Ueidklberger Ieilung.
N? 1S
* Politische Umschau.
Mannheim, 15. Jan. Bci der au> heute
anberaumten Versteiqerunq der Liegenschaften
und Maschinen der badischen Kunst - Wollen-
ManufacturMannheim wurden von denGrund-
stücken bei der Einzel - Versteigerunq nur die
Loose 1, 3, 4 und 5 für zusammeu fl. 91,000,
daqegcn die Maschiuen und Ukenstlien, mit
Ausnahme der Loose 1, 3, 6, 7, 8 und 10
für fl. 34,830 zugeschlagen. Schließlich kaufte
Herr Conrad Rutsch das Ganze für
fl. 210,000.
Nach amtlicher Bekanntmachung sind die
Brückendurchlaßgebühren auf dem Rheine auf-
gehoben.
Jn Freiburg cirkulirt eine Petition an die
Landstände, welche um Wiederherstellung der
Gemeindeordnung vom Iahr 1831 bittet.
Der „Moniteur" vertheidigt durch seincn
Münchener Correspondenten die Sache des
Kurfürsteu von Hessen.
Aus Weißenfels (Reg.-Bez. Erfurt) wird
Folgendes geschrieben: Am Sonnabend Abend
hatten sämmtliche Unteroffiziere des 2. Bataill.
31. Negim. in den Räumcn des Schützenhau-
ses, welches Eigenthum der Schützen, einen
Ball veranstaltet. In dem Hauptsaal hängen
mehrere Bilder, unter Andern, ein Porträt des
Herzogs von Coburg, über welchem 2 deutsche
Fahnen angebracht sind. Die Offiziere be-
suchten diesen BaU. Es fand sich auch ein
Fähndrich von 4 Fuß 7 Zoll endlich, aber noch
bartlos ein. Dieser junge Mann ging auf
das Bild zu, und da seine Länge nicht zu-
reichte, stieg er auf einen Stuhl, riß die deut-
schen Fahnen hxrunter und schleuderte fie mit
der Bemerkung weg: „Hier gehören preußische
Fahnen her." (In Hannover ist eine folche
muthige Handlung Veranlassung zu einer Or-
densertheilung.)
In der preußischen Forlschrkttspartei wird,
wie die „Zeit" hört, merkwürdiger Weise die
deutsche Frage zu inueren Gegensätzcn führen.
Es sei bereits gestern zwischen Waldeck und
Schulze zu Konflikten gekommen. Da Herr
Waldeck bekanntlich die Nichtung des National-
vereinS keineswegs theilt, so war dies wohl
vorauszusehen.
Im Neutraer Comitate ist gleichfalls das
Standrecht publicirt; im Preßburger Comitate
im Interesse der öffentlichen Sicherheit die
Aufstellung von Panduren beschlosscn worden.
Nach einer ungefähren Schätzung sind seit
dem 20. Oktober in Ungarn etwa oOOO Be-
amte in Disponibilität versetzt worden, von
Samstag. »8. Zanuar L8«2.
denen bis jetzt 2000 wiedcr in Ungarn und
1000 in ben diesseitigen Provinzen angestellt
wurden.
Aus Paris wird berichtet, daß in allen
Zweigen des Handels eine kaum länger zu er
tragenve geschäftiiche Stockung fortdauert, und
in den von der arbeitenden Klaffe besuchten
Orten kann man es laut und ungeuirt aus-
sprechen hören, daß die Nvth und die Arbeits-
losigkeit jetzt weit größer seien als 1847 „vvr
Ausbruch der Revolution". Fast noch trauriger
lauieri die Berichte aus der Provinz; von
überall hört man über die erschreckende Zu-
nahme des Bettels, ber Diebstähle und der
Mordthaten klagen.
In der Nacht vom 12. auf den 13. Ianuar
ist ein Sohn des Senators Fürsten v. Wagram,
Schwager des Prinzen Ioachim Mürat, in
einem Hause der Straße Rochechouart mit
Messerstichen ermordet worden. Der junge
Mann war nöch Zögling der Militärschule
St. Cpr. Ueber die Bewcggründe sind ver-
schiedcne Gerüchte im Umlauf; kommt die
volle Wahrheit zu Tag, so wird sie einen
intcreffanten Beitrag zur jetzigen Sittenge-
schichte liefern.
