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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Februar
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Nridelbtratr Ztiluna








Dienstag. I». Fcbruar


L8S2

-j-f Oesterreich, Deutschland und
Venerien.

Was die neulich von uns berührte Präten-
dentschaft des merikanischen Thrones betrifft,
so hat dieses Project, insofern es mit dem
Erzherzog Marimilian in Verbindunfl gebracht
«ird, in den letzten Taqen in der That noch
weitern Bestand gewonnen. Doch ist bereits
so viel klar, daß die qanze Angeleqenheit nur
die Person dieses Erzherzogs, nicht aber die
üsterreichische Negierung als solche berühren
würde. Von dcm abenteurrlichen Tausche
Meriko's gegen Veneticu kann daher kaum
weitere Rede sein. Nimmermehr würde stch
auch Oesterreich zu einem solchen Schritte ent«
schließen. Wohl aber stnd von anderer Seite
her wiederholte Natbschläge an Oesterreich
wegen dem Verkause Venetiens ergangen, die
freilich ebenso entschieden dementirt oder ab.
gelehnk worden sind. In der deutschen Preffe
ist iu letzterer Beziehung die Kölnische Zeitung
als tonangebend aufgetretcn, daffelbe Blatt,
welcheö schon vor einrm Iahre sehr eisrig in
dieser Nichtung agitirte und damals die zu
Paris erschienene Broschüre „Kaiser Franz
nnd Venetien" zuerst in dcutscher Ucbersetzung
voüständi'g in ihren Spalten brachte. Srit
dieser Zeit ist daffelbe Ansinnen bald von
französtscher, bald von englischer und sclbst
von beutscher Seite her in einzelnen Zwischen-
räumen immer wieder ausgetaucht.

Abermals tritt nun in Oesterreich die Frage
übcr ken Verkauf von Venctirn hervor. Wie
bedenklich auch die Verhältnisse deS Kaiser»
staates nach Inncn und Außcn stehen mögen,
so dürfte Oesterreich doch crst rccht vcrloren
sein, wcnn es auf derglcichen Unterhandlungen
nur eingeht. Oesterreich würde seine und
Deutschlands Südgrenze schutz- und wehrlos
machen, sie dem erften Andrange sranzösisch«
italienischer Hcere preisgcben, das Buudesge-
biet von Tricst in Gcsahr bringcn unb sich
die Mvglichkeit abschueidcn, Südtprol zu er«
haltcn. Es würde zuglcich Napolcon di«
Frciheit gewähren, am Rheiu und in Süd«
drutschland zugleich mit Nachdruck zu operiren.
Weun Oesterreich seine Stellung zu Deutsch«
land nicht gewaltsam nnd für immer ausgeben
will, so kann es dicseS nicht. Schon diese
xine Erwägung erheischt cs gebietcrisch, Ver«
handlungen über eine zu solchen Conscquenzeu
führende Frage von vornhcrein ganz abzuiehnen.
Nicht viel bcffcr steht es mik der finanziellen
Seite des ProjcctS. Ocsterreich würde das
für die verkaufte Provin; erhaltene Gelb zur

Proreß Zakoby,

verhandelt vor dem Asfisenhof zu Darmstadt.
(Fortsctzung.)

Zwei Zeugtnnen bekundctcn übcreinstimmend,
daß zwiscden Zakvby und sctner crsten Ehcfrau ein
höchst schlcchtcS Vcrhaltniß geherrscht, daß Letztcre
fortmährend über Mißhandlungen und Untrcuc von
Seiten ibrrS Manncö grklagt, und daß der Ange-
klagte während der lctztrn Kranthcit seincr crstc«
Ehefrau die Besuchc von ibr entfcrnt zu halten ge-
trachtct habe. Nach den Angaben der Dorothca
Walter hat die crste Gattin dce Zakoby jedoch vor
ibrcm lctztcn Krankcnlager zu Gunsten Zakoby's
ein frühcrcs Testamcnt umgrändert; ob auf An°
dringen deSselben blicb unerörtcrt. — Zcugc Urhan
bestätigt die im Anklagcact bcrcitS dargcstellte That-
sachc, daß Zakoby wabrend der ersten Ehe einmal
mit Wagcn und Pferd von Hause sich rntfcrnt und
seitte Frau ihm vorgeworfcn habe, daß rr dies in
Brgleitung einer Zuhältcrin gcthan. — Dr. Hey-
drnreich wrederholt seinc frühcrc Angabe, daß bei
dem Lode der crstcn Ehefrau kcinc VergtftungS-
erschcinungen bervorgetretcn seienc — Htnsichtlich
der nun zur Anklage verfteüten Lhat licferte die
Vernehlnnng dcs großh. StadtrichterS Pistor wmig-
stenS die einc intereffante Angabe, daß Zakoby,
als schon dic Gerüchte üder den Tod seiner zweitcn
Frau aufgctaucht gewesen, in Angelegenheiten srtnrr

Crhaltung von T-ro! und Triest, zur Herstel«
lung eines nrurn Defrnsivsystcms an semen
schutzlosen Südgrrnzenverausgaben, und schlirß-
lich zu neuen Krlegen verwenden müffen,'die
hieraus nothwendig entftehen würden.

