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Wingenroth, Max; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 7): Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg — Tübingen, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.1370#0488

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37 2 KREIS OFFENBURG.

jungen Salm aber mußte Abt Keppenbach nach außen jeden Verdacht beseitigen. Zu
seiner Überwachung wurde ihm ein unehelicher Sohn des alten Salm, Dominicus von
Rheims, als Prior auf den Hals geladen, und in den letzten Jahren des Abtes Friedrich
von Keppenbach wußte dieser den künftigen Klosterinhaber Grafen Salm auch tatsächlich
ins Kloster zu schmuggeln (i 554) als Koadjutor. Man kann sich unter solchen Umständen
die peinliche Lage des Prälaten vorstellen; trotzdem wirkte er mit Entschiedenheit an
der Restauration des Katholizismus, eröffnete die seit Jahrzehnten geschlossene Kloster-
schule und übertrug sie dem eigentlichen Träger der Gegenreformation in Gengenbach,
dem gelehrten Cornelius Eselsberger.]) Nach dem Interim und dem Tod des Grafen
Wilhelm mußten auch die drei Prädikanten von dannen ziehen, und mit ihnen wich
langsam die neue Lehre aus der Reichsstadt. Friedrich von Keppenbach war wenn
auch kein starker Charakter, so doch eine heiligmäßige, ascetische Natur. Er starb
unerwartet rasch (1555), so daß man den »wälschen Prior« einer Vergiftung seines Abtes
beschuldigte. Nach dem Tode Keppenbachs hauste dieser Prior eine Zeitlang allein im
Kloster, da der aus gleichfalls zwiespältiger Wahl hervorgegangene neue Abt Gisbert
Agricola (1556 bis 1586) erklärte, nicht eher das Kloster zu betreten, als bis die fremden
Insassen dasselbe verlassen hätten. Erst jetzt war die fast ein halbes Jahrhundert
lang drohende Gefahr, das Stift seiner ursprünglichen Bestimmung zu entfremden, beseitigt.
IS48, 7- Juli, hatte schon ein kaiserlicher Befehl dem Rat der Stadt eingeschärft, »das
Interim ohne weiteren Verzug in das Werk zu richten«. Aber noch 1560 befanden sich
Protestanten in der Stadt, denn Cornelius Eselsberger, der Stadtpfarrer, mußte sich
damals gegen Angriffe wenden, die gegen katholische Gebräuche und besonders das
Meßopfer öffentlich angeschlagen worden waren.2) Agricola ließ sich, nachdem wieder
einige Ruhe eingetreten, vor allem die Restauration der arg verwahrlosten Klosterbauten
angelegen sein, wovon ein inschriftliches Chronostichon Kunde gab.

Einige Aufregung verursachte im Konvent die vom Straßburger Bischof Erzherzog
Leopold angeordnete Losreißung (1618) des Klosters von der Bursfelder Kongregation
und die Eingliederung in die Straßburger Kongregation; gleichzeitig wurde eine Visi-
tation angeordnet, über welche die Acta commissionis odiosae de intrudendo inspectore
sub pallio reformationis leidenschaftlich Bericht erstatten. Schlimmer waren für die Abtei
die Drangsale des Dreißigjährigen Krieges Der Abt war in den späteren Jahren meist
abwesend in Villingen oder Rottweil, und auch der Konvent bestand oft nur aus drei
Personen. Die Stadt hatte sich gegen hohes Lösegeld Schonung von den Schweden
erkauft, und auch das Kloster ging lange Zeit heil aus. Die schwedische Einquartierung
vom J. 1634 fiel entweder den Österreichern zum Opfer oder kam in Gefangenschaft; auch
ein Angriff der Straßburger ward bald hernach vereitelt. Zu allem Elend kam in diesen
Jahren noch ein Zwist mit der Stadt, die für die Stadtkirche einen Weltgeistlichen wollte
an Stelle des Ordenspriesters, der zu schlecht katechisiere und keine Taufbücher führe.
Als das Kloster diesem Verlangen nicht sofort entsprach, sperrte die Stadt ihm den
Zehnten, erhielt aber vom Bischof von Straßburg den gemessenen Befehl, unter der
Strafe der Exkommunikation die Sperre aufzuheben und noch 200 fl. Buße zu erlegen.

*) Vgl. Baumgartner in Schauinsland 23, S. 29 ff.

2) »Antwurt auf die geschafft einer tabelenn, in welcher das Ampt der heyligen Maß unbilliger
weyß angetastet und verworfen«. Vierordt sah diese handschriftlich erhaltene Kontroversschrift seiner-
zeit beim Medizinalrat Dr. Schwörer in Freiburg (Gesch. der evang. Kirche in Baden V, S. 397)-
 
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