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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Faber du Faur, Hans von: Jury oder nicht?
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Ein falscher Velazquez in der Londoner Nationalgalerie?
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0250

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Die Werkstatt der Kunst.

heft 18

244

Konzertsäle und Theater veröden würden, wenn dort nicht
Kunst geboten wird. Eine Armee von Künstlern, die aus
Lahmen, Kranken und Krüppeln besteht, wird wenig Er-
oberungen machen. Man muß doch mit dem besten und
nicht mit dem schlechtesten Teil des Publikums rechnen
und des ersteren berechtigte Ansprüche befriedigen. Im
schlechtesten Tingeltangel werden Ansprüche gemacht und
eine Kunstausstellung sollte dieselben nicht machen dürfen?
Kurz und gut, der einfache gesunde Menschenverstand ge-
bietet Maßregeln, um die Kunst vor Profanierung zu
schützen. Und so lange, bis die Götter auf die Erde kom-
men und das Amt der Juroren übernehmen, müssen wir
dieses Amt Menschen übertragen.
Der Ansturm gegen die Jury geht natürlich immer
von denjenigen aus, welche zurückgewiesen wurden. Diese
finden stets eine Menge Gründe, gegen die Jurys zu
donnern, denn daß ihre Werke an ihrem Mißerfolg schuld
sein sollten, das sehen sie nicht ein oder wollen es nicht
einsehen. Daher sind die Salons der Refüsierten eine
ständig wiederkehrende Erscheinung geworden. Und nun
ist gar ein Verein mit dem hochklingenden Namen „Deut-
scher Künstlerverband" entstanden, der lediglich die Jury-
freiheit zu seinem Programm gemacht und auf Grund
dieses einschmeichelnden Programms rasch eine Menge
Mitglieder gewonnen hat. So etwas sollte doch eigentlich
eine Unmöglichkeit sein! Und das merkwürdigste: in diesem
verband erscheinen Namen, die stets und immer sich den
Jurys unterworfen haben, ja selbst das Amt eines Jurors
soundso oft ausgeübt haben. Soll nun ihr Erscheinen
in diesem Verbände auch ihrerseits ein Programm bedeuten
oder was sonst? Nun, wir werden ja sehen. Das aller-
allersonderbarste aber ist, daß die Herren des Verbandes nun
eine Vertretung in der Jury des „Kunstvereins München"
verlangen. Sie, die selbst keine Jury anerkennen, wollen
nun über andere zu Gericht sitzen! Uisum teneatis!
Und nun die Ausstellung im „Münchener Kunstverein"
selbst! Sie hätte noch schlimmer sein können. Ls waren
eine ganze Anzahl Werke da, die wohl jede Jury passiert
hätten. Aber es war doch eine Unmenge des Unreifen
und Ungenügenden vorhanden, namentlich zeichnerisches
Unvermögen trat vielfach kraß zutage. Und eine große
Anzahl von diesen Werken hätte wohl niemals eine ernst-
hafte Jury überstanden, man hätte höchstens ein ganz
hübsches Lachkabinett daraus zusammenstellen können. Gb
nicht wohl mancher von den Herren selbst große Augen
gemacht hat, als er nun da sein Werk unter anderen an
den wänden des „Kunstvereins" hängen sah? Es gehen
einem zuweilen die Augen auf in einem solchen Falle.
Noch eine Schlußbemerkung! Zweifellos ist es jedem
Schaffenden ein Bedürfnis und auch recht lehrreich, die
eigene Arbeit einmal in einem anderen Raum und unter-
anderen Werken zu sehen. Darum wäre es allerdings
wünschenswert, wenn ein derartiger Raum vorhanden
wäre, in dem auch regelmäßig solche Arbeiten zusammen-
kommen und in gegenseitigemAufeinanderwirken demKünstler
Maßstäbe abgeben können für sein eigenes Schaffen. Das
sind dann aber eigentlich keine Kunstausstellungen, sondern
Probierräume, und wer sich dafür interessiert, kann hin-
gehen und sehen, was da zu sehen ist. Unsere großen
Kunstausstellungen aber werden wir mit der Schutzmauer
der Jurys auch in Zukunft umgeben müssen, sonst ist es
damit aus und zu Ende. Kritr 8ssr.
wir haben den „Deutschen Künstler-Verband
München, L. V." darüber befragt, wie es sich mit dem
seltsamen und dem Wesen des Verbandes schnurstracks zu-
widerlaufenden Antrag „Es möchten künftig auch Mit-
glieder des Verbandes in die Jury des Kunstvereins
München ausgenommen werden" verhielte, wir empfingen
darauf die nachstehende Mitteilung vomAvorsitzenden
des „Deutschen Künstler-Verbandes München, L. V.", die
wir ans Billigkeitsgründen unseren Lesern bekanntgeben.
Die Schriftleitung.

