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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Januar
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Nü S


Samstag. I I Ianaar


1*62.

^ Die Reforin dcs Anwaltstandcs.

Uebkr vl'e Bedeutuiiq dcr wurdigen Stkl-
luiig deS Anwaltstandes fnr die Rechtspflege
hat der fur zeitgemäße Reformen iin Gebiete
der Iurisprudenz unermüdlich thätige greise
Vorkampfer Geh. Rath Mrttermaier ein be-
sondereS Schriftchen heraüsgegebeu, dessen In-
halt, bei den in unserm engern Vaterlande
eben jetzt angebahnt werdenden Neformen auf
diesem Gebiete, wohk verdient, auch in weitern
Kreisen bekaNnt zu werden.

Der Herr Verfasser macht sofort am An-
fange seines Werkes darauf aufmerksam, daß
jede Hoffnung einer gründlichkn Verbesserung
der Rechtspflege scheitern müsse, wenn nicht
der Stellung des Anwaktstandes eine durch-
greifendt' Verbesseruug zu Theil werde. Nicht
nur Prozeßformen allein, selbst nicht die An-
stellung von ausgezeichneten Richtern u. s. w.
gewähren genügende Bürgschaften für bessere
Zustände auss diesem Gebiete, wenn nicht die
Personku, von Venen die Anwendung dieser Fos-
men größtenthcils abhängt, d. h. die Anwälte,
von der Wichtigkeit ihrer Aufgabe durchdrnn-
gen sind. Diese Aufgabe ist bedeutungsvoü,
sowohl in Bezug auf das Verhältniß der An-
wälte gegenüber dem Richter, als den Par-
teien. Man bedenke nur, wie wenig selbst
gebildete Parteien es verstehcn, alle nöthige
Thatsachen, Verhältnisse, vörausgegangene
Schritte gehörig vorzutragen, um einen rich-
tigen Prozeßplan zu entwerfen. Eine.haupt-
sächlich hohe Bedeutung des Advocatenstaudes
liegt auch darin, daß die Anwälte es siud,
von denen zum qroßen Theil das Benehmen
der Bürger, ihre Moralität, die Nechtlichkeit
und Zweckmäßigkeit ihrrr Handlungsweise ab-
hängt. Der Anwält ist es namkutlich, wolcber
in einem Prozesse die Partei vor dem Gc-
brauche unwürdiger oder gcfährticher Mittel
bewahrt, wie beispielshalber vor dcr so oft
staktfindenden leichtsinnigen Anuahmc oder gar
Leistung von Eiden. — Die Herbeiführung
einer würdigen Stellung der Änwälte liegt
aber auch im Jnteresse des Staates — nicht
nur allein der Parteien. Der Staat nemlich
hat das höchste Interesse, daß das Vcrtrauen
in die in seinem Lande gehandhabte Rechts-
pflege begrüntet ist. Diese aber, sowie selbst
die Güte seiner Gesctzgebung ist großten-
theils durch einen tüchtigen Äuwallstand be-
dingt. Die Anwülte sind es, welche dem
Bürger am nächsten stehen, einen sichern. Blick
in deren ganzes Leben werfen, die Bediirfniffe
und Nkchtsansichten derselben keunen lkrnen

und die Klagen des Volkes über bisherige und
neue Gesetze am besten erfahren (beffer als
die Gesetzgeber und selbst die Beamten).

Es bedarf daher gewiffkr von der Gesetz-
gebung in das Leben zu rufender oder zu be-
günstigender Eiurichtungen, durch welche dem
tüchtigen Juristen, welcher die Advocatur zu
betreiben gesonnen ist, der Weg nicht verschlos-
sen wird, diesen Beruf zu ergreifen, und
zugleich Aües vermiedeu wird, was die Ach-
tung vor diesem Stande bci dem Volke her-
abwürdigen, die Selbstachtung schwächen nnv
die freie Ausübunq des Berufs hindern kann.
Unfehlbar kann freilich die Gesetzgebung durch
ihre Vorschriften die Würde des Advokaten
nicht hebcn. Die Anfgabe derselben kann nur
die sein, gewisse hierzu geeignete posttivw Ein-
richtungen ins Leben zu rufen, und im Ueb-
rigen Hindeiniffe der Begründung einer wür-
digen Stellung zu beseitigen, insbesondere
solche, welche die Vermkiduitg de-s Ansehens
diescs Standes in den Augen des Volkeö her-
beiführen, und das Pflichtgesühl, die Begeiste-
rung für die. Erhabenheit ihres Berufes bei
den Anwälten schwächen können.