Zwar rebet man von gewiffer Seite hcr
Oesterrelch eln, es bedürse zu seiner Sicher-
heit nicht die Minciolinie. Die Thorheit oder
Arglisttqkeit dieseS Rathes liegt abrr auf flacher
Hand, wenn wan bedenkt, daß diese Linie von
anerkannten militärischen Autoritäten, nicht
nur auS der österreichischen Armee allein, son-
dern ebenso ans der preußischen, und selbst
franzvfischen (z. B. Niel) als die festeste und
sicherste anerkannt wnrde, die stch im Süden
Deutschlands gege» Italien hin überhaupt
drnken läßt (so lange nämlich die Schwciz als
neutrales Gebiet gelten imiß). Selbst dem
Laien in der Kriegskunst wird ein Blick auf
eine genase Spezialkarte die Richtigkeit dieser
Ansicht bestätigen. Zudem wäre, wie wir
neulich schon angedeutet habcn, Oesterreich mit
der Aufgabe Venetiens durchaus nicht seine
Verlegenheiten los. Diese würden dann viel«
mehr erst recht beginnrn. Wie der Löwe voo
St. Marcus zur Zeit der Ripnblck Venedigs
seine Tatzen bis gegen Morea und Kandien
auSftreckte, so würde auch ein das Haupt,
den eigrntlichen Rachen des geeinigten Italiens
bildendeS Vencdig unfehlbar wieder nach allem
diesem grkisen. Es sucht jLschvn jetzt darnach zu
greisen (man denke an die Projecte Garibaldi's
senseitS der Adria). Oesterrcich aber könnte
baun gewiß in seinem übrigen Dcsitzc nichts
wcnigcr als fich consvlidirrn und mtt vew er-
haltcnen Grlde seiuc Schuldcn brzMrn. Im
Gegencheil, es köonte bald nicht Geld und
Mannschaft gcnug auftrribcn, um alle seine
brdrohten Provr'nzen zn bervachen. Ebknso
wie mill'tänfche und finanziclle Nücksichten
stehen daher jenem I^ojekte rein politische
entgegen.

Man bietet Oesterreich an, ein wesentliches
Bollwerk seiner Sicherheit ohne Schwertstreich
gegen Geld au seinkn erbittertstcn Fkiod abzu-
treten. Könute eine solchc in gewöhnlichem
Dcutsch als landesverrätherisch zu bezcichncnde
Handluugsweise jemalS mit der Ehre unv dem
P«lriotismus österrrichischer Staatsmänner,
oder des Hauptes des Kaiserstaates als ver-
cinbar grdacht werden? Wie würde man diese
anders bezeichnen können, als mit dem Worte
„tzeigheit und Schwäche". Nie ist zu denken,
daß dieses Projekt im Nathe Franz Iosephs
auch nur eine Stimme für sich haben, oder
gar die Oberhand gewinnen würde. Und was

nen sci, mit keincr Silbe aber der ihn verfolgen-
den Nachrcden gedacht habe. Eine srühere Dienst-
magd dcs Zakoby bestätigt, daß cr gcgen dic Ver-
storvcne barsch gcwcsen, daß svlche auch cinmal in
Folgen cinrr crasscn Theatervorstcllung krank ge-
wordrn; rine Hausbewohncrin, daß die Mißhellrg-
keiten zwischen dcn Zakoby'schen Ehclcuten cinmal
in Thätlichkciten auSgeartrt seien. Hoffcntlich tritt
morgen der Schluß deS Zeugcnverhöres ein.

— 4. Kcbr. Mit großcr Spannung sah in der
hcutigen 13. Sitzung daö zahlreichc Auditorium dcr
Vernchmung der Hauptbelastungszeugin Elisabetha
Gansert, der frühcrcn Dicnstmagd dcs Angcklagten,
entgcgen. Für dic Leser Zhres Blattrs, wclches dcn
Anklageact mitgetheilt hat, bot ihr Zcugniß zwar
nichts Ncucs, denn daSselbe war im Wcscntllchen
nur cine Wicderholung ihrer höchst wichtigcn, in
dirscm Actenstück bercits ausführlich entwickclten
Angabcn der Voruntcrsuchung. Allcin gcrabe in
der bestimmten Art, mit welchcr dic Zeugin ihre
Wahrnchmungen über die Krankheit der verftor-
bcnen Ehefrau' Zakoby ^in Harmonie mit ihrcn

lqg dcren Bcdcutung, und man kannw ohl sagcn, daß
der Eindruck ein augkmeincr war, daß die Sprache
dieftr Zeugin die der ungrschminktcn Wahxhcit ge-
wesen. Mit Sorgfalt vermied fie, Wahrnehmun-
gcn von Hörc'nsaacn unter das mit eigenen Sinncn
Gesehene und Getzört« zu vermengen, und auch die-

