Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

DOI Heft:
1/2.Juliheft
DOI Artikel:
Aus Hollands Kunstleben / Amerikas Kunstwesen / Schweizerische Kunstchronik / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Aus der Museumswlet / Die Welt der Kunstgelehrten / Neue Kunstbücher / Die Internationale Kunstausstellung zu Dresden / Anzeigen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0511

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
einen ausgezeichneten Jan Steen „Gezicht op de Riviervisch-
markt te Den Haag“. Das Bild ist von Professor Dr. W. M a r t i n ,
dem Direktor des Mauritshuis im Haag als echtes Werk Jan Steens,
dessen Geburtstag jetzt in ganz Holland gefeiert wird, anerkannt
worden.

Ametnkas Kun(iiocfcn*

Das Metropolitan-Museum in New York hat soeben
für das ihm angegliederte Kupferstich-Kabinett eine größere Anzahl
graphischer Blätter aus dem Verlag Bruno Cassirer in Berlin er-
worben. Es handelt sich vor allem um graphische Arbeiten von
Liebermann, Slevogt, Grossmann, Mcid, Kubin und Grosz, und zwar
sowohl um Einzelblätter, wie um Mappen- und Buchausgaben
illustrierter Werke. Als Symptom eines erwachenden Interesses
fiir gute moderne deutsche Kunst in Amerika sind diese Ankäufe
bedeutungsvoll.

Die beriihmte Gutenberg-Bibel, die kiirzlich von Dr.
Rosenbach zum Preise von 106 000 Dollar in New York ersteigert
worden ist, wurde ihm von Frau Harkness ftir 120 000 Dollar abge-
kauft. Frau Harkness schenkte die Bibel der Yale-Universität,
welche eine neue Bibliothek einrichtet. Die Universität hat überdies
soeben auch von zwei ihrer „Alten Herren“ eine Stiftung von einer
Million Dollar zur Angliederung eines Kunstmuseums erhalten. Der
Anbau und die Ausstattung des Museums wird in allernächster Zeit
in Angriff genotnmen werden.

Ein „Spanischer Edelmann“ von ü r e c o ist, wie man uns
aus New York berichtet, von dem Zeitungsbesitzer Jones
aus Minneapolis in den New Yorker Reinhardt Gallerien ftir 73 000
Dollar angekauft worden.

*

Die zwei von der Familie Huntington aus der Versteigerung
des Lord Spencer erworbenen Rembrandts, ein Bildnis des
Hendrickje Stoffels und eine Darstellnng der Göttin Flora, sind
dem M e t r o p o 1 i t a n - M u s e u m zu New York nebst einem
männlichen Porträt von Frans Hals (dreiviertel Lebensgröße) ge-
schenkt worden.

*

Bei der Auflösung der Clawson’schen Bibliothek zu
New York wurden sehr hohe Preise erzielt. „Willobie his Avisa“,
von Henry Willobie 1594 geschrieben, das den frühsten gedruckten
Hinweis auf Shakespeare enthält, brachte 5700 Dollar und „West-
ward for Smelts“ von Kit of Kingstone (1620), 4000 Dollar.
3000 Dollar wurden je für Woodes „Conflict of Conscience“ (1581),
Wapulls „The Tyde Taryeth no Man“ (1576) und Wilsons „Pleasant
and Stately Moroll of Three Lords and Three Ladies of London“
(1590) bezahlt. Weevers „Mirror of Martyrs“ (1601) kostete
3900 Dollar.

*

Bei der Versteigerung der en bloc nach Amerika überführten
Kollektion des Italieners Chiesa (Art Galleries zu New
Y o r k) wurden hohe Preise für italienische Primitive und Meister
der Renaissance bezahlt, D. W. Walters gab 65 000 Dollar für
einen Antonello da Messina (Bildnis eines sizilianischen Patriziers).
Frau Nichols zahlte 45 000 Dollar für Johannes den Täufer von
Andrea Orcagna, der der Florentiner Schule des 14. Jahrhunderts
angehört, der New Yorker Kunsthändler Canesso für ein Tripty-
chon des Pietro Lorenzetti 26 000 Dollar und für eine „Madonna“
von Agnolo Gaddi 27 000 Dollar.

*

Dickens ist in den Vereinigten Staaten Trumpf. Für eine
Originalserie der „Pickwick Papers“ in unaufgeschnittenen Liefe-
rungen wurde bei der Versteigerung des Nachlasses George
McCutcheon 7000 Dollar bezahlt, Fiir ein Exemplar der sehr sel-
tenen Eistausgabe des „Battle of Life“ gab es 1975, und das von
Dickens selbst in Amerika benutzte Exeniplar seiner kurzen Er-
zählungen kam auf 1800 Dollar.

