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Heidelberger Zeitung — 1862 (Januar bis Juni)

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Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2810#0497

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Deutfchland.

Heidelberg, 20. Mai. Dem „bad.
Ckrldltt." eittnehmen wir nachstehenden Bericht
iibei dcn Ertrag dcr Steuerir im Bezirk des
Haiiptsteireramts Heidelberq pro 1861:

^ Das Haiivtsteueramt Hcidelberg umfaßt den
Bezii k tes Oberamts Heidclberg und denjeni-
gen Tdeil des Bezirksamt Eberbach, welcher
früher das Bezirsamt Neckargemünd gebildet j
hat. Die Seelenzahl beläuft sich auf 57,944 ^
und ist gegen die vorhergegangene Zühlung ^
um 2711 Köpfe gestiegen.

Die aügemeiue direkte Steuer brachte !
142,022 fl. ein (gegen das Vorjahr mehr
1269 fl.). Von diesem Betrag fiel auf das
Oberamt Heidelberg die Summe von 95.385
fl. und insbesondere auf die Stadt Heivelberg
die Suinme von 40,884 fl.

Die Capitalsteucr lieferte 15,614 fl.
(gegcn das Vorjahr mchr 313 fl.); davon
entfielen 14,303 fl. auf das Oberamt Heidel-
bcrg nnd 12,327 fl. auf die Stadt H.

Die Klassensteuer warf die Summe von
8283 fl. ab (gegen das Vorjahr mehr 279 fl.);

2117 fl. und auf die Stadt H. 1444 fl., wo-
zu aber auch der größte Thcil von der durch
andere Erhebung eingegangencn Summe uä
4999 fl. beigeschlagen wcrden muß.

Was die indirekten Steuern anbelangt,
so wird vorausgeschickt. daß im ganzen Haupt-
stetteraintsbezirk dic Zahl der patentisirten
Wciiihandler. auf 32 (davon 24 in der Stadt
Hcidelberg), tie Zahl der Wirthschaften auf
260 (davon 79 in der Stadt H.), die Zahl
der Bierbrauer auf 46 (davon 23 in der
Stadt H.), die Zah! der Branntweinbrenner
auf 103 (davon 17 in der Stadt H.), die
Zahl der Mctzge.r auf 77 (davon 23 in der
Stadt H.) sich belief.

Die Weiuaccise brachte 14.302 fl. ein
(gegen das Vorjahr weniger 2452 fl.), da-
vou fielen auf daS Obcrann Heidelverg 11,804
fl. nnv anf die Stadt H. 8255 fl.

Das Weinohmgelv uuv Llversum be-
trug 11,127 fl. (gegeu das Vorjahr weniger
1602 fl.), davon entrichtete das Obcramt
Heidelberg 8,808 fl. und die Stadr H. 5743 fl.

Die Bieraccise brachte cin 30,734 fl.
(gegen das Vorjahr weiiiger 35 fl.), davon
cntrichtete das Obcramt Hcidekberg 25,251 fl.
und die Stadt H. 22,557 fl.

Die Branntweinsteuer ergab 3720 fl.
(grgen das Vorjahr mchr 548 fl.), davon
kittficlen auf das Oberamt Hcidelberg 3237 fl.
uno auf die Stadt H. 2,914 fl.

Die Schlachtviebaccise zeigte eine Ein-
nahme von 19,105 fl. (gegen das Vorjahr
mehr 1,772 fl.), davon kamcn auf das Ober-
auir Hridrlberg 17,360 fi. und auf die Stadt
H. 14,162 fl.

Die Jmmobilienaccise belief sich auf
50,826 fi. (gegen das Vorjahr mehr 9,418
fl.), davon entfielen auf daS Oberamt Hei-
delderg 46,575 fl. und auf die Stadt H.
35,226 fl.

Die Summe der indirecten Steuern ergab I

129,814 fl. (gegen das Vorjahr mehr 7649
fl.), daran hatte entrichtet der Oberamtsbe-
zirk Heidelberg 113,035 fl. und die Stadt H.
88,857 fl.

