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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Marcus, Otto: Kann das Reich etwas für die Künstler tun?
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Vermischter Nachrichtenteil
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0599

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Heft §3.

Die Werkstatt der Kunst.

593

Auf Original-Kunstwerke trifft doch absolut zu, was
in der mehrfach zitierten Reichstagsdebatte der Ne-
gierungsvertreter Staatssekretär Or. Lisko gesagt
hat: „Ls liegt im öffentlichen Interesse, gerade die
gehaltvollsten Werke dem nationalen Geistesleben
nach einer nicht zu lang bemessenen Frist und ohne
hemmende Schranken zugänglich zu machen." Nun,
wo ein „öffentliches Interesse" vorliegt, kann ein
Lnteignungsverfahren eingeleitet werden.
Daraus ergibt sich dann: Die Künstler sollten
bei der Rcichsregierung darum einkommen, daß für
die öffentlichen Sammlungen ein Lnteignungsrecht
an Werken der bildenden Kunst geschaffen werde.
Lin solches Gesetz müßte natürlich sehr sorgsam
durchgearbeitet werden. Um deutsche Kunstwerke
nicht ins Ausland zu drängen, müßte es ein Aus-
fuhrverbot einschließen, das von andrer Seite schon
längst angestrebt wird und das in Italien und
andern Ländern schon existiert. Der Besitzer eines
Kunstwerks müßte selbstverständlich mindestens den
Betrag erhalten, den er selbst oder die Vorbesitzer
gegeben haben, soweit nicht etwa Scheinkauf vorliegt.
Die Abschätzung hätte durch Sachverständige statt-
zufinden und könnte im Prozeßweg angefochten
werden. Die zur Enteignung berechtigten Samm-
lungen und das ihnen zustehende Gebiet müßten
festgestellt werden usw.
In der Praxis soll das Gesetz dahin führen, zu
verhindern, daß unter Berufung auf private An-
gebote der Staat zu unverhältnismäßig großen Auf-
wendungen gezwungen ist, oder daß die wertvollsten
Kunstschätze der Nation in Privatsammlungen ver-
graben werden oder nur ausnahmsweise und mit
Schwierigkeiten dem Publikum zugänglich sind. Um
noch einmal auf das oben zitierte Beispiel zurück-
zukommen. wenn der Leiter eines staatlichen Mu-
seums von den Lrben eines Sammlers ein Werk
für 6000 Mark erwirbt, so kann man nicht an-
nehmen, daß er die Lrben übers Ohr hauen wollte;
wenn unmittelbar darauf im Auktionsweg für das-

selbe Werk 30000 Mark geboten werden, so ist das
eine unnatürliche Steigerung, ein höchst unverdienter
und der Kunstxstege abträglicher Wertzuwachs.
Staatssammlungen sind häufig in einer Zwangslage,
sie müssen gewisse Werke haben coüte coüto,
und es ist allgemein bekannt, daß hohe Preise im
Privatkunsthandel häufig erst bedingt werden durch
die von den Staatssammlungen gezahlten. Alle diese
Riesensummen kommen weder den Künstlern noch
der Kunst selbst zugute. Ls find reine Spekulations-
gewinne.
Gewiß kommen auch ohne Lnteignungsgesetz
schon jetzt durch Stiftungen viele gute Werke in
den Staatsbesitz, aber das ist viel zu vereinzelt und
zufällig, häufig auch mit lästigen Bedingungen
verknüpft, es beweist aber auch, daß der Staat ein
gewisses moralisches Recht an den Kunstschätzen der
Nation hat. Line zu häufige Anwendung des Ge-
setzes ist nicht zu befürchten, da die öffentliche Auf-
stellung Bedingung sein müßte und der Raummangel
einschränkend wirken würde.
An Linwänden, namentlich von interessierter
Seite, wird es nicht fehlen. Man mag sagen, daß
das Ausland unserm Beispiel folgen würde und wir
keine hervorragenden ausländischen Werke mehr er-
werben könnten. Käme es wirklich so schlimm,
dann würde die deutsche Kunst das aushalten können,
im Wege des Austausches ließe sich übrigens auch
genug erreichen.
Vorläufig mögen erst mal die Künstler ihre
Zustimmung zu diesem Vorschlag geben.
Otto v/larcus.

Unme likuligg köilsgö, liiö Mvlm? klMttecim. M1ök llk. 22,
bat tollenden 1nbg.lt: Vn^ene Delacroix' DaZe-
bucb. Von llg.nl Oerbarllt. — Das LZI. Material-
prntnnALLint Oross-Dicbtertellle über Kcbtlarberei.
Von Dr. Deinricb llullor. — Wie scbüDt ing.n Ma-
lereien oller Isnt^vnrte Ze^en Ver8cbrnnt?nnAen?
Von j. M. 0. — 2nrn Kapitel OrnnllierunZ.

Vermischter DachrichlenteN.

- Geplante Ausstellungen -
Dresden. (Ausstellung der „Künstlervereinigung
Dresden l 9; o".) Die Einsendung der angemeldeten
Werke kann schon jetzt im Ausstellungsgebäude (Brühlsche
Terrasse) erfolgen.
Frankfurt a. M. (Programm für die t 2. Jahres aus-
stellung der Frankfurter Künstler im Kunstverein
19 l 0.) Ausstellungszeit: vom 30. (Oktober bis ein-
schließlich 27. November t9lo. Firnißtag am 29. Ok-
tober t9;o, festliche Eröffnung für eingeladene Gäste, die
ausstellenden Künstler und ihre Damen, sowie Vertreter der
Presse vormittags 1/^2 Uhr. Inhalt der Ausstellung:
a) Sachlich werden neue Kunstwerke für vier Gruppen zu-
gelaßen: I. Delgemälde, Aquarelle, Pastelle; II. Zeichnungen;
III. graphische Künste; IV. Plastik. Ausgeschl 0 ssen sollen
sein Werke, welche in Frankfurt bereits öffentlich
ausgestellt waren, sowie Kopien. Es dürfen für jede
Gruppe der Regel nach nicht mehr wie zwei und im ganzen
nicht mehr wie drei Werke desselben Künstlers Ausnahme

finden. Ls können zur Auswahl vier Werke im ganzen
eingesandt werden. Von den vorstehenden Bestimmungen
kann die Jury aus Kunstinteressen Ausnahmen gestatten,
b) Offen ist die Ausstellung für Frankfurter Künstler,
welche die bildende Kunst berufsmäßig und selbständig aus-
üben. Als solche gelten: I. Künstler, die ihren Wohn-
sitz in Frankfurt a. M. oder in der nächsten Umgebung
von Frankfurt a. M. haben; II. Künstler, die durch Ge-
burt oder längeren Aufenthalt in Frankfurt den
Frankfurter Künstlern zugerechnet werden. Soweit den
Künstlern die Beschickung der Ausstellung offensteht, ist
mit ihrer Zustimmung auch Anmeldung ihrer Werke von
dritter Seite gestattet. Anmeldung hat spätestens bis
;7. Oktober ;9;o zu erfolgen. Sie ist aus vorgeschriebenem
Formular an das Sekretariat des Frankfurter Kunstvereins
zu richten. Einlieferung der Werke auf Kosten der An-
meldenden bis spätestens 20. Oktober ;9;o an den Frank-
furter Kunstverein, Iunghosstraße 8.
Madrid. (Wellausstellungsprojekt Madrid 19(3-)
Nach einem kürzlich von dem spanischen Verkehrsminister
 
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