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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2810#0109

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N» 28. Sonntag, 2. Febrnar AWSS?L?!L?it1kLL" 18K2.

Auf die „Heidelberqer
Zeituuq" kann man sich

_ , . _uKoch für die Monate

Februar und März mit 36 kr. aLonniren
bei allen Postcmstalten, den Boten uqd Trä-
grrn, sowie. bei d. Erped, (Heuqaffe Nr. 2).

44 DLe Nechtspflege in Deutschland.

Bei Veranlassung der bevvrstehenden Re-
form der badischen Gerichtsverfassuug dürfte
es am Platze sein, einen Blick auf die Zu-
stande der Rcchtspflege in uuserem deutschen
Gesammtvaterlan.de überhaupt. zu werfen, um-
somehr, da diese Zustäud.e iu neuerer Zeit
mehrfach, wie bei Gelegenheit des deutschen
Iuristkutages, der Anbahnung eines allgemei-
nen deutschen Gesetzbuches u. s. w. zur Sp.rach.e
gekommen sind. Es handelt sich hierbei vor-
züglich um drei Dinge: um die Gerichtsver-
fassung, den Civilproceß und den Strafpro-
ceß. W.erfen wir nun in dieser Hinsicht e.inefl
vergleichenden Blick auf die. deutschen Länder
dieffeits des Rheins (denn senseits deffelben
sind diese Zweige der Rechtspflege schon seit
gedaumer Zeit so ziemlich den Anforderüngesi
der Neuzeit angepaßt), so ergibt sich fur unsere
Betrachtnng folgendes Ergebniß. '

Ngr Ln drei Staaten ist seit dem Jahre
1848 der glückliche Würf gelungen, das ganze
Gebäude der streitigen Rechtspflege aus einem
Gusse heraus auf den Grundlagen der Münd-
lichkeit und Oeffentlichkeit neu aufzubaueni Es
sind diese Braunschweig, Hannover und Ol-
denburg. Außerdem findet man überall nnr
unbefriedigendes Stückwerk, mehr vder weni-
ger mangelhafte Einrichtungen, welche den
Character einer Uebergangszeit an sich tragen.
Die Gerichtsverfaffung ist fast nirgends, mit
Ausnahme Preußens, und in neneren Iahren
Bayerns, bis zur ersten Iustanz heräb colle-
gialisch geformt; oft ist auch nicht einmal
die Iustiz von der Verwaltung in dieser
(dcr untern) Instanz getrenut, der .Civilpro-
ceß liegt häufig noch sehr im Ärge.n, und
bewegt sich in veralteten, schleppenden For-
men ; der Strafproceß ist verhältnißmäßig zwar
etwas weiter fortgebildet; doch sind eö auch
in diesem Fach nur wenige Staatk.n, welche
es zu einer abgerundeken, vollständigen Pro-
ceßordnung gebracht haben, während ander-
wärts die Reformmaßregeln sich darauf be-
schränkten, die unvermeidlich gewordene Ein-
führung des Schwurgerichtsverfahrens für
die schwereren >L>traffälle herzustellen, und im
Anschlusse hieran auch im übrigen Strafver-

fahren, s^doch meifl nur. fragmentarisch, bald
mehr, halh. wenlger zu ändern. Was die
elnzklnen d.eutschen Staäten betrifft, so hat
sich Preußen im'Iahre 1849 eine gute G,e-
richchverfa.ssung gegeben. Dies ist aber auch
nahezu Alles. Der Civilproceß beruht noch
princl'p.iell auf, der alten G.erichtsordnung von
1793. Fragmentarjsche Gesetze von 1833,
1846, 4847, 1^9 haben zwar Mündlichkeit
und Oeffefltlichkeit ins bürgerliche Proceßver-
fahrecheinzsiführen gesucht, doch ist der preu-
ßische Proceß in That nnd Wahrheit immer
noch nichts anderes als ein schriftliches Ber-
fahren mit einer angehäugten, offentlich-münd-
lichen Schlußverhandlung, Etwas beffer steht
es mit dem preußischen Strafproceffe, in wel-
chem durch zwei, freilich ebenfalls nur frag-
mentarische Gesetze von 1849 und 1852 das
öffefltlich-mündliche' Anklageverfahren, sowohl
für die ichweren, als auch für die leichteren
Straffätte, mit Einschluß sogar der Polizei-
übertretungen, nothdürftig durchgeführt wor-
den ist. Dieskn unvollständigen Gesetzen muß
aber noch immer dr'e vedaltete Criminalord-
nung von 1805 zur Ergänzung dienen.