Die Iustiz- und Polizeigefälle zeig-
ten folgende Einnahmen:

1) Erlös von Stempelpapier 2,416 fl., da-
von 1778 fl. in der Stadt Heidelberg.

2) Gerichts- und Administrativsporteln

19,268 fl., davon 9,937 fl. in der

Stadt H.

3) Nechtspolizei - Verwaltungs - Sporteln

25,308 fl., davon 9,578 fl. in der

Stadt H.

4) Hnndtaren 4,469 fl., davon 2,228 fl.
in der Stadt H.

Die Forstgerichtsgefälle umfaßten:

a) Die Strafen mit 2,774 fl., davon 59 fl.
i!i der Stadt H.

d) Schadenersatz 1,980 fl., davon 39 fl.
in der Stadt H.

Endlich warfen die Steuerstrafgefälle
1177 fl. ab,^wovon auf die Stadt Heidel-
berg 585 fl. entfielen.

Sämmtliche Steuern und Gefälle trugen
sonach pro 1861 die Summe von 353,125 fl.
ein. Nepartirt mün diese Summe auf die
Seelenzahl von 57,944, so fallen auf den
Kopf 6 fl. 51/2 kr.

Faßt man ledigkich die Stadt Heidelberg
ins Auge, so hat dieselbe 167,716 fl. eutrich-
tet. Da fie nun 16,289 Einwohner bcsitzt,
so fallen hier auf den Kopf 10 fl. 17^ kr.

Dcr Bezirk hat daher ohne die Stadl Hei-
delberg nur 185,409 fl. beigetragen, und da
seiue Bevölkerung (ohne Heidelberg) 41,655
Serlen zählt, so fallen auf den Kopf nur 4 fl.
27 kr. (B. C.-Bl.)

Darmstadt, 25. Mai. Der heute Vor-
mittag 11 Uhr nach schweren Leiden erfolgte
Tov unserer Großherzogin (Mathilde, Tochter
König Ludwigs von Bayern, geb. den 30. Aug.
1813, vermählt den 26. Dec. 1833 mit Groß-
herzog Ludwig; Geschwister: König Mar von
Bayern, König Otto von Griechenland, Prinz
Luitpolv v. Bayern, Prinz Adalbert rc.) wird
hicr in allen Schichten der Bevölkerung tief
empfundeir. Eine Frau untadeligcn Rufs, voll
cdelster Hnmanität, wohlthätig, freundlich, der
Wissenschaft und Kunst gern sich zuwendend,
dabei in ihrer äußeren Erscheinung alle Herzen
gewinnend, war sie ebenso die wohlthätige
Patronin des hiesigen Landkrankenhauses, wie
der Kleinkinderschule, in der sie, selbst nicht
mit Kindern beschenkt, ihre Weihnachtsabende
zubrachte. Katholikin, hatte sie auch für die
Noth aller andereu Glaubensangehörigen immer
oAnes Ohr und ofsene Hand; noch von ihrem
Krankenbette aus gevachte sie ihrer Unter-
siütztcn, und daß das ihneu Bewilligte an sie
abgehe; noch in der Kraft der Jahre (sie
hatte das 49. noch nicht zurückgelegt) fügte
sie sich doch mit Ruhe in das Unvermeivliche,
durch alle Kunst der Aerzte nicht länger zu
Beseitigends. Zhr immer mehr ausgebiltctes
organisches Leiden forderte sein trauriges
Rech!. (N. F. Z.)

Hannvvcr. Nach dem „Cournei an ver

Sturm oer Revolutlon weggewcht, aber Napoleon
und seine MarschäUe blieben bartlos, da nur die
gemeincn Soldaten Bärte trugen. Erst Fricdrich
Wilhelm UI., Ludwig von Baiern und Kaiser Ni-
colaus machten den Lart hoffähig. Aber denBe-
amtrn ift er erft seit der Revolution 1848 erlaubt.
Ueberhaupt ist der Bart das Thermometer, welches
anzeigt, wie weit der Mensch Herr seines Lcibes
ist. Daher wächst er mit der Revolution und vcr-
schwindet mit der Reaction oder tritt bei geordne-
ten Staatszuständen beschciden auf. Jn den deut-
schen Hansestädten gilt der Bart für anstößig zum
Beweise, daß in Nepubliken nicht gerade immer
die Frrihcii zu Hause ist.

