so daß die militärische Bedeutung verlorenging.
Zu starken Veränderungen des Baubestandes
kam es in hannoverscher Zeit. Unter anderem
wurden 1739 das Torhaus und der halbe Nord-
flügel abgerissen. Den Südflügel hatte man be-
reits ein Jahr zuvor verkürzt. Ihm wurde unmittel-
bar anschließend ein Wasch-, Back- und Brau-
haus vorgelegt. Dieses teilweise in Fachwerk
aufgeführte Gebäude dient nach einer Sanierung
(1983) heute als Gaststätte.
Bis 1859 Amtssitz, gelangte die Burg 1881 in Pri-
vatbesitz mit vielfach wechselnden Funktionen
und befand sich, als sie 1975 in das Eigentum
des Landkreises Cuxhaven überging, in einem
desolaten baulichen Zustand. Bei der Planung
der in weiten Teilen einem Wiederaufbau gleich-
kommenden Sanierung orientierte man sich an
dem von Dilich dokumentierten Zustand. Fast
alle Außenmauern des Gebäudes, das völlig ent-
kernt wurde, mußten neu aufgerichtet oder er-
gänzt werden. Vollkommene Neubauten stellen
der Nordflügel sowie der nach Fundamentbe-
fund _rekonstruierte Treppenturm dar, der
1611/12 in den Winkel zwischen West- und Nord-
flügel eingestellt, aber schon 1749 abgetragen
worden war. Die Eingangssituation am Westflü-
gel gestaltete man durch den Vorbau einer ge-
schoßhohen Balustrade. Auf den einstigen Cha-
rakter als Befestigung wurde durch die Anlage ei-
nes Burggrabens, teilweise in historischer
Streckenführung, und die Andeutung der Süd-
West-Bastion mittels Findlingen Bezug genom-
men. Die im Hof aufgestellte und nach Befund
farbig gefaßte Roland-Statue bekrönte ursprüng-
lich ein im 19.Jh. abgerissenes Brunnenhäus-
chen. Sie war hier wohl 1602 als hoheitliches
Symbol aufgestellt worden, als in der Herrschaft
Bederkesa die stadtbremische Gerichtsbarkeit
eingeführt wurde.
Historisch eng verknüpft mit der Burg als Amts-
sitz ist das östlich gegenüberliegende Gebäude
Amtsstr. 8, das innerhalb einer großzügig be-
messenen Parzelle erbaut wurde und dem Amts-
schreiber als Wohnung diente. Ende des 19.Jh.
zum Forsthaus umfunktioniert, wird es seit der
1983 vollendeten Restaurierung von der Samtge-
meinde Bederkesa genutzt. Der stattliche, zwei-
geschossige Putzbau zu sieben Achsen, den ein
Halbwalmdach deckt, wird traufseitig erschlos-
sen. Die Dachhäuschen auf der Nordseite wur-
den wohl in den zwanziger Jahren unseres Jahr-
hunderts hinzugefügt. Die das Grundstück im
Osten begrenzende Fachwerkscheune (1990/91
saniert) dürfte um die Mitte des 19.Jh. entstan-
den sein.
Im Bereich der Bürgerhausarchitektur ist histori-
sche Bausubstanz des 17. und 18.Jh. heute nur
noch in Rudimenten vorhanden, obwohl sich bis
nach dem Zweiten Weltkrieg einige Fachwerk-
bauten, kleinbürgerliche Häuser mit Längsdiele,
erhalten hatten. Gleiches gilt für die ab der Mitte
des 18.Jh. entstandenen Massivbauten wie z.B.
das Haus Am Markt 2. Viele Gebäude wurden
bereits um die Jahrhundertwende ersetzt. Aus
dieser Zeit stammt das giebelständige, vom
Straßenraum durch einen großen Vorgarten ge-
trennte Wohnhaus Gröpelinger Str. 45, das mit
den reichen Putzprofilen um die Fenster und der
vorgelegten Veranda einen gehobenen Anspruch
vorträgt. Gleichfalls eingeschossig mit Drempel,
jedoch traufständig zur Straße hin orientiert und
hier durch einen Mittelrisalit hervorgehoben, prä-
sentiert sich das als Wohnhaus eines Brauerei-
besitzers gegen Ende des 19.Jh. errichtete Ge-
bäude Seebeckstr. 18. Es zeichnet sich neben
der zeittypischen Gestaltung durch Ziegelfriese
vor allem durch die originalen Details wie Schie-
ferdeckung, Fenster, Türen und Stuckdecken im
Innern aus.
