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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Juni
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M' 1'27.


Lonntag, I Zuni


Badischer Landtag.

Karlsruhe, 27. Mat. Dremndfünfzigfie
öffentliche Sitzung der H. Kammer, unter dem
Vorskye des Präffdenden Hildebrändt.
(Schluß). Der Präffdent eröffnet hieräuf die
ällgemeine Discussion.

Abg. Haager wirft einen Rückblick auf
Vie Bestrebungen zur Herstellung dentscher
Nechtseinheit, und bedauert, daß es jetzt den
Anschei'n habe, als sollte die gemeinnützige An-
gelegenheit der fernern Herstelluug gemeinsa-
mer Gesetze an leeren Formfragen, über welche
zwischen den Negierungen Zerwürfniffe aus-
gebrochen seien, scheitern. Er kann den Wunsch
der Commission daher auch nicht unterstützen.

Abg. Prestinari stimmt ebenfalls nicht
mit dcm zweiten Theil des Antrags der Com-
misffon überein. Er vermißt in dem Com-
misffonsantrag den jetzt allein praktischen
Wunsch, daß, so lange kein gesetzgeberisches
deutsches Organ vorhanden ist, den einzelnen
Stänvekammern wenigftens eine gewiffe Be-
theiligüng eingeräumt werden solle, und bean-
tragt daher folgende Fassuug des Abs. 2:
„So lange dieses Ziel nicht erreicht und eben
so wenig für die gemeinsame dentsche Gesetz-
gebung ein vorerst auf diesen Wirkungskreis
beschränktes Organ geschaffen werde, möge die
großh. Regierung wie bisher auch fernerhin
dew Bemühungen für gemeinsame deütsche Ge-
setze sich anschließen, züglcich aber dähin wir-
ken, daß den Ständen der einzelnen Staaten
die wirksame Ausübung ihrer verfassüngsmä-
ßigen Rechte durch rechtzkitige Betheiligung
an der Berathung der Entwürfe geffchert
werde."

Abg. Fröhlich erklärt, daß er dasjenige
Commissionsmitglied sei, welchcs nach dem
Bericht der Meinung ist, daß überhaupt die
Erlassung gemeinsamer Gesetzk auf sich be-'
ruhen solle. Diese Meinung grunde sich auf
Befürchtungen für das Zustandekommen dcr
politischen Einheit nach außen. Ein Freund
gemeinsamer deutscher Gesetzgebung, befürchte
er nur, daß die in deutschen Ständekammern
immer wiederkehrenden Anträge auf Herstel-
lung von einerlei Münze, Maß und Gewicht,
auf gemeinsame Gesetzgebung rc. von gewis-
ser Seite dazu benützt würden, um, indem
man diese Wünsche gewähre, das Verlangen
des deutschen Volkcs nach politischer Einheit
in den Hintergrund zu drängen. Redner hält
es deshalb für bedenklich, daß die Kammer
den Antrag auf Theilnahme an den Vorbera-
thungen einer gemeinsamen Civilprozeßord-

nung ffellt, wenn schon gegen die Betheilr-
güng der Regierung an diesen Vorberathun-
gen nichts einzuwenden sei. Jst seinen Be-
fürchtungen werde er durch die neuesten,
näch den Zeitungsnachrichten von den sog.
Würzburger Regr'erungen ausgehenden Bun-
desreform-Vorschläge unterstüßt, wclche das
Haup'tgewicht auf einen ständischen Ausschuß
für die Berathung materieller Gesetze legen.
Redner ist daher mit Ziffer 1, nicht aber auch
mit Ziffer 2 des Commissionsanträg's einver-
standen.

Abg. Artaria: Die Freude über das Zu-
ständekommem des deutsche-n Handelsgesetzbuchs
werde getrübt dürch die Betrachtung der Art
und Weise des Zustandekommens, namentlich
den von den drei größeren Regierungen ge-
genüber den kleineren geübten Druck, und da-
durch, daß den Kammern jetzt nur die Wahl
zwischenAnnahme oder Verwerfung im Gan-
zen bleibe und so däs ständische Mitwirkungs-
recht illusorisch werde.

