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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Meyer, Bruno: Die Dauer der Schutzfrist
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D.W.D.K.: Union Internationale des Beaux Arts et des Lettres, Paris, 3
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Vermischter Nachrichtenteil
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0558

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Die Werkstatt der Kunst.

552

Heft HO.

Nur ganz kurz (weil die Lache hier anfängt, ins
Komische umzuschlagen,) will ich auch noch von einem mög-
lichen Einwande Notiz nehmen. Man sagt: Bestände das
ewige Urheberrecht, so würde sich jeder Schriftsteller usw.
hüten, seine Rechte völlig abzntreten; er würde Verträge
machen, nach denen ihm und seinen Erben für immer ein
Anteil an den Erträgen seiner Merke gesichert bliebe. Gut!
Denken wir uns, daß z. B. Licero (gestorben im Dezember
HZ v. Ehr.) in der Lage gewesen sei, solche Verträge zu
schließen, daß ferner, wie er selbst zwei erwachsene Kinder
hatte, auch später bei jedem seiner Nachkommen dasselbe
Verhältnis stattgehabt habe, und (sehr gering gerechnet!)
ein dreimaliger Generationswechsel im Jahrhundert sich
vollzogen habe; dann betrug in der sechzigsten Generation,
am Ende des ersten Jahrtausends nach seinem Tode —
unter Vtto dem Großen — die Zahl seiner gleichstehenden
Nachkommen (t2H94t82H; und wenn der Autorenanteil
an den Erträgen seiner Werke sich damals (vor fast (ooo
Jahren) so hoch belaufen hätte, wie gegenwärtig das Budget
des Deutschen Reiches, so wären auf jeden seiner Erben
entfallen: — ungefähr (.60 Mk.; die wohl so ziemlich für
die Kosten der Buchführung und der Verteilung draufgehen
würden. — Alles, was hiergegen geltend gemacht werden
kann (ich kenne die möglichen Einwürfe sämtlich), führt nur
zu anderen, womöglich noch tolleren Abstrufitäten.
Fünftens möchte ich, wenn auch kein allzu großer wert
aus dieses Argument gelegt werden kann, noch darauf Hin-
weisen, daß ein eigensinniger und hartnäckiger Gebrauch
von Eigentumsrechten, der sich ersichtlichen Interessen der
Allgemeinheit entgegenstemmt, ja auch in bezug auf das ge-
wöhnliche Eigentum durch die Enteignung gebrochen werden
kann, warum dann nicht bei dem sog. geistigen Eigen-
tums ebenso, wie man es grundsätzlich und allgemein er-
teilt hat, auch grundsätzlich und allgemein eine Enteignung
einsetzen soll an einem Zeitpunkte, an dem in der Regel
anzunehmen ist, daß das persönliche und Familienintcresse
des Urhebers mit der materiellen Verwertung dieses Rechtes
völlig auseinandergewachsen ist, — das, scheint mir, ist
nicht recht einzusehen. Die Förderlichkeit aber des Er-
löschens von Urheberrechten für die Vertiefung der all-
gemeinen Bildung ist bereits eine so handgreifliche Er-
fahrung, daß, wenn man nicht von selber schon die Uebcr-
zeugung von diesem Erfolge gehabt hätte, man sich heute
schwerlich ihr noch entziehen könnte, wenn heute gute
und reichliche Auswahlen aus Goethes Werken für H und
6 Mk. in jedes Haus gelangen können, wovon selbstverständ-
lich beim Fortbestehen des Privilegiums keine Rede sein
würde, so ist das eine Wohltat, die niemand höher ein-
schätzen würde, als gerade die Größten unter den geistigen
Wohltätern der Menschheit; und es ist schwer, ohne Heftig-
keit und Bitterkeit die selbstsüchtige Verbissenheit ganz
einzelner unter diesen hervorragenden Urhebern zu charakte-
risieren, die mit ihrem lärmenden Troß dafür gekämpft
haben, ihre Werke der Allgemeinheit bis auf eine kleine
Scheinöffentlichkeit vorenthalten zu dürfen.
An diese Stelle gehört übrigens auch noch die Er-
wähnung des Umstandes, daß an der ganzen Lache un-
glaublich wenig Urheber irgendein Interesse haben. An-
fangs des Jahres 1909 hat z. B. Ernst Lhallier sen. in
der „Allgemeinen Buchhändlerzeitung" (Nr. () die sämt-
lichen Komponisten zusammengestellt, die bei Lebzeiten „in
der Gunst ihrer Zeitgenossen standen", und deren Werke
seit dem Jahre (888 frei geworden sind bezw. bis (yz(
frei werden (bis (900 einschließlich gestorben); und unter
diesen befanden sich ausgerechnet zwei, von denen erwartet
werden kann, daß von dem Freiwerden ihrer Werke nun auch
wirklich noch andere als die bisher Berechtigten ernstlich zu