wäre der Erfolg dem eignen Volke gegenüber?
Könnte dieses für eine Regierung, die in einer
Lebensfrage für den Staat so handelt, Achtuna
und Vertrauen behalten? Würde man nicht
jede, auch die thörichtste Concession von ihr in
Anspruch nehmen, wenn man sähe, daß der
Muth der Selbßerhaltung uud Selbstverthei-
digung bis zum Verhandeln von Provinzcn
herabgesunken ist? Würde eine patriotische
Volksvertretung mit gutem Gewissen große
Summen für ein Militärbudget votiren, wenn
in einer so wichtigen Frage statt des Degens,
die Procente die Entscheidung abgeben sollen?
Würde die Regiernng im Stande sein, Ungarn
vollständig zur Ruhe zu bringen, die bunten
Natioualitäten seines Rcichs mit eiuander und
die deutschen Elemente, die doch überall den
Schwerpunkt bilden, zu versöhnen, wenn sie
ihm die Achtung vor dcr obersteo Gewalt un-
möglich macht? Würde bas preisgegcbene
Deutschland sich nicht selbst mit Unwillen und
Beschämung von einer solchen Regierung ab-
wenden müssen? Würde das Ausland «n einer
solchen Handlung cin Zeichen wiederkchrxnder
Stärke, Thatkrast und Energie erkennen, oder
vielmehr fortscbreitenve Schwäche und Des-
organisation? Oesterreich könnte mit dem Ab-
schluffe eines solchen Vcrtrags ebeusogut, ohne
sich etwas Weiteres zu vergeben, gleichzeitig
seine Großmachtstellung aufgcben unv in den
Rang der Mittelstaaten übertreten.

Otsterreich wird bicses und kanu es uicht
thun. Freilich wird es daun vielleicht in nicht
allzu lauger Zeit wicdcr zum Schwerte greifen
müssen. Aber ein friicher, fröhlichkr Krieg ist
immerhm beffcr, als cin fauler Fricden.

Währenddcm wir diese Zcilen niederschrie-
ben, haben sich die Anzeichen vermehrt und
offenkundig bewahrheitet, baß man in Oestcr-
reich nie und nimmermehr sich dazu entschließen
wirv, Venetien freiwillig aufzugcben. Man
hat sich im Ministerrathe zu Wien einstimmig
für diese Ansicht ausgesprochen, und jedwedes
entgegelistehende Gcrücht osfizieü als unbe-
gründet und unwahr dementirr. Zugleich ist
von dort her in den letzten Tagen noch eine
weit bedeutendere und inhaltrcichkre Nachricht
zu uns gelangt, deren ofsizielle Bestätigung
jedoch noch abzuwarteu ist, und die wir in
der Folge jcdeufaüs noch besonders besprechen
wcrden. Wir meinen die Abschließung eines
Schutzbündniffes zwischen Oefterreich und den
meisten demschen Mitkel- unv Kleinstaatkn (s.
unten). Ein solcher Vorgang dem wirjedoch im
Uebrigcn und in aüen seinen Consequenzen ein
vorelliges Lob vicht spenden wollen, würde

ten lautetcn, machte sie ungezwungcn und frci. Em
dramatischer Momcnt war es, alö die Zeugin bei
dcm Vorwurf des Angeklagten, ihr Zcugniß sei cin
unwahres, feierlich betheuerte, sie werde ihrc Skcte
nicht mit falschem Zeugniß beschweren. Untcr so-
lennem Stillschweigen dcr zuhörcnden Hundcrte
mahnte sie der Prästdent crnst aiz^das Gewicdt ihrcr
Depositionen, che cr zur Bceidigung sckritt. Zm
Uebriaen heben wir nur hervor, daß dic Zeugin
im Emzclncn den Hcrgang am Abend des zwritrn
August bcschricb, wie Zakoby gegen 6 Uhr an dem
Bett seincr Frau stehcnd angcblich cincs von dcn
Pulvern dcö Arztes in cincn dargcreichten Löffel
schüttcte und der Kranken cingab; wie Zakoby ihr
hicrbci den Rückcn gedrcbt, abcr doch bei dem Um-
wenden nach dcm Waffcr ihr Gelcgenheit gegcben,
ru bemerken, daß dcr Znhalt des Löffels cin weißes
Pulver gewcscn. Auf Vorlagc cincs nach dem ärzt-
lichcn Reccpt bcreitctcn Pulvers erklärt sic, daß das
im Löffcl bcfindltche virl hellcr gewescn seiz fie be-
mcrktc, daß die Krankc sofort nach dessen Genuß,
wobci sie den Löffel ganz lcerte, das Geficht verzo-
cn hätte, oaß hierauf nach wcnigen Minuten Er-
rcchcn und die rapidr Verschlimmerung ber Krank-
hcit cingetrctrn sci. Wedcr bcim Einschütteu des
Pulvers durch Zakoby, noch bei dem Reinigcn des
Löffels hat dic Gansert eincn besondercn Geruch
bemcrkt, worüber ihr eine Frage gestellt worden,
nachdem die Erperten darauf aufmrrksam gemacht
 
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