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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Juni
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Saurstag, Zuni

Badischer Landtag.

Karlsruhe, 11. Iuni. 58. öffenikrche
Sitzung der Zweiten Kammer, nnter dem Vör>
fitze des Präsibenten Hildellrandt. (Fort-
fehung u. Schluß.)

Finanzministerium.

Bei Tit. IV., Steuerverwaltung, werden
für die Vornahme der ersten Vorarbeiten der
neuen C atastrirnng des landwirthschaftlichen
Geländes 25,000 fl. gefordert.

Die Commisfioir will dev- Genehmigung
diesqr Position nicht entgegentreten, wetl sie
eine Folge der Bestimmungen des Gesetzes
vom 7. Mai 1858, die neue Catastrirung
des landwirthschaflichen Geländes betr., ist,
beantragt aber ben Wunsch zu Protocollp
„Pie großh. Regierung möge einen Gesetz-
enkwurf über eine neue Einschätzung der Gc-
bäude derart vorbereiten, daß der Beizug der
neu ermittelten Grund - und Häusersteuer-
Capitalien gleichzeitig stattfinde."

Der Commisfionswunsch, fowie die Anfor-
derung selbst wird anqenommen.

Bei Tit. VI., Zollverwaltung, beantragt
die Commission den Skrich der für Verlegung
des Hauptzollamts Ludwigshafen nach Ueber-
lingen geforderten 22,200 fl. Die Commis-
sion ist der Ansicht, daß diese Verlegung so
lange verschoben werden soll, bis sich durch
die Crfahrung heransgeftellt haben wird,
welchen Einfluß die in Aussicht stehenden neuon
Eisenbahnen auf den Verkehr der' dortigeu
Gegend ausüben werden.

Abg. Poppen vertheidigt die Regierungs-
forderung und stellt den Antrag, dieselbe zu
bewilligen. Dieser Antrag wird mehrfach
unterstützt und schließlich angenommen.

Bei ber Anforderung für die Katasterver-
meffung mit jährlich 86,955 fl. macht der
Abg. Heidenreich eine kurze Bemerkung,
worauf der großh. Regierungscommiffär, Geh«
Neferendär v. Bö ckh erwidert, daß die großh.
Regierung eifrig auf den Fortgang der Ca-
tastervermessung bedacht sei; dieselbe dehue
sich jetzt auf 733, also ein Dtittel sämmt-
licher Gemarkungen aus.

Die Forderung wird genehmigt.

Das Budget des Kriegsministeriums ver-
anlaßt keine^ Discussion.

Die Ausgaben des außerordentlichen Bud-
gets für die Iahre 1862 und 1863 werden
schließlich

1) für das Iustizministerium mit 26,216 fl.

2) für das Ministerium d. Jnnern 766,144 fl.

3) für das Finanzministerium 229,195 fl.

4) fiir das KriegSMinisteriUm 157,678 fl.

zusammen 1,167,033 fl.
genehmi'gt. Schluß der Sitzuug um l^ Uhr.