Auf die Entrüstung, mit welcher sich der
„Moniteur" über -die Verspcrrung des Hafeüs
von Charlestön geäußert, erinuern bclgische
Blätter darau, daß der Cardinal Nichclieu,
als er im Iahre 1628 die Stadt La Nochelle
belagerte, den Hafen besselben mittelst eines
Querdammes absperrte und sie davurch zur
Uebergabe zwang. Seit jener Zeit können
große Schiffc nicht mehr bei La Rochelle an-
legen.
Aus der Antwort des amerikanischen Staats-
sekrelärs Seward an den französischcn Ge-
sandten Mercier ergibt sich, daß der Beschluß,
Mason unb Slibell freizugeben, schon vor bcr
Uebergabe von Thouvenel's Depesche gefaßt
war. Somit .fallen die ruhmredigen Versiche-
rungen einiger Pariser Blätter, welche bie
Maßregel als alleinige Wirkung bes von Na-
poleon III. ertheilten Rathes darstellcn, in
Nichts zusammen.
Nach der „Morn. Post" hätten die Kriegs-
vorbereitungen EnglandS nicht über zwei
Millionen Sterling gekostet. Die „Times"
stellt die finanzielle Lage Amerika's als sehr
kriiisch dar.
Deutschland.
KarlSruhe, 15. Zan. DaS Reg.-Blatt Nr. 2 ent-
hält ferner (Schluß):
3) Dienstnachrtchten. S. Köntgl. Hohett der Groß-
he^ö^ben^S^ch unter ^dem 9. Zanuar^d. Z. gnädigst
zu entlassen; dtc AmtSrtchter: Achert^tn Donaueschingen,
MeerSbukß, Hufschmidt in MannheimEheltuS tn
Mannheim, Helmletn Waldkirch, Wedektnd tn Achern,
Amann tn Konstanz zu O^bttamt^nchteru z« ernennen;
v. Z. die kirchltche^Znstitution ertheilt.
Die Ausschreibungen der evang. Pfarreien
wcrden in Zukunft nichl mehr im Regierungs-
blatt, sondern nur im evangelischen Verord-
nungsblatt erfolgen. Ein Gleiches dürfte bei
den katholischen Pfarreien nach dem K. A.
geschehen.
1-/^ Karlsruhe, 16. Jan. Die Mitglie-
der ber Commiffion für das Gewerbe- und
Niederlassungsgesctz sowie die Budgetcommis-
sion besinven sich seit Anfang dieser Woche
hier unb hgben am Monrag mit ihren Bera-
thungen begonnen, welche kürzlich von Mor-
gens 9 bis Abcnds 8 Uhr mit kurzer Unter-
brechung stattfanden. Die vorgelegten Ge-
setzentwürfe wurden auf das cingehendste be-
handelt und lebhaft discutirt, namentlich
soll dies bet dem Niederlaffungsgesetz der
Fall gewesen sein, wo man von Seiten ber
Vertrcter von Gemeinden der Autonomie der
lctzteren uiehrGeltung verschasst wiffen will. Hiu-
sicytlich des ÄlterS zum Beginn eineS Ge-
werbes oder Geschaftes joll man sich auf 24
Iahrc geeinigt haben. Die Vorlage über die Or-
ganisation der Gerichte soll demnächst erfolgen.
Lj Bdm Neckar, 14. Ian. Unter ben
Volksschullehrern des Landes circulirt soeben
eine Bittschrift an die hohen Ständekammern
um Erhöhung des Wittwengehaltes und ber
Erziehungsbeiträge der Kinver verstorbener
Lehrer. Der seilherige Betrag soll auf 100
fl. erhöht wcrden unv erklären sich die Pe-
tenten gerne bereit, einen höheren Beitrag zu
leisten. Die fragliche Petilion ist von brei
Freiburger Volksschullehrern ausgegangcn.
Heidelberg, 13. Ian. Am 8. Februar
d. I. begehl ver Senior der' medicinischen
Facultat, Hr. Geheimerath Prof. Dr. Chelius,
das 50jährige Dvctorjubiläum.
