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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Schwarz, Otto: Die staatlichen Kunstausgaben Englands
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Versteigerung von Werken Lucas'
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0192

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186

Die Werkstatt der Kunst.

Heft

maten aufgestellt werden und deshalb zur Einstellung nicht
recht verwertbar sind. Den Sonderberichten dieser Behörden
ist hinsichtlich Irlands nur zu entnehmen, daß 1903/0-1 von
der Gesamtbewilligung für den irischen Unterricht von
3,9 Mill. Mk. an Iahresbewilligungen für Kunstklassen er-
folgten 3-1129 Mk., daneben für Unterrichtsgegenstände und
Preise dieser Institutionen 17 176 Mk. Für Zeichenunter-
richt in Elementarschulen wurden gewährt 22 605 Mk., in
höheren (Leconckar^) Schulen H6 022 Mk. Für die öffent-
lichen höheren Schulen (Leconckar)- Lckools) Schottlands
wurden 1903/0-1 zusammen 37 679 Mk. ausgegeben. Für
Zeichenunterricht in Elementarschulen wurden hier (nach
dem Etat für 1905/06) zusammen 92018-100 Mk. be-
willigt.
Aus dem hiernach recht unvollkommenen Bilde, welches
wir der obigen Tabelle entnehmen können, geht nur eine
Tatsache sehr deutlich hervor, daß nämlich die Abend-
schulen, in denen vorgeschrittener Unterricht im
Zeichnen, Modellieren usw. gegeben wird, in
England in dem letzten Jahrzehnt einen außer-
ordentlichen Aufschwung nahmen, was auf die
eigentlichen Kunstschulen etwas blutentziehend gewirkt hat,
wie dies auch in dem Bericht des Unterrichtsministeriums
1905, S. 6-1 (parlam. Papiere Bd. XXV) anerkannt
wird.
Als eine Besonderheit des (in obiger Tabelle allerdings
nicht zum Ausdruck kommenden) englischen Kunstunterrichts-
prinzips sei ferner hier noch erwähnt die fehr umfang-
reiche Betätigung des Staates bei der Gewährung
von Stipendien, Preisen, Freistellen usw. für
hervorragend begabte Schüler. An derartigen Stipen-
dien (Laüolarsüips, Kxkibiticms und Drives) wirft der
Staatshaushaltsetat für 1905/06 als besonderen Posten für
Kunstschüler 90209 Mk., für Kocal Lcience aucl ^rt-
Schüler gemeinsam außerdem 210120 Mk. aus, womit aber
die Summe derartiger Unterstützungen keineswegs erschöpft
ist, da sich auch noch bei den einzelnen Kunstinstituten zahl-
reiche derartige Posten vorsinden.
V.
Line genaue Berechnung und Vergleichung der Ge-
samtausgaben des englischen Staates für Kunstzwecke pro
Kopf der Bevölkerung und eine Invergleichstellung mit den
Ziffern für Deutschland und Frankreich würde nach dem
vorgesagten kaum zu einem einwandfreien Ergebnis führen.
Namentlich würde dabei von wesentlicher Bedeutung sein,
ob man die Ausgaben für das Britische Museum, wenigstens
zum Teil, mit in Anrechnung bringt. Geschieht solches
mit der Hälfte, so würde sich eineGesamtausgabe
für die mit Deutschland und Frankreich vergleich-
baren Kunstinstitutionen in England von etwa
8,2—3 Mill. Mk. ergeben, was pro Kopf der Be-
völkerung etwa 0,19—0,20 Mk. (gegen 0,16 Mk. in
Frankreich und 0,18 Mk. in Deutschland) ergeben
würde. Deutschland würde hiernach etwa die Mitte
zwischen beiden Ländern halten, aber mehr den englischen
als französischen Ziffern nahekommen.
Ganz offenbar wird aber daneben der englische Staat
bei der Komplettierung reiner Sammlungen und
Galerien vom Privatpublikum stärker unterstützt
als bei uns. So wurde nach dem Memorandum des
Schatzkanzlers zum Etat 1905/06 das Tiziansche Gemälde
„Porträt von Ariosi", welches etwa 612000 Mk. kostete,
mit -128 000 Mk. aus privaten Beihilfen bezahlt (von sechs
Geschenkgebern, wovon drei je 100 000 Mk., zwei je 50 000Mk.
gaben). Auch ganz neuerdings ging bekanntlich durch die
Blätter eine Nachricht, wonach ein Holbeinsches Gemälde,
das von seinem Besitzer für einen Millionenxreis nach
Amerika verkauft werden sollte, durch Privatsammlungen
dem englischen Volke erhalten wurde.
Auch die staatlichen Ankaufsfonds der großen
britischen Kunstinstitute übertreffen diejenigen Frankreichs
in sehr erheblichem Maße und halten sich mehr auf der
Höhe der unsrigen, als derjenigen Frankreichs.