Karlsruhe, 12. Iuni. 59. öffentliche
Sitzung der II. Kammer. Vorflßr Hilvebrandt.
Am Regierungstische: Minister Stabel und
Geh. Rath Lamry. Buhl legt seinen Be-
richt über den Gesetzesentwurf, den Bau ei-
nes Gebäudes für die Hofbibliothek, alter-
thümlichen, ethnographifchen rc. Sammlungen
betr.; Schmitt seinen Bericht über den Ge-
setzesentwurf, die aus dem Domänengrundstock
zu schöpfenden außerordentlichen AMgäßen
bekr. Dir Kammer schreitet zur Berathung
des Berichts des Abg^ Häusser über den
Gesetzeckkntwurf, die Auslegung des 8.74 der
Verfaffungsurkunde betreffeiiv. Knies drückt
die Frcude über dieses Gesetz und auch über
die kleine Abänderüng der erstsn Kammer
aus- welche eine Discnssion abgeschnitten habe
über die Frage, ob ein Abänderungs- oder
Erläuterungsgesetz vorliege. Redner bespricht
die Mißiichkeit des bisherigen ZnstandeS und
die Verbefferungen, welche das gegenwärtrge
Gesctz bringen werde^ H aag e r gibt der Ne-
gierung zu bedenken, ob nicht eine andere Ein-
lheilung der Wahlbezirke erfolgen' sollte. Die
Einlheilung der Wählbezirke stirume nicht Mit
deo Eintheilung des Landes' übercin, mehrere
Amtsbezirke gehörten zu eiuem Wahibezirke
und hätteri doch ganz andere Jnteressrn; ein-
zelne Landestheile seien benachtheiligt in der
Zahl der Abgeordneten. Redner thut durch
statistische Nachrichten dar, daß mit Berück-
sichtigung der Einwohnerzahl und des Steuer-
kapitals ber Mittelrheinkreis verhältirrßmäßig
stärker vertreten sei, als alle andere'n Kreife;
er habe 1 Abgevrdneten zu viel gegenüber
dem Unterrheinkrcis und je 3 Abgeordnete zu
viei gegenüber. dem See- und Oberrheinkreise.
Schaaff gibt dieje Mißstünde im Allgemei-
nen zu, allein unser stäntisches Wesen habe
bis jetzt gut bestanden bei dieser unvollkom-
meneil Einrichtung: das beweise die jetzige
Zusammensetzung der Kammer. Ieder Abge-
ordnete sei für das ganze Land in diesem
Hause. Der Wunsch der I. Kammer nach
ihrer Reorganisation werde in beiden Häu-
sern verschiedkiie Beurtheilung finden und
.seine Schwierigkeiten bieten. Knies bedauert,
daß in diesem Hause eine Stimme gegen den
sehr erfreulichen Wunsch der ersten Kammer
sich erhoben habe. Schaaff erwidert, daß er
gegen den Wunsch selbft nicht sei. Geheime-

Die Londoner-Judustrie-Ausstelluug.

Htnter den Coulissen.

(Schluß.)

Aker hübsch wtrd:die Anlage künftiges Jahr sein;
sie wtrd für das Westende werden, was der bota-
ntsche Garten füv die Anwohner von Regentspark
ist, und mehr als das, denn das Gewächshaus,
die beidcn Säulengänge und der an den Garten
stoßende Theil des Ausstellungsgebäudes, leicht in
einen Wintergarten umzuschaffcn, werden einen zu-
sammenhängenden bedeckten Spaziergang.gewähren,
eine Art klösterlichen Kreuzganges, in dem man
mit Bequewlichkeit würde ruhen können. Die
Mittcl zur Füllung der Gewächshäuser ltefern dte
diesjährigen Eintrittsgelder. Jn^ diesem Icihje
werden Blumen nur bei den scchs odev sieben Aus--
stellungen zu sehen sein, welche die Gesellschaft ver-
anstaltet, darunter rine Rosenschau am 26. Iuni,
wahrscheinlich diesehenswertheste. Zu diesen Schauen
und zu den Concertcn am Sonnabcnd, sowie an
allen anderen Tagen wird das Publikum in die-
scm Iahre gegen etn verschieden abgestuftes Etn-

trittsgeld zugelassen werden, so daß der auswär-
tige Besucher kein Saisonbillet zu nehmen braucht.
Etne besondere Festlichkeit soll bei der Enthüllung
des Denkmals für die Ausstellung von 1851 statt-
finden, von dem bis jetzt nur der Unterbäu da tst.
Ich-bin neugierig, was die Inschriften, an denen
es ja nicht fehlen witd, über den Prinzen AlVert
sagcn werden; und da ich kürzlich in mehreren eng-
lischen Blättern gelesen habe, daß er „der Pfleg-
vater des Gedankens der Weltausstellungen" sei,
so wtll ich abschreiben, was er 1851 ohne Wider-
spruch sagen konnte:

„Es muß mir besonders angenehm sein, zu sehen,
daß ein von mir htngeworfener Gedänke,
den ich allerdipgs"für durchäus zettgemäß hielt, so
allgemeinen 'Btifäll gefundeN hat; dcnn es bewkist
mtr, daß meine AuffassüNg der eigenthümlichen
Natur und der besondern Bedürfnisse ünscres Zcit-
alters mik den Gesinnungcn dieses Landes vollkom-
men harmonirki"