Abg. Häusser unterstützt den Commissions-
äntrag in allen seinen Theilen. Die Commis-
sion habe nicht den Werth einheitlicher Ge-
setzgebung verkannt, aber sie hält dadurch auch
das höhere Bedürfniß politischer Einhkit nicht
befriedigt. Dieses natiouale Bedürfniß kann
nicht ersetzt werden durch eine Einigung auf
materiellem Gebiet; ja es besteht, und das
ist dre Gefahr, eine T.endenz, welche diese ma-
teriellen Einheitsbestrebnngkn benützen möchte
zur Beseitigüng deutscher Cinheit. Redner
geht nun zu einer Kritik der vorgeschlagenen
Mittel über, dmrch welche das Mitwirkungs-
recht der Stände bewerkstelligt werden soll,
und erklärt sich besonders gegen den Vor-
schlag, Delegirte der deutschen Ständeversamm-
lüägeN statt der leßteren selbst an der gemein-
samen Gesetzgebung mitwirken zu lassen. Eine
sölche Vertretung könne sogar gefährlich wer-
den; der einzige Weg ist Herstellung einer
Nätionalvertretung, Hin deutsches Parlament,
und er danke der Commission, daß sie dies
offen ausgesprochen.

Die Abg. Moll und Maps erklären sich
ebenfalls für den Commissionsantrag, die Abg.
Schmitt und Haager besürworten den An-
trag des Abg. Prestinari, Abg. Dahmen
beantragt in dem ersten Absatz die Worte „wie
bisher" zu streichen, und statt „einheitliche Ge-
walt" „Centralgewalt" zu sagen. Abg. Re-
genauer erklärt sich damit verständen.

Der Präsident des Ministeriums der aus-
wärtigen Angelegenheiten, Frhr. v. Roggen-
b ach, erklärt, daß die großh. Regierung prin-

ziyiell gegen den Commissionsantrag nichts
einzuwenden habe.

Die Abg. Eckhard, Knies, Achenbach
und Kirsner vertheidigen den Commissions-
antrag, Abg. Walli erklärt sich mit dem er-
sten, nicht aber mit dem zweiten Absatz des
Antrags einverstanden, stimmt aber eben so
wenig dem Abg. Prestinari zu.

Berichterstatter Käsel vertheidigt den Com-
missionsantrag, welcher schließlich auch wie
bereits mitgetheilt mit Verwerfung des An-
trags des Abg. Prestinari mit großer Ma-
jorität angenommen wird.

Karlsruhe, 30. Mai. 55. öffentl. Sitzung
der Zweiten Kammer, unter dem Vorsitze des
Präsidenten Hildebrandt.

Von Seiten der Regierung anwesend: Der
Präsident des Justizministeriums, Staatsmi-
nister Dr. Stabel; Miuisterialrath Am-
mann.

Nach^ Eröffnung der Sitzung widmet der
Abg. Schaaff dem vor einigen Tagen dahin-
geschiedenen früheren Mitgliede des Hauses,
Alt-Bürgermeister Löhlein von Gernsbach,
einen Nachruf, dem die Versammlung durch
Erhebung von ihren Sitzen beipflichtet.

Die Tagesordnung führt zur Fortsetzung
der Berathung des Berichts des Abg. Knsel
über das Einführungsgesetz zum deutschen
Handelsgesetzbuch.

Art. 16 und 17 werden nach dem Negie-
rungsentwurf, mit welchem auch die Beschlüsse
der Ersten Kammer übereinstimmen, ohne Dis-
cussion angenommen.

Art. 18 wird auf den Antrag des Abg.
Prestinari zur nochmaligen Berathung in
die Commission zurückgewiesen.

Art. 19 und 20 werden nach dem Regie-
rungsentwurf, Art. 21 nach dem Beschluß der
Ersten Kammer, Art. 22 — 26 nach dem Re-
gierungsentwurf vhne Discussion angenom-
men.

Art. 27, Abs. 1 und 2, wird nach dem Re-
gierungsentwurf, dagegen der Strich des
Abs. 3 beantragt.

Auf Antrag des Abg. Prestinari wird
im Einverständniß mit der Commission rück-
sichtlich Abs. 3 die Bestimmung angenommen:

„Hinsichtlich des Nolheides finden die aü-
gemeinen Bestimmungen Anwendung."

Der Artikel wird sodann behufs einer ver-
befferten Nedaclivn an die Commission zurück-
gewiesen.

Art. 28 und 29 werden nach dem Regie-
rungsentwurf ohne Discussion angenommen.

