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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Mai
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* Politische Umschau.

Der interimistische Vorsitzende des preuß.
Staatsministeriums, Prinz Hohenlohe,hat
seine Entlassung einqereicht. Der Prinz hatte
den Vorsitz im Staatsministerium nur auf
drei Msnate übernommen und sich rn seinem
Entlassungsgesuche daranf gestützt. Eine Cnt-
scheidung ist noch nicht erfolgt.

Die „Vossische Zeitung" urtheilt sehr kalt
über die neuesten Vortzänge und meintr ,-Preu-
ßens Geschicke entscheiden sich nicht in Kassel,
sie haben ihren Brennpunkt in Berlin, und
nicht die Sendung des Generals v. Willisen
ist es, worauf jetzt das Hauptaugenmerk zu
richten wäre, sondern die offene und ehrliche
Sprache der Volksvertretung gegen Se. Ma-
jestät den König."

Der Kurfürst, schreibt man der „Elberfel-
der Ztg.", nahm den Brief aus Herrn v.
Willisen's Händen zwar entgegen, warf den^
selben jedoch, ohne sich zu besinnen und mit
den Worten: „Jch nehme keine Briefe mehr
an!" zu Boden.

Jn Znaim in Mähren wüthet eine fürch-
terliche Typhus-Epidemie; seit dem 2. Mai
sind 800 Erkrankungsfälle vorgekommen, eine
Ziffer, welche bei einer Einwohnerschaft von
8000 Seelen eine ungeheuerliche genannt wer-
den muß.

Die Reise des Königs und ter Königin
der Niederlande hat nicht zu der von Louis
Napoleon gewünschten Verheirathung des
Prinzen yon Oranien mit einer Prinzessin aus
dem Hause Murat geführt, weil die nieder-
ländischen Minister sowohl als auch das Volk
gegen eine engere Verbindung mit Frankreich
sind.

Nachrichten aus New-Orleans melden, daß
am Tage vor der Besetzung der Stadt, als
Frauen und Kinder den Anblick des Sternen-
banners der Union mit lauter Freude be-
grüßlen, eine Anzahl bewaffneter Männer aus
diese Wehrlosen Feuer gab. Der (unionisti-
sche Commandore Ferragut hat erklärt, er
wer.de ähnliche Verbrechen inskünftig auf's
Strengste bestrafen. Der Mayor der Stadt,
Herr Monroe, hat dem Commandore erklärt,
die Bewohner seien, trotzdem sie sich ergeben
Müßten, der Sache der Separatisten nach wie
vor zugethan; allein es ist kein Zweifel, daß
das Gegentheil der Fall ist. Monroe gehört
zu der Partei der Loo^v-notlunK8, der hef-
tigsten Feinde der Fremden, und gerade diese
letztcrn bilden in New-Orleans die ungeheure
Mehrzahl.

Aus Verona wird über die Armee-Re-
duction geschrieben, daß die Zahl der im lomb.-
venet. Königreiche stehenden Truppen in noch
nachhaltigerer Weise vermindert werden soll^
als dies anfangs beabsichtigt ward. Mit
Ausnahme der Grenzorte, die durch einen
starken Militär-Cordon geschützt werden müs-
sen, sollen die Dorfgemeinden von Besatzun--
gen gänzlich verschont bleiben, und auch in
die Städte keine stärkeren Garnisonen verlegt
werden, als sich in den Casernen und sonsti-
gen ärarisch^n Gebäuden unterbringen lassen.
Außerdem sprich't man davon, daß mehrere
Generale in Disponibilität versetzt werden
sollen.

Die gesümmte lombardische Preffe billigt
einstimmig die Energie, welche die Negierung
bei den jüngsten Vorgängen an der Tyroler
Grenze entfaltet habe und erklärt, daß bei
diesem Anlasse die Bevölkerung Beweis von
großer Einsicht gcgeben.

Es soll im Project liegen, bie Insej Si-
cilien durch Ueberbrückung 'der Meerenge von
Messina mit dem Festlanve von Ztalien zu
verbinden. Die für Eisenbahnznge und ge-

wöhnliche Fuhrwerke fahrbare Brücke würde
etwa 12,000 Fuß, demnach zehnmal so lang
werden, als die Kölner Rheinbrücke.

