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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Verband deutscher Kunstvereine
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Unzüchtige Abbildungen
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Vergehen gegen das Kunstschutzgesetz
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Vermischter Nachrichtenteil
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0530

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52h

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 38.

Vereine, welche die Fragebogen noch nicht ausgefüllt
haben, werden gebeten dies baldmöglichst zu tun
und sie der Zentralstelle des Verbands in
München, Galeriestr. sO, einzusenden. Das Er-
gebnis der Statistik wird sicher die von den einzelnen
Vereinsbehörden aufzuwendende Mühe reichlich lohnen.
Zu der Fassung der Aus stell uugsbed in gungen
des v. D. K. v. in Heft 35 unserer Zeitschrift ist berichtigend
mitzuteilen, daß es unter II „Verpackung" in Zeile 2 statt
Nägel Deckel heißen muß, in IV „Haftpflicht" Absatz 2,
Zeile t: Verluste, Zeile 2: ihrerseits, Zeile H: besonderer
Vereinbarung; Nr. V „Ausstellung" Absatz 2, Zeile H, wo
mit dem Satz: „Für Sonderausstellungen" ein neuer Absatz
beginnen könnte, ist zwischen können bezüglich und Gruppie-
rung noch einzufügen: Frachtvergütung.
(lnzücktige Abbildungen
In dem Verlage L. in München ist die Heinzesche
Uebersetzung des historischen Sittenromans Gaius Petro-
nius Arbiter Satyrikon erschienen. Dieser Roman
beschäftigt sich mit den Sitten- und Kulturzuständen des
alten Roms zur Kaiserzeit und enthält u. a. auch ausführ-
liche Abhandlungen über die lesbische Liebe, die Liebe zum
gleichen Geschlechte, des Zwittertums, und andere sittliche
Fragen. Der textlich geschmackvoll ausgestatteten Druck-
schrift sind Illustrationen beigegeben, die, ohne zu dem
Inhalte des Romans in näherem Zusammenhangs zu stehen,
allgemein die in dem Buche behandelten sittlichen Fragen
illustrieren sollen. Die Illustrationen bestehen zumeist aus
kunstvollen Federzeichnungen, die nackte männliche und
weibliche Körper darstellen und zu den behandelten sitt-
lichen Fragen in Beziehung bringen. Dem Anträge der
Polizeidirektion München, die Druckschrift einzuziehen,
weil Text und Illustrationen des Werkes geeignet seien, das
Schamgefühl gröblich zu verletzen, ist vom Landgericht
München nicht stattgegeben worden. Die Druckschrift, ein
Sittenroman der römischen Kaiserstadt, sei nach Aussage
von Sachverständigen ein wichtiger Beitrag zur Kultur-
geschichte der Antike. Sie ist ein Kunstwerk in ihrem
Sinne, nicht geeignet zum Massenvertriebe. Auch die dem
Werke beigegebenen Illustrationen seien nicht unzüchtig,
wenn auch die Illustrationen zu dem Inhalte des Romans
nur in losem Zusammenhänge stünden, so seien es doch
nur Bilder in antikem Stile, unter plastischem Hervortreten
der körperlichen Formen. In dieser Gestalt seien die Bilder
aber künstlerisch und so harmlos, daß das Schamgefühl
reiner, vor allem richtig empfindender Personen durch sie
nicht verletzt werden könne. Vor allem seien die Illu-
strationen nicht geeignet, lüsterne Vorstellungen zu erwecken.
Gegen die Entscheidung hatte die Staatsanwaltschaft
München Revision beim Reichsgerichte eingelegt,
die auch von der Reichsanwaltschaft vertreten wurde. Das
Landgericht habe den Begriff des Unzüchtigen vollkommen
verkannt und das den Illustrationen anhängende Beiwerk
nicht beachtet. Schon die Tatsache, daß die Illustrationen
mit dem speziellen Inhalte des Werkes nur in einem sehr
losen Zusammenhänge stünden, beweise, daß sie nur zur
Reklame dem Buche beigegeben seien, um durch Linwirken
auf das unsittliche Empfinden Käufer anzulocken. Mn un-
züchtig zu fein, fei nicht erforderlich, daß die Darstellung
von Nacktheiten lüsterne Vorstellungen in dem Beschauer
erwecke, es genüge vielmehr für den Begriff der Unzüchtig-

