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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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April
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Ueidelbtrger Zeitung.





N S2.

Freitag. 18. April L8«2.

Bestellungen auf die Herdel-
berger Zeitung für das zwcite Quartal
werden sowohl bei allen Großh. Postämtern,
als auch für hier bei der Erpedition d. Ztg.
angenommen.

keit und sein Feldherrentalent zeigen könnte,
nur gerne sehen würde. Mit der Errichtung
einer neuen Division der Südarmee unter
Garibaldi's Leitung hat sich Italien wieder
in eine kriegerische Stellung geworfen; und
es bedarf nur eines äußeren Ereignisses, wie
des aügemein erwarteten, baldigen Todes von
Pius IX., um einen Conflict mit Oesterreich
herbeizuführen. Wie es ein össentliches Ge-
heimniß ist, hat nämlich eine Änzahl orthodor-
kirchlich und legitimistisch gestnnter Cardinale
vor, nach dem Ableben des Papftes das Con-
clave nach einem von den Piemontesen unab-
hängigrn Gebiet zu verlegen, wahrscheinlich
nach Verona oder Venedig unter österreichi-
lchen Schutz. Einen hier gewählten Papst
wird aber weder Italien noch Frankreich an-
erkennen; sie werden darauf bestehen, daß der
Papst tn Rom gewählt würde, und die' Zwi-
schenzeit, bis dies geschehen kann, würde je-
denfalls von der Bewegungspartei dazu be-
nützt werden, Rom eine weltliche Herrschaft
zu geben. Der Plan hiezu ift bekanntermaßen
auch in Paris längst gutgeheißen worden,
und das franzöfische, wie das Turiner Cabinet
hat blos deshalb bis jetzt keinen höheren
Druck gegen Pius IX. geübt, weil man hofft,
er werde bald das Zeitliche segnen. Ein Un-
terfangen, wie jenes des Erzbischofs von
Toulouse in neuester Zeit, ist aber am wenig-
sten geeignet, in Napoleon 111. die Rücksichten
auf den französtschen Clerus, die er bisher
immer genommen hat, noch mehr zu bestärken.
Ratazzi hat sich unlängst, wie seine Vorgän-
ger Cavour und Ricasoli, ganz unverholen
dahin geäußerL, daß dem künftigen Papst die
geistliche Herrschaft über die katholische Welt
solle gelassen werden, daß er aber auf seine
Rechte als Landesherr zu verzichten habe.
In Bczug auf Venetien hat Ratazzi in sei-
nem Nuudschreibkn über seine Politik zwar
ausgesagl:-daß er sich stark genug fühle, um
zu verhindern, daß diese Frage durch Hand-
lungen präjudicirt werde, welche ben Stand
der jetzt eristirenden Beziehungen stören könnte,
aber er verhehlt sich in diesem Schreiben auch
nicht, daß, jemehr die Nation sich kräftigt,
umsomehr Grund entstehe, zu fürchten, daß
sie eincs Tages die Bande der Geduld
zerreißen, und sich aus dem Schmerz los-
zureißen versuche, den fie .ob des Druckes
fühlt, dem ein so edler Theil ihres Körpers
preisgegeben ist. Oesterreich, sagt Natazzi
weiter, kann die drohende Krifis hinausschie-
ben, aber nie verhindern. —

Rarazzi gesteht noch damit gewiffermaßen

selbst zu, daß die Haltuug dkk Regierung von
dcr Agitationspartei abhängt.

Was Garibaldi betrifft, so hat dicser bisher
seine Anhänger zwar zurückgehalten, sedoL nur,
UIN Jtalien Zeit zu lassen, seinc Bewaffnung
zu volleiiden. Hält er es iür kräftlg genng,
einen Krieg gegen Oesterreich zu wagen, so
wird cr gewiß keinen Anstand nchmcn, der
Bewegung frcicn Lauf zu lassen. Der Kaiscr
der Franzoscn wird dicse Bewegnng dann
gcschehen lassen müffen, weil crnicht im Stande
ist, ste ernstlich zu hindern. —

Auch einem ausbrechcnden Kricge Jtalicns
gegen Oesterreich kann er stch, wenigstens un-
ter Umständen, kcinenfallS entziehen! Zst er
doch durch FrankreichS Ehre und scin gege-
benes Wort schuldig, die Lombarbcl zu schntzen,
die ihm Oesterreichs Kaiser schcnkte, unb die
er bekanntermaßen an Victor Emanuel ab>
trat.

