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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Februar
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N: 3«


Mittwsch. -12. Februar L8«L.

Badischer Landvag.

Karlsruhe, 10. Febr. L.chüc bffcnli-che
tziDimg der Ersten Knmmcr^ unter drm
VorsiKc deS durchlauchtigsteu Prüsideuttu, HtM
Aürsten zu Löwenstei». ,

Auf der RegierungSbauk: Geh. Naih Nr-
gelmann nnd der MlNlstkNePküstdestt^Khr.

u, ,M

DaS Präsidinm bringt ciuige Mittheilungen
der Zweitcn Kamnier zur KcnntniK deö hohen
HauseS, sowie das Urlaubsgesuch dcS Mch.
RathS v. Hirscher, welcheS genehmigt tvird.

Geh. Rath vi. Vogelmann legt daSWed-
zeichniß über die vom StgatSmillisteriuw an
das Flnänzministkrinni zur Erledigung äbsitl-
gcbenen Petitivncn vom Landtag >1838/80 vob.

Das Secrclariat zeigt daS Einkommen wki-
tetkr BcitrittSerklärungcn z» dgr Petitivu um
Erbälliing einkrKinzig^hal-Bodenskc-EiscnbahU
an, aäS den Gemeinden Konstanz, Eßlingcn,
Wcllcr, WcilerSbach.

Dcnnig übergibt ciue Petition der Gc-
wcrbschullehrcr, beren BesoldungSvcrhälinisie
betreffcnd, und empfiehlt dercn, Wünschc alS
gerccht und bescheidcn der Bcrückstchligung des
HauscS.

Frhr. ». Stoßingen erhält daS Wort zur
Begründulig feiner Motion auf theilweisc Ab-
änderung dcS WeinsteuergeseKeS vom 19. März
1838 sür den Seckrcis. Er will nachweiscn,
daß die Steucrkraft dcS SreklkiseS durch tiescS
Geseß gegenüber deu übrigen Landestheilegi
unverhältilißmSßig in Anspruch genonliuen sel.
Er stellt schlikßlich den Antrag: Die-Kammer
wolle beschließen, Se. Königl. Hoheit den
Großherzog in einer Adrcffc nntcrlhänigst zu
biiten, wo möglich noch auf dicsem Landtage
den Ständcn etnen Geseßentwnrs vorlegcn zn
laffcn, wvrin das Gcscß vom 19. März 1838
m Art. 2 dahin ,abgcänbert würde i

Die Accise bcträgt:

1) von allem Wein in Bouieiücn Z kr. »on
dcr Bouteille;

2) von Traubenwciii in Fässern:

s) wenn er in einer Gcmarknng »ncS
nach dem Gewerbesteucrkataster zu den
Städten über 4000 Scclen gehörigen
OrtS elngclegt wird, 1 kr. von der
MaaS;

3) wenn er ln trgend eitker andern Gc-
markung eingelegt wird, kr. von
der Maas in dem Ober-, Mittcl- und
UnterrheinkreiS, sowie kr. im See-
kreiS;

,ZZ pon, Lbstwein Fässern '/» kr. von
d«i MaaF. ,

(Wir, «erdcn die Dotion ihrem ganzen
Wortlant nach nachtragkn.)

G«h. Ralh Fromhebz unterstützt dcn An-
trag, ii»dcm bcsondcrS sür die Cousumen-
t-e-n im SeekreiS eine große Ungleichheit der
Bestonerung gegenüber andcrn Kreisen durch
dus Gcscß von 1808 stattfindc.

.,8»ue>r gvM formell uicht gegeu Verwci-
-fung on eiue-EammisfloN sein-> wenn er auch
das G«srß von 1838 sür eine Wvhlthat und
dvffen Aeiideruxg ffürö imheilvoll hält.

Graf H emni» unterstüßk den Agtrag deS
-Krtihrii. v: S-t-oßinAen gleichsallS, indem
lllcht mii sür den Srekrcis, sondern auch für
-cinzsln« GiMerndeu des Kaiserstuhls unv nn-
tevn -BreiSgan'S- erne Ungirlchheii in d«r Be-
steuerung oach drrn Grseß von 1858 dcßhalb
.statsfiude, wcil dic Wcinxreise i>, dicscii Be-
zjrken uoch nicht im Bcrhättniß zu dem bei
Hxiassung deS Geseßes unterstchtel, MinimilM
-stchk«.-,!

,, Geh. Rath Or. Bogelmannl Dje Ver
weisung der Moiivn an eine Commissiou u»d
Pr«s«»g bcr-selben wcrde gur Beruhigung -der
Bcwohner des Seekrcises dienen, und sic über-
zeiigcn, daß cs nicht möglich se>, eiy parüel-
Ics Gefeß zu gebeu.

