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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Lüthgen, Eugen: Landschaft, Garten und Landhaus: Zu den Bauten von Architekt Paul Pott-Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0442

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Landschaft, Garten und Landhaus.

repräsentieren. Wenn man ans der Flucht der Ge-
macher und Säle in den Garten hinaustritt, ändert
sich im wesentlichen nur der Abschluß nach oben.
Säle, Gänge und Kabinette nehmen einen auch hier
auf."
Der Garten: ein Kunst gewordenes Stück Natur;
der Garten: ein über die begrenzten Räume des Ge-
bäudes hinausgehobener gegliederter Raum. Der Ein-
klang der Gesetze der Stilordnung, der Größe und
Weite des Lebensgefühls, das beide, Haus und Garten,
umfaßt, werden zur
Einheit künstlerischen
Geschehens. Das zu-
fällige Bild einer
Landschaft, die zu-
fällig verstreuten
Baumgruppen und
Sträucher, die Weg-
und Wasserläufe, die
Anhöhen und Tiefen
geben nicht das feste
Gerüst, nicht den
Rahmen, dem sich
notwendig die sinn-
vollen Formen der
Kunst einfügen.
Die Anregungen,
die das englische Land-
haus und die eng-
lischen Landschafts-
gärten der neuen
deutschen Baukunst
vermittelten, nährten
einzig das empfind-
same Fühlen der
Sentimentalen. Der
Garten, die Land-
schaft war und blieb
ein zufälliger Natur-
ausschnitt, der will-
kürliche Grundlage
jeder Stimmung wer-
den konnte; der letz-
ten Endes auch die
Möglichkeit gab, aus
jedweden Formen ein
Gebäude zu errichten,
sofern nur der „Land-
hausstil" gewahrt Abb. 6.
blieb. Wie sehr und
wie oft diese Auffassung besonderen Zwecken und der
Wohnlichkeit entgegenkommen mochte, ihrem Wesen nach
blieb sie unkünstlerisch. Nicht nur daß sie die einzige
einer Landschaft notwendig innewohnende Stimmung
unberücksichtigt ließ, sie verschmähte es auch, darauf zu
achten, daß alle Maße des Gartens wie des Hauses in
so festen Verhältnissen stünden, daß man nichts Hinweg-
denken, nichts hinzufügen könne, ohne sogleich alles zu
zerstören.
Sich in die besondere Stimmung einer Landschaft
einfühlen, aus der Landschaft die Gesetze der Form

des Gartens wie des Hauses entwickeln, im einzelnen
endlich den geforderten Zwecken des Wohnens bis zum
letzten genügen, das ist die Aufgabe der neuen deutschen
Baukunst. Olbrich hat sie meisterlich zu lösen verstanden.
Wessel und seine Schule haben aus Barock und Renais-
sance ihren kunstvoll gegliederten Grundriß gewonnen;
und Hermann Muthesius hat das englische Landhaus
mit seiner organischen Bildung, mit seiner Vorliebe für
Ungleichmäßiges, Ungleichseitiges einer neuen Aweck-
kunst anempfohlen. Wie sehr es auch den Anschein
habe, als ob dieses
englische Vorbild ger-
manischer Art am
ehesten entspräche, als
ob durch das Ein-
fach-Ungewollte der
englischen Bauart,
durch das wenig Ge-
gliederte die großen
Flächen Haus rind
Landschaft am innig-
sten zur Einheit ver-
schmölzen, so versagt
gerade diese Richtung
bei der bedeutsamen
Aufgabe, Haus und
Umwelt in gleicher
Weise künstlerisch zu
gestalten. Das Stil-
lose des englischen
Landschaftsgartens
bewirkte, daß man die
zufällige Stimmung
einer Landschaft als
die notwendige nahm,
daß man die Land-
schaft einzig als Hin-
tergrund auffaßte, von
dem sich das Haus
als Kunstwerk sinn-
fällig abzuheben hat-
te. Daher die übliche
Neigung, die Hellen,
wenig gegliederten
Flächen des Hauses,
das sich breit hin-
lagernde unregelmä-
ßige Dach vor große
Massen dichter Baum-
gruppen zu stellen.
Landschaft und Garten ist nur Hintergrund, dient nur
dazu, das Haus in seiner Wirkung zu heben. Und wenn
es gar gelang, das Haus zwischen Bäumen und Büschen
so zu verstecken, daß hier einmal ein reizvoller Durch-
blick auf eine Ecklösung, dort ein Blick auf eine Vor-
halle, auf eine reich geschmückte Tür einen sinnvollen
Wechsel in der Gleichheit der Landschaft schuf, so glaubte
man, Natur und Kunst zur Einheit gezwungen zu
haben.
Die jüngeren Baukünstler der englischen Richtung
sind zum Teil noch in diesem sentimentalen Naturgefühl


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