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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Juni
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N 13«


Donnerstag, 3. Jum


'Zeitunq" kann man stch
noch für den Monat Iuni
mit 18 Kreuzern adonniren bei allen Poftan-
ftalten, den Boten und Trägern, sowie bei
der Erpedition (Heugasse Nr. 2).

^ Atapoleon und Rom.

Laut den letzten Nachrichten liegt das We-
sentliche der mit so großen Erwartungen g<-
tragenen Frontveränderung Frankreichs in der
Nömischen Frage für jetzt einfach darin, daß
weder die Nichtung Lavalett?s noch die Rich-
tung Goyons das Feld behauptet, daß viel-
mehr keiner dieser Repräsentanten in Rom
hleibt, sondern an ihre Stelle ein neuer drit-
ter, alleiniger, tritt, welcher der neuesten Post
nach General MontebFllo ist. Damit ist ein
erneuter Strich durch die Nechnnng vieler
sanguinischer Politiker gemacht, in Bezug aus
die endliche Lösung der römischen Frage, und
zugleich eine unverhohlene Erklärung über die
gegenwärtige Situation von Jtalien von Sei-
ten Napoleons abgegebrn. Frankreich sagt da-
mit, daß der jetzige (dem Buonapartismus
sicher nicht unwillkommene) Moment, in wel-
chem sich die Volksinitiative in Italien mit
der constitntionellen Monarchie auf Tod und
Leben meffen wollte, nicht geeignet sei, die
römische Frage zn lösen, weiß aber drren Lö-
sung aus günstigere Zciten zu versparen, und
auch für die Folge eine beobachtende Stellung
einzunechnen. Darum wird jetzt die Leitung
der Geschäfte concentrirt und das Commando
in eine ruhige Hand gelegt, in welcher alle
Fäden zusammenlausen. Die Vermittelnng
zwischen Nom und Italien, welche Ausgabe
der General Lavalette hatte, wird eingestellt,
und es der italienischen Negierung überlassen,
solche Mittel und Wege einzuschlagen, aus
denen sich ermeffen läßt, wo die Schwerkraft
in Italien liegt. Es ist damit eingetroffen,
was wir in Nr. 122 in Bezug auf die künf-
tige Stellung Frankreichs zu Jtalien ahnend
vorhersagten. Wie die Lage ber Dinge tu
Italien übrigens gegenwärtig ist, würden
selbft gutgemeinte Dienste Frankreichs eher
schaden, alS nützen; die italienische Actions-
Partei kennt kein größercs Unheil als die
französtsche Handreichung; ja sie würbe bei
der gegenwärtigen Aufgeregtheit selbst auf
eine Äiulkrion Venedigs und Noms verzich-
ten, wenn sie solche der französischcn Hilfe
verdanken sollte. Das weiß man in Pariö
sicher so gut, als in Turin, und das Tuile-

Ueber das plötzliche Weiß- oder Grauwerden
der Haare.

(Schluß.)

Wenn ein so plötzlicher Wechsel in der Farbe des
Haarcs durch etne Gemüthsbewegung angenommen
werden könnte, sollte man dann nicht glauben, daß
man dcrglcichen Fälle auf dem Schlachtfelde öfters
wahrzunehmen Gelegenheit haben müßte, wo der
Soldat fortwährend von Todesgefahr und Schreck-
bildern jeder Art umringt ist?— Der ReMer sagt,
er selbst habe Tausende von Soldaten in jenen Zu-
ständen gesehen, aber niemals einen Wechsel 1n der
Haarfarbe auchnur etnes Jndividuums wahrnehmen
können. — Auch läßt sich die Annahme aus Grün-
den der Physiologie durchaus nicht unterstützen.
Das menschliche Haar klnn nämlich nicht recht in-
jicirt werden, d. h. es läßt sich nicht im Jnnern
mit einem Farbstoff anfüllen, sondern betm Ge-
brauche von färbenden Flüssigkeiten (wozu Höllen-
stein und Jodauflösung besonders im Gebrauch
sind) nimmt das Haar nur an seiner äußeren Ober-
fläche, so weit es eingetaucht ist, eine andere Fär-

