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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Redaktion: Das Wachs der "Flora"-Büste
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Reformation in Hannover
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Ein bestrafter Nachbildner
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D.W.D.K.: Union internationale des Beaux Arts et des Lettres in Paris, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0359

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Heft 26.

Die Werkstatt der Kunst.

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also sicher, daß das untersuchte Material neuzeitig, die
„Flora" also modern ist. In der Diskussion bemerkte
Prof. Rahtgen, der Nuseumschemiker, daß die Unter-
suchung verschiedener Wachse verschiedene Werte ergebe und
das untersuchte „Flora"-Wachs doch vielleicht von Lukas
der echten Büste an geflickt ist, also auch Walrat dann
nichts beweise. Vr. Pincus sagte in seinem Schlußwort,
daß die Probe vom inneren Kern der „Flora" entnommen,
also wohl nicht nachträglich angesiickt, und das verglichene
Lukas-Wachs mit besonderer Rücksicht auf die technische
Ähnlichkeit mit der „Flora" von Herrn Martin Schauß
ausgesucht wurde, also wohl derselben Zeit von Lukas ent-
stamme. Daß Lukas zu anderen Zeiten andere Mischungen
verwendet habe, sei wahrscheinlich, aber kein Beweis gegen
die augenscheinliche Identität vom „Flora"-Wachs
und Lukas-Wachs.
Or. Pincus hält es für unmöglich, daß zwei Künstler
unabhängig voneinander zum Wachsguß fo komplizierte
Mischungen, wie die festgestellten, verwandt haben können,
die so genau übereinstimmen wie die des Lukas und der
„Flora"-Büste.
Wie wir erfahren, bereitet der Berliner Bildhauer
Martin Schauß, eine Autorität in bezug auf Wachs-
plastik, die Herausgabe einer Broschüre Überseine „Flora"-
Untersuchungen vor, die gewiß allgemeine Beachtung finden
wird. — Red.


Reformation in Hannover
——

Man erinnert sich der Zeiten — liegen sie doch noch
nicht weit zurück —, da vor dem „Hannoverschen Kunst-
verein" sozusagen gewarnt werden mußte. (Wir erinnern
an unsere Artikelserie „Ein frischer Luftzug nach Hannover".
Red.) In der Welfenstadt faßen alte Herren und pflegten
ihrer selbst, vor der neuen Zeit erschraken sie; und wenn
die Eisenbahn einmal eins von den unerhörten modernen
Bildern brachte, so wurde es in den Keller versenkt. Auch
gedachte man der höheren Töchter, von wegen der Nackt-
heiten. Der Keller war groß, der Keller war weit. Und
das Provinzialmuseum hatte der Wände viele. Da konnten
die alten Herren der Welfenstadt mit den Bildern, mit den
höchsteigenen, die vielen Wände pflastern und tapezieren.
Die Ausstellung war der Markt, der höchsteigene. Wer an
dem Jammer der damaligen Zeit zweifelt, braucht nur dies
Provinzialmuseum zu besuchen. Die Situation ist dort
noch jetzt so verzweifelt, daß der neue Direktor, der dem-
nächst bestellt werden soll, eine Herkulesarbeit wird zu ver-
richten haben. Die Hälfte der Bilder muß mindestens
verschwinden; sie ist absolut wertlos und macht Hannover,
besonders das neue, das Hannover der diesjährigen Aus-
stellung, lächerlich. Die diesjährige Ausstellung ist nämlich
ein großer, bedeutender Fortschritt. Sie müht sich, das
Niveau der modernen Kunst zu erreichen. Ja, es gelingt
ihr sogar, Gipfelpunkte, die Meister der Gegenwart, in
würdiger Form vorzuführen. Ls hängen da z. B. ausge-
zeichnete Werke von Dettmann, D. H. Engel, Renck Reinicke,
Hans Licht, Lugen Kampf und mancher anderer. Wir
treffen ferner eine Sammlung von Zwintscher, ein gutes
Sortiment von Plastiken des Müncheners Hahn, die Mün-
chener „Scholle", Porträts von Fritz Lrler und Vertreter
der Berliner „Secession". Mit der Herrichtung der Säle
kann man durchaus zufrieden sein; besonders gelungen ist
die Aufstellung der Hahnschen Plastiken, sie wurde von den
Bildhauern Hantelmann und Herting besorgt.
Bravo Hannover, nur so fortgefahrenl wenn im
nächsten Jahre die Hinteren Zimmer der Ausstellungsetage
umgebaut und die greulichen Fensterscheiben entfernt werden;
wenn im übrigen draußen die tüchtigen hannoverschen Archi-
tekten Gelegenheit bekommen, die weidlich abgebrauchten
Hase-Nachahmer abzulösen; wenn die Stadthalle und der
Innenausbau des Rathauses das bedauerliche Fiasko mit

dem Herrn Eggert wieder wett machen — dann wird Han-
nover auf dem Wege fein, eine Kunststadt zu werden.
Robert Lreuer.