keit, wenn durch die Darstellung Ekel und Abscheu vor den
durch die Illustrationen versinnbildlichten Verhältnissen her-
vorgerufen werde. Das R eichsgericht verwarfdie Revision,
wenn auch die Illustrationen nur in einem losen Zusammen-
hänge mit dem Romane stünden, so deuteten sie doch
mittelbar auf den Inhalt desselben hin. Der hohe litera-
rische Inhalt des Werkes rechtfertige die Annahme des
Vorderrichters, daß die Illustrationen lediglich zur ver-
ständlichung dieses Inhaltes dem Inhalte beigegeben seien.
Nach dem Zeugnisse des Sachverständigen besäßen aber
auch die Illustrationen hohen künstlerischen wert und seien
nicht geeignet, für sich allein genommen unzüchtig zu wirken.
Deshalb erscheine auch die Unbrauchbarmachung der Illu-
strationen der Druckschrift als rechtlich unzulässig.
(Urteil d. R.-G. vom 28. Mai t9I0.)
Vergeben gegen clas Kunslscbulzgelelz
Der ZiseleurM. in Berlin war vom Landgerichte I
Berlin wegen vergehens gegen ß 32 Abs. t des Kunst-
schutzgesetzes vom 9. Januar t9O7 zu Geldstrafe ver-
urteilt worden, weil er durch vorsätzliche Vervielfältigung
und gewerbsmäßige Verbreitung das Urheberrecht an Werken
der plastischen Kunst verletzt habe. Der Kunsthändler K.
in Berlin hatte durch den Ankauf der Originale von fünf
Statuetten, einen Schmied, einen Arbeiter, ein holländisches
Mädchen, Sonne und Mond darstellend, zugleich auch deren
Urheberrecht erworben, das ihm ausschließlich, und zwar
auf unbestimmte Zeit zustand. K. hatte bei dem Berliner
Ziseleur M. die Anfertigung ziselierter Bronzeabgüsse in
Bestellung gegeben und war deshalb erstaunt, kurze Zeit
danach bei dem Kaufmann R. in Berlin schlecht aus-
geführte Abgüsse der von ihm verlegten Kunstwerke zu
Gesicht zu bekommen. K. hatte darauf bei der Staats-
anwaltschaft Strafantrag wegen aller Handlungen gestellt,
die mit der Verbreitung und Vervielfältigung im Zu-
sammenhänge stünden. Das Gericht stellte fest, daß M.
die Kopien der von ihm angefertigten Abgüsse an R. ge-
liefert hatte und verurteilte deshalb M. wegen vorsätzlicher
Vervielfältigung und gewerbsmäßiger Verbreitung ge-
schützter Kunstwerke. In seiner Revision vor dem Reichs-
gericht behauptete M., er habe geglaubt, daß die Schutzfrist
der Kunstwerke bereits abgelaufen sei. Das Gericht habe
zu unrecht angenommen, daß er gewerbsmäßig gehandelt
habe. Er habe aber nur t—5 Kopien von jeder Statuette
verkauft, darin könne nicht Gewerbsmäßigkeit erblickt werden.
Zum mindesten habe ihm als Angeklagten das Bewußtsein
der gewerbsmäßigen Verbreitung gefehlt, das nach ß 32
des Kunstschutzgesetzes Voraussetzung der Strafbarkeit sei.
Das Reichsgericht verwarf die Revision. Der Vorder-
richter habe einwandfrei festgestellt, daß M. die geschützten
Kunstwerke vervielfältigt habe. Ebenso sei erwiesen, daß
M. mit den Kopien Handel getrieben habe. Das Gericht
habe deshalb ohne Rechtsirrtum aus der erwiesenen Tat-
sache des Handels Gewerbsmäßigkeit gefolgert, tz 32 des
Kunstschutzgesetzes erfordere nicht, daß sich der Täter der
Gewerbsmäßigkeit seiner Handlungsweise bewußt sei. Ls
genüge vielmehr subjektiv, daß die Vervielfältigung und
Verbreitung mit willen des Täters geschehe, und daß sich
dieser dabei bewußt sei, daß er durch sie ein fremdes Ur-
heberrecht verletze, wenn M. der Meinung gewesen sei,
daß er sich der Gewerbsmäßigkeit seiner strafbaren Hand-
lungsweise bewußt sein müsse, so habe er sich in einem
Irrtum über das Gesetz befunden, der seine Strafbarkeit
nicht ausschließe.
(Urteil des Reichsgerichts vom Juni t9lv.)

Geplante Ausstellungen

Vermischter Nachrichten teil.
lung statt. Einschlägige Kunstwerke sind bei Prof. Vr. K.
Th. Gaedertz, Berlin XV, Genthinerstraße t5, bald an-
Bevlin. Jin Künstlerhaus findet vom t2. Juli bis An- zumelden. K!
fang Oktober eine Fritz Rcuter-Iahrhundertausstel- Frankfurt a. M. (Frankfurter Kunstlerbund.) Die
 
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