Von welchcm GestchtSpunkte aus man auch
immer die Lage dcr Dinge in Jtalien betrach-
tet, so lst so viel gewiß, daß von der fried-
lichen Phase seit 18S9 bcreits dcr größte
Theil umfloffen, und dagegcn um so näher
ein neuer entschcibender AuSbruch sehr crnster
Verwickelungen gerückt ist.

-i-P Die Situation in Jtalien.

Die Nachrichten aus Italien klingeN sehr
ernst. Die dort mit neuer Kraft erwachte
Agitation der Nationalpartei kann sich leicht
zu einer Bewegung steigern, welche den Kö-
nig Victor Emanuel, sein Ministerium und
das Parlament mit sich fortreißt, und eine Ent-
scheidung für die römische, wie für die vene-
tianische Frage herbeiführt, der selbst Napo-
leon III. seine Hilfe nicht wird versagen kön-
nen. Wir stehen dann vor einer vulkanischen
Bewegung, deren Ausgang nicht zu berechnen
ist. Jeder Zufall kann den Ausbruch der unter
dem Boden glimmenden Asche zu heller Flamme
emporlodern, und Europa dürfte dann in
eine größere Bestürzung gerathen, wie durch
den Krieg im Iahre 1859, denn jetzt ließe
sich sein Ziel offenbar weniger beherrschen
als damals. Napoleou würde tem jetzt ge-
einigten italienischen Volke nicht mehr Halt
gebieten können, und er selbst würde einen
Halt nicht mehr so leicht findeu, wenn er ge-
zwungen würde, den Entscheidungskampf ge-
gen Oesterreich zu führen. Daß ein solchcr
zwar in seinen Berechnuugen für die Zukunft
liegt, ist als gewiß anzunehmen. Nur wünscht
er ihn so lauge hinauszuschieben, bis der ihm
gelegene Augenblick gekommen ist, und bis es
die finanzielle Lage Frankreichs besser erlaubt;
doch wird er auch dann nicht davor zurück-
schrecken, wenn die Macht der Umstände ihn
schon jetzt dazu zwingt. Die Entscheidung
der orientalischen Frage aber, wozu die Mi-
nen ebenfalls schon längst gelegt find, geht
dann wahrscheinlich damit Hand in Hand.

Wenn wir die jetzige Lage Italiens genau
in's Auge fassen, so müssen wir es für sehr
wahrscheinlich halten, daß es die dortige Agi-
tationspartei, wenn nicht in diesem Iahre,
doch jebenfaUs sehr bald zur Entscheibung
bringen wird. Mit Ratazzi hat sie ihre alte
Macht und ihren Einfluß auf die Regierung
wieder erlangt, und wird biese Gunst des
Schicksals gewiß nicht unbenützt vorüber ge-
hen laffen, zumal ba Victor Emanuel selbst,
aüem Anschein und seiner ganzen Persönlich-
keit nach zu urtheilen,^ wahrscheinlich selbst
einen neuen Kampf, worin er seine Tapfer-

* Politische Umschau.

Nach der „Zcit" ist Kammcrdiener Hari-
degen, übcr den bcr Kurfürst fiel, nicht nur
in Ungnade entlassen, sondern auch allen Be-
hördeu in.Heffen durch Ministerialverfügung
verboten worbc», ihn irgendwo oder wic an-
zustellen oder zu bcschäftigen. Bewirbl stch
Hartdegen um irgend eine Concesston, so soll
ste dem Kurfürstcn vorgelcgt werdcn. Der
Entlassenc und Verfolgtc hat für einc Mut-
ter, ei»e Frau und vicr Kl'lldcr zu sorgcn.

Zu Erfurt habcn angehende xreußische Krie-
ger ihre Tapfcrkeit an einer deutschcn Fahne
erxrobt. An deS Königs GeburtStag stürm-
ten nämlich cine Anzahl KriegSschüler in ein
KaffechauS, aus deffen obercr Etage eine
preußische und eine deutsche Fahne wehte, und
verlangten, der Wirth svlle bie Lricolore ent-
fernen. Dcr Wirth verweigerte dieS, worauf
stch die Auffordcrer entferntcn. Später kehr-
tcn ste jedoch bcwaffnet zurück, zogen blank
und crbrachcn fast aüe Thüren der Zimmer
im Hause, ohne fedöch gerade das zu finden,
in wclchem die Fahne auSgcsteckt war. Da
kam cin Offizicr, entfcrnte die Kriegsschüler,
vcrlangte aber gebieterisch daS Einziehen der
Fahne. Der Wirth antwortete: dieS möchte

Die Schlacht bei Pea Ntidge.

