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Böker, Doris [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 19): Landkreis Cuxhaven — Braunschweig, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44259#0168

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höhe der Fenster im ersten Obergeschoß verlau-
fenden, gestuften Gesims wurde zur Erinnerung
an die Tradition der Bauhütte die Figur eines
Maurers aufgestellt, deren Schöpfer, Richard
Kuöhl (1880-1961), einen Großteil der Baukera-
mik an Schumachers Staatsbauten in Hamburg
ausführte. Die gesamte Ladenzone des Erdge-
schosses wird durch große Schaufenster fast
vollständig aufgelöst. Die zwischen den Öffnun-
gen verbleibenden Pfeiler und die Rahmung der
Eingänge werden von einem Relief aus Zierset-
zungen überzogen, die dem expressionistisch
aufgefaßten Backsteinbau mit seinem aus dem
Material entwickelten Formenschatz entnommen
sind. Nach einer Teilzerstörung des Gebäudes
im Zweiten Weltkrieg (Nr. 24) wurde es 1951 wie-
deraufgebaut, wobei sich heute die fehlende ori-
ginale Sprossenunterteilung negativ auf die Pro-
portionen der Fassaden und den Flächenzusam-
menhang auswirkt.

Als Verbindung zwischen Poststraße und Elfen-
weg wurde die Wendtstraße mit einem schwach-
kurvigen Verlauf angelegt, dem sich die Architek-
tur anpaßt. An der Mündung zum Elfenweg wur-

A

Poststr. 20/22, Am Bauhof 1, 1928/29, Arch. R. Alberts

Delftstr. 2,4, 6, 8, 10, 1928-30, Arch. P. H. Noris

de eine platzbildende Torsituation geschaffen, in-
dem die beiden südlichen Eckgebäude, die übri-
ge dreigeschossige Bebauung um ein Geschoß
überragend, aus der Straßenfluchtlinie der
Wendtstraße um elf Meter zurücktreten. Für den
östlichen Komplex (Wendtstr. 7, 9, erb. 1927/28),
der sich mit der Form des Walmdachs, der Art
der Fensterverteilung, den Gesimsbändern und
der Rahmung der Eingänge auf die Schlichtheit
eines traditionellen Formenkanons beruft, zeich-
nete wiederum P. H. Noris verantwortlich. Im
wesentlichen folgt dieser Auffassung auch der
gleichzeitig nach Entwürfen von A. Steinmetz er-
richtete westliche Komplex Wendtstr. 10, 12, 14
(erb. 1927/28), besitzt jedoch mit der spitzwinklig
vortretenden, lisenenartigen Rahmung des Ein-
gangsbereichs oder der Eckausbildung mit ver-
schränkt gesetzten Steinen auch expressionisti-
sche Elemente. Die sich nach Norden ohne Un-
terorechung anschließende Zeile Wenditstr. 4, 6,
8, für die „Bauhütte Cuxhaven“ und den „Bauver-
ein Sparwille“ von Hans Land projektiert und
1927/28 ausgeführt, setzt sich aus drei Sieben-
familienhäusern zusammen. Mit jeweils einem
großen, übergiebelten Zwerchhaus, dem breiten,







von Gurt- und Sohlbankgesims ausgegrenzten
Wandstreifen zwischen Erd- und erstem Ober-
geschoß sowie den Profilen der steinernen Ein-
gangsumrahmungen finden sich hier klassizisti-
sche Anklänge, während die Rückfront schlicht
verputzt ist. Das durch die fehlende Verspros-
sung der an der Außenseite der Fassade liegen-
den Fenster, die die lineare Textur der Back-
steinmauer aufnahmen, hergestellte Flächenkon-
tinuum wird heute durch den Austausch der origi-
nalen Fenster unterbrochen. Dies gilt auch für
den 1929 entstandenen Bau Wendtstr. 5, den
Richard Alberts in der Grundgestaltung konven-
tionell konzipierte und lediglich mit expressionisti-
schen Details versah.

Die südwestlich parallel zur Poststraße verlaufen-
de Delftstraße, die eine Verbindung zwischen
dem Karl-Olfers-Platz und der Abendrothstraße
herstellt, ist als Anlage bereits auf einem 1898
datierten Stadtplan verzeichnet, wurde jedoch
erst von 1928 — 30 im Auftrag der „Gemeinnützi-
gen Siedlungsgenossenschaft“ mit Zzweige-
schossigen Mehrfamilienhäusern auf der Süd-
westseite (Nrn. 1-13) und dreigeschossigen auf
der Nordositseite (Nrn. 2-10) in Zeilenbauweise
bebaut (Arch. P. H. Noris). Zur Abendrothstraße
schließen sie jeweils mit einem dreigeschossigen
Kopfbau ab (Abendrothstr. 6, 8), dem, abge-
trennt durch ein schlichtes Gesimsband, ein
niedriges Dachgeschoß unter Flachdach mit ei-
nem durch Ziersetzungen kräftig ausgebildeten
Traufgesims einen besonderen Akzent verleiht.
Der Strukturierung der Mauerflächen an beiden
Kopfbauten, in besonderer Dichte an demijeni-
gen der Nordostecke, dienen vortretende Ziegel-
schichten seitlich der Fenster. Wie bei den bereits
beschriebenen Bauten wird deutlich, daß der de-
korativen Gestaltung der Fassaden, auch wenn
das Anliegen einer Wohnungsreform mit der Ent-
wicklung neuer Grundrißlösungen in der Architek-
tur der zwanziger Jahre im Vordergrund stand,
große Aufmerksamkeit zuteil wurde. Kennzeich-
nend dafür sind z.B. die auf der Südwestseite
(Delftstr. 1-13) risalitartig ausgebildeten Ein-
gangsachsen, die in drei Variationen mit wech-
selnden Abschlüssen in der Dachzone, unter-
schiedlichen Formen und Anordnung der Fenster
sowie einer differierenden Lisenengliederung vor-
kommen. Ebenso variiert die auf die Erdge-
schoßfenster beschränkte Rahmung durch er-
habene Ziegelschichten bzw. spitzwinklig vor-
tretende Vertikaleinfassungen. Die Türlaibungen
auf dieser Seite bekleiden mit geometrischen
Mustern verzierte Keramikplatten. Die Rückfront
an dem zum Delftstrom hin offenen, begrün-
ten Innenhof zeigt sparsam verteilte Balkonein-
schnitte. Die gegenüberliegende, insgesamt et-
was schlichter gehaltene Zeile (Nrn. 4-10) rhyth-
misieren drei gleichartige, zweiachsige Risalite
mit Dreieckgiebel, und nur der die Straßenmitte
markierende Eingang des Hauses Nr. 8 wird ein-
schließlich der beiden flankierenden Fensterach-
sen durch erhabene Ziegelschichten als reliefier-
te Fläche hervorgehoben.

ABENDROTHSTRASSE

Der nördliche Abschnitt der Abendrothstraße von
der Einmündung der Delftstraße bis zur Kreuzung
Westerwischweg/Südersteinstraße im Süden wird
durch mehrere, von großen zum Teil baumbe-
standenen Freiflächen umgebenen Schulbauten
unterschiedlicher Entstehungszeit geprägt. Als



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