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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2810#0061

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sr i«


Sonntag. is. Zannar


18«2.






^ Skan-irravien Nnd das Skaüdi-
naventhurn.

Nachdem wir den politischen Verhältniffen
ziemlich aller eurvpäischen Länder nach und
nach iy den Spalten unseres Blattes kürzere
oder läiistere Betrachtungen gewidmet haden,
wolleu wir für diesmal unsere Bliäe uach
dem änßersten Norden unscres Welttheils
wenden, welcher soust zwar für sich abge-
schloffen, in neuerer Zeit wieder in mancher-
lei Beziehung iy die völkerrechtlichen Zustände
Enropa's hineinzuragen beginnt. Es geschah
dleses Letztere namentlich in Folge der Av-
näherung des Königs von Schweden awNa-
poleon 1H, sowie des leidigen Mißverhält-
nisses Dänemarks zu Deutschland. Jn Bezug
auf vieses Letztere, welcheS uns zunächst be-
rührt, bemerken wir , an die Leilartikel in
Nr. 6 und 13 unseres Vlattes anknüpfend:

Die .sogenannten Eiderdanen, deren Feld-
gcschrei ein dänischer Einheitsstaat bis zur
Eider, also mit Jnbegriff Schleswigs, und
als deren Fühxer der vom Könige unlängst
zum Minister des Jnnern ernannte Orla Lch-
mann zu betrachten ist, gehören gleichzeitig
auch zur skandinavischcn Partei, brren
Zusammenhang übrigens nur ein sehr lockerer
ist. Denn Däne, Schwede und Norwege be-
trachten sich fortwährend mit eifersüchckgen
Blicken, und harmoyiren nur so lange, als
nicht tiesergehenbe Fragen sich aufwersen, und
die scheinbare Eintracht wieder aufheben.
— Am wenigsttn Anklang hat die skandiua-
vische Zdee in Norwegen gefunden. Denn
hier besindet man sich im Genuffe einer frei-
sinnigen Verfassung, und wacht mit Eiiferfvcht
über die erruugene Selbstständigkeit, welche
der Norwege nicht so leicht aufgeben wird.
Hierzu kommt noch, daß die Erinnerung an
die frühere Abhängigkeit von Dänemark nicht
verlockend genug ist, um die jetzige staatliche
Stelluug auszugeben. Ein Haß.gegen Deutsch-
land, wie er in Dänemark sich kuudlhut unb
anhaltend genährt wird, findet sich in Nor-
wegen nicht, und es haben in neuerer Zeit
die bedeutendsten Blatter diescs Landes sich
entschieden gegen die Art und Weise, wie
die Dänen in Schleswig auftreten, ausge-
sproch.n, und verlangt, daß die deutsche Na-
tionalität dieses Land geachket und gewahvt
werde; ja sie haben ofsen erklärt, dsß Stzkes-
wig zu Deutschland und nicht zu Däuemavk
gehöre.

Eine etwas andere Stellung zu Dänemark
und der zu schaffenben skandinavifchen Union

nimmt Schweden ein. Hier besteht bckannt-
lich der Reichstag aus vier scharf gesonder-
ten Ständen, nämlich dem des Adels, der Geist-
lichkeit, des Bürgern uüd Bauern, und ist die
Macht der beiden ersten besonders groß. Nor-
wegen hat dagrgen keinen bevorzugten Adel.

Die Schweden sind nun schon seit einigen
Jahren bemüht, ihrer Vrrfassung eink frei-
sinnigeRichtung zu geben; doch scheiterten sie bis
jetzt an dem Wiberstand des Adkls und vorzüglich
ver Geistlichkeit, welchdr noch mehr Einfluß
und Gewalt eingeräumt ist, als dem Ersten.
Mvgen nun anch die Schweden mehr Frei-
heiten anstreben, so sind doch auch sie weit
entfernt, in dem neuen Skandinavien sich
nn't einer untergeordneten Stellung zu begnü-
gen. Stockholm beansprücht jedenfalls, so
gut wie Kopenhagku, die Hauptstadt des
zu schaffenden Bnudesstaats zu werden, die
Rivalität zwischen dieseu beiden Residenzen
ist sehr groß , und dürste schon an und sür
sich Ursache genug sein, die ganze skandina-
vische Bewegung scheitern zu machen. Hierzu
kömmt noch, p^aß in ncuester Zeit sogar zwi-
schen Schweden und Norwegen in Bezug auf
das Unionsverhältniß, in welchem beide Staa-
ten zu einauder stchen., Mißhelligkeiten, wcnn
auch uutergeordneter Art, ausgebrochen sind.