Wir Deütsche haben uNter uns Strauße genug
auszufechteu, aber wir werden mit thnen nie fertig
werden- wenn'wir 'nicht- alles, was Deutsch hetßt,
cinmüthig vertreten und behäupten gegen die An-


rath Lainey hält die von Haager gerügten
Mißstände für klein; Einwohncrzühl u. Steuer-
kapital tvechselten sehr oft; aber 'väs Ver-
hältniß der Vertretung der Städte gegenüber
jener der Landgemeinde sei noch eine wichti-
gere, abet l'inmerhin kcine Principieiifrage,
wie die Reorganisation der I. Kammer, wclche
auch die Negierung als nothwendig anerkenne
und sich wohl bie Art und Weise der Löiung
dieser Früge finden lassen werde. Häusser
i'st auch der Änsicht, daß bei der Reorganisa-
tion Vörsicht zu empfehlen sei und macht auf
die Bedeukeii aufmerksam, welche die Stell-
vertretung hervorrufe ünv welche die Cömmis-
sion veöänlaßt häben, sich vorerst über diese
Frage noch ui'cht auszusprechen.

Der Antrag der Commisston auf Zustmi-
Mttng zu dem Gesetzentwurfe, wie ihn die I.
Kammer angenommen hat, wird ohne specieÜe
Dlscusston mit allen Stimmen in näinentli-
cher Abstimmung angenommen und Häusser
berichtet über die Abänberung der 1. Kammer
an dem Gesetzesentwurf über die bürgerliche
Gleichftellung der Israeliten. Er beäntraqte
Berathimg iu abgekürzter Form und Annahme
der Abänderung dcs 8. 6. Ersterer wird ge-
nehmigt. Knies hat gegen die Abäiiderung
Bedenken aus der Natur des Gesetzes selbst
und insbesondere der Bestl'mmun.qen über die
Armenversorgung. Sie stehe damit im Wi-
derspruch. Nedner flellt den Anträg, die srü-
here Faffung wieder anzunehmeii. Schmitt
unterstütztVdiesen Antrag, welchen Geheiuie-
rath Lamep in ausführlichevWeise bekämpft,
die Abänderung der 1. Kammer sei.zweckmäßig
und die von Knies und Schmitt vorgebrach-
ten Grüude hätten die Negierung zü keitter
audern Ansicht gebracht..

Eckhardt schließt sich ver Ansicht des
Vorredners an; in gleichem Sinne sprechen
Schääff und Paravicini, während Knies seinen
Antrag vertheidigt, der noch von Kirsner un-
terstützt wird. Nachdem noch Geh. Rath
Lamey, Eckhardt, Moll, Kusel und Häüffer
für den Cömmissionsäntrag gesprochen, wird
der Anträg des Abgeordneten Knies mit allen
gegen 5 Stimmen (Knies, Schmitt, Kirsner,
Prestinäri und v. Stockhorn) verworfen und
jener der Commission angenommen und in
namentlicher Abstimmung bas ganze Gesetz.
Die Kammer geht über zur Berathung des
Berichts des Abg. Friderich über einen
Nachtrag zum außerordentlichen Buvget des
Ministeriums des Innern, die Erwerbung und
Herstellung eines Dienstqebäudes für den Ober-
schulrath betr. Die Commr'ssion beantragt für

maßung und Verlogenheit der Fremden, wer fie

Ein Akro.bat wtder Willen rettete fich durch seine
angebornen Künste am 29. v. M. in Lemberg daS
Leben auf eine so merkwürdige Art, daß ber Fäll
wirklich einer näheren Beschreibung werth' ist. Die
Feüsterstöcke in dem Univerfitätsgebäude, wo däs
Erkigniß ftattfand, stehen näch Innen über der
Fläche der Fensterbrüstung mit einer scharfen Kante
einen reichlichen Zoll empor. Ein 4 bis b jähriger
Knabe, das Kind eines Dteners, war auf cin offenes
Hoffenster des zweiten Stockes gekrochen und wahr-
scheinlich allmälig so weit vorgerutscht bis der Ober-
körper das Uebergewicht bekam unv es hinabstürzte.
Im Möment des FaUes jcdoch mußte der Knabe
die Beine gestreckt und die Füße nach Möglichkeit
gegen das Schienbein zu gebogen häben, kurz, er
hing, mit der oberii Scite der Zehen an dem vor-
springestden Fensterftock sich hältend, kopfunter vom
Fenster an dcr gesimslosen Wand herab. Olück-
licherweife wurde er äugenblicklich bemerkt. Dte her-
beistürzende Mutter fiel bei dem entsetzltchen An-
 
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