rienkabiuet wird sich daher sicher aus diesem
Grunde wohl hüten, mit einer Vermittlung
sich zii beeilen, welche im eigenen Lande Ver«
legenheiten bereite, ohne im Grunde Aner-
kennung zu finden. Die letzten Nachrichten
bezüglich aus das neue Armeecommando in
Rom stnd daher als ein Zurückgehen, nicht
als ein Vorwärtsgehen zu deuten. Der Ein-
druck aber, den die gegenwärtigen Zustände
Italiens auf die europäischen Völker machen,
kann nur herabstimmend wirken; das drückende
Gefühl der ungewiffen politischen Lage wird
hierdurch nur vermehrt, verbreitet sich einem
Miasma gleich von Land zu Land und unter-
wühlt die Erobernngen, welche das ganze
italienische Königreich in der öffentlichen Mei-
nung gemacht hatte, Eroberungen, von denen
Cavour — der eben in den jetzigen Zeitläu-
sen schmerzlich vermißt wird — zu sagen
pflegte, daß fie die gleiche Bedeulung haben,
wie gewonnene Schlachten.

Wie weit man in diesem Lande in Folge
der gegenseitigen hestigen Anklagen der ver-
schiedenen Parteien gekommen ist, beweist tag-
täglich die maßlose, leidenschastliche Sprache
der italienischen Preffe. So wurve unter An-
derm in dem Blatte „Italia" behauptet, daß
Victor Emanuel um das jüngste Unternehmen
auf Welschtprol gewußt, und von Garibaldi
Zusicherungen erhalren habe. Ein weitercs
Blatt „Diritto" stellt dieses in Abrede. Trotz-
dem erheben sich, rücksichtslos genug, m der
Presse weitere Stimmen, welche diese letztere
Angabe zuerst als erkünstelt, und sodann als
durch und durch falsch erklärten. — Die Ga-
ribaldi-Kultür und die Verunglimpfung Rataz-
zis und anderer Mitglieder der Regierung in
solchen einer ertremcn Richtung zugeneigten
italienischen Blättern übersteigt zur Zeit alle
Grenzen, so daß sich über ein solches maßlo-,
seS Gebahren schon die republikanische Schwei-
zerpreffe mit Recht aufgehaltan hat.

* Poütische Umschau.

Bei der heute in Berlin stattgefundenen
Ersatzwahl hat die sog. Fortschrittspartei ge-
gen die entschiedene Fortschritlspartei gestegt:
Der frühere Abgeorvnete Bauk ist gewählt
worden und der Candivat ver Gegenpartei,
Dr. Weiß, Ned. der „Voff. Ztg.", ver vurch
seine volkswirthschaftlichen und sonstigen staats-
wiffenschaftlichen Kenntniffe entschieden ein Ge-
winn für daö Abgeordnetenhqus gewesen wäre,
ist unterlegen.

Der Posten eines preußischen Ministerprä-

bung an; das Nachwachsende hat aber immer wie-
der die ursprüngliche Farbe und muß erst von Neuem
wieder gefärbt werden. — Wvrin die natürlichen
Farben des Haares bestehen, ist noch nicht recht er-
forscht; jedenfalls sind sie aber außerordentlich ächt,
denn sie widerstehen der Einwirkung von Säuren,
Alkalien und kochendem Wasser auf das hart-
näckigste, Sonnenschein vermag das Haar wohl
etwas zu bleichen, aber nur sehr langsam.

Man hat zur Unterstützung des Glaubens an
die Möglichkeit eines plötzlichen Wechsels in der
Haarfarbe wohl noch angeführt, daß auch einzelne
Lhiere mtt der Iahreszett ihre Farbe wechseln, so
z. B. wird das Schneehuhn (ptLrmiKSll), das den
Sommer braun ist, im Winter ganz wetß; ferner
nehmen der Hase und das Hermelin im Winter
ebenfalls eine hellere Farbe an als im Sommer.
Doch beweist dies gar nichts, weil, wie von vielen
Beobachtern bestättgt worden ist, nicht dieselben
Federn oder Haare, die vorher braun waren, den
Wintcr weiß werden, sondern dte Thtere verlierrn
die braunen Federn oder Haare und es wächst
thnen ein besonderes Winterkleid, das sogleich mit
der weißen oder helleren Färbe aus der Haut lritt.

sidenten (sagt der „Publ.") scheint wider alles
Erwarten sehr strapazröser Natur zu sein und '
die Gesundheit anzugreifen. Der Fürst von
Hohenzollern mußte ihn aus Gesundheitsrück-
sichten aufgeben; der Prinz v. Hohenlohe, der
ihn interimistisch ersetzt/geht gkeichfalls seiner
Gcsundheit wegen zu einer §Lur ab; endkich
Herr v. d. Heydt, der diesen wieder ersetzt,
käßt sich seit zwei Tagen unwohl melden, in-
dem er das Zimmer hüten muß.