Die geeignetcn. Mittel von Seiten der Re-
gierung siud: Anerkennung, daß die Auwälte
des Landes einen eigneu Stand bilden, die
Gestattung und Begünstigung freeer Vereini-
gungen der Auwälte und die Bildung von An-
waltskannnern. (Jn unserm cngernVatertande
Baden sinö solche Einrichtungen zur Zeit im
Werke, uud wird der Entwurf einer von einem
Ausschusse d-er Anwälte des Landes selbft ver-
faßten Anwaltsordnung dem Großh. Iuftiz-
ministkrilini zur Genehmigung vorgelegt wer-
den.) Wührend die.Stimme des einzelnen
Äuwaltes lcichter verhallt, bewähren sich die

meiufame Berathungen habcn ^ auch bei dcn
Lercinen der Anwälte wohlthätsg, weil d,e
von Ver Genoffenschaft ausgehende Stimme
eine große g^eistige Macht ausüben kann. Durch
die Dildung von Anwalrskammern aber ins-
besondere haben die Anwälte eine Vertretung-
gegenüber der Regierung nnd den Gerichten.

Vergleicht man den Znstand des Abvoca-
tenstandes in drn verschiedenen Ländcrn, fo
überzeugt man stch bald, daß je freier die
polüischen Zustände in einem Lande sind, desto
mehr auch deu Anwälten eine würdige Stel-
luüg gestcherl ist. Aber selbst iu Ländern, in
denen bie politischen Zustände oft schlecht wa-
ren, hat der Anwaltstand doch zuweilen eine
befferc Stellung, als bisher in Deutschland,
wcnn nur die Gerichtsorganisation nud ge-

wisse sociale Verhältniffe einen Eknfluß der
Anwälte auf das öffenkliche"Leben begüustigen.
So war in Fränkreich dieser Stand seit Iahr-
hunderten einflußreich nnd genoß Achtung, haupt-
sächlich wegen der Corporationen, durch welche
derselbe immer eng verbunden war. —
In keinem Lande aber hat ver Advocatenstand
eine größere Unabhängigkcit ais in England:
aus demselben gehen dort regelmäßig zugleich
vie R'chter hervor, nnd er übt kett größren
Einfluß auf bie vffeiltllchen Ängelegenheiteu
aus. (Manche Eigenthümlichkeiten und Schatten-
seiten zeigen fich zwar auch hier, wie in der
engk. Rechkspflege überhcinpt, die schvn vicl-
fach Anträge auf Vkrbesserungen hervorgeru-
fen haben.)—Selbst in Italicn, war, trotz der
frühern mangelhaften politischen Zustände,
das Verhälkniß der Advocaten oft günstigrr
als in Deutschland, wozu mannigfache, zum
Theile noch aus dem späterett Mittelalter her-
rührende Umstände beitrugcn. Am unerquick-
lichsten aber war, nach des Verfassers Ansicht,
bisher die SteUung der Advocaten Ln Deutsch-
land. Es vereinigte sich hier gar Manches,
um die Lage dieses Standes paselbst also her-
beizuführen. Doch ist m 'neuerer Zert im
Gebiete der Wiffenschaft, und dcr Gesetzgebung,
fowie durch freie Vereinrgungen und fonstigeö
Zuthun der Anwälke selbst (wie nameNtlich
allmälig in Baden), Vielev zur zeitgemäßen
Besserung der Verhältniffe dieses Standes

Deutschiand.

Karlsruhe, 9. Zan. Das heute crschUnene Reg.-Blakt
Rr. 1 enthält: 1) Ordensverlethuugen.' S. K. H. der
Großhcrzog habe» Skch guädtgst bewogcir gefuuden,.