Sehr treffend hat sich über die Jdee des
-Skandinaventhums bor Kurzcm das schwe-
dische Reichstagsmitglied, Fxhr^ von Raab,
etwa dahiu erklärtr

,>WiU das dänische Volk einen AnschluH an
die beiven andern ikanbinavischen Völkdr, so
muß auch Däuemarks Politik eine jkandina-
vische, und nicht, wie bisher, eine dänische

geben. Dcnki niur die Nakionalität berechtigt
einen eugen Anschluß dcr skandinavischen Völ-
ker. Jm Wiberspruche damit stehen aber ge-
rade die unberechtigten Ansprüche Äänemarks
aus die deutschen Herzogthüuier. Dänemarks
Verhalten ist soniit ein doppcltcs Spiel. Skan-
dinavien hat aber kein Jnte-reffe, für Däne-
marks Politik gegen Deutschlanb Partei zu
-ergreifen. Skandinavien's wahre Polilik be-
steht vielmehr in demBund mitDeutsch-
land gegen Rußlanb. Also entweder eine
skandinavische Politik für Däncmark und dann
-zugteich Aufgeben des dänischen Gesammt-
staats; over aber im Falle des Bcibehaltens
dieses Letzteren, Fallenlaffen des Projectes der
skandinavischen Uuion."

(Hicrzu kowmt noch, daß>die Dänen in
neuerer Zeit gewaltig mit derr nationalen

Tendenzen der Polen cokettiren, insofern diese
gegen Deutschland gerichtet sind, aber auch
Polen ruft, so wenig wie Rußland, freund-
schaftliche Erinnerungen für Schweden wachO

Jene treffenden und wohlmcinenden Worte
stnd bis jetzt von Seite Dänemarks unbeach-
tet geblieben. Alle Mittel, alle Bündnisse,
namentlich auch das skandinavische, sollen nach
dem Willen der Dänen diesen nur zur För-
derung ihrer wohlbekannten Absichten gegen
Deutschland dienen. Zn der letzten dänischen
Note sind diese, wie wir in Nr. 13 unseres
Blattes zeigten, von nenem nur allzu deutlich
enthüllt worden? Wiid Deutschland, wird
Preußen für die deutschen Herzogthümer, ua-
mentlich auch für Schleswig endlich einstehn
können und wollen. Nur zu lange Zeit sprach
man in Berlin stets nur von.Holstein und
Laueiiburg,.während dem Schleswig für Preu-
ßen kaum eristirte. Anch hier liegt somit
eine Aufgabe weiter vor für den eben jetzt
versammelten preußischen Landlug» auf eine
entschieden nationale Politik der Regierung
mit Eifer uud mit Energie hinzuwirken.

* Politische Umschau.

Das in Stuttgart erscheineude ultramon-
tanc „Deutsche Volksblatt" will die Zeit des
bliuden GlaubenSsanatismus wieder hrraus-
beschwören. Die Unverschämcheit, «it der
das, mit jesuitischem Gisle geschriebene Blatt
austritt, ift wirklich staunenswerth. Beinahc
in jeder Nummer ruft es den katholischen
Wählern im Lande zu: „Wählet nur keine
Protestanten". Wählet Männer von ächt katho-
lischem Erz und keine aus lcichtereu SttHscn.
Ein Kakholik darf kei'nem Protestanten jcine
Stimme gebenl Welch ifürchterliche Zntoleranz
liegt in solchen Worten!? Gleich einem Ra-
senden predigt bieses Zesuitenblatt grenze«-
losen Haß gegen Andersgläubige. Die Auf-
hetzereien übersteigen alle Gränzen. Solcher
.Fanytismus muß sehr traurige Folgen brin-
gen! Ob es gettngt, aus die Dauer Das Volk
in Wahn und Finstermß zu erhalben? Ge-
wißlich nicht!

Die Nachricht der „Corresp. Stern" über
die Anstellung jüdischer Rechts - Candrdaten
und Gerichts-Affessoven im Staatsdienstk wird
neuerdings wibersprochen. Wie langre drese
Grundsatze gegenüber dcn BestimmungLN der
Verfaffung von dem jetzigen Mwisterium aNs-
recht erhalten werden können, laßt sich.srei-
kich nicht beurtheilen.