Nachrichten aus Al eppo melden, daß der
muselmännische Fanatismus seit einigen Tagen
in unserer Stadt in Schrecken erregender Weise
zugenommen hat. Man befürchtet eine Wieder-
holung der Metzeleien von 1852. Die Christen
und selbst die Europäer werden täglich in den
Straßen beschimpft. Die Fran des franzö-
sischen Consuls ist auf offener Straße von
. einer Türkin geschlagen worven. Die Priester,
gleichviel- ob Eingeborene oder europäische
Missionäre, sind besonders der Gegenstand
des Haffes oder vielmehr der Wnth ver Tür-
ken; denn ihr Benehmen gegen die Christen
gleicht einer wahren Wuth. Unsere Lage ist
wirklich gräßlich, und es läßt sich jetzt nicht
sagen, welches unser Schicksal sein wird.

Nach der lithogr. Scharf'schen Korresp. ist
heute Morgen von der kurhessischen Negie-
rung an das Ministerium des Aeußern in
Wien die Erklärung eingelangt, daß Kurhef-
sen sich dem Bundesbeschlusse füge.

Jn Warschau sind Privatnachrichten einge-
troffen, daß Wielopolski in Ungncwe gefällen
sei, St. .Petersburg verlaffe und ins Ausland
gehe.

Kossuth hat ein Manifeft erlassen, worin
er Magyaren, Slaven und Nömer (Rumä-
nen?) zur Schließung einer Conföderation
auffordert.

General Goyon ist von Rom abgereist.

Der Disziplinarhof verhandelte gestern in
der Sache wegen Veröffentlichung des Briefes
des Hrn. v. d. Heydt an Hrn. v. Roon. Die
beiden Angeklagten Rechnungsrath Varro und
der Intendantursekretär Moll sind in ein an-
deres Amt in gleicher Stellung, mit gleichem
Gehalt, aber ohne Entschädigung der Um-
zugSkosten verurlheilt, der Diätarius Köhler
aus dem Amte entlaffen worden.

Die Nachricht über einen beabsichtigten Frei-
schaarenzug ins Ausland bestätigt sich. Das
amtliche Blatt gibt Einzelnes darüber. Am
14. sind zwei ehemalige Ofsiziere der Süd-
armee, Nuüo (früherhin Adjutant Garibaldi's)
und Ambiveri, zu Pallazuolo verhaftet wor-
den; wan hält sie für die Führer. Zu Sar-
nico, Alzanno und Maggiere hat man gegen
hundert Personen ins Gefängniß gebracht.
Auch zu Bergamo war eine Volksdemonstra-
tion; sie ift jedoch rasch und friedlich unter-
drückt worden. Nun hat man alle Gefanqe-
nen nach Aleffandria gebracht. Der Minister
des Innern hat an alle Präfecten ein Nund-
schreiben gerichtet, worin er den festen Willen
der Regierung erklärt, sich solchen Fveischaa-
renzügen mit allen Mitteln zu widersetzen;
anch Garibaldi sei denselben entgegen, da der-
gleichen Versnche Jtaliens Sache gefährden
könnten. Fortwährend gehen Truppen nach der
tyrolischen Grenze ab, um die Störungen des
Friedens zu Hindern. Das noch bestehende
Corps Garibaldianer ist aufgelöst, und die
Venezianischen Ausgewanderten ins Innere des
Landes gewiesen worden. Garibaldi hat durch
seine Vermittlung die Freilassung der einge-
zogenen Offiziere bewirken wollen, aber die
Regierung gab nicht nach.

Die „Morning Post", Palmerstons Organ,
veröffentlicht einen Brief des Generals Prim,
worin er erklärt, die Tripelallianz bestehe
nicht mehr, und die französischen Soldaten
blieben in Merico, um dem Erzherzog Mari-
milian einen Thron zu verschaffen, während
die Truppen Englands nnd Spaniens sich
zurückziehen. Er spricht von seiner Anhäng-
lichkeit an Napoleon, von seinem sehnlichen
Wunsche, an der Seite der Franzosen zu käm-
pfen, nnd fährt dann fort: „Es war mir

unmöglich zu bleiben, ohne zu vergeffen, wäs
ich meiner Königin ünd meinem Lände schul-
dig hin. Die Wahrheit ist, daß die Com-
miffarien des Kaisers den Londoner Vertrag
aufgegeben, und fich entschloffen ffaben, für ei-
gene Nechnung zu handeln. Als Vorwand
galt der Schutz, den sie den ausgewanderten
Mericanern, als Almonte u. A. gewähren
wollten, welche seit ihrer Ankunft in Vera-
Cruz ihren Plan. offen eingestehen, die Repu-
-lik zu zerstören, und einen Thron für den
Erzherzog zu gründen. Das letzte Protocoll
der Cönferenz der Bevollmächtigtek stellt die
Lage aufs Klarste dar, und wird der Welt
zeigen, wer recht hat."

