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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Januar
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26.


Freitag, 3L Zanuar


L8«2.

* Politische Umschau.

Die Kretsregierunq der Pfülz. macht im
höchsten Auftrage bekannt, daß durch Berfü-
gung des Kriegsministers jede Anwerbung
zur Fremdenlegion für unbestimmte Zeit auf-
qehoben sei.

Die Untersuchungsacten wegen Erprefsungs-
versuchs gegen den früheren Kabinetssecretär
Karl BoUmann, der preußischer Unterthan
ist, sind von Koburg an die preußischen Ge-
richte zum weiteren Vcrfolge der Anklage ab-
gegeben worden.

Der „D. A. Z." znfolge hat Prenßen nach
der letzten Anflösung der zweiten Kammcr in
Kurhessen der kurfürstlichen Negierung erklärt,'
daß Preußen sie für den Fall des Ansbruches
von Unruhen weder materiell noch moralisch
unterstntzen und vaß es eine solche Unler-
stützung auch von anderer Seite nicht dulden
werde.

In Westphalen wurde einem katholischen
Geistlichen, der dem Freimaurerorden ange-
hörte, das Begräbniß auf dem Kirchhofe ver-
wcigert, und mußle derselbe auf dem evange-
lischen Friedhofe begraben werden. Wie man
ersährt, hat die Loge Schritte gcthan, um diese
Unduldsamkeit höheren Orts zur Kenntniß zu
bringen.

Der Kaiser von Oestcrreich hat dem Frhrn.
v. Pillersdorf, der im Iahre 1848 Minifter
des Innxrn war, und welchem fpäter die Ge-
hcimerathswürde entzogen wurde, dieselbe aus
freien Stücken von Neucm verliehen.

Die Frage wegen Aufnahme der evangel.-
theologischen Fakultät in den Verband der
Wiener Universtkät, soll von der juridischen
Facultät vortausig vertagt worden sein.

Nach Wiener Briefen aus Iassp soll an
dem Fürften Kusa am 6. Ian. ein Attentat
verüvt worden sein, welches aber mißlang.
Bei Gelegcnheit einer Spazierfahrt feuerte
eiu anscheinend harmloser Spaziergänger einen
doppelläusigen Revolver auf den Fürsten.
Der Schuß streifte die linke Epaulette. In
dem Momente, als der Mörder einen zweiten
Schuß nach dem Fürsten senden wollte, wurde
er von einer vorübergehenden Polizeipatrouille
verhaflet. Ueber seine Persönlichkeit ist noch
uichlö Näheres bekannt gewvrden.

Der Bericht Foulds hat in der öffentlichen
Meinung ein definitives Fiasko gemacht, und
das Schlimmste für die Negierung ist, daß
das Publikum Fould selbst nichtö zur Last
legt, sondern zn der Einsicht gekommen ist,

daß die finanzieUe Lage zu gründlich verfah-
ren, als daß es sekbst ihm gegeben wäre, die
öffeutlichen Lasten zü vermindern.

Das Königreich der Niederlande hat der
Schweiz einen Freundschasts- und Handels-
vertrag angeboten, wodurch sich beide Nafio-
nen alle die gleichen Vortheile einräumen,
wie sie den begünstigten Nationen gestattet
w'erden. Belgien behandelt dagegen die Schweiz
fortwährend sehr chngünstig.

Hart vor dem Eingange von Milford Ha-
ven (in Süd-Wales) sind vorgestern während
eines fürchterlichen Sturmes drei Schiffe mit
Mann und MauS untergegangen, ohne daß
es mögiich gewescn wäre, ihnen Hülfe zu
bringen.

Der Cassier des Madrider Haus/s O'Shea,
Herr Harrola, welcher bekanutlich vessen Ban-
kerott herbeigeführl, wird noch immer von
der Klostergeistlichkeit verborgen gehalten; er
ist aber auch ein gar heiliger Manü. Vor
nicht langer Zeit schenkte er 20,000 Piaster
zur Ausbesserung einer Kirche; dann sechs-
tausenv Piaster, um täglich drei Messen zum
Heil seiner Seele lesen zu laffen; dem Papst
machte er ein Geschenk mit sechs Millionen
Realen (1,400,000 fl.). Zu all diesen from-
men Gaben stahl er das Geld aus der Eaffe
des Hauses!