Der glorreiche, wenn auch in seinen Folgen un-
fruchtbare Sieg bei Pea Ridge oder am Sugar
Crcek, dessen Einzelheiten uns in der letzten Woche
zugekommen sind, nimmt noch immer vorzugsweise
die öffentliche Aufmerksamkeit in Anspruch. Was
durch die klägliche Unfähigkeit des vom nativistischen
Dünkel an die Spitze der Armee von Miffouri ge-
stellten Generals Curtis eine jämmerliche Nieder-
lage zu werden bestimmt war, das verwändelte sich
durch die ungeskume Tapferkeit-der Deütschen und
vor AUem die überlegene Feldherrnkunst ihres Ge-
nerals, Franz Sigel, in einen glänzenden Triumph
der Bundeswaffcn. Ohne Sigel und seine Deut-
schen wäre das Unionsheer umgangen und gefan-
gen genommen und der ganze Südwesten wieder
einmal ben Barbarenhorden des Price, den Ar-
kansas-Kopfabschneidern und scalpirenden Jndia-
nern überantwortet worden; jetzt ist der Feind zer-
sprengt, zwei seiner bedeutendsten Generale sind ge-
tödtet und seine Bundesgenossen in alle vier Winde
zerstreut. Curtis, statt Sigel's Rath zu folgen,
und Pricc schon bei Springfield in Miffouri zu

umgehen und in der Flanke zu fassen, verfolgte thn
bis nach Arkansas hinein, wo bie Conföderirten
ihre Verstärkungen an fich zogen und aus Verfolg-
ten dte Verfolger wurden. Sigel, der bisher die
Avantgarde geführt hatte, wurde durch Curtis' plötz-
liche Umkehr mit seiner Divifion zur Arrieregarde
und hatte sich mit dem seiner Obhut anvertrauten
Train, da ihn Curtis weder zeitig benachrtchtigte,
noch ihm Hilfe schtckte^ durch die Feinde zur Haupt-
armee durchzuschlagen. Das geschah am 6. März
in einem meisterhaften Manöver, das, während der
Train in Sicherheit gebracht wurde, von kaum 800
Mann Infanterie gegen 2000 Cavalleristen und
eben so viel Fußvolkausgeführt ward. Der Bayon-
netangriff und die Artillerie retteten das kleine
deutsche Corps, das von den eigenen Leuten schon
für verloren gehalten wurde. Nächst Sigel zeich-
nete fich der als Divisionär commandirende Oberst
Osterhaus, ein geborner Coblenzer, am meisten aus.
Am 7. wurde der Angriff auf die Unionslinien
allgemein, deren linken Flügel Sigel bildete. Wäh-
rend dieser den Feind zurückdrängte, gewann der
Letztere bedeutende Vortheile über den unter Oberst
Carr stehenden rechten Flügel und das Centrum,

die ohne das rechtzeitige Eintreffen der von Sigel
zu Hülfe geschickten Osterhaus'schen Dtvifion hätte
uleichen, wenn ntcht die Flucht ergreifen müssey.
Den ganzen Tag über focht der an Zahl bedeutend'
überlegene Feind äußerst desperat, und das Resul-
tat des Kampfes war, däß den Unionstruppen dte
Verbindung mit Springfield vorerst abgeschnitten
war und daß ihnen kctne Rückzugslinie mehr offen
blieb; nur ein entschiedener SLeg vermochte ihnen
zu helfen. Diesen führte nun Sigel herbei, der
am anderen Morgen den Feind mit seinen auf dem
Rücken des Hügels aufgepflanzten Batterieen ener-
gisch angriff und von dort vertrieb. Die Einnahme
dieser Positionen entschied das Schicksal des Tages.
Die Deutschen schlugen sich wie die Veteranen. Als
es galt, eine aus drei Geschützen bestehende feind-
liche Batterie, die sich als äußerst lästig erwies, zu
nehmen, erbat sich das 12. Missourier (Osterhaus'sche)
Regiment die Ehre des Angriffs. DaSselbe rückte
im Sturmschritt unter einem fürchterlichen Mus-
ketenfeuer gegen die Batterie an, nahm dieselbe
und behauptete sie, bis Verstärkungen herangekom-
men waren. Die Sigcl'sche Artillerie vertrieb bald
darauf dte Feinde aus ihrer Stellung, und als erst
 
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