Ein Fraueuherz.
(Kortsetzung.)
Der Gras machte kein Geheimniß mehr aus sei-
nen Gefühlen, er brachte ihr die Huldigung dar,
welche sie anfäuglich vermißt; aber der Ton, den
sie einmal angcschlagen, war ihr, ihm gegenüber,
schon zur Gewohnheit geworden. Sie fühlte, daß
sie ihn verletzte, sie bereute es sogar oft, zu weit
gcgangen zu sein; aber wer einmal dem Geiste daS
Gefühl zum Spiel gegebcn und mit Herzlofigkeit
kokettirt, dem gcstattet es die Eitelkeit nicht, eine
glänzende Wendung im Gespräch, einen Witz, einen
beißenden Spott deshalb unausgesprochen zu lassen,
weil es verwunden konnte.
Jn dieser Lage war Albertine dem Gr'afen gegen-
über. Während er ihr Herz suchtc, begcgnete er
immer nur ihrcm Witz, ihrem Uebermuth, immer
nur der Maske der Koketterie, und wenn auch zu-
weilen ein Wort aus dem Herzen kam, so ließ ihr
Spott im nächsten Moment den Eindruck ver-
schwinden.
Albcrtine sühlte es, daß sie einen Ton angeschla-
gen, der auch in ihrcr Seele einen Mißklang her-
vorrief, aber sie fand keinen Weg, ihn zu ändern,
ohne dabei ihren Stolz zu demüthigen; sie schmollte
bem Geliebten, daß er ihr Spiel nicht durchschaute,
und daß er, anstatt seine Liebe zu'gestehen und um
ihre Hand zu werben, ihr Spiel für Ernst nahm
und zu verlangen schien, sie sollte den ersten Schritt
thun.
Auf dem gestrigen Balle war Albertine nahe da-
ran gewesen, dem Grafen etnen Blick in Lhr Herz
zu gestatten. Durch ein Versehen hatte sie einen
Tanz, den fie ihm zugesagt, schon früher eincm
Andern versprochen, und fie bemerkte ihr Versehen
erst, als eö schon zu spät war, die Sache zu arran-
giren. Unglücklicher Weise war der fragliche Tanz
derjenige, welcher der Eröffnungspolonaise folgte.
Der Tänzer, mit dem Albertine sich zuerst en-
gagirt hatte, ein Husarenoffizier, hatte sie schon be-
grüßt, u«d ihr Auge suchte Lindenau, den sie um
Entschuldigung bitten wollte, vergebens.
Sckon war die Polonaise beendct, aber der Graf
war noch nicht im Saale. Der Husar trat zu ihr
heran, da — als die Mufik anspielte, sah sie Lin-
denau mit erhitztem Antlitz in dcn Saal treten.
Ietzt war es zu spät, der Husar hatte bereits ihren
Arm, und sic sah Lindenau erbleichen, als er sie
in der Reihe der tanzenden Paare erblickte. Der
vorwurfsvolle Blick seines Auges that ihr wehe, sie
fühlte, daß fie ihn tikf verletzt habe. Ein kleines
Bouquet Moosrosen, ihre Lieblingsblumen, das er
in der Hand hielt, bewies ihr, daß er sich nur ver-
spätet, um ihr eine Aufmerksamkcit zu erweisen.
Sobald der Tanz beendet war, trat sie mit der
Absicht an ihn heran, ihn für den Schmerz, den
sie ihm bereitet, zu entfchädigcn.
Scheinbar absichtslos kam sie in seine Nähe, und
als cr grüßte, trat sie auf ihn zu; aber er rührte
sich nicht, er that, alö bemcrke er ihre Absicht nicht,
ihn anzureden.
Das verletzte sie, und ihr Ton wurde weniger
herzlich, als sie anfangS gewollt.
„Verzeihen Sie, daß ich mich doppelt engagirt
habe", begann sie, „es war ein Jrrthum, und nur
Ihr verspätetes Eintreffen hat mich verhindert, Sie
früher um Entschuldigung zu bitten."
„Gnädiges Fräulein, dieser Form bedarf es gegen
mich nicht", 'unterbrach cr sie mit bewegter Stimme,
„ich habe bas Glück, Ihnen so nahe zu stehen, daß
N? 1S
* Politische Umschau.