Art. 30 wird nach dem Beschluß der Er-

Der Kaurpf um New-Qrleaiis.

(Fortsetzung).

Früh am Morgen des 17. trieb ein mrt bren-
nendem Scheitholz beladener Brander mit der Strö-
mung herab, doch wichcn ihm die Schiffe leicht aus.
Jndeffen diente er als Warnung, und es wurden
auf allen Schiffen die Löschgerathschaften sür den
Fall in Bereitschaft gesetzt, daß noch mehr solche
ungcbctcnen Gäste herankommen sollten, und Boote
mit Entergeräthschaften ausgesetzt, um sie abzulen-
ken. Zu gutem Glücke; denn bald erschien ein
zweiter Brander. Die Löschboote ruderten furcht-
los an ihn heran, griffen ihn mit langen Hacken
und bugsirten ihn aus dem Wege. Am Charfrei-
tag früh begann das Bombardement. Von den
14 Schoonern am Westufer lag der vorderste etwa
9000 Fuß vom Fort Iackson, die übrigen 13 alle
in Gänsemarschlinie dahinter; 6 Schooner am öst-
lichen Ufer, 12,00V Fu'ß vom Fort Philipp. Gegen
9 Uhr Morgens eröffnete Fort Iackson die Kano-
nade. Die erste Antwort erfolgte von dem den
Mörserschoonern um einige Schiffslangen voraus-
gefahrenen Kanonenboote-Owasco. Die Mörser-
boote stimmten dann ein; Anfangs langsam, all-

mälig regclmäßiger, bis jedes im Durchschnitt alle
5 Minuten eine Bombe warf. Während der ersten
anderthalb Stunden feuerten die Forts 80 Schuß.
Die vom Fort Iackson flogen meist über die Masten
der Mörserschooner htnweg und fielen etwa 500
Fuß von den am Ostufer liegenden ins Waffer.
Bald aber wurden die Schüsse genauer und Kugeln
fielen tn Menge dicht an den 6 Schoonern ein, so
daß diese über und über mit Wasser und Schlämm
bedeckt wurdcn. Da die Gefahr, in der sie sich be-
fanden, außer Verhältniß zu dem durch sie zu cr-
längenden Vortheil stand, so wurden sie am Abend
hinweg und nach dem Westufer hinüber beordert.
Nicht ein Mann auf ihnen war verwundet. Die
Korvetten nahmen während des Bombardements
hinter den Mörserschöonern, außer Schußweite von
den Forts, Stellung. Neue Brander treiben den
Fluß herab; fie werden wie die ersten unschädlich
gemacht und aus dem Wege geräumt, ohne daß
nur das Bombardement inzwischen eingestellt wird.
Das Feuer aus den Mörsern war präciser, als man
hälte erwarten dürfen. Es sei hier erwähnt> daß
jede Bombe gefüllt 215 Pfund wog, die Pulver-
ladung 15 bts 20 Pfund, die Länge des Zünders

auf eine Wurfzeit von 45 Sekunden berechnet. Fast
jede fiel in die Forts oder dicht daneben. Gegen
^5 Uhr Nachmittags stiegen im Fort Iackson Flam-
mensäulen auf, und von da bis zur Nacht stellten
die Forts ihr -Feuer ein. Im Ganzen warfen die
Mörserschooner 1500 Bomben, die Kanoncnboote
mindestens 500, der Owasco allein 100 elfzöllige.
Während des Tages brachte der Dampfaviso Saron
die Meldung, daß General Butler mitöOOO Mann
auf Transportschiffen tm unteren Strome sei, be-
reit, die Forts zu besetzen, sobald sie sich ergeben
haben würden. Diese Truppen waren am 16. April
von Ship Island abgefahren ünd waren am fol-
genden Tage am Paß a l'Outre angelangt. Wie
das Bombardement am Freitag begonnen hatte, so
ward es fünf Tage lang fortgesetzt, gelegentlich un-
, terbrochen von der durch Brander hervorgerufenen
Aufregung. Am Samstag ward einer der Schoo-
ner durch eine Vollkugelgetroffen undversank, ohne
daß Iemand dabei verunglückt wäre. Der ganze
Verlust der Mörserflotte währcnd des sechstägigen
Bombardements bestand aus 1 Todten und 6 Ver-
wundeten, doch litten die Leute sehr durch die un-
ausgesetzte Anstrengung und Erschütterung. (F. f.)
 
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