Ev. Kirche St. Jakobi
An der Westseite des Marktes nimmt die inmitten
des ehemaligen Friedhofs stehende ev. Kirche
eine exponierte Stellung im Ortsbild ein (Am
Markt). Ihre Gründung geht auf die Herren von
Bederkesa zurück, wobei Bederkesa als Pfarrort
erstmals 1295 bezeugt ist. Der Vorgängerbau
des heutigen Gebäudes, ein 1644 errichteter
Fachwerksaal mit Glockenturm im Westen und
Uhrenturm im Osten, mußte wegen Baußfälligkeit
abgebrochen werden. An seiner Stelle wurde
1859-61 nach einem Entwurf des bremischen
Baumeisters Simon Loschen ein Backsteinbau in
neugotischen Formen aufgeführt, der als einer
+4
;
“
ii
Bad Bederkesa, Am Markt, Kirche St. Jakobi, 1859/61, Arch. S. Loschen
der bedeutendsten Gewölbebauten des Historis-
mus im Landkreis einzustufen ist. Dem einschiffi-
gen, durch Strebepfeiler in fünf Kompartimente
mit je einem großen Maßwerkfenster geglieder-
ten Langhaus ist im Westen ein stattlicher, helm-
bekrönter Turm vorgelegt. Der aus Vorjoch und
3/8-Schluß bestehende Chor besitzt einen südli-
chen Sakristeianbau. Wohl vom Vorgängerbau
übernommen sind die über den beiden östlichen
Seiteneingängen eingemauerten Wappensteine.
Der von Kreuzrippengewölben überspannte In-
nenraum zeigt die 1990 rekonstruierte historisti-
sche Farbfassung mit blauem Sternenhimmel im
Apsisgewölbe, Akanthusranken um die Schluß-
steine der Schiffgewölbe und Vorhangbemalung
im Langhaus. Den um 1644 entstandenen pokal-
förmigen Taufstein zieren am Fuß und dem acht-
seitigen Becken Fruchtwerk und geflügelte En-
gelsköpfe. Nur wenige alte Grabplatten zeugen
von dem einstigen Begräbnisplatz, da 1839 der
neue Friedhof am Mühlenweg eingeweiht wurde.
Nordwestlich benachbart der Kirche wurde 1851
ein Organistenhaus als sehr breit gelagerter, ein-
geschossiger Backsteinbau unter Krüppelwalm-
A
IS
Zu starken Veränderungen des Baubestandes
kam es in hannoverscher Zeit. Unter anderem
wurden 1739 das Torhaus und der halbe Nord-
flügel abgerissen. Den Südflügel hatte man be-
reits ein Jahr zuvor verkürzt. Ihm wurde unmittel-
bar anschließend ein Wasch-, Back- und Brau-
haus vorgelegt. Dieses teilweise in Fachwerk
aufgeführte Gebäude dient nach einer Sanierung
(1983) heute als Gaststätte.
Bis 1859 Amtssitz, gelangte die Burg 1881 in Pri-
vatbesitz mit vielfach wechselnden Funktionen
und befand sich, als sie 1975 in das Eigentum
des Landkreises Cuxhaven überging, in einem
desolaten baulichen Zustand. Bei der Planung
der in weiten Teilen einem Wiederaufbau gleich-
kommenden Sanierung orientierte man sich an
dem von Dilich dokumentierten Zustand. Fast
alle Außenmauern des Gebäudes, das völlig ent-
kernt wurde, mußten neu aufgerichtet oder er-
gänzt werden. Vollkommene Neubauten stellen
der Nordflügel sowie der nach Fundamentbe-
fund _rekonstruierte Treppenturm dar, der
1611/12 in den Winkel zwischen West- und Nord-
flügel eingestellt, aber schon 1749 abgetragen
worden war. Die Eingangssituation am Westflü-
gel gestaltete man durch den Vorbau einer ge-
schoßhohen Balustrade. Auf den einstigen Cha-
rakter als Befestigung wurde durch die Anlage ei-
nes Burggrabens, teilweise in historischer
Streckenführung, und die Andeutung der Süd-
West-Bastion mittels Findlingen Bezug genom-
men. Die im Hof aufgestellte und nach Befund
farbig gefaßte Roland-Statue bekrönte ursprüng-
lich ein im 19.Jh. abgerissenes Brunnenhäus-
chen. Sie war hier wohl 1602 als hoheitliches
Symbol aufgestellt worden, als in der Herrschaft
Bederkesa die stadtbremische Gerichtsbarkeit
eingeführt wurde.
