Frage nicht ver-
stehe und versetzt aufberen Wiedcrholung: Ci, weil
es ihnen Vergnügen machte!

Präsident: Man grbt kein Geld ohne Geaen-
dienst! Welche Dlenste haben Sie diesen Menschen
geleistkt?

Antwort: Ei, für das, was Sie schon wissen!

Präsident: Sprechen Ste eS aus!

Antwort: Dafür, daß ich Mädchen anfpräche.

Präsident: Sie gestehen also zu, daß Ste ihrZu-
führer gewesen sind?

Antwort: Für das Vergnügen, — da fag' ich
nicht Nein. Sobald es ihnen und den Mädchen
so recht wgr! Abex was pas Andere bettifft, nein l

Das Perhör geht zu dem Morde der unbekann-
ten Frau vom Walde Montmain über. Der Prä-
sident hält Dumollard das Ergebniß der Untersu-
chung energisch vor, macht ihn aufmerksam , daß
das Gesetz hier gar keinen Unterschied zwischen Ur-
hehcr und Theilnehmer mache, da er im Voraus
gewußt habe, welches Schicksal die Mädchen erwarte,
und fordert ihn auf, dex Wahrheit die Ehre zu
geben, die er ja seiner Frau schon bekannt habe.

Antwort: Aber Herr Präsident, man kann doch
recht gut einfehen, daß, wenn man eine Frau wie
die meinige hat, die auf mich schießt wie ein Jäger
auf einen Vogel, ich nicht der Mann bin, es ihr
ru sagen, wenn ich wttklich Jemand umgebracht
habe. Hab' ich ihr etwas derglejchen gesagt, so ift
es nur geschehen, weil es nicht wahr gewesen ift,
und ick mich ihres Schweigens verstchern wollte.

. Zu dem mißglückten Versuch mit Julie Farjat
übergehend, hält ihm der Präsident vor, daß dieses
Mäbchen ihn unter sechs anderen Gefangenen augen-
blicklich anerkannt hat.

Antwort: Mit dieser ist's gerade wie mit den
andern, weil es einmal ausgemacht ist, daß alle
Wetber mich anerkennen. Das ift freilich schltmm
 
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