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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Juni
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Lomitag, I» Junr


77 Der Abgeordneten-Congreß i»
Frankfurt,

welcher am 7. und 8. v. M. taqte unä perio-
dische Zusammenkünfte der Mitglieder deut-
scher Volksvertretungen zur Besprechung all-
gemein wichtiger deutscher Fragen und zur
Verständigung über gemeinsame vaterländische
Znteressen beschloH, hat sicher einen großen
Schritt zur Förderung des deutschen Eini-
gunqswerkes gethan, und zugleich einen sehr
zweckmäßigen politisch gebotenen Weg betre-
ten, welcher als der einzige erscheint, um in
friedlicher Weise die Lösunq der unsere Ge-
genwart bewegenden Fragen nach dem Be-
dürfniffe- und im Geiste unserer Nation an-
zubahnen. Daß wenigstens theo'retisch dieser
Plan ein vortrefflicher und vielverheißender
sei, wird selbst von dem Theiie der Prcffe,.
welcher mit dem Resultat der ersten Versamm.
lung nicht völlig einverstanden ist, zugegeben;
auch dieser spricht ihr eine fortwährende Wir-
kung nicht ab, und heqt derselbe die Ansicht,-
daß dieses in pruxi doch wohl in einer ganz
andern Weise geschehen werde, als man ur-
sprünglich beabsichtigt haben mag.

Dieser Theil der Preffe nämlich, sog, groß-
dentscher Nichtung, tadelt an der Versamm-
lung hauptsächlich, daß.die gothaisch über-
wiegende Mehrheit derselben von vornherein
ein preußisches Deutschland ausschließlich und?
unter allen Umständen wolle; und wenn sie
sich dcnnoch für die Berufung der Deutsch'i
Oesterrcicher in die beabsichligtc Versammlung
von Volksvertretern ausgesprochen habe, so
sei die Einladung entweder nicht wohl qe-
meint, und verrathe dann die seltsamste Nicht-
brachtung der Zustände des heutigen Oester-
reichs over sie sei von vornherein mit dem
Bewußtsein ihrcr Vergeblichkeit geschehen.
Die Frage des Kommens der deutsch-österrei-
chischen Volksvertretung lasse sich nicht aus
ihrem Wollen, sondern hauptsächlich aus ihrem
Können beantworten. Die Erlebniffe der
jüngsten Zeit in Oesterreich, die Verfolgungen
der Presse und andere Umstände sagen aber
unr zu deutlich, daß sie nicht kommen können.
Es müßten an der Donau Veränderungfn,
wie sie kaum eine Revolution erzeugt, sich i
verwirklicht haben, bevor es dort qestattet
wäre, für eine gemeinsame Verfaffung Deutsch-
Oesterreichs mit dem übrigen Deutschland
aufzutreten. Die württembergischen Abgeord-
neten Probst und Schott, so äußert sich die
großdeutsche Presse weiter, hätten daher wis-
sen müffen, daß dieses Wenn die Deutsch-

