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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 23.1913

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Schmidt, Paul Ferdinand: Jakob Nußbaum
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https://doi.org/10.11588/diglit.26493#0466

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Jakob Nußbaum.

Acker mit tauendem Schnee.

Vielleicht wird eine spätere Zeit gerade Nußbaum nach Liebermann für den typischen und ganz
ausgeprägten Vertreter des deutschen Impressionismus erklären. Denn mit seltener Treue hat dieser
Künstler sein Ziel verfolgt und ist zu allen Zeiten nur sich selber und seinem Ideale treu geblieben,
unbekümmert, was rechts und links um ihn vorging. Selbstverständlich hat er sich entwickelt: von
der schweren dunklen Farbe der neunziger Jahre kann man nicht mit einem Sprunge zu der Hellig-
keit seiner heutigen Bilder gelangen. Aber es ist nur eine Entwicklung besten, was in ihm war,
der Anschauungsweise seiner Augen, wie ein Herausschälen des Blattes aus der Knospe, in der es
längst vorgebildet war. Er hat wohl an den verschiedensten Orten, bei München, in Berlin, in
Frankfurt gelebt, hat den Umgang mancher bedeutender Maler, wie Trübner und Liebermann, genossen;
er hat I9OZ/4 eine Reise nach Tunis, 1911/12 eine nach Teneriffa und Madeira gemacht. Aber das
alles war nur, um seinem Anschauungsbedürsnis und innerlichem Bildungsdrang Nahrung zu geben,
es diente nicht, ihn zu beeinflussen und seinen Weg zu durchkreuzen. Bezeichnend ist, daß er sich
stets vor einer Reise nach Paris gescheut hat: vielleicht hat er nur dort gefürchtet, übermächtigen
und wahlverwandten Eindrücken zu erliegen.
Betrachtet man freilich den deutschen Impressionismus von der Seite her, daß der dargestellte
Naturausschnitt ein gleichgültig gewählter, der Bildraum zufallsmäßig zustande gekommen ist, so hat
Nußbaum ihn keineswegs konsequent verfolgt. Ihm lag vielmehr von Anbeginn daran, seine Kompo-
sition sorgfältig abzuwiegen, und er sah darin nicht den Sinn der Freilichtmalerei, aufs Geratewohl
ein Stück Natur herunterzumalen. Und er hatte von jedem künstlerischen Standpunkt aus recht
und doppelt recht gegenüber den unklaren Köpfen, die den raumzerstörenden Naturalismus mit der
pastosen Technik zu einem neuen Stil zu verknüpfen glaubten. Kunst ist noch niemals wahllose
Abschrift der Natur gewesen. Auch in den Epochen des stärksten Realismus, wie beispielsweise der
der altniederländischen Malerei und dem Ende des 19. Jahrhunderts, gab es ungeschriebene Gesetze
der Bildgestaltung, die kein Künstler ungestraft überschritt, und die alle Großen eingehalten haben.
Weder Manet noch Courbet, weder Leibl noch Liebermann sind denkbar ohne feinstes Empfinden für
das Gleichgewicht der Massen und Farben, für den regelmäßigen Aufbau des Raumes. Und so

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