Neber dle Feiierdbruiist iu Charlcstm.

Das Feuer brach am 11. December, ß Uhr
Abends, in Ver Fensterrahmenfabrik am Fuße von
Hazel Street aus und ergriff zunächst die Maschi-
nenwerkstätte von Camerön u. Comp. Schon ge-
gen Mitternacht hatten Vie Flammen sich furchtbar
ausgebreitet, und Meeting Street, von Market bis
Queen, war ein Flammenmeer. Als ein Wohn-
haus nach dem andern in Flammen gehüllt wurde,
erreWe der panische Schrccken eine entsetzliche Höhe,
nnd Tausende von Familien räumten ihre Häuser
und füllten die Straßen. Die Gebäude im un-
teren Theile der Stadt, wo das Feuer ausbrach,
waren Hauptsächlich von Holz und Stroh, was die
reißenden Fortschritte erklärt, welche daS Feuer
machte. Um Mitternacht brannten die Circular-
kirche und Jnstitute Hall, und das Charleston Ho-
tel und Mills House waren bedroht und wurdcn
von ihren Bewohnern verlaffen. Um 1 Uhr grisss
das Feucr mehr tn südlicher Richtung um sich, gegen
die Ecke von Archdale und Queen Street zu, hin-
ter dem Charleston Hotel und gegen das Ende von
Hvyne Stecet. Dann überschritt es Market Street,

zyg East Bay hinab bis Cumberland Street und
über dkese hinüber dem Mills House zu und zer-
störte unter den zahllosen Gebäuden die Circular-
kirche, Jnstitutt Hall und das Charleston Hotel.
Alle Gebäude au King Street, von Clifford bis
nahe an Broad Street, lagen vor 3 Uhr in Asche.
General Ripley kam um diese Zeit auf dem Schau-
plätze an und hefahl, mehrere Gebäude in die Lusk
zu sptengen, um der veruichtenden Laufbahn des
Feuers Einhalt zu thun. Nach einigem Zögern
wurde,der Befehl vollstreckk, aber nicht ehe das
Theater, Lloyd's Kutschenfabrik gegenüber dcr Er-
press Öffice, das alte Erecutivgebäude und alle
Hauser von da bis Queen Street abgebrannt und
zerstört waren. Ungefähr um 4 Uhr veränderte der
Wind seine Richtung, und das Feuer zog nun Broad
Street zu. Bald darauf faßte St. Andrew's Hall
Feuer und dann die Kathedrale, deren Thurm kurz
nach 5 Uhr einstürzte. Eine ungeheure Ruinen-
mässe von East Bay bis King Street bezeichnet den
Weg, welchen das Feuer genommen, und auf dieser
ganzen Strecke blieb auch nichts verschont. — Der
Charleston Courier vom 13. bringt eine Liste von
2 bis 300 Abgcbrannten und schätzt den Vcrlust

auf 5 bis 7 Millionen Dollars. Hr. Russel, in

daß die von ihm beschäftigten Neger bas Feuer an-
gelegt oder durch Nachlässigkeit verursacht haben.

Pesth. Ungefähr zwei Stunden von Keszthely
am Plattensee, auf der Barander Puszta, wurde
der dort wohnhaste Oberjäger dcr Bcnedictiner von
Zalaapad vor wenigen Tagen bald nach Mitter^--
nacht durch eine zahlreiche und wohlbewassnete Räu-
berbande überfallen. Mittclst wohlgezielter Schüffe
durchs Fenster streckte er zwei Banditen nieder und
flüchtesr dann, da die Angreifer die Thüre einzu-
rennen begannen, mit seinerFrau und einem reich-
ltchen Vorrathe von Munition anf den Boden. Hier-
hin wagten thm die Räubcr die schmale Trcppe
hinauf nicht zu folgen. Sie ergriffen deshalb un-
ten im Gebäude den Wirthschaftsinspeetor, einen
Vetter des Oberjägers und zwangen ihn durch
Drohungen, seinen Cousin zum Hinabkommen zu

Stiege.uähere, gab zuletzt nach, da die Räuber schwu-
ren, niemand etwas zu leioe thun zu wollen. So-
 
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