Oesterreicher erschienen, schon zum Böraus
mit Nein entschieden sei. Jene hatten üur
der Frankfurter Versammlung zugöstanden,
was sie den gothaischen Auslegern des Pro-
gramms des Natioualvereins bisher immer
abgeschlaqen. Die Erstere wäre aber in ihrer'
Beschlußfaffunq über dieses Programm weit
hinausgeqangen, daffelbe besage nämlich: ,/falls
die Macht der Verhältnisse und unbesiegbare
Hintcrniffe die'deutschen Theile Oesterreichs
vom gleichzel'tigen Anschlußan den d eu t-
schen Bundesstaat abhalten" nur in die-
sem Falle woüe es stch«mit der Einigunff des
übrigen Deutschlands vorerst begnügen. Der
setzige Frankfurter Beschluß wolle aber schon
dann, wenn deutsch-österreichische Äbgeordnete
vom Anschlusse an eine, ohne alles Mandat
bcrathende Versammlung abgehälten
sind, die nicht vöüiqe Constituirung Deutsch-
lands ohne Deutsch-Otsterreich entschieden ha-
ben^ Da hingegen habe das Koburger Pro-
gramm in seiner obigen Faffung sicher den
entscheidenden Tag im Auge, wo die deutsche
Einheit nicht auf dem Papier und in Rede-
formen, ffondern in Wahrheit und Wirklichkeit
zur Thatsache werden kann und soll; blieben
d an n die Brüder an der Donau vöm gemein-
samen Werke zurück, dann wäre allerdings
der Tag gekommen, ohne sie zu tbun, was
sie mit -uns zu thun ablehnen. Die Frank-
furter Vorversammlung habe somil die Be-
deutsamkeit ihres Bcschluffes gänzlich verkannt,
wenn sie den Nichtbesuch ihrer Nachversamm-
lungen mit den namlichen Fölgen belege, die
das Programm des Nationalvereins an eine
weitgehende große Thatsache, die Nichttheil-
nahme am deutschen Reiche, mit völlem Rechte
knüpfen mußte. Zudem war zu einem solchen
Beschluffe nicht leicht ein Augenblick minder
geeignet. Jn Oesterreich sind die Zustände
noch chaotisch verwirrt, und es ift das äußerste
Unrecht, jetzt schon politksche und nationale
AnforderUnqen zu ftellen, deren Rechtsverständ-
niß dort nicht eher vorhanven sein kann, bis
die Unhaltbarkeit der Gesammtstaatsverfaffung
deutlicher erkannt, und die Verhältnisse besser
geklärt sind. Jn Preußen aber arbeitet ein
tiefer Gegenkamps zwischeu Volk und Regie-
rung, uud deffen Entscheidung, mindestens des-
sen weiterer Fortgang muß erst abgewartet
werdeü, damit man wiffen könne, ob unsere
Hoffnungen auf Preußen noch auf viele oder
wenige Jahre zu vertagen sind. Anstatt nun
der innerlichen Entwickelung die nolbwendige
Zeit zu lassen, überstürze man auf dem in
Frankfurt eingehaltenen Wege Alles und stelle

Bedingungen, die khren Zweck, die Lösunq der
deutsch - österreichischen Frage, nur ver-sehlen
können. —

Das erste Vorparlament kn Frankfurt (i. I.
1848) habe zu eiNer That, zur Berufung des
wkrklichen Parlaments geführt; häbe man etwa
wieder eine Art Vorparlament berufen, um
zu einer That zusgelanqen, welche Thäl fr.ei-
lich dieSmal ganz anders wäre, als damals,
nämlich die' Amputation des drktten Theils
des deutschen Reichskörpers, das Selbstanf-
geben von fast 3600 lH-Meilen Landes nud
13^ Mkllionen Menschen! Und dieses ohne
jede äußere Nöthigung, aus sklbsteigenem freien
Antricbe, ohne jede drängende Veranlassling.
Und welches wäre dann der Preis für jene
Selbstverstümmclung Dentschlands? Sind die
Zustände in Preüßen än unv für sich irgend-
wie lockend?"Werden wir nach dem Aufgeben
Oesterreichs auch nur eine Einiguttg des Rech-
tes erlangen? Nein, die Zerrissenhcit und
Zerklüftung wird nur um so größer werden,
die Gefahr des Vaterlandes wäre dcm Äus-
lande gegenüber geradezn in vollendcte Nct-
tungslosigkeit umgewandclt. Die hieraus ent-
stehenden Mißsiände und Gefahrcn könnten
unH zuin zweitenmale das linke Rheinufer
kosten. Aber ein Plan, der solche äußerste
politische Nachtheile nach sich zichen wird,
kann nicht gelingen, abgeschen vavon, daß
die diesmalige und die zu berufende Versamm-
lung weder ein Necht besitze, noch die gchö-
rige Macht, um in dieser Sache endgultig
zu entscheidcn. (Aus eben diesem Grunde
erscheinen uns übrigens dke Bcfürchtungen
der großdeutschen Preffe übertrieben, uud wur-
den sog. klekndeutsche Tendenzen senerVersamui-
lung, weit entfernt davon, durch dke That ver-
wirklicht zu werden, der Macht wirklich ein-
tretender künftiger Thatsachen nicht präju-
Viciren.)

Badischer Landtag.

Karlsruhe, 13. Junk. 24. öffentliche
Sitzung der Ersten Kammer. Vorsiß: General-
lieutenant Hosfmann. Am Ministertische:
Minister Stabel und Minksterkalrath Am-
mann. Das Präsidkum zeigt dem Hause an,
daß Prälat Holtzmann wegen Unwohlseins
auf mehrere Wochen zu einer Badekur ab^e-
reist ünd däß Generalmajor Freiherr August
v. Göler mit Tod abgegangen sei. General-
lieütenant Kuntz widmet dem Verblichenen
einen ehrenvollen Nachruf, welchem die Kam-
mer bejftimmt, indem sich sämmtliche Mitglie-

Eme Studentenwirthschaft im 15. Jahrhundert.