profitieren versuchen werden, und deren Schöpfungen vor-
aussichtlich auch selbst über fünfzig Jahre nach ihrem Tode
hinaus noch unverminderten Kurs behalten dürften, näm-
lich Richard Wagner und Johannes Brahms.
Unter den bis heute schon frei gewordenen bilden
vielleicht fünf oder sechs „immer noch ein begehrenswertes
Verlagsobjekt"; die anderen sind vergessen, oder verdanken
ein nicht bloß scheinbares weiterleben — meist in einer
kleinen Auslese aus ihren (manchmal die Tausendzahl
überschreitenden) Werken — gerade den durch ihr Frei-
werden möglich gewordenen handlichen und billigen Aus-
gaben. Diese Verhältnisse gestalten sich natürlich noch viel
abschreckender, wenn eine noch um zwanzig Jahre längere
Dauer der Schutzfrist in Betracht kommt.
Man soll sich nicht mit philiströser Prinzipienreiterei
für eine tatsächliche Belanglosigkeit einsetzen, um dann in
einem der überaus seltenen Ernstfälle entweder zähne-
knirschend unter empörender Unvernunft zu leiden, oder
die Beschämung zu erleben, daß das Anstandsgefühl der
durch ungesunde Künsteleien Bevorrechteten czuarrd rrrsmo
den Forderungen der Gesittung freie Bahn schafft (wie
augenblicklich gelegentlich des Ur-Meister!).
Onivn Internationale des 8eanx ^rts
et des I^ettres, k*aris. III
(vgl. die Artikel in den Heften (6 und 26.)
Wir haben in Heft 26 den deutschen General-
konsul in Paris etwas ironisch behandelt, weil er uns
über die obige Gesellschaft eine Auskunft gegeben hatte,
die uns nicht zu genügen und auf das Thema überhaupt
nicht einzugehen schien. Inzwischen hatten wir aber Ge-
legenheit, uns über das amtliche Auskunftswesen, besonders
in Frankreich, zu informieren. In Frankreich liegen die
Verhältnisse nämlich so, daß jemand, der eine unrichtige
Auskunft über eine Person gegeben hat, von dieser wegen
Schädigung ihres Rufes verklagt werden kann; in den
meisten Fällen erfolgt auch eine Verurteilung. Da liegt
es nahe, daß sich besonders eine amtliche Stelle der größten
Vorsicht befleißigt, zumal, wenn ihr der Anfragende nichl
persönlich bekannt ist. Deshalb war auch die uns ge-
gebene Auskunft in so vorsichtigen Redewendungen gehalten,
aus denen wir jetzt, nachdem uns die vorher geschilderten,
in Frankreich bestehenden rechtlichen Verhältnisse bekannt
geworden sind, eine ziemlich eindringliche Warnung heraus-
seseu können. Auch das Nachschlagen im pariser Adreß-
buch hatte, obwohl wir die genaue Adresse angegeben
hatten, dennoch seinen Sinn, weil eine Firma, die dort
nicht verzeichnet ist, mindestens nicht ohne weiteres
empfohlen werden kann — und die „Idrriorr Internationale
des Deaux /trts et des Eettres, Dari8" war nicht ver-
zeichnet. Wir sagen also jetzt gern, daß uns der deutsche
Generalkonsul in Paris, wenn auch in einem für uns
etwas pythisch und verklausuliert klingenden Amtsdeutsch,
so doch mindestens nicht gleichgültig beschieden hatte.
lieber die „Union Internationale des Leaux
^.rts et des Kettres, Daris" sind wir nun aber
aus anderer, sehr zuverlässiger (Duelle genauer informiert
worden. Die Auskünfte lauten leider so schlecht,
daß wir gezwungen sind, den deutschen Künstlern zur
grstzten Vorsicht gegenüber dieser Gesellschaft zu raten!
(Rodin zum Beispiel, der im stolzen „Ehrenkwmitec"
der „Union Internationale des 8eanx ^rts et des Kettres,
Daris" verzeichnet ist, kennt sie gar nicht! Es liegen
aber noch andere Bedenklichkeiten vor.) O. W. v. K.

Vermischter Nachrlchtentett.

- Geplante Ausstellungen -
Stuttgart. Die Errichtung eines Kunstausstellungs-
gebäudes auf dem alten Theaterplatz in Stuttgart über-

nehmen Krone, Staat und Stadt gemeinsam. Die Krone
stellt den wertvollen Platz und außerdem HZOOOO Mk. Bau-
kostenbeitrag, die Stadt Hooooo Mk., der Staat 200000 Mk.
zur Verfügung. Das Gebäude, das von Prof. Or. Theo-
 
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