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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Juristischer Briefkasten der "Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft"
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Kaemmerer, Paul: Die Sorge unserer Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0303

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Heft 22.

Die Werkstatt der Kunst.

297

Steindruckereibesitzer*" ohne weiteres derartigen
vertraglichen Vereinbarungen gleichstehen und ge-
eignet sind, das Gesetz außer Kraft zu setzen. Diese
„Gebräuche" binden denjenigen, der sie nicht kennt,
überhaupt nicht und finden ferner keine Anwendung
aus alle Fälle, in denen jemand außervertraglich aus
einen Stein zeichnet. Nur wenn jemand in Kenntnis
der Gebräuche mit einem Mitglieds des „Vereins
Deutscher Steindruckereien" einen Vertrag über eine
Steinzeichnung schließt, wird man annehmen können,
daß er sich den Bestimmungen hat unterwerfen
wollen, die „Gebräuche" also Vertragsbestandteil
geworden sind.
Beanstandet worden ist ferner die zu Frage
9 gegebene Antwort, daß eine Tapetenfabrik künst-
lerische Tapetenentwürse in einer kunstgewerblichen
Zeitschrift veröffentlichen dürfe, wenn die Ver-
öffentlichung zu Reklamezwecken geschehe. Bei
nochmaliger Nachprüfung erscheint es in der
Tat bedenklich, ob das Recht der Tapetenfabrik
so weit geht. Die Veröffentlichung in einer Zeitschrift
liegt demjenigen Zweck, zu welchem die Entwürfe
geliefert worden sind, und der das Benutzungsrecht
der Tapetenfabrik umgrenzt, doch so fern, daß dem
Künstler nicht zugemutet werden kann, eine derartige
ohne sein Zutun erfolgende Veröffentlichung zu dulden.
2. ivl. in X. Dürfen in Preußen auf öffentlichen
Plätzen und Straßen Reiterdenkmäler von Personen, die
nicht dem regierenden Herrscherhause angehören, ohne
königliche Genehmigung errichtet werden?
Antwort: Der königlichen Genehmigung be-
dürfen alle Denkmäler für Mitglieder des königlichen
Hauses sowie diejenigen Denkmäler, welche auf
öffentlichen Straßen oder Plätzen in Berlin, Potsdam
und Tharlottenburg errichtet werden. Die Errichtung
von Reiterdenkmälern für Personen, die nicht dem
königlichen Hause angehören, unterliegt daher keiner
anderen Beschränkung als die Errichtung jedes
anderen Denkmals. Ls muß danach die Genehmigung
derjenigen Behörde, welcher die Straße oder der
Platz gehört, also gewöhnlich der Stadtgemeinde,
eingeholt werden und es dürfen keine verkehrs-
polizeilichen oder baupolizeilichen Bedenken bestehen.
3. O. in H. Line Kunstwerkstatt hat nach eigenem
Entwurf einen Silberpreis für eine sportliche Veranstaltung
ausgeführt, ohne ihren Namen in das Stück zu zeichnen.
Line andere Iuweliersirma, der das Stück zur Ausstellung vom
Besitzer übergeben worden war, hatte ihre Firma auf dem-
selben angebracht. Ist dies zulässig?
Antwort: Die Anbringung der Firma verstößt
gegen die guten Sitten und das Gesetz zur Be-
kämpfung des unlauteren Wettbewerbs, weil sie
gemäß K 9 Kunstschutzgesetzes den Anschein er-
weckt, daß die Zuwelierfirma Urheberin des
Werkes sei.
4. L. in Lin Maler erhält auf seine Bitte
die Erlaubnis, einen Herrn zu porträtieren, weil ihm das
Porträt einer bekannten Persönlichkeit als Lmpfehlung
dienen könne. Der Maler hängt das Porträt in verschiedenen
Stadtvierteln abwechselnd in Glaskästen aus. Darf der
Abgebildete widersprechen?

Antwort: Zudem sich der Abgebildete zu dem
ausgesprochenen Zwecke, dem Künstler als Lmpfehlung
zu dienen, porträtieren ließ, verzichtet er auf das
Recht am eigenen Bilde insofern, als er dem
Künstler die Ausstellung des Bildes gestatten muß.
Zn Frage kommen kann aber nur eine Ausstellung,
wie sie bei Erteilung der Erlaubnis vorausgesehen
werden konnte. Da nun die Ausstellung von Porträts
in Glaskästen an der Straße nicht üblich ist und
beim Vertragsschluß nicht vorausgesehen werden
konnte, hat der Abgebildete hiergegen ein wider-
spruchsrecht.
5. R.. rr. in W. Line Dame ließ ohne wissen des
Mannes ihr Kind porträtieren und schenkte das Bild dem
Mann, wer haftet für das Honorar des Künstlers?
Antwort: Aus Verträgen, die eine Ehefrau
ohne Zustimmung des Ehemannes schließt, haftet
sie nur mit ihrem vorbehaltenen vermögen, vor-
behaltenes vermögen sind die ausschließlich zum
persönlichen Gebrauch der Frau bestimmten Sachen
(insbesondere Kleider, Schmucksachen), ferner das-
jenige, was die Frau durch ihre Arbeit oder durch
den selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts
erwirbt und dasjenige, was durch Lhevertrag für
vorbehaltsgut erklärt ist. Zn der Annahme der
Schenkung durch den Ehemann wird man indessen
dann eine Zustimmung desselben zum Vertrags-
schluffe sehen können, wenn man bei der Annahme
von den Bedingungen, unter denen die Frau den
Vertrag geschlossen hat, Kenntnis gehabt hat. Falls
der Ehemann zugestimmt hat, haftet die Frau auch
mit ihrem in die Ehe eingebrachten vermögen, das
der Verwaltung und Nutznießung des Ehemannes
unterliegt. Zn keinem Fall haftet der Ehemann
mit seinem eigenen vermögen. Fällt indessen die
Zwangsvollstreckung gegen die Ehefrau fruchtlos
aus, so kann die Schenkung des Bildes angefochten
werden, und der Ehemann muß sich die Zwangs-
Vollstreckung in das Bild gefallen lassen.
Or. Krieckrick Rotke-Lerlin,
Syndikus der „Allgemeinen Deutschen
Kunstgenoffenschaft".

Vie Sorge unserer Teil

„wie leicht man doch mißverstanden werden kann!
Bei der letzten Generalversammlung des Münchener
Kunstvereins' kam ein Antragsteller bei der Begründung
eines seiner Anträge auch darauf zu sprechen, daß viele
Künstler so lange Zeit brauchten, um sich Anerkennung
zu verschaffen, und daß die Künstler im allgemeinen
nicht die nötige Achtung bei den übrigen Menschen ge-
nössen. Als Begründung für diese seine letztere An-
sicht glaubte der betreffende Künstler ein Wort des
Medizinalrates Or. von Gruber anführen zu müssen,
das da lautet: .weder die Kunst noch die Literatur sind
für die Existenz eines Volkes unentbehrlich; unentbehrlich
ist aber eine gesunde Zugend. Die Gesamtheit aller
Kunstwerke zusammen genommen ist nicht soviel wert
wie die Gesundheit unseres Nachwuchses.' Line gute
Motivierung für die aufgestellte Behauptung des Nicht-
geachtetwerdens der Künstler ist das ja nicht, wenn wir
 
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