Marschall ODonnel hat in der Abgeord-
netenkammer das Berfahren des Generais
Serrano vollstäntig gebilligt, welcher die Oc-
eupation von Veraeruz im Namen der drei
Mächte prpclamirte.

Die Nachrichten aus Neapel sprechen von
einer wachfcnden Agitation auf Sicilien; bie

werde das Signal zu Unruhen geben. In
den neapolitanlschen Pro.vinzen vermehren sich
vie demokratischen Vercine, und das Iournal
„Plebiscite" zeigt die baldige Ankupft Gari-
balvi's. a»,. d,ie übrigens zweifelhaft ist. Der
Bandenführer Cipricano la gala ist am 22.
d. bei Capua festgenommen worden.

Deutschland.

IarlHruhe, 29. Zan. Das heutige Neg.-Blatt
Nr. 3 enthalt 1) Verleihung des Ritterkreuzes vom Zäh-
rtnger Löwen-Orden an die täonsuln C. Fr. Adä tn Cin-
ctnnati und C. Doll tn Mühlhausen. 2) BerettS mit-
gethctlte Dtenstnachrichten. 3) Bckanntmachungen von Mi-

ü. Die Bcsttmmung deS ZinSfußes für dte Darlehen der
ZehUtschnldentilgungscasse im Jahre 1862 (4^ Procent)
betreffend. 4) Gestorben sind: der kath. Pfarrer Btnz tn
Usfigheim, der Getstltche Rath und Stadtpfarrer Schindler
tn Waldktrch und Hauptmann Sommer vom ArmeecorpS

Karlsrrche, 29. Jan. Herr Eisenbahn-
Cassier von Davans soll nach dem K. A. ge-
gen das Urtheil ves Basler Gerichts Nekurs
angezeigt haben.

Mannheim, 26. Ian. Die Geschichte
der Universttat Heidelberg, welche Hofrath
Hautz beinahe druckfertig vollendet hatte, wird
nach desseu Tod von dem Professor an der
dortigen Universität, Frhrn. A. v. NeichliN'
Meldegg, zum Druck befördert und dieser
nächstens beim Verleger I. Schncider dahier
erscheinen. (K. Z.)

Mannheim, 28. Jan. Eine Ml't 532
Unterschrislcn verfehene.Petition der katholi-
schen Bürgerschaft in Betreff der Selbstergän-
zung des kach. Dürgerhospitalvorstandes ist
heuie großherzogltcher Kreisregierung überge-
ben worden.

Aus dem bad. Baulande, 22. Iau.
Mit Verwuiiderung bemerkt man hier zu
Lande, daß gewiffe Correspondenten in felbst
freisinnigen Blättern die zu erwartende Be-
seitigung des die Juden allein noch beschrän-
kenden §. 58 der Gemeindeordnung mit nicht
ganz günstigen Augen ansehen. Da ste die
Consequenz aus zugrstandenen Principien, die
Nechllichkeit der Forderung und selbft die
Zwcckmäßigkeit der Gleichstellung aller Staats-
bürger nicht mehr bestreiten können, so beru-
fen sie sich anf eine gewiffe Stimmung in
der niedern Volksklaffe, die Dem im Wege
stche. Zu weiland Rotteck's Zeiten war die-
ser Kämpfer für frcistnnige Institutionen der
Ansicht, es bedürfe noch eines Zeitraumes
von zwanzig Jahren, bis die Iuden die Reife
sür völlige Gleichstellnng erlangt hätten. Diese
Zeit ist längst vorüber, und es wird wohl
keiner zu behaupten wagen, daß sie nicht flei-
ßig benutzt worden wäre. Ietzt dreht man
das Blatt herum und sagt: „Aber unsere
Bauern sind für solche Rechtsgedanken noch
nicht reif." Gut venn, so drehen auch wir
das Blatt herum und sagen: „Setzt nun be-
sagte Bäuerlein, welche sich in den neuen
Nechtsstaat nicht flnven mögen, so lange in
deu früheren gefetzlichen Zustand der Iuden,
bis auch für sie die Ernkezeit gekommen und

Ein Frauenherz.