Gehen wir auf den andern größern deutr
schen Staat, auf Oesterrdich über,'sö müs-
sen wir anerkennen, daß dieses seit dem Iahre
1848 in sehr strebsamer Weise um eine Ver-
befferung der Gerichtsproceßordnung in seinen
weitefl ungleichartigen Ländern ringt. Bis
jetzt ist man dort wenigstens zur allseitigen
BilvuuH geordneter Collegialgerichte und zwar
in Strafsachen selbst für die niedern Instan-
zen gelänqt. Uebrigens sind die Bedürfnlsse
OesterreiHs in Bezug aus eine gute Straf-
proceßpflege uoch keineswegs befriedigt. Die

j'entlich bn seit l852 besteht, ist sehr verwickel-
ter Natur, und leidet an vielen Unregelmä-
ßigkelten und Uttgleichförmigkeiten. Auch man-
gelt derselben noch eine Hauptsache, eine gute
Unterlage^ denn hei weitem in den meisten
Provinzen Oesterreichs ist bei den Bezirks-
ämtern die Civiljustiz (die in unterer Instanz
noch durch Einzelrichter ausgeübt' wird, und
durch keinen Streitwerth begrenzt ist) noch
lmmer mit der Verwaltung vereinigt. Zudem
ist der österreichische Civilproceß cin ganz
veralteter; er beruht in der Hauptsache noch
auf ver josephinischen Gerichtsordnung von
1781. Das Strafverfahren ist zwar durch
eine umfassende Preceßordnung vom Iahre
1853 geregelt; allein dieses Gesetz ist unbe-
friedigend. Das Anklageprr'ncip, die Münd-
lichkeit und Okffentlichkeit sind darin nur in

verkümlNerter Gestalt durchgeführt, und das
Verfahren in den höhern Instanzen ist rein
schriftlich. — Jn bachsen sind die Zustände
der Justiz theilmeise ebenfalls noch im Argen.
Es hat dieses Königreich bis jetzt sich nicht
einmal der Patrimonialjustiz völlig zu entle-
digen vermocht. Für die wichtißeren Ttraf-
sachen besitzt es zwar in unterer Instanz col-
! legialisch geformte Bezirksgerichte, aber die
sonstige Rechtspflege ist den sogenannten Ge-
richtsämtern überlassen, bei denen noch (wie
in Oesterreich) Justiz und Verwaltung ver-
einigt sind, und wo, sekbst in den wichtigsten
Civilsachen, das Urtheil von einem Einzel-
richter gesprochen wird. Zudem beruht ver
sächsische Civilproceß auf ganz veralteten
Gesetzen noch aus den Iahren 1622 und 1724,
nebst einigen neueren Specialgesetzen, unv ist
im Wesentlichen nichts anderes als der ge-'
meinschaftlich-deutsche schriftliche Proceß. Das
Strafverfahren isi zwar durch ein neues,
sonft tüchtiges und umfaffendes Gesetz gere-
gelt, und beruht auf Anklageschrift 'und Münd-
Ir'chkeit und Oeffentlichkeit, hat aber auffallen-
derweise das Geschwornengericht nicht in sich
aufgenommen. (Schluß f.)

Badischer Landtag.

^ Karlsruhe, 31. Ian. In der heu-
tigen Sitzung ber zweiten Kammer unter vem
Vorsitze des ersten Vrcepräsidenten Schaaff
wurden zunächst eine große Anzahl von Peti-
tionen, den Bau der Krnzigthal-Bodensee-El-
senbahn betr., sodann eine aus dem Amtsbe-
zirk Säckingen, „die nachtheiligen Folgen, welche
die voUftändige Emanzipatl'on der Iuden ha-
ben würde," betreffend, angezeigt.