Wir woUen die verschiedenen Arten der Bärte,
Haartrachtcn, Frisuren nicht aufzählek, noch die
Völkcr nach ihren Bärtcn characterisiren, demge-
mäß dcn östlichen die langen Bärte, den westlichen
Bartarmuth zufallen würden. Wohl aber gedcn-
k,en wir dcr viclfachcn Betricbsamkeit der Kamm-
und Perrückcnmacher. Da muß der Glephant den
Zahn, dic Schildkröte ihren Hornpanzer, der ameri-
kanische Biiffcl, dcr ungarischc Stirr das Horn ber-
geben, der Arme das Haar, das Mccr die Perle,

das Gebirge den Edelstein, damit ein eleganter
Kamm fertig wird. Die Bereitung von Pomaden
und Parfürmerün ist ein großartiger Erwerbszweig,
da Paris allein für 6—8 Millionen Francs sol-
cher Waaren liefert. Es mögen jährlich für mehr
als zehn Millionen Gulden Elfenbein verkauft
werden. Liverpool allein bezieht 1300 Tonnen
Hörner und eine Nürnberger Fabrik sctzl alle Jahre
für 50,000 Gulden KLmme ab, welche. in England
durch besondere Maschinen verfertigt werbcn. Ber
der Herstellung der verschiedenen Wohlgeruche wird-
nicht nur die Pflanzenwelt geplündert, sondern muß
auch die Chemie hilfreiche Hanv leisten.

(Schluß folgt.)

(Eine cntfchloffene That.) Am 18. Mai hatte
Herr Renz in Leipzig ein Wettrennen zu Fuß, zu
Pferd und zu Wagen veranstaltet. Bemcrkenswcrth
von den Rennen selbst war vor Allem der Kampf
der Wagen, der noch nach seiner Beendigung eme
ungeheure Aufregung auf den Schaugerüstcn ver-
aniaßte. Nachdem der Sieger, Hcr^r Baptrste Lvisset,
seinem Gegner um mehrere Pferdelängen voraus
das Ziel erreicht hatte, vermockte er fcme Pserde
nicht einzuhalten, die im vollen Carrierc nock emige
Male dcn weiten Bogen dcr Bahn dahrnsausten.
Trotz der energischsten Zügelführung mäßigtcn dre
Pjeroe ihren Lauf nicht, und Herr Loiffet, der be-

Weser" hat ein Mitglied der Bremer Bürger-
schaft an Hercn von Bennigsen ein Schreiben
gerichtet, welches die Gefahr unv die Nach-
theile des allgemeinen Stimmrechts nachzu-
weisen versuchr und es als eine der wichtig-
sten Aufgaben des Nationalverer'ns bezeichnet,
die Jtee dee Allgcinkinhcit zu bekämpfen.
Di'eses Schreiben hat Hr. v. Beunigsen dahin
beantwortet, daß das Auftreten der Fort-
schrittspartei rioch keme Besorgnisse bei den
besitzenden Claffen hervorgeruieu habe. Es
gehörten dieser selbst sehr vielc bedeutende,
seßhafte, rciche Leute und Notabilitäten an,
als daß irgend in Deukschland etwaS zu
fürchten wäre. Seit 1848 habe sich Vieles
qeändert; die radicale Partei könne als nicht
mehr eristirerid angesehen werdeu.

Berlin, 23. Mai. Der neu gewählte
Präsideut Grabow betonte iu seiiier An-
trittsrede nachdrücklichst dic Einheit zwischen
Fürst und Volk; dieses Gefühl vernichte den
in den letzten Monaten in das vcrfassungs-
treue Volk geschleuderlen Wahlruf: Königthum
oder Parlament; eine Erwiedernng hierauf
sei nur das verfassungstreue Königthum mit
scinem verfassungsgetreuen Abgcordnetenhause.
Die Abgeordneten Behrend und von Bockum-
Dolsss werden unzweifelhaft zu Viceprästden-
ten gewählt.