Die erste Brigade des spanischen HeereS
unter Prim ist bereits am 20. April in der
Habana gelandet; die Ankunft der übrigen
Truppen wird nnverzüglich erwartet. Der
Bürgerkrieg ist in Merico ausgebrochen, und
die Monarchiften sollen einige Vortheile er-
langt haben.

Deutschland.

Auch in Karlsruhe ist die Fichtc-Feier
>n sehr crhebcnder Weise vvr sich gegangen.
Se. K. Hoheit der Großberzvg wohnten
derselben bei; ferner die Herren Freihcrr
v. Roggenbach und Geh. Rath Lamep, dte
Vorstände der Kunst- und hvhern Bildungs-
anstalten, dcr Gcmeinderath, hervorragende
Persvnlichkeiten aus allen Lebensstellungen,
die Mitglieder des Nationalvcreins u. s. w.
Nach dem Vortrag eines entsprechenden Ge,
sanges bctrat Hr. Prof. Dr. Eckhardt dte
Tribüne und hiclt bie Festrede. Zn andert-
halbstündigem Vortrag entrollte der Redner
ein anschauliches Bild dcs großen deurfchen
Mannes, dem LcbcnSgang deffelbcn »on der
Wiege.bis znm Grabe solgend, und vorzugs-
weise hervorhebend, wie er im Dienste des
Vaterlandcö in schwcrer Zeit gcwirkt. Der
Schluß galt den Beziehungen des geseierten
Volisrcdncrs zu der patrivtischen Anfgabe
der Gegenwart und Zukunft. Dem Berneh-
men nach sprach Se. Königl. Hohcit der Grvß-
herzog am Schluß der Feier dem Comite dcn
Dank sür die Anregung derselben mit dcm
Beifügen aus, daß Höchstderselbe zur blei-
benden Erinnerung an den großcn Patrioten,
dem dieser Tag gelte, eine Fichtc-Stif-
tuug beabstchtige, um begadten Schülcrn des
hiestgen Lpceums eine Anciferung zur Pflege
dcs rhetorischen Talentes im vaterländijchen
Jntereffe zu bieten. Als Se. Königl. Hohcit
der Großherzog das Rathhaus verließ, brach
daS ganze anwesende zahlreiche Publikum in
ein bcgeistertcs Hoch auf Höchstdenselben auS.

Frankfurt, 18. Mai. Hcute hat aber-
mals eine außerordentlichc Sitzung der Bun-
desversammlung stattgesunden. Kurhessen
crklärt, daß es sein Wahlverfahren ststire,
indem eö voraussetze, daß der letzte Bundese
beschluß ein Jnhibitorium sei. Dic BundeS-
versammlung bezieht stch dagcgen auf den
Wortlaut deS BundeSbeschlusscs zurück.

Frankfurt, 19. Mai. Dic gestrige Bcr-
sammluug von Nationalvcreinsmitgliedern der
hiestgen Umgegend war wiedcrum vvn 12 —
1500 Pcrsonen besucht. Alle umliegcnden
Städtc, Offenbach, Mainz, Hanau, Darm-
stadt, WicSbaden und auch ferner liegende
Orte waren mehr oder mindcr zahlreich vcr-
treten. Den Vorsttz führte Herr Mar Wirth.
Dic Beschlüssc, wclche gefaßt wurden, lauten
folgcndermaßcii:

Dte am 18. Mai 1862, am JahreStage der Eröffnung
der deutschen Nationalversammlung iu Frankfurt a. M.
versammellen Mliglieder und Freunde deS NationalvereinS
sprechen ihre Ueberzeugung dahin aus:

1) daß,die deulsche Naüonalversammlnng deS ZahreS
 
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