(Kortseyung.)

Die Elternfreude gibt der Ehe eine zweite Weihe,
man könnte' sagen, das göttliche Amen zu dem Se-

tungcn unauflöslich band, knüpft dieses mit dem
geheimnißvollen Zuge der Natur; und wenn die
Liebe zwischen den Gatten erkaltet tst, wird das Kind
deö magnetische Pol, dcr Beider Herzen anzieht, in
dcm Beide sich immer wieder finben. Die Liebe
zum Kiude wirft ihren Gluthschein zurück; in der
Liebe zum Kinde lernt das Weib den Mann, der
Mann das Weib wicder.vou Neuem lieben und
zwar mit einer Liebe von Sorge geȟrzt, nicht auf-
flammeud, aber dauernd.

In dem Augenbticke, wo sie ihr Kind und seinen
Vater umarmte, erblich in Albertinens Herz die
Erinnerung an Lindenau, welche unwillkürlich tn
einsamen Stunden noch die Hoffnung aufblitzen
ließ, wie ein Irrlicht; jetzt hatte sie EtwaS gefun-
den, das die Leere in ihrem Herzen füllte und das
Bedürfniß, zu lieben, befriedigte: jetzt war fie nicht
mehr Dame allein, sie war Weib; die Maske, welche

ihr tnnerstes Leben verborgen hatte, fiel, und die f
verkümmerte, mit Thränen gepflegte Blüthe ent-
faltete zum ersten Male ihren Duft—berauschend
wie ber Odem aus einer andern Welt.

Jn einem der dem Strande des kleinen Ostsee- ,
bades Z. zunächst gelegenen Häuser, weit ab von

eifle Dame, der man es ansieht, daß sie das See-
bad zur Stärkung gebraucht; ihre majestätische Ge-
stalt, von schwarzen Trauerkleidern umstosscn, die

Miene etwas Gedrücktes verräth, und mit dem
matten, trüben Blick des dunklen Auges.

Der Lurus ihrer Reiseeffecten, die geschmackvolle
Livree ihrer Dienerschaft und die elegante Toitette

auf dem Wagcnschlag ihrer Equipage deutet darauf
hin, daß die Dame nicht aus äußeren Gründcn die stille
Zurückgezogenheit im Bade gewählt hat, und wcr
ihr tiefer in das schöne Auge sieht, möchte ihrem
Leiden wcnig Hülfe durch den Arzt vcrsprechen und
ihr Zerstreuung anstatt der Einsamkeit verschreiben.
Ein klrineö Mdchen sucht Muscheln am Strande;

z froh und heiter springt das Kind auf dem Sande
umher, den Wellen ausweichend und nachetlend,
während die hleiche Frau sinnend dem Spiele zu-
schaut.

Das Kind möchte haschen nach den spielenden
Wogen, die kräuselnd sich brechen, kommen und
gehen, die mit dem Ufer kosen, wie die Tage des
Lebens an das Herz schlagcn, sanst und spielend,
bis der Sturm das Meer bewegt, die Wogen sich
gespenstisch bäumen und über dcn Strand hinfluthen.

Das Kind sieht nur das Bild des Friedens, die
ernste Frau schaut tiefer in das Meer; auch sie hat
einst das Leben aufgefaßt heiter und getändelt mit
den Wogen, aber dann den Ernst des Lebens er-
fahren und gezittert in seinen Stürmen.

Und wie ihr Auge sich sinnend in die unendliche
Ferne verliert und der Blick. träumerisch das ein-
same Segel am Horizont verfolgt, welches hinaus-
treibt auf pfadloser Bahn, vertrauend dem eignen
Steyer, da bemerkte sie nicht, daß ein Mann, der
dcn Strand hinabwandelt,-plötzlich stehen bletbt
und das Kind aus eine seltsame Weise anschaut.

(Fortsetzung solgt.)
 
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