Em bestrafter Daebbilciner
——

Auf dem Hamburger Staatsfriedhof Ghlsdorf be-
findet sich ein Grabdenkmal, bestehend aus einem Sockel-
aufbau mit einer trauernden Figur und einer in den Sockel
eingelassenen Reliefplatte, verfertigt von dem Hamburger
Bildhauer D.
Eine Hamburger Firma (Steinmetz- und Grabdenk-
mälergeschäft) hatte den Sockelaufbau jenes Werkes für
ein ihr in Bestellung gegebenes Denkmal nach bi Id en
lassen.
wegen dieses Vergehens erhob Herr D. unter Beistand
des „Hamburger Bildhauer-Künstlervereins" Klage
gegen die genannte Steinmetzfirma auf Schadenersatz
sowie auf Unterlassung weiterer Nachbildungen und
gewerbsmäßiger Vervielfältigung oder Verbreitung solcher
Nachbildungen. Auch war in Aussicht gestellt ein Vor-
gehen gegen die Besteller der Nachbildung auf Beseiti-
gung.
In dem vor dem Landgericht Hamburg anhängigen
Prozeß machte die Steinmetzfirma zunächst den mißglückter:
Versuch, zu bestreiten, daß das nachgebildete Kunstwerk
unter das Kunstschutzgesetz fiele. Auf gerichtsseitig erhobenen
Beweis hin stellte sich jedoch, wie zu erwarten war, die
Sachverständigenkammer in Hamburg auf den Standpunkt,
daß der architektonische Teil des Denkmals, um den es sich
in dem Prozeß lediglich handelte (die trauernde Figur unter-
liegt selbstverständlich ebenfalls dem Schutz des Kunstschutz-
gefetzes), als Werk der bildenden Kunst im Sinne des Ge-
setzes vom 9. Januar ;yo? anzusehen ist, und daß auch
dieser architektonische Bestandteil des Gesamtwerkes selbst-
ständigen Kunstschutz genießt.
Auf Grund dieses günstigen Gutachtens verzichtete die
Steinmetzsirma auf ein weiteres Prozessieren und erklärte
sich zur Erfüllung folgender Verpflichtungen bereit:
s. Sie erkannte an, daß sie in Zukunft jede weitere
Nachbildung des in Frage stehenden Kunstwerkes unter-
lassen müsse.
2. Sie verpflichtete sich, den architektonischen Bestand-
teil der von ihr angefertigten Nachahmung so abzuändern,
daß in dem abgeänderten Kunstwerk eine Nachbildung des
vom Kläger hergestellten Grabdenkmals nicht mehr erblickt
werden könne und unterwarf sich bezüglich der Feststellung
dieser Frage der gutachtlichen Aeußerung der Sachverstän-
digenkammer in Hamburg.
Z. Sie verpflichtete sich zur Zahlung des Schadenersatzes
an Herrn D. und übernahm sämtliche Kosten des Rechts-
streits.

Onion internationale äe8 8eanx ^rts
- et äes I^ettreb in Paris. H --
(Vgl. den Artikel in Heft s6.)
Wir haben im Heft bekanntgegeben, daß sich
mehrere Künstler bei uns über die obige Gesellschaft be-
schwert hätten, weil sie die auf deren Ausstellungen ge-
sandten Werke trotz vieler Reklamationen nicht zurücker-
halten konnten. Die Schristleitung versprach, sich an das
Deutsche Konsulat in Paris zu wenden.
Das Deutsche Reich, resp. dessen Kaiser!. Konsul in
Paris, hat daraufhin eine imposante Aktion eingeleitet.
Der Vertreter des Deutschen Reiches hat sich in außerordent-
licher Weise für die deutsche Künstlerschaft bemüht: er
hat sich das pariser Adreßbuch reichen lassen! Er blät-
tert und blättert, findet aber die Gesellschaft nicht. Seine
Tätigkeit (für die wir niemals eineB eh ördehätten zubemühen
 
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