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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Die "Buchführung" des Künstlers
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Antwort auf die Frage in Heft 45
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0108

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Die Werkstatt der Runst.

Heft 8.

Naßnotierungen gute Dienste, daher die getrennten An-
gaben:
Reilrahmenmaß, 2. Rahmenmaß (äußeres).
Ristenzeichen und -nummer setze nicht nur aus die
Vorderseite des Deckels, sondern auch auf die Deckel-
innenseite sowie auf den inneren Boden der Riste.
Rahmen: Außer der Notiz über Farbe und Masse des
Rahmens (dunkelrot, Mahagoniholz), (Altgold, Holz ge-
schnitzt), (goldmattiert, Gips) usw., die in manchen
Fällen zur Rlärung von Differenzen dienen kann, inter-
essiert besonders der Name des Lieferanten; man wird
bald erfahren, welcher Rahmenfabrikant einen solid und
zweckentsprechend bedient hat, wenn man die Rahmen -
schäden von Fall zu Fall notiert.
Auch über die Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit
der verschiedenen Rahmenmaterialien bekommt man
Uebersicht.
Datum des Beginns und der Fertigstellung sind
wichtige Daten, die unbedingt zu notieren sind. Ihre
Bedeutung braucht nicht weiter begründet zu werden.
Inhaltsangabe: Die vorgedruckte Anleitung zum Ein-
trag der Daten bedarf keiner weiteren Erklärung. Bringe
an dieser Stelle noch eine kurze Notiz über das verwendete
Material:
Gelfarben von Moewes, Aquarellfarben von Günther
Wagner, Pereira-Tempera usw.
Ferner über die Art der Malerei: prima, pastös,
lasiert; ferner über das Malmittel.
Auch eine Notiz über Art des Firnisses und über
den Zeitpunkt des Firnissens wäre am Platze.
Unkosten: Die wenigsten wissen, wie groß bei ihren
Werken der materielle Aufwand von Fall zu Fall ist.
Hieraus stammen auch teilweise die oft unerklärlichen
lieber- und Unterforderungen.
Man zwinge sich, die größeren und großen Unkosten
zu notieren; die dadurch gewonnene Rlarheit lohnt reich-
lich die Mühe. Lerne in diesem Punkte kaufmännisch
denken, es kommt dem einzelnen und dem ganzen Stand
zugute.
Preis: Wenn man die Barauslagen bei jedem Bild kennt,
kann man sich wenigstens davor schützen, sein Werk zu
niedrig im Preise anzusetzen.
Ls gibt keine Norm und kann keine geben, wie
hoch man sein Werk zu bewerten hat.
Lin Meister mit kaufkräftiger und kauffreudiger Ge-
meinde hat andere Preise als der unbekannte Anfänger.
Ls ist eine böse Unsitte beim kaufenden Publikum
eingeriffen, bei jeder Rünstlerforderung zu feilschen und
zu markten.
Ls ist auch nichts anderes als eine Unsitte, wenn
der junge unbekannte Rünstler glaubt, durch übertrieben
hohe Forderungen es den Meistern gleichtun zu müssen.
Bedenke, daß jede übertriebene Forderung das
Feilschen des Räufers herausfordert und, was
schlimmer ist, zu einem Akt der Notwehr für
ihn und damit zu einer moralischen Handlung
macht.
vergiß auch nicht, daß es Freunde der Runst und
Räufer gibt, die nie mit einem Rünstler feilschen und
nur kaufen, wenn sie überzeugt sind, nicht überfordert
zu werden. Laß daher, um diese nicht zu verstimmen,
wo es irgend geht, die „äußersten Nettopreise" auch die
„Ausstellungspreise" fein.
Räufer und Besitzer sind nicht immer in einer Person
vereinigt. Für jeden Aussteller wird es wertvoll sein,
zu wissen, auf welchem Wege fein Werk an seinen schließ-
lichen Eigentümer gelangte. Daher merke beides: Wer
das Werk kauft und wer es besitzt!
Die Ausstellungsdaten sollen, wenn sie richtig einge-
tragen werden, ein genaues Bild von den Ausstellungs-
schicksalen jedes Werkes geben:
wann das Werk zur Jury oder zur Aufnahme an-
gemeldet wurde und für welche Ausstellung:

