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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Mai
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HMlbergtr Zeituilg.

sr i«s



Samstag, r«. Mai


Badischer Landtag.

Karlsruhe, 7. Mai. Der Wortlaut des
Entwurfs einer Gerichtsverfassung
nach den Anträgen der Commission der Zwei-
ten Kammer. (Schluß.)

NI. Tit. Von den Kreisgerichten.

8. 23. (Gerichtsbarkeit in streitigen Rechts-
sachen.) Die Kreisgerichte sind in allen bür-
gerlichen Rechtsstreitigkeiten, welche nicht vor
die Amtsgerichte gehören, die erste Instanz.

Sie verhandeln unb entscheiden dieselben in
Versammlung von drei Nichtern.

§8. 24, 25 fallen weg.

8. 26 (24). (Strafgerichtsbarkeit der Kreis-
gerichte.) In Ansehung der Stafgerichtsbar-
keit haben die Kreisgerichte

1. als Strafkammern in Versammlung von
fünf Richtern diejenigen Strafsachen zu erle-
digen, welche weder vor die Amtsgerichte,
noch vor die Schwurgerichre gehören; sie dür-
fen jedoch, dritte Diebstähle ausgenommen,
nielit 2uebtbau8, unä uuf ^rbeit8bau8
nur bls zu sechs Iahren erkennen.

H. Jn Versammlung von drei Richtern
bilden sie

1. die klutkiskulnmer für die unter 1.1.
erwähnten und für die schwurgericht-
lichen Strafsachcn,

2. die Recurskammer für die von den
Amtsgerichten erlassenen Straferkennt-
niffe.

8. 26. 9. (25). (llntersueliunKsriekter.)
6ei ^eciem Krei8Aeriebt vverclen einxslne

89vti6ll vvn äem Xrei8Keriölite übertraKen
ivircl.

8. 30 (26). Der Untersuchungsrichter kann
2U «len 8!t2UNA6N cler Hatd^kammer bei-
gezogen werden, aber kein Stimmrecht aus-
üben. (Der erfte Satz des Regierungsent»
wurfs fällt weg.)

8. 29 (27). !2u clen 8it2unKen 6er Lrem-
^eriebte in 8trat8aeken kännen uueti ^mts-
rieliter beigezogen werden.

(Die Absätze 1 und 2 des 8. 29 fallen weg.)

lll. a. (IV.) Tit. Vvn clen Otrer-

30 a. (28.) (6eriebt^barlre!t 6er Ober-

-j-Heid elberg, 1. Mai. Nachdem in der letzte-
Sch^f^ ÄnhtUtes^verschieden^neucrschiemne^

zu machen, dessen erste Lieferung soeben die Preffe
verlassxn hat, und deffen Inhalt namentlich für die
Bewohner Heidelberg's von ganz besonderem In-
tereffe ist. Es ist dieses die Geschichte der Uni-
versität Heidelberg nach urkundlichen Quellen von
dem, vor wenigen Monaten erst verstorbenen Hof-
rathe Hautz verfaßt, und nach dessen Tode von
Prof. v. Rerchlin-Meldegg herausgegeben. Diescs
Werk ist aber zugleich von einem höheren allge-
meinen Intereffe für jeden gebildeten Deutschen,
wenn man bedenkt, daß die Bedeutung deutscher
Wissenschaft zum größten Theil an unsere Univer-
sitäten geknüpft, und ihre Geschichte mit der deutschen
Gesammtgcschichte überhaupt um so mehr verfioch-
ten ist, als das Leb'en und geistige Wirken der Uni-
versitäten auf die Entwickelung unseres Volkes den
umfangreichsten und bedeutungsvollsten Einfluß ge-
übt hat und noch ausübt. Bei der hohen SteUung,
welche unter den deutschen Hochschulen Heidelberg,
in der wissenschaftlichen Entwickelung der Vorzeit,
wie der Gegenwart, insbesondere einnimmt, bei dem
engen Zusammenhange, in welchem die Schicksale
dieser Universität, eine der ersten Deutschlands, mit
der Geschichte unserer heimischen Rheinpfalz stets
standen, so daß eine pfälzische Particulargeschichte
ohne jene der Universität Heidelberg nicht gedacht
werden kann — verdient das Werk jener beiden
grachteten Gelehrten um so mehr eine allseitigeTheil-

8. 28 (29). (Bildung der Schwurgerichte.)

