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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Gischler, W.: Zu den Radierungen von Hermann Kupferschmid
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0427

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Hermann Kupferschmid. Markt in Mannheim.


Zu den Radierungen von Hermann Kupferschmid.
ihrem heutigen Zustand gesehen, scheint die Radierung eine natürliche Tochter des bürger-
T lichen Kupferstichs, ein durch den modernen Geist seiner ehrsamen Anwendung abspenstig gemachtes
Druckverfahren, das eine launische Existenz für sich selber geworden ist. In ihrer älteren Her-
kunft ist sie eine künstlerische Notwendigkeit; denn obwohl Dürer in seinen Stichen selbstredend etwas
anderes war, als der biedere Kupferstecher von 1860, der die Formen einer Raffaelschen Madonna in
das Sieb seiner schwarzen Kurven auflöste, sind seine Blätter von der Radierung — ganz abgesehen
vom Handwerk — durch alles geschieden, was ihre Haltung und ihren Wert ausmacht: Strenge der
Liniatur, Endgültigkeit der Form, stählerne Ruhe der Anschauung. Als mit den Blättern Rem-
brandts die Radierung ihre eigentliche und moderne Existenz begann, stand sie in logischer Be-
ziehung zum Beginn der malerischen Anschauung, weil ihre eigentümliche Technik, die ätzende Säure
für deu mühsamen Grabstichel arbeiten zu lassen, der veränderten Anschauung vielleicht den eigensten
Ausdruck gab.
Denn nichts anderes als die Einordnung der persönlichen Einzelform in den Raum bedeutete
diese neue Anschauung; nicht mehr für sich selber existierten ihr die Dinge sondern als Teile der Raum-
erscheinung, letzten Grundes nicht einmal als das, sondern als Träger des Lichtes und seiner Schatten,
worin nun die malerische Darstellung des Weltbildes versucht wurde. Während bei Dürer noch die
Figuren gleichsam nach Statuen gearbeitet sind und im Gehäuse ihrer Form bleiben, sind sie der Bild-
welt Rembrandts bildtechnisch nur eingefügt, um der Leitung des Lichts durch sein gerühmtes Mal-
dunkel interessante Aufenthalte (retardierende Momente heißt es im Drama) und den Vorwand
tiefer Schatten zu geben. Dargeftellt werden nicht sie, sondern Hell und Dunkel an ihnen mit all
den interessanten Möglichkeiten blitzender Reflexe und ungeheuerlicher Schatten. Für diese Anschauung
war letzten Grundes wie die Farbe so auch die Form nebensächlich, und wirklich darf man sagen,

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