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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2810#0049

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Httdelbergrr Zeitllng.

Mr 13. Donnerstag, I«. Zanuar

q--j Zwei diplomatische Aktcnstücke.

I. Mittelk dcrbekannten Bernstorff'schen
Aiotk hat Prelißen gksprochen »nd kin Volmn
j» der deutschen Frage abgegeben. Graf Bern.
storff. der preußische Minister des Answär-
tigen, hat endlich das Schwcigen gebxochen
und Deutschland geoffenbart, was das Ber-
liner Cabinet über die Resorm deS deutschen
Bundes denkt, und wie es diesclbe dnrchge-
snhrt wiffen möchte. Nach dem Jnhalte der
Bcrnstorff'schen Note ist jedvch kaum anzu-
Iiehmen, daß man in Berlin crnstlich glglibt,
ans dem angedenteten Wege c>n Ziel zu er-
reichen. Graf Bernstvrff gab viclmehr wghr-
scheinlich nnr dem Drange der Umständc nach,
als er jenes sog. deutsche Programm erlicß.
Daffelbe hat, offen gesagt, nach keiner Scitf
besriedigt; diejenigen in Deutschland, wclchr
»on Berlin etwas erwartet, stnd hierdnrch
ebenso enttäuscht wordcn, ivie Jcne, die vom
StatnS quo, oder von den Beust'schen Resor-
men ein Hcil hofftcn. Mehr und mehr wird
das iuiiiier sich wiederholende Zerplatzen poli-
tischer Seiscnblasen die Uebcrzcugung verall-
gemeinern, daß dic Lösung der deutschen Frage
nicht das Werk „freier Pereiiibarmig", sondern
nur baS Rcsnltat von mächtigcn Ercignjffen
und einer Reihe von Außcn wie »on Jnnen
zusammenwirkender Umständc sein werde.

Zum Verständniffc dcs Bernstorff'schen Pro-
gramms dienc insbcsonderc Folgendes: Dieser
jetzige prcußischc Minister des 'Aeußern war
im Jahre 18S0 Gesandter in Wien, und soll
damals das Radowitz'sche Unioiisproject, wel-
cheS schließlich in dcr Resultatlostgkeit des Er-
furter Parlaments gipfclte, eisrig vertreten
habrn. Dersclbc UnionSgcdanke, mit cinigen,
den Zeitverhältniffen aiigepaßten Beränverun-
gen ist eS nun, dcr uns in der neuestcu
Knndgebung deS Berlincr Kabinets cntgegeu-
tritt. Lcider will Graf Beriistbrff njchis von
ciner compacten-deutschcn Eentralgewalt wis-
sen, und ebcnsowenig von eincm Pgrlament,
in wclchem das deuische Volk vertreten wäre.
Solchcs hält er für nicht aussührbar; für
aussührbar aber, und sclbst vereinbar mit den
jetzigcn BundeSgcsctzcn hält cr nur einen
Bundesstaat im Staatenbunde mit ber Vcr-
einigung des militärischeu Obercouimandos uud
der diplvmatischen Vertretung in der Lrecu-
tive diescs engern BundeS. Das jetzigc Bnn.
dcsvcrhältniß könne sogar, nach Bernstvrffö
Anstcht, fortbestehcn, da Art. 11 der BundeS-
actc de» einzelnen Bnndesmitgliedern ein
Bündnißrccht mit anderu solchen gcwährt. —

Da die fragliche Notc auch von einem RclchS-
gerichte Nichts wlffen will, so ist leicht erstcht-
iich, wie bei dcm ganzen Projecte daSjenige,
UIN waS es stch eigentlich handclt, die deutsche
Einheit mit ihren pofltiven Gewährleistungen
unb gesetzlichcn Garantien, in die Brüche fal-
len, und lediglich ein noch schärfer als jetzt
hcrvortretender DualismuS zwischen Oestcrrcich
und Preußen geschaffcn würde. — Sehr zwei-
deutig für das Bernstorff'sche Project ist zu<
gleich das Lob, welches ihm die preußische
Kreuzzeitung spendet, trotz ihrer sonstigen Ab-
geneigtheit sür alle bergleichen Rcformcn.