ob es angenommen oder abgelehnt wurde,
an welchem Tage es auf die Ausstellung kam,
und zwar in welchem Grte,
ob Anfragen und Angebote einliefen, welcher Art
und von wem,
ob und wann es weitergesandt wurde,
und schließlich, wann es zurückkam.
All das zeigt in richtiger Reihenfolge geordnet die
betreffende Buchseite.
Der ganze Lebenslauf eines Werkes, feine
ganze Geschichte steht auf dieser einen Buch-
seite.
Besonderes: Hier mag man mit kurzen Stichworten noch
eintragen, was dem Werk Förderndes oder Schädigendes
auf seinem Lebensweg widerfahren ist:
eine gute Rezension von A... in der L...-Zeitung,
ein vernagelter Rahmen auf der Ausstellung im
. . . Runstverein,
eine Beschädigung auf dem Transport von ... bis ...,
eine besonders gute Plazierung auf der Ausstellung ...,
oder das Gegenteil usw.
Auf diefe weise sammelt man reiches Material für
sich und seinen Stand, lernt hilfsbereite Förderer und
widerstrebende Mittelspersonen genau kennen und ist
imstande, sein Verhalten in Zukunft danach einzu-
richten.
Merke: Ls kann und muß noch vieles gebessert
werden im Verkehr zwischen Rünstler und Händler,
zwischen Rünstler und Publikum. Jeder trägt an seinem
Teil dazu bei, wenn er Grdnung in die geschäftliche
Seite seiner Tätigkeit bringt, erleichtert sich und den
anderen, mit denen er arbeiten will und muß, die Auf-
gaben eines geregelten, auf Tatsachen sich aufbauenden
Zusammenwirkens.
Der Arbeitskalender, auf der linken Seite beginnend,
soll über die im Laufe eines Jahres einlaufenden Ein-
ladungen zu Ausstellungen, über Zeitpunkt der An-
meldung, der Einlieferung des Werkes und der Eröffnung
der Ausstellung Aufschluß geben.
Außerdem soll Dauer der Ausstellung (z. B. 5H2 Mo-
nate) und Schluß der Ausstellung (z. B. t?- Dktober)
notiert werden.
Dies konsequent durchgeführt, ermöglicht ein weit-
sichtiges Disponieren über die Ausstellungswerke.
Ziehe die Rarte mit den Ausstellungsorten immer
zu Rate; man wird sich dann über Zeit und Grt der
Ausstellungsmöglichkeiten schneller Rlarheit schaffen, kann
dadurch bedeutende Frachtersparnisse machen und schützt
sich vor Differenzen mit Ausstellungsleitungen, die häufig
nur Frachtfreiheit auf bestimmte Entfernungen garan-
tieren.
Werke auf Ausstellungen, bei Händlern usw.: Hier
sind diejenigen Werke aufzuführen, die im Laufe des
Ralenderjahres unterwegs sind. Lin Blick auf diese
Seite des Buches zeigt, wieviele und welche Werke im
Umlaufe sind, wo sie zurzeit sind, wann sie frei werden,
wo sie dann hinkommen und welche Transportkosten
das einzelne Werk verursacht.
Addiert man am Iahresschluß die diversen Auslagen
(Transport-, An- und Abfuhrspesen) zusammen, so hat
man auf dieser Seite gleichzeitig die Gesamttransport-
kosten eines Jahres. Eine wichtige Zahl für jeden Aus-
steller und für die Entwicklung seiner Ausstellungs-
tätigkeit.

Antwort auf äie Anfrage in I)ekt 45

Alte Rüstungen bilden vorzüglich nach: Rarl
Jos. Zwerfchina, Restaurator für Antiquität, München,
Schwanthalerstraße 72II, G.-Geb., und Ernst Schmidt,
Runstgewerbliches Magazin, München, Pfandhausstraße 5.
Hofbaurat Orollinxer.
 
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