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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Petersen, Hans von: Juryfreie Kunstausstellungen, 6
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Walther, Felix: Strafbare Nachbildung einer Photographie: (Urteil des Reichsgerichts vom 22. November 1909)
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0218

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2s2 Die Werkstatt der Kunst. Heft stz»

-Iuryfrele RunflauslleUungeri. VI -
(vgl. die Artikel in den Nummern H2, ^z, q.5 und Hs des vor. Iahrg.)

Sehr geehrte Redaktion!
Sie haben die Liebenswürdigkeit, mich um mein
Urteil zu fragen in betreff juryfreier Ausstellungen.
Ich bin Ihnen immer gern zur Verfügung; aber
es ist doch recht schwer, ein Urteil abzugeben über
eine Sache, die nicht klar verständlich ausgedrückt
und genau umschrieben ist.
Line Ausstellung, zu welcher alles, ohne Aus-
nahme, ohne irgendwelche Jury zu passieren, an-
genommen wird, ist ernstlich doch kaum denkbar.
Wenn Merke für eine Ausstellung eingeschickt werden,
so muß doch mindestens eine Behörde oder Leitung
vorhanden sein, welche Werke zurückstellen kann aus
religiösen, sittlichen oder politischen Gründen; auch
ist sehr wohl der Lall denkbar, und solche Lalle
werden vorkommen, daß Malereien oder Bildhauer-
arbeiten eingeschickt werden, welche noch weniger
als dilettantenhaft sind, und es wäre eine arge Zu-
mutung an Publikum und Kunstschriftsteller, sich da-
mit beschäftigen zu müssen.
Wird also absolute Iurylosigkeit verlangt, so ist
eine solche Ausstellung einfach eine Zügellosigkeit.
Ist aber in irgendeiner Lorm doch eine Jury vor-
handen — wer bestimmt dann die Grenzen ihrer
Tätigkeit? -— es ist halt dann immer wieder
eine Jury.
Zugunsten der suryfreien Ausstellung wird an-
geführt, daß sehr wohl die Möglichkeit besteht, daß
ganz hervorragende Talente für alle Zeit vollkommen
unterdrückt werden. Daß eigenartige Talente ost
im Leben schwer zu kämpfen haben, war und wird
immer sein. Ls bedingt das ost die Ligenartigkeit
ihrer Kunst und die neuen Wege, die solche Künstler
gehen, die befremdend wirken können und eine An-
erkennung hintanhalten. Solche Lälle werden bei
dem heutigen intensiven Kunstleben aber gewiß zu
den allergrößten Seltenheiten gehören. Wenn wir
die unendliche Zahl vor: Ausstellungsgelegenheiten
betrachten, die heute dem bildenden Künstler zur
Verfügung stehen- Kunstvereine, Kunstsalons, jähr-
liche Ausstellungen und die große Reihe von Gruppen-
ausstellungen, so kann sicher nicht behauptet werden,
daß es an Ausstellungsgelegenheit fehlt; im Gegen-
teil, sie ist überreich vorhanden, und die intensive
Art der Kunstberichterstattung und die Aufmerksam-
keit der Kunstschriststeller finden ein großes Talent
sicherlich bald heraus.
Wohl ist jede Jury ein unvollkommenes Institut.
Jeder einzelne Mensch ist unzulänglich und gewiß
kann es vorkommen, daß einem Künstler durch eine
Jury unrecht geschieht; von einem Unterdrücken
eines Talentes durch die Jury kann aber doch nie
und nimmer die Rede sein.
Sollten juryfreie Ausstellungen veranstaltet werden
und solche Unternehmungen größeren Umfang an-

nehmen, so wäre das zu bedauern. Mit Recht wird
geklagt, sowohl vom Publikum wie von Kunstschrift-
stellern, über die große Zahl der jährlichen Kunst-
ausstellungen und über deren großen Umfang; durch
vermehrte Ausstellungen könnten solche Klagen nuv
mehr Berechtigung haben.
Weiter wird Klage geführt über die unver-
hältnismäßig große Zahl von Künstlern und Künstle-
rinnen, die alljährlich durch Akademien und Kunst-
schulen herangebildet werden. Auch diese Klage hat
ihre Berechtigung.
Sollte aber ein jeder, der nur irgendwelche
Lähigkeit in sich glaubt, künstlerisch zu schaffen,,
durch juryfreie Ausstellungen geradezu aufgefordert
werden, sich künstlerisch zu betätigen, so ist nicht
abzusehen, wieviel Tausende auf die unglück-
liche Bahn eines verfehlten Künstlerlebens
hingedrängt würden, die sonst wohl einen
Lebensweg gegangen wären, der sie selbst
befriedigt und ihren Mitmenschen Nutzen
gebracht hätte. V. ^eierseu.
* *
Herr Prof. H. von Zügel schreibt uns zu dem
gleichen Thema:
„Die Kunstvereinsausstellung (im Kunstverein zu
München war zwischen Weihnachten und Neujahr
eine juryfreie Ausstellung des „Deutschen Künstler-
Verbundes" veranstaltet worden. — Red.) habe ich
nicht gesehen, weil ich keinen Zutritt habe, möchte
Ihnen aber trotzdem sagen, daß ich von der Sache
nichts halte. Diese Neuerung wird nicht einmal in
Paris von Dauer sein, wo größere Ansprüche an das
Publikum gemacht werden dürfen. Daß sich das
deutsche Publikum auf die Dauer das zumuten läßt,
bezweifle ich."

Nackbilärmg einer
pkologrLpble
(Urteil des Reichsgerichts vom 22. November tZoy.)
Bearbeitet von Rechtsanwalt Vr. Lelix Walther-Leipzig.
Line wichtige Entscheidung zu dem Gesetze betr. das
Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und
der Photographie (sog. Kunstschutzgesetz) hat der dritte
Strafsenat des Reichsgerichts am 22. November 1909
gefällt. Der Chefredakteur H. in St. hatte durch seine
Angestellten eine Strichzeichnung nach einer Photographie
des Photographen D. Herstellen lassen und war deshalb
vom Landgericht Stettin wegen vergehens gegen das
Kunstschutzgesetz bestraft worden. Auf seine Revision
führte das Reichsgericht wie folgt aus, nachdem es er-
klärt hatte, die tatsächlichen Feststellungen der Strafkammer
nicht nachxrüfen zu können:
„Die D.sche Photographie war als Werk der Photo-
graphie nach ß t des Kunstschutzgesetzes vom 9. Januar-
 
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