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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Juni
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N: 1L«


Mittisoch, SS Z«m


18«2.

Unnarn, Lesterreich und der Do-
naubund.

An der Donqu,

An der schönen, blauen Donau —

Der Deutsche hält, o Fluth, an deiner Wiege
Wach',

An deiner Bahre weint das Morgenland.

(yngartteh.)

D-'e- Pereinigung der italsknisKW, ungüri-
schen und südslavischkii Prpp.aggnda zu ge?-
meinsainer politischer Action ist bekanyt. Den
Zielen der beiden leKierkN Fraccionkii suchte
Hvssulh, das Haupt ver Wgnrischen Emigra-
ii°1>, in scincr :un,iü,„, i'p gmß«F Nllss^m
errrgenden Verheißgi-g eiytzs >tzoßen Ponau-
reichsß eine bestiiKMe ^oi^e.yttirtx NichtMg
zu erlhkijkn. AUe n,ggpgrisch? fDbslavischry
Vgude von den Karapgsh.kn bss znui Ppntus
upd zur Adrja (Ungarn, Kxoatjey, Slsyoijjkn
Gieb,enbürgen, Nninaine», Merhieii, Bosn.i.en,
Dallnatien n. s. soU.en hlexnach zu'einer
grpßeg Consöder.atipn, etwa nqch Ärt des

Cfntralregie.ruyg abrpe.chsZ gpin einer dei Ha ups-
stpLte dieser Lflndex ihre,n Aitz habey. D,ad
aus mehr als eiijs.m Oru.nde gep),agte Kpy-
j/ct ift in se.iner Cutstehung gescheitert, uyd
zwar in ein.er Nichtyn.g, dere.ri sich der kghne
Agitator am wenigsten vsspsah, nämlich ay deyr
Widf.rip.iÜegi seiner ei.geyesj Landslfute wider
den gefaßlen Play. Dieser naisilich stellt hjk
Wagyaren blvlö als einen vcrschwin,de)id kleirien
Thfil der Bevölkeryng eines großen Muydx.s-
staates par, in welchem offenbgr die von peu
Uygarn mißachtelen Slaven durch ihre grpßfre
Anzahl deu Vorrang behauptky würden. Ciiie
solche Zurilck,ktzu»g aber, ein Aus.gehkn in
einem Slavenreiche, erkra.gt ber hklßblütige
magyarische Otplz, der jene Völkers.chastkN
kaum als gleichberechtigt, piel weniger als
dvminireiid anerkennen will, nuil und ijimmer-
mehr. Eine Folge hiervon ipgr, daß sich diss
ganze ertreme magyarischL Partes, stlapka ay
der Spitze — tvelcher pem Ägstacor esnxn
Absagebries schrieb — von dieseyi abgeivandt
und sich der gcmäßigten Deak'schen Partei,
welche keine Trkniruii.g Ungarns von Oester-
rejch will, zugeiieigl hat. Das Kossulh'sche
Ma.nisest hat assp gkrM ' hky entgkgenges.etzleli
Crsolq gehabt, den er beabsichtigte. 71- Wirh
die Wiener Hofburg dsesen Umschwyyg dex
Stimmung der Unggrn, djeseji glücklichen M,o>
ment, oer vielleicht so bald nicht wicderkkhren
dürste, gehöri.g benützen ugd endlich die seit
eiirem Iahre in stntu czuo ruhende yngarische
Frage zur belderseitigkn Besrtedigung einer
endlichen Lösung entgegenführen? —