Gras Kagctieck.uuterstüßt ebcnsalls den
Antrag de« Frhrn. ». Stoßingen; auch sür
btn Kaiserstuht sei diese ll„glelchhcit »orhan-
de», Mb die jcßt dort geltcudcn Welnpreise
köniiten dagegen »lcht sprechen, da sie in ganz
abnormen Berhältnissen de» Grnnd hätten.

Die Kammer bcschließt, die Mokion brucken
zn lassen und an eine Coüimission zu ver-
welscn.

Die Re.chnullgSnachweisungcn bcs Ministc-
riuws deS Gioßhcrzogllchen HauseS und der
auSiwärtigkn Augclegcuhcitia für die gahre
1838 und 1839 werden schließlich nach dcm
Lnlrage dcr Budgelcommisfiou unbeanstandct
«rklärt.

* Politische Umschau.

Das Fractionsverhältniß E PMlßWen
Abgeordnerenhause steüt sich jetzt folgender-
uraßen: Frartron G.rabow einige 90, Fraction
Bvickum-Dolffs 47, Fraclion Immermanu 21,
und dLe dcutsche Fortschrittspartei 83 Mit-
Hlleder; die ttberale Majoritäc des Hauses
beträgt also rund 250.

Die Fraction Immermann und Gen. hat
bleschioffen, nach ihrem Versammlungslocale

den Namen: „Deutsche Fortschrittspartei, Frac»
tion Schmelzer" anzunehmen.

Der Polizeioberst Paßke, der seiner Zeit
aus lauter Unschuld dre Stellung vor Gericht
durch einen Spaziergang nach Schweden ver-
meidm wollte, ist sogleich nach seiner Verur-
theilung vollftändig begnadigt worden. Der
Ln Fotge eines gefälschten Communistenproto«
kolls verurtheilte (jetzige Abgeordnete) Dr.
Hermann Becker hat hingegen, obschon er seine
Strase bis zum letzten Tag abgeseffen, noch
immer nicht die Erlaubniß bekommen, nach
seinem Heimathsorte Köln zurückzukehren. Und
unter dem Nescript, das die Erlaubniß ver-
sagt, steht der liberäle Name Schwerin!

Daß die telegraphische Nachricht der Südd.
Zeitung in Berlin bezüglich der daselbst ein-
getroffen^n. Noten in allen Kreisen einen tiefen
Einvruck gemacht hat, braucht wohl nicht ver-
sichert zu werden.; nur schwach von sonft wohl
unterrrichtelen Personen bestritten und min-
destens halb und halb von der offiziösen Zei-
tung zugestanden, sand sie sast allgemein Glau-
ben, und selbst die zähesten Liberalen verhehl-
ten sich nicht mehr, daß Preußen Dank der
schwächlichen Haltung bes Grafen Bernstorff
mit einem zweiten Tage von Olmütz bedroht
-sei. — Die Deputirten der andern Fractionen
haben die von der Fortschrittspartei angenom-
mene Fassung der Resolution in der dentschen
Frage gebilligt und es ist deshalb wahrschein-
lich, daß schon morgen die Einberufung er-
sdlgt.

Jn den alten Provinzen Bayerns hat die
Einsührung des Notariatsinstituts durch Ver-
öffentlichung ber Gebührkiitarife und der Amts-
sitze begonnen; i'm Ganzen sind hiermit 263
neue Stellen eröffnet, zu deren Besetzung ge-
prüfte Iuristen eingeladen werden.

Die Nachricht, daß an der von Oesterreich,'
Bapern rc. in Berlin übergebeneu gleichlau-
tenden Note in Betreff einer Resorm der deut-
schen Bundesverhältnisse auch Oldenburg sich
betheiligt habe, bezeichnet die Weser Ztg. zu-
verlässig als unrichtig.

Cardinal Rauscher in Wien hat avf eine
Adreffe der Pfarrgeistlichkeit des Decanats
Probstdorf in einem Antwortschreiben erwidert,
„daß die Verleumdungen, welchen die kathy-
lische Kirche ausgesetzt sei, nur eine Fort-
setzung des Werkes der Encyklopädisten seien,
welche auf Zerstörung des Christenthums los-
gingen und alle Vernunft leugmtdN (!4); daß
es keine Kunst fti, das Schiff zu lenken, wenn
das Meer spiegelglatt ist, im Sturme muß
stch der Seemann erproben. Die Feinde der

proceß Iakoby,

verhandelt vor dem Assisenhof zu Darmstadt.

(Fortsetzung.)

