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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Schmidkunz, Hans; Hellwag, Fritz: Die deutschen Katholiken und die Pflege der Kunst, 3
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Schmoll, Ferd.; Hellwag, Fritz: Der Kaiser, Lenbach und die Schackgalerie, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0041

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Heft 3.

Die Werkstatt der Kunst.

35

stellungen dokumentieren, als vielleicht auf dem
mehr abstrakten Gebiete der (monumentalen) Archi-
tektur.
Erst wenn wieder ein kunstreligiöses Ausdrucks-
vermögen vorhanden sein wird, sollte die Kirche
als solche sich mit Sonderwünschen hervorwagen.
<Ls sind ihr ähnliche Probleme gestellt, wie sie sie
in der Uebergangszeit von der Gothik zur Re-
naissance und besonders von der Renaissance zum
Barock in so denkwürdiger weise gelöst hat.
Krit?


Der Kaiser, Lenback unä
clie Scbackgalerie. II


Wir empfingen folgende Zuschrift:
Sta. Margherita-Ligure, 28. September 1909.
Geehrter Herr Redakteur!
Da Sie in der „Werkstatt der Kunst" gelegentlich der
Rede des Kaisers bei Eröffnung der Schackgalerie aus
Ihrer sonst geübten, objektivem Ruhe heraustreten und sich
ziemlich energisch auf die „andere Seite" stellen, gestatte ich
mir eine Erwiderung.
Mag der angeführte Brief Lenbachs auch ganze
15 Jahre (!) alt sein, so hat er doch heute noch volle Be-
rechtigung, ja, die Lümmelei und die „Gleichheitsstegelei",
wie Lenbach sich ausdrückt, haben in der Zeit noch be-
deutend zugenommen.
wenn vom Künstler reiner Sinn, vornehme
Auffassung und Idealismus und im Kunstwerk ein
geistiger Inhalt gewünscht wird, sei es vom Kaiser oder
von sonst jemandem, so kann dem ein Kunstfreund nur
zustimmen, wenn von gewissen „Kunstfreunden" versucht
werden will, diesen Wunsch als überlebt und rückständig
lächerlich zu machen, so muß dagegen als gegen eine Ein-
mischung Unberufener protestiert werden. — Graf Schack
gerade hat diese Forderung an die Künstler, die er unter-
stützte, gestellt und die Hauptsache war ihm beim Kunst-
werk der geistige Gehalt, die Idee. — Es ist müßig, dar-
über zu streiten, was Schack, wenn er heute lebte, bevor-
zugen würde — „unfehlbar" war er ja bekanntlich absolut
nicht. Doch hieße es ihn beleidigen, wollte man ihm eine
besondere Liebe zumuten zur „l'art pour l'art", dem Ideal
derjenigen-Künstler und deren Klique, die eben keine
Ideen haben, weil ihnen die Vorbedingungen dazu fehlen.
„Ueber die Misere des täglichen Lebens emporzuheben
und das Schönheitsgefühl des Volkes zu stärken" — wie
der Kaiser in der Rede, die Ihr Mißfallen erregte, sagte —
ist allerdings nicht jedermanns Sache, dazu gehört ein
ganzer, ein echter Künstler.
Lin solcher aber — die Kunstgeschichte lehrt es —
wiegt tausend I'art-pour-I'art-Maler aus.
wozu also die Aufregung?
Kercl. Lcbmoll.
Ich möchte mir erlauben, Herrn Schmoll folgendes
zu erwidern:
Ls gibt Augenblicke, in denen man aus der sonst zur
Pflicht gemachten Reserve heraustreten muß; in denen
man sich selbst das Schweigen als ein Unrecht, als einen
Ruin planmäßiger Arbeit — fremder und eigener — an-
rechnen müßte. Lin solcher Augenblick kam für mich, als
ich die Eröffnungsrede des Kaisers las. Nicht, weil sie
den gegen die historische Betrachtung verstoßenden subjek-
tiven Irrtum enthielt, sondern weil der Ton, das Milieu,
die Zeit und das Zusammentreffen mit der Veröffentlichung
des Lenbach-Briefes sie objektiv zu einer Gefahr für den
auch von der „w. d. K." sorgfältig behüteten Kunstfrieden