Nicht lange nachher hat üns der Telegraph
gHmeikot, daß,d.ie in Belgrad, Serbiens Haupt-
städt, zwi'schen Türken uud Serben ausge-
hrpcheiifn.Zrpistigkeiten den ernsteften Charac-
ter ailgknvmmen haben, stark genug, um selbst
aus bje Börse Westeuropa's einc niederschla-
gendx Mirkung zu äußern. Die türkische Be-
satziing ber Festung Belgrad (welche von der
Atndt etwg 4.00 Schritte entfernt ist, vergeht
M so s.ehr, diese lktztere eigenmächtig und
wider den Willen chres BefehlshaberS zu be-
sch.ikßen, angeblich, um Nache zu nehmen für
UjchildkN, welche türkischen Soldaten von Ser-
bxn widersahren sinp. Nun txägt. diesir ganze
Vppsaü zmgr bis jeHt einen dlos iocaten Cha-
r.acter; es war gewtffermaßen ein Ziveikamps
zwischkjN hen Türken und der serbischen Be-
vyskerung, nnd weiter tragende Folqku, etwa
eine fremde Iiiterpention oder dergteichen,
werden sjir jetzt kanm zu besürchten sein. Also
lehrt uns die nüchtervk BLtrachtung der Lage
bep Dinge in ihrer ustmittklbgven Gegenwart.
Dych haben, wik uberall/ so auch im Neiche
der Politjk, klLine -Ursüchen. ost schon große
Wirkstngyy aüsgeübl; nyd es pürst/, wenn
nicht bei bely.jktzigen, so hych -bei dem yächstkn
bkstky solgendcn Anlasse dtksLr alte Satz anch
hie.r iiur astzu leicht znr posson, -lingbweiobaren
Mghrhkir lyerden, nub voy einem allgemkinen
Uksichtspunkte auö wird jeder benkenbe.Be-
obachttr per europäischen Velhqltniffe unwiü-
kffpiijch jctzr schoy pessucht, seine Blicke mehr
u.np lNkhr nach PkN Pegenbkn ber unleren Do-
nay zy rilchlen. Ciy gewaltiger Gährungs-
pxppkß hät offcybar diese Läudcx bes euro-
pgjschen OrientS ergriffen: Serbien, die Mol-
dau nnd WqUgchei, Bosmen, das Land der
schwarzen Berge siyd wie Driechenlanb in
eiyer.Bewkgjing b/saWen, die heyt zu Tage
noch cinen localen Chargcter an sich trägt,
jxdk.n AugfMick qhe.r in dje europäischen
Pckhäl.(iiiffe mächjig esiizugreisen droht, Jns-
besc>sivex,e die südslavische Bewegung ist. zn
einkx großen Macht angeschwollssn, die sich
drohend sür diss Psorte und vo.Ü ungewjsser
Verhäligniffe fiir Desterreich zwischen bejbe
Staaten jggert. Sie sucht nur einen geeig-
neten Ausgangspunkt und eineli Mittelpunkt,
uyi dsn sie sich zu schaaren hgt. Der Crstere
ist bssr^js iu dem Kampse Montenegros ge-
fuiiden, zu dcm jetzleren muß nolhwendig mit
der Zeil Serbien, der südslavische Centralstaat
dienen, wenn aüch dessen jetzige Negierung
zyr eutschiedesten Action im gegenwärtigen
Augenblicke noch nicht fest eutschlossen sein
mqg.

- Dem Zerbröckelungsprozeß Südösteuropas
gegenüber hat Oesterreich, völlig entgegen äl-
teren überkommenen Ti aditionen, namentlich
der durch scinen großen Felbhkrrn und Staats-
mann Prinz Cugen nnv noch von Maria The-
resia und Kaiser Ioseph 1l. sestgehaltenen
Politik, theils eine znwartende, theiis aus zu
weit getriebener conservaiiver Nichtnng unv
starrer Legirimitätsrücksicht, eine der Pforte
günstige SkeÜung eingenommen, und mit Aus-
nahme einer kurzen Cpisode im Iahr 1853,
jedes Entgegenkommen in Bezng aus die Na-
tloiialitätsbestrebun.gkn ber christlichen Bewoh-
ner der Türkei (12 Mlllionen an Anzahl)
perschmäht. Wenn aber der Zeitpunkt gekom-
men ist, wo aus dcm vulkanischen Boden der
Donaulande die Flammel, ausbrechen werden,
dann ist sür Oesterreich nochmals, wohl zum
letztenmale, die Gelegenheit ge-kommen, mit
Aüsgeblmg aller sonstigen unnalürlichen Ver-
bindungen ber großen Ausgabe sich zu wid'mcn,
die sicher seinem Namen entspricht unb die
der Osien ihm längst vorgeschrieben hat.

Cin magyarisch-südslavischer Föberativstaat
unter h a bsb u r g - l 0 t h r i n g i s ch e m S ce p-
ter, unrer maglichster Schonung der uralren,
verbriesten Rechle Ungarns, würbe Angesichts
ber Iahrhunberte langen Verbindung bieses
Landes mir seiuen bisherigen Nebenländern
nicht unveiträglich sein. Cs wird kiiie solche
siaatliche Lonsoliöation um so mehr zur Noth-
wenbigkeit werden, ais die Zurückbringung
der christlichen Volksstamine unter bas tür-
kische Ioch eine Unmöglichkeit sein, als die
Menschlichkeil gkbieten wtib, ken Flammen
bes Krieges uno des Ausruhrs ein Cnde zu
setzen, unv zugleich die Klngheik erheischm
wild, die doriige sonst auch gegen Oesterrkich
sich wendende Strömung in ein sicheres Bett
zu leiten, als die Fähigkeit jener Stämme,
sich zu einem xigenen Staale zu gestalten
(was bas Koffnth'sche Manis'est ganz unbc-
achtet läßt), noch ungewiß, desto gewiffer aber
dann der in jenen Gegenden stetS steigende
Einflnß Frankreichs und Rnßlguds scin wird.
Das Bedürsniß der Südslaven wäre dann
endlich befrledrgt ulld das Verhältniß dersel-
ben zu Unggrn geregelt. Dxutschland aber
würde einem seine xigentliche Äusgabs nach
Osten erfassenden, und als wahrhaster Cul-
turstaat, aus der Grundlage lebenssähiger na--
tionaler Interessen neu verjüngten Oesterrciche
zum unauslöslichen, völkerrechtlichen Buude
gerne bie Hand reichen.