— 6. Fcbr. Der Vormittag der gestrigen Assi-
sensitzung wurde von der Rede des Stäatsanwalts
erfüU.t- nachdem der Präsident ibm das Wort gc-
geben hattc, um, wie sich das Gcsctz ausdrückt, „die
GrüTtde zurUntersiützung der Anklage zu entwicketn."
Diese Rede umfaßte drci Stunden und fcsselte bis
zum Schlkiß.die Aufmerksamkeit des dichtgedräng-
ten Publikums, unter welchem sich auch höchstc Ge-
ricktspcrsonen zeigten. Der öffentliche Anklägcr
leitete seine Ansprache an die Geschworenen durch
die Bemerkung ein- daß heute seinL Ncigung, der
preßhaften Lage eines Angeschistdigten Rechnung
zn tragey, auf eine schwer« Probe gesetzt werVe,
aegenüber eincm Angeklagten, der nun überwiesen
fei, ein so entsctzlichcs, so schmachvoUes Verbrechen
begangen zu haben; habe je die vffentliche Stimme
sich enlschixden ansgesprochen, so hgbe sie cs hier
gethan; sie habe sich mit clner solchen Entschledey-
heit erhoben, daß es yörhig gcwesen)xi, gegen Ueber-
schrcitungcn des sittlichen Gefühls Vorsorge zu tres-
fen, daß cr außerordentliche Sicherhcitsmaßregeln,
vorgckchrt habe. (Ein starkes Militärpiquct war
iyi Hofe aufgestcllt, das, als sich am Abenb ein
Mcnschenstrom heranwälzte, bis auf 60 Mann ver-
stärkt wurde, und, als der Verurtheilte in das Ar-

resthaus gurückgebracht wurde, in Verbindung mit
der Gendarmerie den denselben bergenden Wagen
umringte.) Auf die klägliche Vertheidigung hrn-
deutend, womit der Angeichuldigte, keine Spur ver-
letzten Gefühls dc-r Unschulb zeigeyd, währerrd des
Verfahrens die Auklage zu bekämpfen versucht habe,
hob der. Staatsanwalt. nochmals jeire Entschieden-
heit der Stimmung des Publikums hervor; cin
Angeschuldigter finde sich von einig.er Theilnahme
umgeben, weil er ein Unglücklicher sei, wahrend der
Jnhaber dcr Anklagebank nur feindselige Augen
auf fich gerichtet findc, vergebens sich nach der Spur
eines Mitgefühlcs umsehe, wenn er von der Per-
son absehe, wclche die Ursache seines Unglückes sei,
die ihn so umstrickt habe, daß er sich entschlossen hätte,
oas abscheuliche Verbrechen -es Gistmordes zu ver-
üben, das für die Staatsgesellschaft um so gesähr-
licher fei, da es bei seiner Heimlichkeit so schwer zu
entdecken sci; gewöhnlich werde das Gift von der
Hand des schwachen Weibes als nächste er-'

Vockostimme, dem Richtcramte^vorauseilend, ihr
Urtheil gegcn ibn erlaffen. Uebergehend zur Be-
tracktung des Bilbes, das von dem neuntägigen
Verfahren zusammengewebt worden« suchte der
Staatsanwalt in einer drcistündigen Redc noch zu
zeigen, daß der beharrlich läugnenoe Angeklagte als
der That überführt erscheine. Zuerst Hindeutung
auf die sprechenden Bewkise, daß die Frau Iakoby

an beigebrachtem Gift gestorben sei. Das einstiry-
mige wohlbegründete Gutachten der Sachverstäy-
digen, gegründet auf die Obouction der wohlerhal-
tenen Leiche, in welcher lO Gran Arsenik gefunden
worben seien, währeno zwet Gran zur Tödtung hin-
reichten. Die übereinstimmenden Ersckeinungen der
Krankheit. Der Mangel einer andcren Todesur-
sache u. s. w. Nebenbei die Anerkennung, daß der
behandelnde Arzt sick habe irren können , da die
Symptome keine solche gewesen, die einer Vergif-
tung ausschließlich angehörten, verbunden wjtdem
Bedauern, daß derselbe seine ursprünHliche Mei-
nung so beharrlich festgehalten habe, indem dadurch
die Einleitung der UntersuÄung verzögert worden
wäre und der Angeschnloigte sich so immer zuver-
sichtlicher der Hoffnung hingegeben habe, seiue That
bleibe verborgen u. er werdc frei ausgehen. Hierauf
Betrachtung der Frage, wie das Gift in den Kör-
per gekommen? Widerlegung der Möalichkeit eines
Verfthens, der Annahme eines Selbstmords (die
Kranke, die kurz vorher sich dahin geäußert habe:
„Jch will meinem Mann die Zeit lang m-chen",
habe noch in den letzten Stunden fich lebhaft nach
dem Arzt gesehnt). So nur die Annahme der Thä-
tigkeit einer dritten Hand, und zwar der des An-
aeklagten, der darüber keine Auskunft erthetlen
könne, wte das Gift tn den Körper gckommen set,
und so zu einem Beweisversahren genöthigt habe,
das des Aufwands von 80 Zeugen bedurft hätte;
eS sei Aufgahe, die Persönlichkett des Angeklagten
 
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