stempelten; weil man befürchten mußte, daß das unhisto-
rische Urteil zu einem populären Schlagwort ausgemünzt
würde.
wissen Sie denn, daß Sie mit recht billigen Münzen
mich auszahlen wollen? Fühlen Sie nicht, daß Begriffe
wie „reiner Sinn, vornehme Auffassung, geistiger In-
halt usw." nichts anderes als wechselnde Wertverschrei-
bungen sind, die jede neue Generation für sich ganz neu
ausstellt, und die dann von den Besten dieser Gene-
rationen zur Einlösung gebracht werden müssen?
Zur Zeit, als diese Bilder, die jetzt bewundert in der
Schackgalerie hängen, gemalt wurden, standen die Werke
von Cornelius, Gverbeck u. a. am höchsten im Kurse, und
die Schöpfungen von Feuerbach, Böcklin und Marees er-
regten noch höchstes und allerhöchstes Mißfallen; sie waren
die damalige „Rinnsteinkunst". Nur wenige außer Schack
hatten soviel Gefühl und Blick für die Zukunft, daß sie
die Wertverschreibungen jener Jungen honorierten und
nicht a priori für wertlose wische erklärten. Endlich, nach
einem halben Jahrhundert, hat die allgemeine Achtung sich
jenen, den damals Jungen zugewendet; und nun wollen
Sie, als Künstler, befürworten, daß von derSchackgalerie,
der siegreichen Feste ehemaliger Kunstrevolution, auf die
neue Generation geschossen werde, daß man den Werken
jener Revolutionäre den Fluch der Popularität anhefte,
indem man sie gegen die jetzt Jungen ausspielt?
Legen Sie ruhig Ihr künstlerisches vermögen etwa in
den werten jener Schackschen Zeitgenossen an; was gut
und ehrlich in ihnen war, wird auch außer Zeitenkurs
seinen Ewigkeitswert behalten, wie auch im täglichen Leben
den außer Verkehr gesetzten Goldmünzen ihr Metallwert
bleibt. Doch überlegen Sie, ob es gerecht ist, die Wert-
verschreibungen anderer, neuerer, mit „Lümmelei" und
„Gleichheitsflegelei" zu bezeichnen. Niemand hat in diesen
Blättern den auch von Ihnen eingenommenen künstle-
rischen Standpunkt „als überlebt und rückständig" lächer-
lich gemacht. (Ich würde es als Redakteur niemals zu-
lasten!) Ebenso habe ich mich nur in Ihrer Phantasie
„auf die andere Seite" gestellt, wenn Sie meine bisherige
Schriftleitung besser verfolgt hätten, so würden Sie be-
merkt haben, daß es für mich weder Parteien noch Seiten
gab und geben darf, sondern daß ich nur eine Kunst
kennen will und nur eine historische Erkenntnis, die im
lebendigen Gefühl für die Tradition das Gute überall
sucht und achtet. Kritr: IieIIwL§.

Unsepe tieulige ösilage, üiö Mutm? ImMelin. Mls? 2,
bat tollenden Inbalt: Hans Oboma über Karben-
material uncl l^altecbnik. — Oie Kubens-Lilcler
cker Nünebner kinabotbelc. Von O. L. (Lcbluss.)
— Oie Oeltarben. Von Cornelius Klebing. — Oe-
tabräete Kunstsebatre.
Die ergebenst Unterzeichnete bittet unr
gefällige Einsendung des Kbonne-
mentsbetrags bis zum 20. dieses
Monats, andernfalls wird angenommen,
daß die Abholung des Betrags durch den
Postboten erwünscht ist. Bei einer solchen
erhöht sich aber die Summe um die Post-
spesen.
Leipzig, den 16. Oktober 1909.
Oie Geschäftsstelle
der „Werkstatt der Kunst".
 
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