Im Iahre des Herrn 1451 sandte Herr Iuükcr
Ort zum Iungen, wobnhaft in Frankfürt zum
Roobe auf dem Kornmarkt, setnen Sohn Petrum
Iungcn nach Erfurt auf dte hvhe Schule und gab
ihm einen gewissen Nicolaus Rode von Lindenfels
als Informator und Begleiter mit. Von diesem
letzteren ist im großherzoglich Hessen-Darmstäbti-
fchen Archiv ein Rechnungsbericht über die Aus-
gaben seines Zöglings von Ostern 1451 bis Ostern
1452 vorhanden, aus dem Archivrath Märker in
Berlin im „Anzeiger für- Kunde der deutschen Vor-
zeit" aüszugsweise einige Notizen mitgetheilt hat,
die geeignet smd, ein damaligeS Burschenlebett-^zu
charakterisiren. Wie mancher unsrer heutigen Stu-
denten, wenn er noch so bescheiden sich durchzuhel-
fen gewöhnt ist, würde es doch für eine starke Zu--
muthung haltcn, wenn er in einem Iahre mitnur
26 Gulben auskommen sollte! Mehr beträgt näm-
lich nicht Summa Summarum die Rechnung für
beide zusammen, ohne daß sie jedoch sich dabei et-
was HLtten abgehen lassen; auch ist alles Nothwen-
-tge mit eingerechnet: Collegienhonorar, Wohnung,

Kleidung, Wäsche, und auch was verkncipt worden
ist. Nach der vorliegenden Zusammcnstellung be-
trug die Rechnung im ersten Halbjahr 14 Gulden
weniger 14 Pfennige und im zweiten 9 Gülden 10
Groschen 4 Pfennige; dazu kommen noch an Ge-
schenke ,für Nicolaus Rode 3 Gulden; macht 26
Gulden. Auf der Hinreise hat er 5 Groschen dem
Fuhrmann für das Gepäck gegeben und füv die
Fahrt von Kreuzberg bis Salzen 6 Groschen, von
da bis Erfurt 8 Groschen,- und unterwegs haben
sie verzehrt 3 Ort. Lur häuslichen Einrichtung
versahen sie sich dann mit einigen Kissen, Polstern
und Bctten. Die Einschreibegebühren („pro inti-
tulationk") haben 23 Groschen betragen und mußte
an die SlsKistri halbjährlich ein Honorar im Be-
trage von 1 Seragenar entrichtet werden. Außer-
dem find noch einmal 3 Pfennige für den Magister
Haffnis, den Conrector'des Pädagogii- angesetzt,
und ebensoviel sür einen Magister Simon. Ein-
mal sind auch 5 Denür „pro Leeka" in Gemein-
schast mtt den Herren AsAistri8 in Rechnung ge-
bracht. Ebensö ist der Pedell („Ooäellug") zwei-
mal mit einem Salair von 4 Pfennigen bedacht
worden. Was die Wohnung anbelangt, so sind

5 Novi halbjährlich sür Miethzins angesetzt. Für
die Zeche sind wöchentlich drei Denar in Rechnung
gebrächt, für die Bursa (Taschengeld) 5 Novi; m

Bursa. Für Wäsche — gewöhnlich aller 14 Tage
— werden duvchschnittlich 2 oder 3 Denar, wenn
aber der große Magistermantel dabei ist, 6 Denar
ausgegeben. Ein Bad ist mit 2 Denar angesetzt
und det Bärbier halbjährlich mit 4 Groscheii. Ein
stch zeitweilig wiederholender, räthselhafter Aus-
gabcpoften „xro puneti^" ist mit gcwöhnlich 3 De-
nar, auch mit 6 Denar angesetzt. Nach glücklicher
Absolvirung des Studienjahres findet sich in der
Osterwoche 1 Denar für die Betchte tn Rechnung.

(Keine saure geronnene Milch mehr!) Wiener
Blätter schreiben: Sollte eine unserer Leserinnen
die Melhung bekommen, daß die Sahne für die
Kaffeegesellschaft sauer geworden sri, so braucht sie
deshalb kein saures Gcsicht zu machen, sondern sie
läßt aus der nächsten Apotheke sich >/, Loth Natron-
lauge holen. Man tröpfelt vorsichtig in die saure
Sahne von der Natronlösung so lange ein, bis der
Gcschmack süß geworden ist. Kein Feinschmecker
ahnt es, daß vor wenigen Minuten dieSahne ver-
dorben war.
 
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