Gerüchtsweise verlautet, daß Graf Dön-
hoff, Bundestagsgesandter von 1848 und
in jenem Iahre kurze Zeit Minister des Aus-
wärtigen im Ministerium Pfuel, an Stelle
des Prinzen Hohenlohe den Vorsitz im Staats-
ministeriüm übernehmen werde.

„La Preffe" findet den Adresse-Entwurf der
preußischen Fortschrittspartei viel zu gemäßigt.
Sie sagt, das Herrenhaus sei dem Rechte des
Bolkes viel zu fcindlich gewesen, als daß man
es mit Schonung hätte behandeln dürfen; tze-
gen däs Volksrecht gebe es kein Necht; die
Gleichheit sei das wahre Recht.

Die „Donauzeitung", das Organ des Mini-
sters Schmerling, faßt die Debatte über das
Concordat ins Auge. Letzteres enthalte aller-
dings Vieles, was mit dcn Grundsätzen der
constitutionellen Verfassung Oesterre.ichs nicht
im Einklang ftehe. Der Gcdanke an eine
Nevision des Concordats erscheine daher der
„Donauzeitung" als ein wohlberechtigter. Aber
sie könne nicht zugeben, daß das Concordat
kein Staatsvertrag sei. Es sei Vertrag und
Reichsgesetz zugleich und es müßten daher ihm
gegenübcr die Regeln der Vertrügstheorie zur
Anwendung kommen.

Die 12,000 Mann, welche als Besaßung
in Nom bieiben, bilden immer noch eine stär-
kere Truppenmacht, als Frankreich von 1849
bis 1858 dort unterhielt. Die Verminderung
beträgt nur 6000 Mann, und ist also nicht
der Art, daß Victor Emmanuel irgend eine
Hoffnung daran knüpfen köunte.

Nach einer Turiner Correspondenz in der
Pariser „Presse", einem Blatte, dessen Zeug-
niß in dieser Sache gewiß nicht verdächtig ist,
soll die gerichtliche Untersuchung wirklich he-
rausgestellt haben, daß der an dem Eankier
Parodi zu Genua verübte Naub im engsten
Zusammeuhang mit dem Unternehmen der
Freischaaren gegen Südtyrol stehe.

Der erste Sekretär der persischen Gesandt-
schaft in Constantinopel begiebt sich nach Ber-
lin, um dem König den Löwen-und Sonnen-
orden zu überbringen.

Der Redner zieht aus alledem den Schluß, daß
die Beobachtungen eines plötzlichen Wechsels in der
Farbe des menschlichen Haares, als Folge von Ge-
müthsbewegungen, wohl sämmtlich auf Täuschun-
gen oder Irrthümer beruhen möchten, die nicht
immer gehörig aufgeklärt worden sind. Wie letcht
übrigens solche TLuschungen eintreten können, be-
weist er schließlich >noch aus einem hierher gchören-
den Fall aus seiner eigenen Erfahrung, wobei die
Aufklärung eine sehr komische war. Als er, der
Vortragende, noch in indischen Diensten stand, hatte
er für 2 bis 3 Wochen etnen Assistenzarzt zu be-
handeln, der geisteskrank geworden war. Däs Haar
deS Patienten, das früher braune Farbe zeigte,
war nun grau geworden. Als das ihm auffiel und
er sein Erstaunen darüber gegen seine Collegen
äußerte, sagte der Regimentsarzt, der den Kranken
näher kannte: „Ihre Verwunderung wird schwin-
den, wenn Sie hören, daß er sein Haar nun nicht
mehr färbt, ftitdem er krank wurde."
 
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