Um dieselbe Zeit, als der v.'Sobbe deu

Ein Frau e n h e x z. j „DaS wäre graufam gegen sich kelbst gehandelt.

- > Wahrscheinlich sind Sie zu allen Tänzen verfagt,

(Kortsetzung.) ! und da Sie einsehen, wie grausam Sie meine Hoff-

„Jhre Güte belohnt mich für einen augenblick- ! nung enttäuscht haben, schützen Sie Kopfschmerz
lichen Verdruß tausendfach", entgegnete er mit >-vor!"

Wärme. „Albertine, wüßten Sie, wie gut Jhnen j Albertine erröthete leicht. Es verletzte sie, daß
diese Güte steht, Sie würden immer nur Ahr Herz ! der Graf ihren Worten keinen Glauben schenkte
reden lassen und bezaubern, anstatt zu verwunden. ! mnd ihrcn Arrthum absichtlich nannte.

Albevtine spielte , während kr sprach, mit den ! „Sie sind sehr eitel", antwortete sie, ,/wenn Sie
Roftn. ! glauben, ich schütze Kopfschmetz vov, um ^die Nach-

„Sagen Sie offen", fuhr er fort, .Meshalb -ha- ! -lässigkeit abzubüßen, für welche Ahnen -meine Bitte
ben Sie mich heute absichtlich verletzt?" ! nicht genügt. Glauben Sie, was Sie wollen!"

,„Ach habe Ahnen gesagt, daß ein Arrthum Schuld ! Damit wandte sie sich ab.
war, ich hatte Jhnen einen Tanz zugesagt, den ich ! i„Albertine", -fiüsterte er Hittcnd, „wollen Sie sich
nicht mehr frei hatte." ! chsnn immer verstellen? Gelte ich Ahnen so wenig,

„Und sie haben keinen andern für mich aufbe- ! daß mir Ahre Lippen die Genugthuung nicht gön-
wahrt?" > nen, welche Ahr Herz mir.gegeben?"

Albertine war zu allen Tänzen versagt. Es-wurde > „Sic scheinen mehr von meinem Herzen zu.wiffen,
ihr in diesem Augenblicke zu schwer, dies cichüge- ! als ich selbsr", antwortetc sie ffpöttisch, als das Ge-
stehen; in der Verwirrung glaubte sie kcineü bcsserii ! -spräch durch das Hinzutreten einer Freunbin Al-
Ausweg zu finden, als wenn sie, um ihn ntcht zu ^ bertinkns unterbrochen wurde.
verletzen, heute überhaupt nicht mehr tanzte. i ,MH, die schönen Rosen!" rief die Dame, das
„Ach habe Kopfschmerzen", sagte sie, „und werde ! Bouguet Albertinens betrachtend, und leise flüsternd
nicht mehr tanzen." ' fttzte fie neckisch hinzu: „von -lieber Hand!" —

Albertme zuckte leicht die Achftln. Ahr Blick
suchte Lindenau, welcher zurückgetretm war; sie
merkte, daß sern Auge prüfenid auf ihr-ruhte, amd
ein -unwiderstehlicher Drang trieb sie, ihnzu reizen.

„Herr Graf", redete sie ihn wieder an, das A,uge
fest auf ihn hcftend, „meine Freundin bemurwvrt
AhreRosen. Ach werde so reichlich damrt von Jhnen
persorgt., idaß ich wohl ein Opfcr bringey La-nu.
Nehmen Sie -es übel, -wxnn ich das Bouguek ver-
schenke?"

„Es ist das Ahrige", erwiderte der Graf, sich^
tief verbeugend, um zu verbergen, daß ihm dasBLut
ins Antlitz Pieg. „Sie haben varüberizu vevfügen."

-ihre Hand zitterte leift, der Lon, in wetchem >Lin-
denau gesprochen, Ueß ihr Herz beben und die
Neckerei bereuen.

Die Freundin wies >das Bouquet zurück, „Alber-
stine schvrze doch nur", mciute sie.

„Glaüben Sie das nicht", nahm der Graf das
Wort, ,>Fräulein von Emsbach hat die Blumen
nur angenommen, um sie zu verschenken, ifie hat
üb'erdem Kopfweh und der starke Geruch ist thr nicht
zuträglich."
 
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