Mannheim, 15. Jan. Bci der au> heute
anberaumten Versteiqerunq der Liegenschaften
und Maschinen der badischen Kunst - Wollen-
ManufacturMannheim wurden von denGrund-
stücken bei der Einzel - Versteigerunq nur die
Loose 1, 3, 4 und 5 für zusammeu fl. 91,000,
daqegcn die Maschiuen und Ukenstlien, mit
Ausnahme der Loose 1, 3, 6, 7, 8 und 10
für fl. 34,830 zugeschlagen. Schließlich kaufte
Herr Conrad Rutsch das Ganze für
fl. 210,000.
Nach amtlicher Bekanntmachung sind die
Brückendurchlaßgebühren auf dem Rheine auf-
gehoben.
Jn Freiburg cirkulirt eine Petition an die
Landstände, welche um Wiederherstellung der
Gemeindeordnung vom Iahr 1831 bittet.
Der „Moniteur" vertheidigt durch seincn
Münchener Correspondenten die Sache des
Kurfürsteu von Hessen.
Aus Weißenfels (Reg.-Bez. Erfurt) wird
Folgendes geschrieben: Am Sonnabend Abend
hatten sämmtliche Unteroffiziere des 2. Bataill.
31. Negim. in den Räumcn des Schützenhau-
ses, welches Eigenthum der Schützen, einen
Ball veranstaltet. In dem Hauptsaal hängen
mehrere Bilder, unter Andern, ein Porträt des
Herzogs von Coburg, über welchem 2 deutsche
Fahnen angebracht sind. Die Offiziere be-
suchten diesen BaU. Es fand sich auch ein
Fähndrich von 4 Fuß 7 Zoll endlich, aber noch
bartlos ein. Dieser junge Mann ging auf
das Bild zu, und da seine Länge nicht zu-
reichte, stieg er auf einen Stuhl, riß die deut-
schen Fahnen hxrunter und schleuderte fie mit
der Bemerkung weg: „Hier gehören preußische
Fahnen her." (In Hannover ist eine folche
muthige Handlung Veranlassung zu einer Or-
densertheilung.)
In der preußischen Forlschrkttspartei wird,
wie die „Zeit" hört, merkwürdiger Weise die
deutsche Frage zu inueren Gegensätzcn führen.
Es sei bereits gestern zwischen Waldeck und
Schulze zu Konflikten gekommen. Da Herr
Waldeck bekanntlich die Nichtung des National-
vereinS keineswegs theilt, so war dies wohl
vorauszusehen.
Im Neutraer Comitate ist gleichfalls das
Standrecht publicirt; im Preßburger Comitate
im Interesse der öffentlichen Sicherheit die
Aufstellung von Panduren beschlosscn worden.
Nach einer ungefähren Schätzung sind seit
dem 20. Oktober in Ungarn etwa oOOO Be-
amte in Disponibilität versetzt worden, von
Samstag. »8. Zanuar L8«2.
denen bis jetzt 2000 wiedcr in Ungarn und
1000 in ben diesseitigen Provinzen angestellt
wurden.
Aus Paris wird berichtet, daß in allen
Zweigen des Handels eine kaum länger zu er
tragenve geschäftiiche Stockung fortdauert, und
in den von der arbeitenden Klaffe besuchten
Orten kann man es laut und ungeuirt aus-
sprechen hören, daß die Nvth und die Arbeits-
losigkeit jetzt weit größer seien als 1847 „vvr
Ausbruch der Revolution". Fast noch trauriger
lauieri die Berichte aus der Provinz; von
überall hört man über die erschreckende Zu-
nahme des Bettels, ber Diebstähle und der
Mordthaten klagen.
In der Nacht vom 12. auf den 13. Ianuar
ist ein Sohn des Senators Fürsten v. Wagram,
Schwager des Prinzen Ioachim Mürat, in
einem Hause der Straße Rochechouart mit
Messerstichen ermordet worden. Der junge
Mann war nöch Zögling der Militärschule
St. Cpr. Ueber die Bewcggründe sind ver-
schiedcne Gerüchte im Umlauf; kommt die
volle Wahrheit zu Tag, so wird sie einen
intcreffanten Beitrag zur jetzigen Sittenge-
schichte liefern.
