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Wingenroth, Max; Kraus, Franz Xaver [Editor]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 7): Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg — Tübingen, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.1370#0489

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AMT OFFENBURG. — GENGENBACH. 373

Dafür konnte der Rat sich jetzt einen geeigneten Pfarrer in der Person des trefflichen
Pater Leonhard Feinlein (gest. 1679) wählen (1640), von dem wir sehr anschauliche
Berichte über die Gräuel des Dreißigjährigen Krieges haben, so über die dreimalige
Plünderung der Stadt und des Klosters durch die Weimarer Truppe in dem einen Jahr 1643.
Das erste Mal hatten der Klosterturm und die Mauern durch die Beschießung »etliche
Löcher« bekommen. Die letzte gleich vandalische Plünderung und Verwüstung, teilsweise
mit Brandlegung, ging den 4. November vor sich. Noch schlimmere Drangsalierung und
Verheerung standen der Stadt wie dem Kloster 40 Jahre später bevor. Schon 1675 und
1678 sah Gengenbach die Kriegsgefahr wiederholt an seine Tore klopfen, und mehr
noch in den folgenden Jahren die Greuel der Franzosen in der Rheinebene draußen
auflodern. 1689 fiel es selbst nach dem Fall von Straßburg denselben zum Opfer.

Zu der Kriegsgefahr, Plünderungen und fast unerschwinglichen Kontributionen
(1703 bis 1704) im Spanischen Erbfolgekrieg kam noch die gänzlich unfähige Regierung
des Abtes Augustinus Müller (1696 bis 1726), unter dem die Disziplin in bedenklicher
Weise gelockert und das Vermögen wie die Güter in unverantwortlichem Maße, besonders
durch Nepotenwirtschaft einiger Patres, verschleudert wurden So stellte sich 17 21 eine
Schuldenlast von 2 5 000 fl. heraus. Der Konvent war noch teilweise in Nachbar-
klöstern zerstreut; der Abt wohnte anfangs in Zell. Es sind bittere Worte, mit denen
Dornblüth sein Endurteil über den untauglichen Klosteroberen abgibt: Erat, si otium,
gulam et crapulam excipias, sat bonus religiosus.') Zwar gelang es, nicht den nächsten
Nachfolgern Seeger und Rischer, wohl aber den beiden letzten Äbten, die Schuldenlast
wieder vollständig zu tilgen. Rischer hatte sich sogar durch Errichtung einer Glashütte
und Kobaltfabrik in Dörrenbach in finanzielle Schwierigkeiten gebracht, um so besser
aber- rentierten sich nach seiner Abdankung und Übersiedelung nach Dörrenbach die
Anlagen. 1803 kam das Stift, das bis dahin reichsunmittelbar gewesen war, an Baden
und wurde säkularisiert.2)

Auf dem Gebiet der Geisteskultur hat das reiche und angesehene Stift kaum
Nennenswertes aufzuweisen. Das Schulwesen zeigt sich, so oft im Laufe der vielen
Jahrhunderte davon die Rede ist, in verwahrlostem Zustande. Erst in der Zeit der
Gegenreformation nahm sich Cornelius Eselsberger des Bildungswesens hervorragend an.
Das protestantische Gymnasium hielt sich nur unter Matthias Erb auf der Höhe; unter
dessen Nachfolger Dionysius Reuchlin (1537 ff.) sank es merklich. Auch für die
theologische Ausbildung des Nachwuchses leistete das Kloster nicht viel. Im J. 1670
wurde der Kongregationsbeschluß, daß wenigstens zwei begabte Brüder auf eine Akademie
zum Studium der Theologie und des kanonischen Rechts zu schicken seien, angenommen.
Im J. 1672 bezogen tatsächlich zwei Gengenbacher die Universität Freiburg; sie
wurden aber schon nach einem Semester wieder zurückberufen, weil der Erfolg zu
gering sei. Das gleiche geschah 1711, als zwei Patres für kurze Zeit nach St. Blasien
gingen, um sich für das Professorat in Gengenbach vorzubereiten. Nicht weniger
geringfügig sind auch die literarischen Leistungen des Gengenbacher Konvents. Sieht
man von den Klosterchronisten ab, so hat sich nur Pater Augustin Dornblüth3)

*) Vgl. Z. NF. 9, S. 254-

2) Vgl. die Aktenstücke darüber, FDA. VI, S. 297 ff.

8) Vgl. über ihn Z. NF. 8, S. 690 ff.
 
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