Historisch eng verknüpft mit der Burg als Amts-
sitz ist das östlich gegenüberliegende Gebäude
Amtsstr. 8, das innerhalb einer großzügig be-
messenen Parzelle erbaut wurde und dem Amts-
schreiber als Wohnung diente. Ende des 19.Jh.
zum Forsthaus umfunktioniert, wird es seit der
1983 vollendeten Restaurierung von der Samtge-
meinde Bederkesa genutzt. Der stattliche, zwei-
geschossige Putzbau zu sieben Achsen, den ein
Halbwalmdach deckt, wird traufseitig erschlos-
sen. Die Dachhäuschen auf der Nordseite wur-
den wohl in den zwanziger Jahren unseres Jahr-
hunderts hinzugefügt. Die das Grundstück im
Osten begrenzende Fachwerkscheune (1990/91
saniert) dürfte um die Mitte des 19.Jh. entstan-
den sein.
Im Bereich der Bürgerhausarchitektur ist histori-
sche Bausubstanz des 17. und 18.Jh. heute nur
noch in Rudimenten vorhanden, obwohl sich bis
nach dem Zweiten Weltkrieg einige Fachwerk-
bauten, kleinbürgerliche Häuser mit Längsdiele,
erhalten hatten. Gleiches gilt für die ab der Mitte
des 18.Jh. entstandenen Massivbauten wie z.B.
das Haus Am Markt 2. Viele Gebäude wurden
bereits um die Jahrhundertwende ersetzt. Aus
dieser Zeit stammt das giebelständige, vom
Straßenraum durch einen großen Vorgarten ge-
trennte Wohnhaus Gröpelinger Str. 45, das mit
den reichen Putzprofilen um die Fenster und der
vorgelegten Veranda einen gehobenen Anspruch
vorträgt. Gleichfalls eingeschossig mit Drempel,
jedoch traufständig zur Straße hin orientiert und
hier durch einen Mittelrisalit hervorgehoben, prä-
sentiert sich das als Wohnhaus eines Brauerei-
besitzers gegen Ende des 19.Jh. errichtete Ge-
bäude Seebeckstr. 18. Es zeichnet sich neben
der zeittypischen Gestaltung durch Ziegelfriese
vor allem durch die originalen Details wie Schie-
ferdeckung, Fenster, Türen und Stuckdecken im
Innern aus.
Ev. Kirche St. Jakobi
An der Westseite des Marktes nimmt die inmitten
des ehemaligen Friedhofs stehende ev. Kirche
eine exponierte Stellung im Ortsbild ein (Am
Markt). Ihre Gründung geht auf die Herren von
Bederkesa zurück, wobei Bederkesa als Pfarrort
erstmals 1295 bezeugt ist. Der Vorgängerbau
des heutigen Gebäudes, ein 1644 errichteter
Fachwerksaal mit Glockenturm im Westen und
Uhrenturm im Osten, mußte wegen Baußfälligkeit
abgebrochen werden. An seiner Stelle wurde
1859-61 nach einem Entwurf des bremischen
Baumeisters Simon Loschen ein Backsteinbau in
neugotischen Formen aufgeführt, der als einer
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ii
Bad Bederkesa, Am Markt, Kirche St. Jakobi, 1859/61, Arch. S. Loschen
der bedeutendsten Gewölbebauten des Historis-
mus im Landkreis einzustufen ist. Dem einschiffi-
gen, durch Strebepfeiler in fünf Kompartimente
mit je einem großen Maßwerkfenster geglieder-
ten Langhaus ist im Westen ein stattlicher, helm-
bekrönter Turm vorgelegt. Der aus Vorjoch und
3/8-Schluß bestehende Chor besitzt einen südli-
chen Sakristeianbau. Wohl vom Vorgängerbau
übernommen sind die über den beiden östlichen
Seiteneingängen eingemauerten Wappensteine.
Der von Kreuzrippengewölben überspannte In-
nenraum zeigt die 1990 rekonstruierte historisti-
sche Farbfassung mit blauem Sternenhimmel im
Apsisgewölbe, Akanthusranken um die Schluß-
steine der Schiffgewölbe und Vorhangbemalung
im Langhaus. Den um 1644 entstandenen pokal-
förmigen Taufstein zieren am Fuß und dem acht-
seitigen Becken Fruchtwerk und geflügelte En-
gelsköpfe. Nur wenige alte Grabplatten zeugen
von dem einstigen Begräbnisplatz, da 1839 der
neue Friedhof am Mühlenweg eingeweiht wurde.
Nordwestlich benachbart der Kirche wurde 1851
ein Organistenhaus als sehr breit gelagerter, ein-
geschossiger Backsteinbau unter Krüppelwalm-
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