II. WaS sodann die nenliche däuische
Dkpeschc in Bezug ans baS Verhällniß
Schleswig-HolsteinS betrifft, so sncht flch hicrin
die dänische Regicrung wicderholt der Vcr-
pflichtung zu entziehcn, hinstchtlich der dcstui-
tiven Ordnung dcr Stellung dieser Herzog-
Ihümer Vorschlägc zu machcn; viclmchr wünscht
stc den provisorischen Zustand, welchcr burch
dic im Novbr. 1858 crsolgte Aushebung der
Gesammtstaatsverfaffung zunächst sür Holstein
und Laucnburg entstanden ist, festzuhalten.
Was Schleswig spcziell betrifft, so verwahrt
stch Däuemark gegeu jcdcn Bersuch, bie Ver-
hältniffe dieses „nichl zum deutschen Bunde"
gehörigen Herzogthums bei ben fernern Ver-
haudlungen in den Bereich der Discnsstonen
zu ziehen.

Diescs Lctztere mag nun formell richtig sein.
Abcr dic deutschen Mächte haben das Recht,
Kraft der Verträge, wclche ste mit Dänemark
abgeschloffen, stch um die Zustänbc «chleswigs
zn bcküminern. Es ist in diesen Verträgen
ausbrütklich sestgesetzt worden, baß dic dcutschc
und dänische Nationalität i» SchlcSwig glei-
chen Schutz imo gleiche Berechtigung erhalte,
und baß keiu auf dic vöflige Zucorpoi atjon
diese« Hcrzogthums irgend abzielcuder Schritt
untcrnommcn werbe. Diesc Bedingungeu flnd
nun offenkundig vielfach verletzt, und Deutsch-
land hat uicht nur das Recht, sondern auch
die Pflicht, auf dic Erfülliing dieser Bedin-
gungen zu driugen. -- Daß die Dänen aber
in Bezug auf Holstein und Lauenburg bic
Erhaltung dcS gcgenwärtigen Provisoriums
wünschcu, ist leicht begrciflich. Dcnn bas
Provisorium ist die sactische Verwirklichung
dcs Eiberstaates. (Wir werden unS hierübcr
und den hiermit in Verbindung stehenden
Skandiuavlsmus der sog. dänischcn Eiberpar-
tei in der Folge uoch ausführlich auSsprechen.)
Hat bicser Zustand erst cine Reihe vou Jahren
bestanden, so wird er eine vollendete That-
sache. Aus cben diescm Grundc dürsen stch


aber die deutschen Mächte bei diesem Provi-
fforium nicht länger beruhigen.

Aus Schwächc und Nachgiebigkeit licß der
deutsche Bund ursprünglich stch dicscn Zustand
gefallcn, abcr nur in der BorauSsetzung, daß
er ein kurzer, vorübergehender scin werde.
Wenn aber jetzt, nachdem dies Provisorium
längcr als 3 gahrc gcdanert hat, die Dänc»
cfl noch für cine unabsehdarc Zuknnft zu vcr-
läuzncn suchen, so solllen dic deutschen Mächtc
doch unmöglich länger zur Vcrwirklichung
dieses sog. Eiberprograinms mitwirken. Dic
dentsche Ppesse kann in dieser Richtung nnr
fromme Wünsche äußern. Wgs von oben
herab geschehcn wird, ist abzuwarten.

Nach neueren Nachrichten veranstaliet Däne-
ipark gegenwärtig großc kriegerische Rüstungen.
Da cS von Dcutschland eincn Krieg nicht zu
befürchten hat, so ist die Unterstellung sehr
wahrschcinlich, daß eS irgcnd einen Coup be-
abstchtigt, für den es auf alle Fällc gerüstet
sein, ja mittelst wclchem es vielleicht die Hcr-
zoglhümer unb Deutschlaub sogar zum Kriege
heraussordern wik.

* Politische Umschau.

Jn den lctzten Tagcn stnd vielc Mitglieder
der zweitcn Kammcr zum Behuf der Commis-
sionSarbeiten bereits iu Karlsruhe einge-
troffen.

Dic Ministcr jn Kasscl rechnen noch immcr
ustj Bestiinmtheit auf eincn demnächst bevor-
stchendcn Umschwung der Pingc in Preußcn
und auf das Wiedercinporkominen der Krcuz-
zeitungspartci, womii zugleich cin ferucrer
Widerspruch PreußenS gegen bas Berfahreu
unscres Ministeriuins in der Versaffungsfrage
bcs-itigt jein würde; ja man will sogar wis-
sen, dcr kurhesstschc Äesandie, Hr. v. Baiim-
bach in Berlin, habe in bicsem Sinnc Acu-
ßcrunge» abgegcben.