*

Frau Henderson, Witwe des bekannten Senators, hat
der amerikanischen Nation ein Grundstiick in Washington zur

Errichtung einer Nationalen Kunstgallerie angeboten.
Die einzige Bedingung, die sie an der Schenkung kniipfte, ist, daß
man baldmöglichst einen Wettbewerb fiir die Baupläne ausschreibt,
damit endlich Schritte in dieser Hinsicht unternommen werden.
Das Terrain befindet sich auf einer Anhöhe, in einer sehr schönen
Gegend Washingtons.

*

Dr. Rosenbach erwarb bei der Versteigerung der Bibliothek
R. A d a m in den Anderson Galleries zu N e w Y o r k eine seltene
Erstausgabe von M i 11 o n s „Comus“ für 11 500 Dollar. Dieses
„Maskenspiel“ wurde erstmalig im Jahre 1634 aufgeführt. Außer-
dem kaufte er Miltons „Lycidas“ um 5900 Dollar. Die Brick Row
Book Company zahlte den liohen Preis von 10 000 Dollar ftir das
Exemplar des „Verlorenen Paradieses“, das aus der einst berühm-
ten Britwell Kollektion stammte, aus der in den letzten Jahren die
besten Stticke nach den Vereinigten Staaten abwanderten. Andere
bemerkenswerte Verkäufe waren eine Erstausgabe von Shake-
s p e a r e s Gedichten um 5300 Dollar, eine Erstausgabe von
Dickens „Pickwick Papers“, 4000 Dollar und Spensers ,Faerie
Queene“, 3900 Dollar.

*

Das Testament eines Zeitungsverlegers zu Kansas City,
des William N e 1 s o n , sichert dieser Stadt ein Jahreseinkommen
von etwa einer Million Dollar zum Erwerb von Skulpturen, Gemäl-
den, Gobelins, Bronzen und anderen Kunstgegenständen, die in
einem städtischen Museum Aufstellung finden sollen. Diese Stiftung
ist mit dem Ableben der Tochter und letzten direkten Erbin Nelsons
jetzt flüssig geworden. Die Rektoren der Universitäten der Staaten
Kansas, Oklahama und Missouri sind zu ständigen Testaments-
verwaltern mit Bezug auf die künstlerischen Dinge des Nachl:sses
eingesetzt worden.

ScbtüetEctnßbe Kunffcbronik.

Das iiberragende Ereignis war die Tobias Stimmer-
Ausstellung in Schaff hausen, der Heimatstadt des be-
deutenden schweizerischen Cinquecento-Kiinstlers. Zwar an dem
wesentlichen Tatbestand wird nichts geändert: unter den Male-
reien sind nach wie vor die Eheleute Schwyzer von Zürich bei
weitem die imponierendste Leistung, ein wahres Phänomen in der
manierierten Kunst des späteren 16. Jahrhunderts und des Autors
selber. Denn man sah eine ordentliche Zahl anderer Bildnisse von
seiner Hand, von denen etliche ohne weiteres als nicht zu ihm
gehörig auszuscheiden sind, während unter den unzweifelhaft ihm
zustehenden sonderbare Oualitätsunterschiede stören und seine
Wertung durch uns Nachgeborene erschweren. Das hindert nicht,
daß mehrere Bildnisse Stimmers weitaus das Beste sind, was nach
den Heroen der ersten Hälftc jenes schwanken Jahrhunderts dies-
seits der Alpen geschaffen wurde, namentlich im JMychologischen
und im Koloristisch-Harmonischen. Auch vor den Zeichnungen
Stimmers stehen wir Heutigen vielfach in Zwitterstimmung da,
das beinahe völlige Nachgeben (in dem Diptychon der Eheleute
Lochmann so starken und freien) Malers vor der wuchernden Re-
naissancemode ist uns unbehaglich. Erst vor den Holzschnitten
atmen wir wieder auf, wie die Kunsthistorikerin Doris Wild mit
Recht, wenn auch etwas schneidend, sagt; da zeigt sicli in Stimmer
ene wundersame Fortdauer der spätgotischen, man möchte sagen
evangelischen, biblischen Simplicität, der die einfachste Szenerie,
so die der Hennen fütterndcn Nonne, zum Denkmal liebevollen Ge-
bahrens wird, und dank der die Häupter berühmter Leute, wie sie
Stimmer zu Hunderten ftir Bilderbiicher zeichnete, der Renaissance-
Aufbauschung entgehend, markig und männlich herausgekommen
sind. Da und in dem nicht genug zu bewundernden Großwerk sei-
ner Jugend, cben jenen „Schwyzer“, liegt dic nachhaltige Bedeu-
tung Stimmers. Die Tragik, dic darin liegt, daß Stimmer es, aus
Gründen des allgemeinen Stilwandels und der Schwierigkeit groß-
bemessene Aufträge zu erhalten, bei dem schier unbegreiflichen
Wunder der „Schwyzer“ bewenden lassen mußte, würde mehr als
ausreichen, einen gewaltigen Kiinstlerroman anzuregen.

In Lausanne stellen die Waadtländer Maler aus. In Freiburg
illustriert der schwungvollc Dckorant Alexander C i n g r i a cin

46!
 
Annotationen