Auf die Entrüstung, mit welcher sich der
„Moniteur" über -die Verspcrrung des Hafeüs
von Charlestön geäußert, erinuern bclgische
Blätter darau, daß der Cardinal Nichclieu,
als er im Iahre 1628 die Stadt La Nochelle
belagerte, den Hafen besselben mittelst eines
Querdammes absperrte und sie davurch zur
Uebergabe zwang. Seit jener Zeit können
große Schiffc nicht mehr bei La Rochelle an-
legen.
Aus der Antwort des amerikanischen Staats-
sekrelärs Seward an den französischcn Ge-
sandten Mercier ergibt sich, daß der Beschluß,
Mason unb Slibell freizugeben, schon vor bcr
Uebergabe von Thouvenel's Depesche gefaßt
war. Somit .fallen die ruhmredigen Versiche-
rungen einiger Pariser Blätter, welche bie
Maßregel als alleinige Wirkung bes von Na-
poleon III. ertheilten Rathes darstellcn, in
Nichts zusammen.
Nach der „Morn. Post" hätten die Kriegs-
vorbereitungen EnglandS nicht über zwei
Millionen Sterling gekostet. Die „Times"
stellt die finanzielle Lage Amerika's als sehr
kriiisch dar.
Deutschland.
KarlSruhe, 15. Zan. DaS Reg.-Blatt Nr. 2 ent-
hält ferner (Schluß):
3) Dienstnachrtchten. S. Köntgl. Hohett der Groß-
he^ö^ben^S^ch unter ^dem 9. Zanuar^d. Z. gnädigst
zu entlassen; dtc AmtSrtchter: Achert^tn Donaueschingen,
MeerSbukß, Hufschmidt in MannheimEheltuS tn
Mannheim, Helmletn Waldkirch, Wedektnd tn Achern,
Amann tn Konstanz zu O^bttamt^nchteru z« ernennen;
v. Z. die kirchltche^Znstitution ertheilt.
Die Ausschreibungen der evang. Pfarreien
wcrden in Zukunft nichl mehr im Regierungs-
blatt, sondern nur im evangelischen Verord-
nungsblatt erfolgen. Ein Gleiches dürfte bei
den katholischen Pfarreien nach dem K. A.
geschehen.
1-/^ Karlsruhe, 16. Jan. Die Mitglie-
der ber Commiffion für das Gewerbe- und
Niederlassungsgesctz sowie die Budgetcommis-
sion besinven sich seit Anfang dieser Woche
hier unb hgben am Monrag mit ihren Bera-
thungen begonnen, welche kürzlich von Mor-
gens 9 bis Abcnds 8 Uhr mit kurzer Unter-
brechung stattfanden. Die vorgelegten Ge-
setzentwürfe wurden auf das cingehendste be-
handelt und lebhaft discutirt, namentlich
soll dies bet dem Niederlaffungsgesetz der
Fall gewesen sein, wo man von Seiten ber
Vertrcter von Gemeinden der Autonomie der
lctzteren uiehrGeltung verschasst wiffen will. Hiu-
sicytlich des ÄlterS zum Beginn eineS Ge-
werbes oder Geschaftes joll man sich auf 24
Iahrc geeinigt haben. Die Vorlage über die Or-
ganisation der Gerichte soll demnächst erfolgen.
Lj Bdm Neckar, 14. Ian. Unter ben
Volksschullehrern des Landes circulirt soeben
eine Bittschrift an die hohen Ständekammern
um Erhöhung des Wittwengehaltes und ber
Erziehungsbeiträge der Kinver verstorbener
Lehrer. Der seilherige Betrag soll auf 100
fl. erhöht wcrden unv erklären sich die Pe-
tenten gerne bereit, einen höheren Beitrag zu
leisten. Die fragliche Petilion ist von brei
Freiburger Volksschullehrern ausgegangcn.
Heidelberg, 13. Ian. Am 8. Februar
d. I. begehl ver Senior der' medicinischen
Facultat, Hr. Geheimerath Prof. Dr. Chelius,
das 50jährige Dvctorjubiläum.
Ein Fraueuherz.