Das Schwurgericht besteht aus fünf Rich-
tern und zwölf Geschworenen.

2n 6en 8itrunK6N 6er ^ebvvurKeriebte

Ueber die Bildung sier 8eliwurKerielite
bestimmt die Strafproceßordnung das Nähcre.

8. 27 (30). (Schwurgerichte.) Vor die
Schwurgerichte gehören diejenigen Verbrechen,
welche in der Beilage II. verzeichnet sind.

IV. Tit. Von dem Oberlaricke^Keriekt.

8. 31. (Gerichtsbarkeit des Ober!an6e8-

in Ver^amnilunK von 8ieben lliebtern:

1. die Rechtsmittel und Beschwerden, welche
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten unä
!n lleekt^pvÜLeisaeben gegen Vie Urtheile
der zweiten Jnstanz ergriffen werden;

2. die NichtigkeitSbe^ekvverclen, welche in

gerichte und, der Kreisgerichte wegen Ver-
letzung des Gesetzes erhoben werden;

3. die Beschwerden gegen die Verfügungen
der Naths- und Anklagekammern.

V. Tit. Von den Handelsgerichten.

8. 32. (Besetzung.) Die Handelsgerichte
bestehen aus einem rechtsgelehrten Vorsitzen-
den und zwei Kaufleuten. Zum Vorsitzeuden
kann ein Mitglied des Kreisgerichks oder ein
Amtsrichter ernannt werden.

Die Kaufleute und ihre Stellvertreter müssen
Inländer und wenigstens dreißig Iahre alt
sein. Sie müssen nebstdem fünf Jahre lang
selbständig auf eigene Rechnung oder als
Procuristen (8. 41 des Handelsgesetzbuchs)
Handelsgeschüfte betrieben haben und am Sitze
des Handelsgerichts oder doch sy in der Nähe

nahme. Die erste Lieferung des Werkes beginnt
mit einer^sehr^schön geschr^ebenen und äußerft ^n-

^enshauch jedes gut geordneten Staatshaushaltes...
Als Gipfel in der Vollendung der dem Unterricht
und der Erziehung dienenden Anstalten sind mit
Recht die Universitäten zu bezeichnen. In keinem
Lande aber erreichten dieselben eine höhere Bedeu-
tung, als in unserem deutschen Vaterlande. In
die Relhe der ältesten, berühmtesten Hochschulen
Deutschlands gehört die Universität Heidelberg, von
dem Kurfürsten Ruprccht l. (1386) gegründet.

Ehe der Verfasser jedoch auf die specielle Dar-
stellung d«r inncren und Lußeren Geschichte der Hoch-
schule Heidelberg übergeht, schildert er in einigen
weiteren Abschnitten der Einleitung die Zeit, in
welche die Gründung^dieser Universität fällt, auf
eine sehr anziehende Weise im Allgcmeinen, sowohl
in Beziehung auf die damaligen politischen, als
auch auf die kirchlichen und wissenschaftlichen Ver-
hältnisse. Die damalige Schwächung des Papst-
thumS, selbstln kirchlicher-Beziehung, m einem Zeit-
punkte, wo die Päpste vorübergehend in Frankreich
(Avignon) residirten, bietet für den denkenden Leser
einc tntercffante Parallele init der Ietztzeit dar.
Was die wissenschaftlichen Zustände betrisst, so geht
der Verfaffcr aus von dem Wiederaufblühen der
Wissenschaften in Folge der Ankunft vieler grie-
ckischen Gelehrten in Jtalien (nach der Eroberung
Konstantinopels durch die Türken)., Er schildert
in Kürze die unsern hohen Schulen ähnlichen An-

wohnen, dass ihr Beizug zu den Sitzungen
keine Störungen oder Verzögerungen veran-
laßt.