Es ist ein eigencS Geschick, sagt die „Ztg.
f. Iiordp.", daß an dcm Jahrestage unb in
dcrselbcn Stimdc, ja sast Minute, die Vcr-
samiulung aufgelöst wurdc, wo vor 31 Jah-
ren, am 8. Jan. 1831, Kanonenschüffe, 101
an der Zaht, dcm kurhessischen Volkc die
Uebcrgabe der Vcrsaffung und dic vollendete
Bceidigung der Stände, Minister !c. vcr-
kündeten.

Jn dcr die Freilassung RöckelS anordnendcn
Verfügung heißt cS u. A.:

»Es ist jedoch R. bei sklnir Eutlasjung ausdrnctlich zu

Der Liebesbrief.

Novelette von E. Reber.

(Schluß.)

„O, Malvine, vergib. Ich liebe Dich so unaus-
sprechlich, daß ich zum Narren geworden bin. Nie-
mals wieder werde ich an Dir Zweifeln." Und er
crzahlte ihr alles, mit demNachsatze: „Ichryarein

„Was soll das Aber, mein Lieber?"

„Es hätte doch alles nicht so kommen können,
beste Malvine, wenn Du die Poesie nicht so sehr
liebtest."

„O, bester Adalbert, auch nicht, wenn Du sie
mehr liebtest. Eine geistig gebildete Frau ist weit
weniger den Verirrnngen dcs Herzens ausgcsetzt,
als eine Halbgebildctc. Auch Du, Adalbert, wür-
dest Dich zu Hause bei ciner Frau, die nuv kochen I
und stricken könnte, langweilen und in Gesellschaft ^
Dich ihrer schämen."

„Das glaube ich selbst; ich bin stolz darauf, eine
schöne gcistreiche Frau zu haben; aber es bedrückt
mich sehr, daß Du mir so überleM bist, und ich

denke,' Du kannst mich nicht lieben. Daher kom-
men meine Grillen."

„Befter Adalbert, wenn ich nicht Dein Herz er-
kannt hätte und Deine Liebe, so hätte ich nie Deinc
Hand angenommen. Meine Mutter glaubte nicht,
daß ich mich verheirathcn würde. Ich wurde zur
Erzteherin gebildet, war schon 26 Iahre alt und
dachje nicht daran, mich zu verheirathxn. Da kaprst
Du in unser Haus, und ich erkannte Dich bald als
edelmüthig. Meine Mutter sagte, er ist wohlha-
bend und sparsam, er wird Dich auf den Händen
tragen, Dich als den Stern seines Lebens betrach- !
ten. Adalbert, daS thust Du, und ich sollte Dich
nicht lieben? Jch möchte Dich aber auch glücklich
machen, indem ich Deine Seele auf das Erhabene,
das Ideale richtc."

Indem trat Johann herein und sagte: „Herr
Affessor, in Tschetschenow ist nichts zu haben. Im
neucn Wirthshause haben sie mich ausgclacht, weil
ich.im Winter ein Mittageffen haben wollte, da
sie selber im Sommer kcines geben könnten, und
daß ich in solchen Winterstürmen da hinaus kam." ^

„Schon gut, Iohann", unterbrach ihn Malvine !
— „decke im Eßzimmer. — Du wirst, lieber Mann,

nur ein Gericht finden, denn ich bin sparsam, wenn
Du ntcht- zu Hause speisest."

„Schön, Geliebte, und dann fahren wir nach Ber-
lin. Es wird Othello oon Shakspeare gegeben.
Da will ich mir noch einmal einprägen, welch ein
böserDämon die Eifersucht ist."

Neapel, 4. Ian. Der Director des meteoro-
^gischen Observatoriums auf dem JZesuv, Herr

Asche m^yr ausgeworfen^wird. Bei ^vorre del
Greco ist am Meeresufer vor em paar Tagen eine
warme Quelle zum Vorschcin. gekommen, deren
Wasser eine Temperatur vou 33^ yxZ hundertgra-
digen Thermometers hatte.

(Bevölkerung Rußlands.) Nach-.der im Jahre
1856 stattgefundenen Aufnahme stellt fich heräus,
daß im Ganzen auf einem Flächen-Inhalt von
6,584,319 englischen Qnadrat-Meilen 71,292,938

! ») auf das europäische Rußland 57,692,185 See-
> lcn, b) aufdas Königreich Polen 4,696,918, e) auf
! Finnland 1,693,023, ck) Transkaukasiett 3-197,997,
e) Sibirien, auf 4,452,665 Q.-M. 4,102,815 See-
 
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