(Kortsetzung.)
Der Gras machte kein Geheimniß mehr aus sei-
nen Gefühlen, er brachte ihr die Huldigung dar,
welche sie anfäuglich vermißt; aber der Ton, den
sie einmal angcschlagen, war ihr, ihm gegenüber,
schon zur Gewohnheit geworden. Sie fühlte, daß
sie ihn verletzte, sie bereute es sogar oft, zu weit
gcgangen zu sein; aber wer einmal dem Geiste daS
Gefühl zum Spiel gegebcn und mit Herzlofigkeit
kokettirt, dem gcstattet es die Eitelkeit nicht, eine
glänzende Wendung im Gespräch, einen Witz, einen
beißenden Spott deshalb unausgesprochen zu lassen,
weil es verwunden konnte.
Jn dieser Lage war Albertine dem Gr'afen gegen-
über. Während er ihr Herz suchtc, begcgnete er
immer nur ihrcm Witz, ihrem Uebermuth, immer
nur der Maske der Koketterie, und wenn auch zu-
weilen ein Wort aus dem Herzen kam, so ließ ihr
Spott im nächsten Moment den Eindruck ver-
schwinden.
Albcrtine sühlte es, daß sie einen Ton angeschla-
gen, der auch in ihrcr Seele einen Mißklang her-
vorrief, aber sie fand keinen Weg, ihn zu ändern,
ohne dabei ihren Stolz zu demüthigen; sie schmollte
bem Geliebten, daß er ihr Spiel nicht durchschaute,
und daß er, anstatt seine Liebe zu'gestehen und um
ihre Hand zu werben, ihr Spiel für Ernst nahm
und zu verlangen schien, sie sollte den ersten Schritt
thun.
Auf dem gestrigen Balle war Albertine nahe da-
ran gewesen, dem Grafen etnen Blick in Lhr Herz
zu gestatten. Durch ein Versehen hatte sie einen
Tanz, den fie ihm zugesagt, schon früher eincm
Andern versprochen, und fie bemerkte ihr Versehen
erst, als eö schon zu spät war, die Sache zu arran-
giren. Unglücklicher Weise war der fragliche Tanz
derjenige, welcher der Eröffnungspolonaise folgte.
Der Tänzer, mit dem Albertine sich zuerst en-
gagirt hatte, ein Husarenoffizier, hatte sie schon be-
grüßt, u«d ihr Auge suchte Lindenau, den sie um
Entschuldigung bitten wollte, vergebens.
Sckon war die Polonaise beendct, aber der Graf
war noch nicht im Saale. Der Husar trat zu ihr
heran, da — als die Mufik anspielte, sah sie Lin-
denau mit erhitztem Antlitz in dcn Saal treten.
Ietzt war es zu spät, der Husar hatte bereits ihren
Arm, und sic sah Lindenau erbleichen, als er sie
in der Reihe der tanzenden Paare erblickte. Der
vorwurfsvolle Blick seines Auges that ihr wehe, sie
fühlte, daß fie ihn tikf verletzt habe. Ein kleines
Bouquet Moosrosen, ihre Lieblingsblumen, das er
in der Hand hielt, bewies ihr, daß er sich nur ver-
spätet, um ihr eine Aufmerksamkcit zu erweisen.
Sobald der Tanz beendet war, trat sie mit der
Absicht an ihn heran, ihn für den Schmerz, den
sie ihm bereitet, zu entfchädigcn.
Scheinbar absichtslos kam sie in seine Nähe, und
als cr grüßte, trat sie auf ihn zu; aber er rührte
sich nicht, er that, alö bemcrke er ihre Absicht nicht,
ihn anzureden.
Das verletzte sie, und ihr Ton wurde weniger
herzlich, als sie anfangS gewollt.
„Verzeihen Sie, daß ich mich doppelt engagirt
habe", begann sie, „es war ein Jrrthum, und nur
Ihr verspätetes Eintreffen hat mich verhindert, Sie
früher um Entschuldigung zu bitten."
„Gnädiges Fräulein, dieser Form bedarf es gegen
mich nicht", 'unterbrach cr sie mit bewegter Stimme,
„ich habe bas Glück, Ihnen so nahe zu stehen, daß