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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2810#0383

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N ?t7 Samstag, 2k. April L8V2.

Badischer Landtag.

Kartsruhe, 23. April. 39. öffcntl. Si-
tzung ber zweite'n Kammer. (Schluß.) Bei
Tit. IH. 3b. Dragonerreqimenter geht der
Antrag der Commisfion dahin, die hohe Kam-
mer wolle beschließen, es seien von den be-
antragten Offizieren 10 Lieutenante, beziehungs-
weise die dafür erforderlichen Mittel als all-
mälig verschwindender Aufwand in das außer-
ordentliche Budget zu übertragen."

Weiter beantragt die Commisfion den Strich
von 12 Korporalen nebst 12 Dienstpferden,
und stellt demgemäß den Schlußantrag:

Anstatt der geforderten 612,085 fl. für
1862 nur 601,413 fl. zu bewilligen, dagegen
aber den Aufwand für 10 Lieutenante mit
10,672 fl. in das außerordentliche Budget
zu übertragen, für 1863 aber nur 596,960
fl. zu bewilligen, mit gleicher Uebertra-
gung von 10,672 fl. in das außerordentliche
Budget.

Nachvem der Präfident des Kriegsministe-
riums, Generallieutenant Ludwig, die For-
derung der Regierung, und der Berichterstat-
ter Frick den Antrag der^ Commission ver-
theibigt hatte, stellt der

Abgeordnete Schaaff den mehrfach unter-
stützten Antrag, die Forderung von 10,672 fl.
für 10 Offiziere definitiv in das orbentliche
Budget aufzunehmen.

Bezüglich der 12 Pferde und 12 Mann
wird mit Verwe.rfung des Antrags des Ab-
geordneten Schaaff der Commissionsantrag
mit 26 gegen 25 Stimmen angenommen.

Tit. 111. 4. Artilleriebrigade wird die Be-
willigung mit 393,352 fl. genehmigt, und da*
bei ebenso folgender Antrag der Budgetkom-
mission angenommen:

„Wir finden es durchaus nöthig, hier zu
constatiren, daß diese Forderung von 121
Mann Linienpionnire der Infankerie eine die
Bundeskriegsverfassnng überschreitende ist, und
trage darauf an, bie Kammer wolle zu Pro-
tokoll erklären, daß dieselben künftig am Stande
der Znfanterie abzurechnen seien."

Bei Tit. 111. 5. Sanitätskommission wer-
den nach dem Antrag der Budgetkommission
4000 st. bewilligt.

Tit. 111. 6. Kosten für größere Trup-
penübungen 19,000 Gulden (Mehrforde-
ruug 7000 fl.)

7. Militärstrascompagnie, 16,454 fl. (we-,
niger 1570 fl.)

Tit. VI. Militärgerichtsbarkeit, 12,462 fl.

Tit. V. Sanitätsdirection, 4287 fl.

Tit. VI. Recrutirung 6128 fl.

Tit. VII. Militärbauwesen, 30,976 fl:,
werden ohne Discusfion nach den Anträgen
der Commission angenommen.

Ebenso die Titel VIII. bis XVIII.

Tit XIX. Kosten für Ausübung des Be-
satzungsrechts in Rastatt.

Bezüglich der Erhöhung der Repräsentations-
gelker des Gouverneurs von 3000 fl. auf
6000 fl. beantragte die Commisfion anfäng-
lich den Strich der Echöhung, gelangt aber
jetzt zu dem Beschluffe, 4000 fl. zu genehmi-
gen und daher statt der geforderten 29,079 fl.
nur 27,079 fl. zu bewilligen.

Der Präsident des Kriegsministeriums, Ge-
nerallieutenant Ludwig, vertheidigt die For-
derung der Regicrung; es sei durchaus nö-
thig, daß der Gouverneur, welcher in Nastatt
die höchste Stelle bekleide, nicht wenigei^habe,
als andere unter ihm ftehende Personen.

Der Berichterstatter Frick macht darauf
aufmerksam, daß 4000 fl. die Höchsten Reprä-
sentationsgelder seien, die überhaupt der Staat
z. B. einem StaatSminister zahle; schon aus
diesem Grunde empfehle es sich, nicht über
ben Commissionsantrag hinauszugehen.

