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Böker, Doris [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 19): Landkreis Cuxhaven — Braunschweig, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44259#0292

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Verbreiterung der Ortsdurchfahrt zerstört. Auf der
Nordseite der Reichenstraße, an der entspre-
chend ihrer wichtigen Funktion als Verbindung
zwischen Kirchplatz und Markt stattliche, zweige-
schossige Bauten entstanden waren, legte man
1954 elf Häuser nieder und besetzte die um sie-
ben Meter nach Norden verschobene neue
Straßenfluchtlinie mit ziegelverblendeten Gebäu-
den.

Die Linksschwenkung zur Marktstraße hin wurde
durch die Verkürzung des Hauses Marktstr. 2
und den Abbruch des südlichen Nachbarhauses
von Reichenstr. 2 gemildert. Auch das westliche
Nachbarhaus von Marktstr. 1 steht heute nicht
mehr. Aufgrund dieser Maßnahmen ist zwar die
historische Situation kaum noch erlebbar, den-
noch stellen die den ehemaligen Marktplatz um-
gebenden Baudenkmale sowohl als städtebau-
lich wirksames Ensemble, in dem sich mit den
Bürgerhäusern des 17./18.Jh. die wirtschaftliche
Blütezeit des städtischen Handels widerspiegelt,
als auch im Einzelfall unter baukünstlerischem
Aspekt die eindringlichsten Zeugnisse der Ot-
terndorfer Geschichte dar.



Landeshäuser Str. 12 und 10

Otterndorf, Rathausplatz 1, Rathaus, 1583

An erster Stelle ist das 1583 erbaute Rathaus zu
nennen, 1685 nach Norden um einen niedrigeren
Fachwerkbau erweitert, das mit seinem südli-
chen Giebel den ehemaligen Markt im Norden
begrenzt (Rathausplatz 1). Den größten Anteil
original erhaltener Bausubstanz des über einem
hohen, korbbogig gewölbten Kellergeschoß ein-
geschossig aufgeführten Backsteinbaus weisen
die beiden Traufseiten auf. Vor allem an der Östli-
chen Traufseite, wo lediglich der mittige Dacher-
ker als jüngere Zutat zu registrieren ist, läßt sich
der Zustand des 16.Jh. gut ablesen. Die zweite
Achse von Süden der insgesamt vier Achsen
nimmt das rundbogige Hauptportal mit einer von
1715 stammenden Tür ein, dessen Gewände
Sandstein-Diamantquader schmücken. Links da-
von ist in das Mauerwerk die Wappenplatte des
Westertors (abgebrochen 1865), rechts davon
der Wappenstein des Ostertors (abgebrochen
1856) eingelassen. Die zum Eingang führende
zweiarmige Freitreppe, unter deren Podest sich
der gleichfalls rundbogige Zugang zum Ratskel-
ler befindet, wurde 1929 erneuert. Veränderun-
gen an den Giebelseiten lassen sich archivalisch
für die Mitte des 18.Jh. belegen. Der Südgiebel,

ce

Otterndorf, Marktstr. 1



den man 1892, als auch das Raumgefüge neu
strukturiert wurde, im Sinne einer historistischen
Schaufassade in Putz neu gestaltet hatte, wurde
1963/64 in Ziegel rekonstruiert. Seit der jüngsten,
1994/95 durchgeführten Renovierung, deren
Erdgeschoßgestaltung an die ursprüngliche, von
einer großen Halle geprägten Raumkonzeption
anzuknüpfen suchte, ist die 1670 datierte Malerei
der Deckenbalken im südwestlichen Trauzimmer
wieder sichtbar. Auch im Fachwerkanbau, in den
eine aus der Erbauungszeit stammende kleine
Treppe mit reich geschnitzten Pfosten führt, wur-
de eine Deckenmalerei mit der Darstellung zwei-
er Wappen und der Justitia freigelegt. Von beson-
derem Wert wegen der Einmaligkeit ihres Sujets
in einem solchen Rahmen sind die wohl noch im
17.Jh. entstandenen Landschaftsdarstellungen
auf den Vouten.

Die dem Rathaus gegenüberliegende Ostseite
des Platzes wird heute von der Traufseite des
Hauses Marktstr. 1 flankiert, die entgegen dem
massiv ersetzten und verputzten Südgiebel die
Konstruktion des Gebäudes sichtbar werden
läßt. Aufgrund der geschoßweisen Abzimmerung



Rathaus, Fachwerkanbau, 1685



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