Sie betrugen (einschließlich extraordinärer Beträge, die
der englische Etat als solche nicht besonders kenntlich macht):
1905/06
für das Britische Museum.HH8000 Mk.
„ „ naturhistorische Museum .... 112000 „
„ die Nationalgalerie*) in London . . . 1-12 800 „
„ „ Nationalporträtgalerie in London . 15300
„ „ Nationalgalerie in Edinburg... ?
„ das Kgl. Museum in Edinburg . . . 530-10
„ die Nationalgalerie in Dublin. . . . 20-100
„ das Viktoria- und Albert- (Loutli Xen-
sinAton) Museum Hetünal Qreen . 22-1000 „
VI.
Soviel über staatliche Kunstausgaben in England,
was die Beteiligung der kommunalen Körperschaften
dieses Landes an den Ausgaben für Kunstzwecke anbetrifft,
so gibt die englische Kommunalfinanzstatistik, soweit sie in
den englischen Parlamentspapieren enthalten ist, trotz ihrer
sonstigen Vorzüglichkeit über diesen Spezialpunkt nur un-
genaue Auskünfte, vor allem deshalb, weil die Ausgaben
„für Kunst und Wissenschaft" nicht getrennt aufgeführt
werden. Auch ist leider aus den Kocal Taxation Returns
und den Berichten des Kocal (Government Loarck nicht zu
ersehen, welcher Teil der Ausgaben auf Kunstunterricht
entfällt. In den statistischen Zusammenstellungen der Jahres-
ausgaben der Kommunen für England und Wales findet
sich nur ein Posten: „Bibliotheken und Museen", welcher
folgende Steigerungsziffern aufweist:
188-1/85 189-1/95 1903/0-1
2866 180 Mk. 6536058 Mk. 10277622 Mk.
Die Ausgabesteigerung ist hiernach in beiden Dekaden eine
auffällig starke. Inwieweit dabei Bibliotheken und inwie-
weit Museen beteiligt sind, ergibt die Statistik leider nicht.
Gemeinde-Anleihen sind von den Gemeinden in Eng-
land und Wales für Kunstanstalten in nicht unerheblichem
Umfange bewilligt worden. Die für „Bibliotheken, Museen
und Loience-ancl-^rt-Schulen" aufgenommenen Anleihe-
beträge stellten sich 188-1/85 auf -133969 Mk., 189-1/95 auf
1816 130 Mk. und im Durchschnitt der Jahre 1899 bis 190-1
auf je 2 167 507 Mk.
Die noch ausstehenden — d. h. noch nicht wieder ge-
tilgten -- Gemeindeschulden für die vorgenannten Zwecke
betrugen insgesamt 1903/0-1: 12800223 Mk. — 0,3 o/^ der
gesamten Gemeindeschulden (8 Milliarden Mk.). Daß
sich in England die Gemeindefürsorge hiernach
in steigendem Maße der Förderung der Kunst- und
Kunstunterrichtsanstalten widmet, lassen auch
diese wenigen Ziffern immerhin schon erkennen.
U, VII.
Die vorstehenden Ausführungen dürften von neuem
ergeben, wie schwierig es für den Fernstehenden ist, aus
fremden, wie oft selbst aus den eigenen Etats die Ausgaben
für gewisse spezielle Verwaltungsgebiete und deren Be-
deutung herauszuschälen, obgleich gerade derartige vergleiche
mehrerer Länder offenbar mannigfache neue Gesichtspunkte
zutage treten lassen, das Verständnis fremder Einrichtungen
wesentlich erleichtern und zu intensiveren Studien dev
fremden Institutionen Anregung und Anleitung zu bieten
geeignet sind.

Versteigerung von Merken Lucas'

Aus London meldet man dem „Berliner Tageblatt":
„Bei Ehristi wurde gestern aus dem Nachlaß des Bild-
hauers Lockle Lucas,desselben,dem hier die „Flora"-Büste
des Berliner Kaiser Friedrich-Museums zugesprochen wird,
eine Anzahl von Werken versteigert. Die erzielten Preise,

2) 1906 nur 102000 Mk. Die Erhöhung fand wegen Ankaufs des
erwähnten Tiziangemäldes stat..
 
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