Berlin, 25 Mai. Gestern fand die Bil-
dung der stehenden Couimissionen durch' bie
Abtheilungen statt nnd schon dabei stellte es
sich heraus, das die Fortschri'ttspartei das
Heft in der Hand hat. Trotzdem sie von 350
Stimmen nur 130 befitzt, hat sie in allen
Commissionen die Mehrheit erhalten, in der
wichti'gen Budgetcömuil'ssion zählt sie sogar 22
Mit.qli'eder von 35. Hr. v. Vincke, der sich
i'n der letzten Stunde der Fraction Grabow
gegen jedes Zusamineiiwirken mil den Fort-
schrittsmännern, an deren Spitze die Fiihrer
von 1848 stehen, erklärt hatte, war nur für
die Petitionscomniission vorgeschlagen, aber
auch hier fiel er durch und mußte einem eitt-
schiedenen Gegner Platz machen. Für seine
neue Fractl'on koimte er nur zehn Getreue,
also acriau so viel als die Minister, gewinneir.

Wien, 22. Mai. Ueber tie Steuerfrage
hören wrr, daß das Mmisterl'uin entschlosseii
ist, auf der beantragten und vom Finaiizaus-
schuß abgelehnten Erhöhung der El'nkoiniilen-
steuer vou 5 Procent, wie der Ausschuß be-
antragt anf 10 Procent, eiitgegenzutletcn.
Sodann würde das' Mliii'steriüm hinstchtlich
der Couponsteuer lieber auf die von ihm sel-
bcr beantragte Erhöhiing von 5 auf T' Pro-
cent verzichten, als auf die von der Aus-
schußmehrheit beantragte Erhöhnng von 5 auf
10 Procent eingehen. Dagegen soli bic Nc^
gierung als Ersatz eine weitere Erhöhung
der Stempelgebühren, welche von Wechseln,
sowie von anvern Rechtsurkunden erhoben
werden, vorschlagen. Im Finanzausschuß
denkt man auch an eine Besteuerung der Tres-
fer ter Lot'terie-Anleihen. Die Absicht, Lurus-
pferde und Dienstboten zu befteucrn, haben
wir schon erwähnt; die beantragte Zucker>
steuer - Erhöhung wird vorausstchtlich zuge-

kanntlich die Körperkraft eines Athleten bcsitzt,
mochte die Kräfte semer von den Zügeln fast zer-
schnittenen Hände schwinden fühlen, — er rief end-
lich um Hilfe. Aber nur sehr schwache Versuche
wurden gemacht, und unaufhaltsam rasten dic Pferde
weiter, bis plötzlich unter Hurrahgcschrei der Zu-
schauermassen Herr Loiffet vom Wagen sprang. Jetzt
wurde eine Hecke aufgestellt, wieder donnerten dle
Pferde heran und setzten mit dem Wagen oarüber.
Aetzt begann die Situation für die Zuschauer be-
denklich zu werden und es erfolgte ein allgemeiner
. Ruckzug von den vordern Plätzen. Man stellte nun
zwe: Hecken auf, die wi'ithenden Thiere setzten aber
„auf Tod und Leben" ebenso darüver, und Wagen
und Hecken zersplitterten. Man fürchtcte nun all-
gemein ein Ausbrechen der Pfcrde nach den Zu-
sckauerräumen und der Rückzug griff schon weiter
um sich, als plötzlich ein junger Mann, wie wir
horten ein Amerikaner, von dem ersten Platze in
dre Bahn sprang und beim Vorüberrasen der Pferde
emes beim Leibgurt faßte, sich einc Strecke mit fort-
reißen ließ und durch einen gewaltigen Griss mit
der andern freien Hand in die Zügcl die tciefen-
den und zitternden Thiere zum Srchen brachte. Ein
dröhnendes Beifallrufen der erregtcn Znschaucr und
eine ehrfurchtsvolle Bcgrüßung seitens des Herrn
Rcnz belohnten den heldrnmüthigen Bezwinger, der
durch seine rasche und doch zugleich besonncnc That
manchem schreckenbleichen Antlitze wieder Farbe zu-
führle.
 
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