G e st g r u ß

znm Sangertag in Karlsruhe

am 22. Iuni 1862.

Ein Meer von Tönen hör' ich um mich rauschen l
Des veutschen Liedes tauseydstimm'gen C.hox;

Und Tausende, leisathmend, sehl ich lauschen
Dem stolzen Weisen njit eytMtxm Ohr:

Was ist so herrlich, wse dex Löne Pracht,

Was gibt es Süß'res, als des Sangeö Machs,
Was sprichr so innig zu dem Menschenherzen,
Was theilt so treulich mit ihm Lust wie Schmerzen,
Was klingt erhabener, im Fluch, wie im Bssbet,
Ats uns'rer deutschen Lieder Majestät?

Und wenn ich dennoch Alle, — Sänger, Gaste,
Die ihr gezogeu kamt zuw Liederfestx,

Mit freiem Muth ber Muse euch will fragen:

Ob nur der Tonkunst Reiz euch hcrgelockt?
Dann wird mir cu'rer Herzen Pochen sagen:

Daß rtwas Höh ' res 'noch in euch frphlockt.

WaS Ws ifl hstsey HMfl führt zusammen,

Aus werfgeleg'nssfl Gansn sy Tauseydzahl,

Was yfls ersstllt mit dex Begejst'rMg Flammen,
Die Herzen glühen jyacht ipie Fxuxxstx-hl,

Laßt mich es künden euch mit freien Worten:

Der Gxist pex Aeit ergxiff das Sajtenspiel!

Was fort uys rssißt gflf rauschendkn Akkordxn,

Es ist Yer Kreiheit stoszes HpchgefphU

Es ist der Drang der frischen Wasserquellen,
Die, vou hem ezs'gcfl Prufl deß Wintexs los,

Von Fels zu Felsen sprüh'n iflit Lustgetos;

Es ist dxr Kn.ospeKxixb, Pex Blflnre Schwellen,
Die, von des Lenzes .Odein aflgehaucht,

Ihr duft'ges Haupj in's Licht Ker Ayflne taucht;
Der Lerche Lust, hse fl.hs dem yächt'gen Thau
Hochaflf sich schwinget in das Aethxrblau,

Um mit des Liedes Ocha.ls, ^em frohey, süßcn,
Das Morgeflroth de§ neuey Tag's zu grüßen;
Des PrssAschefl D.rang, pach winterlichen Tagen,
Aus engcr Mauern dumpfer Moderluft,

Sein hpchaufklppfefld Herz hinaflSzutragey
In Frühllngswp.nne und in Lenzesduft;

Des Volkes Ireflhe, das, befrejt von Bafldey,

Die gll' sein Denken, Handeln eingeschnüxt,

D.er Freiheit lapten Frühlingsruf verstauden,
Und Getst und Arm in mächt'gem Streben rührt!

So nehmen Mch — wo lang sie trauernd htngen —
Die Sänger thre Harfen von den Weiden —,
Sie grcjfen stürmisch in die goldncn Saiten,

Um stolzer jetzt jhx schönstes Lied zu singen:

Ihr Festlied tönt, der Freiheit Lied tönt wieber,
Das Ljep vom Vaterland, das Lied der Lteder! —

Dp.ch — jn d.er Lust des neuexwachten Lebens,
Das .flllyerjüflgcfld in-die Gauen dringt,

I.n. dem Gejümmel allgemeinen Strebens,

Das Allen ihrer Arbeit Se.qen bringt,

Ver.geffefl wir nicht pns'rer ersten Pflicht,
Vergeffen wir der Psiicht des Dankes nicht,

Des Danss, den wir dem edlen Fürsten zollen,
Deß hohcr Sinn, heß männlich ernstes Wollen
Uns diesefl blüthenvollen Frühling schuf.

Das Pylk, erkenneild wahrer Freiheit Segkn,

Der auf cs niederfällt wic Blumenregcn,

Bringt seinen Dank Ihm dar mit Iubelruf;

Wo Er erscheint, jft Jhm ein Fest bereitet,
 
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