Der Tagesordnung. gemäß wird zur Be-
rathung des BerichtS des Abg. Buhl, die
Rechnungsnachweisungen des Minisieriums
des Innern für 1858 und 1859 betr., ge-
schritten. Tit. 14. Milde Fonbs und Armen-
anstalten veranlaßt keine Discussion. Dagegen
gaben die folgenden Titel (Heil- und Pflege-
anstalt Pforzheim und Jllenau) zu einer län-
geren Verhandlung Veranlassung, indem ver
Abg. Fridrich bei der Aufnahme in die Anstalt
Illenau, in der.es allmählich an Raum mangle,
in erster Neihe die Inländer und danu erst
die Ausläuder berücksichtigt wissen will, wel-
cher Bemerkung sich Schmitt anschließt. Mi-
nisterialpräsideut Lamey bekämpft die Ansicht,
als würde die Aufnahme von Inländern durch
die Ausländer beschränkt, als eine irrige; die
Aüfnahme von Ausländern, die' alle sehr be-

Elu Frauenherz. -

(Schluß.)

„Ia, es war eme Flucht", seufzte er, den Blick
forschend in ihr Auge senkend, „und meine Freude,
Sie wiederznsehen, wird dadurch getrübt, daß Sie
noch hcute übcr diese Flucht scherzen, die wahrlich
mindestens Ihre Theilnahme erweckcn konnte."

„Das wäre der Fall gewesen", antwortetc fie, den
Blick zu Boden senkend, „wenn Jhre Gründe stich-
haltig gewesen wären. Ia", fuhr sie fort, als er
eine Bewegung des BefreMdens machtc, „ich gebe
zu, daß ich Sie verlctzt hatte, daß ich unzart war;
aber Sie kannten mich von Iugcnd auf, meine Art
und Weise war Ihnen nickt fremd, Sie sianden
meiner Familie nahe, unv ohne. Rücksicht äuf däs
Urtheil der Leute, ohne Rücksicht auf meine Person
verließen Sie Ihre Heimath agf eine auffällige
Weise. War das nicht Eigensinn, Herr Graf?"

„Nein, gnädigste Frau, es war Eingebung mei-
nes Gefühls, das ich Ihnen nicht erklärcn kann,
und die Folge hat gezeigt, daß ich Recht gethan.
Ich hättc meine Abreise sreilich verzögern können,

- aber Sie wiffen es am besten, ich'war zu schwach
> dazu, eincn Entschluß festzuhalten. Ich habe Gott
! dafür gedankt, daß ich die Kraft besaß, als ich hörte,

! daß der Zweifel in meiner Brust, der gegen die
! Hoffnung ankämpftc, bestätigt war. Ihr Herz ge-
hörte einem Andern, Sie sind glücklich gewesen?"

Er siockte, seine letzten Worte klangen zitternd,
wie eine Frage, von der sein Schicksal abhing.

ohnc daß er es gefordert, das letzte Nein für seine
Hoffnung sprach.

Aber kaum war das Wort über ihre Lippen, so
fühlte sie, was fie gethan. Sie sah ihn erbleichen. !

„Dann hat ja der Himmel mein Gebet für Sie j
erhört", sagte er mit tonloser Stimme, „und es be- ^

ihrer Mutter zu empfehlen, wollte er sich entfernen.

Albertine fühlte, daß dieser Moment entscheidend
sei. Sie that einige Schritte vor.

„Jch muß", antwortete er verwirrt, denn er fand
nicht sogleich eine Entschuldigung, und es war ihm
unmöglich, das Gespräch länger fortzusetzen, „das

Er verbeugte sich abermals. Sie ließ das Haupt
sinken, keines Wortes mächtig. Da hörte sie seine
Schritte sich entfernen; er ging; zum zweiten-Male
hatte ihr Stolz dem Herzen das Glück zertreten.
„Du darfst ihn nicht foLtlassen !" rief es in ihr,
das Herz wallte über, es empörte sich gegen den
Stolz und rief in seiner Angst den Namen des
Geliebten. - ^

eine Frage gethan, lag sie an seinem Herzen.

„Gehe nicht!" flüsterte sie athemlos, die glühende
Wange an. seiner Brust verbergend, „ich würde noch
elender, als ich es war, Anton — als Du mich ver-
ließcst, habe ich geweint, denn ich liebte Dich, kei»
 
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