Abg. Baer stellt den vom Abg. de Haan
unterstützten Antrag, die ganze Regierungs-
sorderung zu bewilligen.

Abg. Schwarzmann befürwortet diesen
Antrag, der Abgeord. Knies den Commis-
sionsantrag, welch' letzterer schließlich ange«
nommen wird.

Tit. XX. und XXI. werden nach dem Com-
missionsantrag bewilligt.

Zu Tit. XXII. Militärpeu.sionen stellt die
Commission ben Antrag:

„1) Es möge die gesorderte Summe für
1862 mit 227,878 fl. und für 1863 m.t
216,277 fl. bewilligt werden.

2) Es möge die hohe Kammer zu Proto-
koll die Erwartung aussprechen: Großherzog-
liche Negierung werke Pensionirungen nur
dann eintreten lassen, wenn die dringendsten
Nücksichten des Dienstes dieses erfordern."

Diese Anträge werden ohne Diskussion an-
genommen.

Ebenso wird die von der großherz. Re-
gierung vorgeschlagene Aenderung des Sold-
tarifs, wozu die erforderlichen Mittel sich auf
54,000 fl. belaufen, und die von der großh.
Negierung nachträglich vorgelegte Abänderung
des Tarifs über Alterszulagen der Unterof-
fiziere und deren Rang chabender Chargen
von der Commission zur Annahme empfohlen,

welchem Antrag die Kammer ohne DLsknssion
beitritt. .

Nachdem hiefür der Präfident des Kriegs-
ministeriums, Generallieutenant Ludwig, der
Kammer in seinem und des ganzen Armeekorps
Namen den Dank au sgesprochen, wird die heu-
tige Sitzung geschlossen.

* Politische Umscha«.

Die „Zeit" erfährt, in Baden stehe eine
allgemeini Amnestie in nächster Aussicht.

Am Ostersonntag wurde in Nürnberg der
erste Führer einer dentschen Lokomotive,
William Wilson, ein geborener Engländer,
seit 1835 Führer bei der Nürnberg-Fürther
Eisenbahn ' (bekanntlich der ersten deutschen
Dampfeisenbahn, 1835 in B'etrieb gesetzt),
zur Erde bestattet.

Dem Magistrat Volkach in Bapern ist fol-
gendes Ausjchreiben zugegangen: „Es will
angegeben werden, daß öie Mitglieder des
Turnvereins dahier als Abzeichen ein schwarz-
roth-gelbes Band tragen und der Verein eine
Fahne gleicher Farbe besitze. Wenn dieß so
richtig ist, so wäre anzunehmen, daß der Ver-
ein nebst dem ihm vorgesteckten Ziele auch
ein politischer sei: denn diese Abzeichen sind
politische. Der Stadtmagistrat hat binnen
sechs Tagen hieröber berichtliche Aufklärung
zu geben. Volkach, 9. April 1862. Königl.
Landgericht. Ammersbacher."

Die Cob. Ztg. berichtet, der König von
Preußen hat in allerfüngster Zeit sich gelegent-
lich im Minifterconseil gegen die Wiederkehr
jeder Neaction, möchte sie in einem Gewande
erscheinen,. in welchem sie woüe, ausgesprochen,
und zwar., wie man hinzufügt, in allerbe-
stimmtester Weise ausgesprochen. In einer
solcheu Aeußerung läge freilich die sicherste
Bürgschaft für eine beffere Zukunft und wol-
len wir daher hoffen, daß. die gedachte allerh.
Aeußerung auch bald in officieller (ja wohl)
und thatsächlicher Weise ihre Bestätigung er-
halte.

Jn den ministeriellen Kreisen der Haupt-
stadt Preußens schwindet das Vertrauen zur
eigenen Sache immer mehr und mehr. Die
mildere Tonart, die man neuerdings ange-
schlagen, macht im Lande eben so wenig Ein-
druck, als man sich von der vorhergegangenen
Spräche der reaktionären Drohung irre machen
ließ, und andererseits ist es, was auch Gegen-
theiliges behauptet werden mag, Thatsache,
daß auch in den höheren Kreisen Zweifel

Eine Wilddiebsgefchichte.