8. 33. Die beiden llivbter 9ll8 6em Ilan-
äel^^tanäe und vier Stellvertreter derselben
werden aus einer Liste ernannt, in vvekeber
clie Llanckel^kammer die dreifache Zahl der
erforderlichen Kaufleute auf Grund einer Wahl
des Handelsstandes in Vorschlag bringt. Das
Nähere wird durch Verordnung bestimmt.

8.34. Dt'e lliebter.aus dem Handels-
stand bekleiden ein Ehrenamt Und beziehen
keinen Gehalt.

Nach zwei Jahren tritt die Hälfte der Er-
nannten, das erste Mal naeb äein L,ov8, aus.
Die Austretenden können wieder vorgeschlagen
werden.

8. 35. (Gerichtsbarkeit der Han-
delsg erich te.) Die Gerichtsbarkeit der
Handelsgerichte erstreckr sich auf aile Klagen,
^welche aus Ilancke^aeben abgeleitet werden.

Durch UebereinkunftderParteien könnenKla-
gen au8 Llsnckel^^aoben sueb äann vvr ein
Ilauckel^^eriebt Kebraekt vveräen, wenn der
Beklagte eiuein 8vleben nicht untersteht.

VII. Titel. Von einigen besonderen
Arten der Gerichtsbarkeit.

8. 37. (Gerichtsbarkeit der Bürgermeister.)
Die 6eriebt8barkeit der Bürgermeister in
streitigen Rechtssachen wird durch dieses Ge-
setz nicht geändert.

8- 37a (38). (VermittlunA^amt 6er löür-

8- 38 (39). (Strafgewalt der Bürgermei-
ster.) Die Anklagen wegen Ehrenkränkun-
gen und unerlaubter Selbsthilfe, sowie die
Anklagen wegen Körperverletzungcn, die we-
der einen bleibenden Schaden, noch Krank-
heit oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben,
können von dem Gekränkten oder Verletzten,
insofern der Angeklagte der Gerichtsbarkeit
des Bürgermeisters unterworfen ist (8. 51,
Abs. 3 der Gemeind^ordnung), auch vor diesem
erhoben werden.

Der Bürgermeister kann in diesem Fall
keine höhere Strafe erkennen, als einen Ver-
weis, eine Geldstrafe bis zu 5 Gulden, oder
Gefängniß bis zu 48 Stunden. Er hat das
Erkenntniß schriftlich zu erlassen, uud es fin-

damals streng nach Nationen geschieden, sic waren
frei von allen bürgerlichen Abgaben, Lasten und
Zöllen, hatten eine eigene Gerichtsbarkeit, nicht nur,
wie meistens jetzt nvch, eine besondere civil- und
disciplinarische, sondern selbst criminelle. Sie hat-
ten 'für Reisen von und nach den Hochscbulen ern
sicheres Geleit, und, bei dem damaligen Nlchtvor-
handensein der Posten, besondere privilegrrte Boten.
Die Entstehung und Bedeutung der verschiedenen,
theilweise jetzt noch vorhandenen amtllchen Stellen
bei den Universitäten wird eingehend geschudert, wie

der Aemter des Rector, Kanzlers, Syndrkus, Quä-
stor u. s. w., ebenso der Dienste der Pedellen, Fa-
muli, Cursores, Scrvitores u. s. w., desgleichen
wird der Entstehung und Bedeutung der 4 Facul-
täten gedacht mit ihren Dekanen, der academischen
Grade (der Magister, Doctor Licentiaten, Lseea-
laureus), endlich der Art und Weise der Erercttien,
Disputationen, Vorlesungen u. s. w.

Damit schlicßt die bls ;etzt erschrenene erste Lie-
ferung. Das ganze Werk, welches in der Folge
bei dem allmäligen Uebergange auf die speciellen
Schicksale der Heidelberger Hochschule von steigen-
dem Interesse zu sein verspbicht, soll im Ganzen
aus 12 Lieferungen bestehcn, deren Preis sehr bil-
lig (die Lieferung auf nur 36 kr.) festgesetzt ist.
 
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