Mitgetheilt von Adolf Beneke.

Jm nordwestlichen Deutschland, und zwar in dem
Theile, wo dte Weser sich wie ein silberhellesMnd
durch die lieblichsten Thäler schlängelt, dört, wo sie
die Grenzscheide von zwei größeren Wäldern, dem
Reinhardswalde und dcm Sollinger bildet, zwischen
Wald und Felsen tief versteckt, liegt das Dorf S.
Jm Rücken sich an den mit uralten, hochzum Him-
mel anstrebenden Eichen und Buchen bedeckten Berg
anlehnend, vor sich die liebliche Weser und hinter
derselben lachende Gefilde, fruchtbare Fluren und
mit dem saftigsten Grün bewachsene Wiesen, ge-
währt das Dorf eine reizende Aussicht, eine Aus-
sicht, die weniger durch Wildromantisches, als viel-
mehr durch freundliche Lteblichkeit das Auge des
Schauenden entzückt.

Auf einer FußwanVerung in dem verflossenen so
schönen Sommer war es, als auch mich mein Wcg
in diese Gegend fühtte, und durch die Schönheit
derselben gefesselt, beschloß ich einige Tage in dem
Dorfe zu verweilcn und von hier aus Ausstüge in
die Nachbarschaft zu unternehmen.

Bei etnem derselben, gerade am Tage vormeiner
Weiterwanderung, führte mich mein Weg auf eine
mitten tm Walde belegene und mit wild wuchern-
dem Grase und Unkraut bedeckte Blöße, in deren
Mitte sich zu meinem Erstaunen ein breiter, mit
Rasen eingefaßter und auch sonst noch gut erhal-
tener Grabhügel befand, zu oeffen Häupten sich ein
einfaches, wcißes hölzcrnes Kreuz erhob, an dem
mtt von Wind und Wetter verblichenen Buchstaben
zu lesen stand:

Hier ruhen in Gott:

Förster Ernft Detlefs

Zimmergesell Georg Grante,
gestorben äm 10. Sept. 185..

Erstaunt darüber, an solchem Orte eine Grab-
stätte zu finden, schlug ich den Rückweg ein. Zu'
Hause angekommen, war mein Erstes, von meinem
Wirthe, dem Ortsvorfteher. einem noch rüstigen
Siebenziger, zu erkunden, welche Bewandtniß es
mit dem Grabhügel habe, und ward mir das mit-
getheilt, was ich in den nachstehenden Zeilenwieder-
zugeben versucht habe.

Es mögen jetzt wohl zehn Jahre her sein.

Jm Spätsommer war es. Die Tage fingen an,
bedenklich kürzer zu werden, das Laub hatte theil-
weise schon eine braune Schattirung angenommen
und wenn die Sonne ihre erwärmenden Strahlen
auf die Bäume warf, so gewährte die Beleuchtung
der verschiedenen Farben einen wunderbar schönen
Anblick.

Ein klarer Morgen war angebrochen.

Da schritt ein junger,-. vielleicht fünfundzwanzig-
jähriger Bursch, die Art unb das Winkelmaaß auf
der Schulter, dem Wirthshause im Dorfe S. zu.
Nachdem er die nur schwach angelehnte Hausthür
geöffnet, ging er auf dem mit weißem Sand be-
streuten Flur der Gaststube zu, wostlbst er indeß
zu so früher Stunde noch Niemanden antraf.

„Grete", rief er da mit lauter Stimme.

Nachdem er stinen Ruf noch einmal wiederholt,
that sich eine Seitenthür auf und in dte Stube
trat eine junge, blühend und gesünd ausseheüde
Dirne. Jhr helles Auge verdunkelte sich bei dem
Anblicke des Burschen ein wenig, unv nicht sehr

freundlich fragte sie:

„Weshalb kommft denn schon so früh, Georg?
Hast ein Anliegen?" (Forts. f.)
 
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