Die Zuschrift lautet:
„was Ihre Anfrage bezgl. des Kunstvereins be-
trifft, so ist Ihnen allerdings eine ganz irrige Mit«
teilung gemacht worden. Der Ursprung dieses Irrtums
liegt wohl darin, daß der Naler Jean Pilliet, welcher den
Antrag vorbrachte, gleichzeitig Mitglied des Kunstvereins
und unseres Verbandes ist. Herr pilliet plädierte dafür,
daß in der Jury des ,K. v.' die Juroren nicht nur, wie
bisher, ausschließlich von der .Genossenschaft', .Secession',
.Luitpoldgruppe' und .Bayern' gestellt würden, sondern daß
in Zukunft auch die ca. 57 der Künstlermitglieder, welche
diesen Korporationen nicht angehören, dem Zahlenverhält-
nis entsprechend in der Jury vertreten sein möchten. Im
Sinne des Antrags wurde am th. Januar l. I. zum ersten
Male bei den Ergänzungswahlen Herr Maler Grönvold ge-
wählt, der den H Vereinigungen nicht angehört, aber auch
unserem verbände nicht. Unser verband konnte nicht daran
denken, einen derartigen Antrag zu stellen. Nur ein kleiner
Teil unserer hiesigen Mitglieder, kaum so, sind überhaupt
Mitglieder des ,K. v.' Von diesen hatten sich weniger als
die Hälfte, und nur in ganz privater weise, dem Antrag
des Herrn Pilliet angeschlossen.
Unsere offizielle juryfreie Ausstellung unter
Gleichberechtigung sämtlicher Aussteller wird in der Zeit
von etwa Ende Mai bis etwa Anfang August hier
im mittleren städtischen Schrannenpavillon statt-
finden. Voraussichtlich wird unsere ordentliche Mitglieder-
versammlung am Februar l. I. abgehalten. In derselben
werden die Ausstellungsbestimmungen endgültig fest-
gelegt. Dieselben werden etwa von Mitte Februar ab ge-
druckt und jedermann zugänglich sein. Die Mitgliederauf-
nahme wird ihren Abschluß finden, wenn der verfügbare
Raum voll in Anspruch genommen sein wird. Bemerken
will ich noch, daß die Kgl. Lisenbahndirektion unterm
t5. Januar l. I. uns auf allen bayerischen Bahnen
die frachtfreie Rückbeförderung der Ausstellungsgüter
für unsere Ausstellung gewährt hat. wegen derselben Ver-
günstigung auf den übrigen deutschen und in Betracht
kommenden außerdeutschen Bahnen ist uns weitere verbe-
scheidung in Aussicht gestellt.
was die Aeußerung des Herrn Prof. v. Zügel be-
trifft: .Diese Neuerung wird nicht einmal in Paris von
Dauer sein', so möchte ich Ihnen die ganz präzise Mit-
teilung machen, daß die Gesellschaft der .Inäckpencksnts'
auf der Grundlage der Iuryfreiheit in Paris am tl-Iuni
t88H in genau der heute noch bestehenden Form gegründet
wurde. Diese Neuerung ist also um 9 Jahre älter als die
hiesige .Secession'. Hinzufügen will ich noch, daß feit etwa
t852 die .Salons ckes Keluses' als Vorläufer der ,Inä6-
penckants' regelmäßig funktioniert haben. Sollten Sie in
der Lage sein, von diesen aufklärenden Berichtigungen Ge-
brauch zu machen, so wäre mir dies sehr erwünscht.
Hans von Kader äu Kaur."


6m falscher Velazquez in der
Londoner Nationalgalerie?


Das „Berliner Tageblatt" meldet unterm 2t- Januar
aus London:
„Ein falscher velazquez, ein Gemälde der Venus, ist
hier entdeckt worden. Die hiesige Nationalgalerie hat dieses
Werk vor zwei Jahren für 900000 Mk. erworben. Jetzt
will der Kunstforscher Sir William Richmond entdeckt
haben, daß sich in den Farben des velazquez Preußisch-
Blau befinde, eine Farbe, die erst vor t5O Jahren entdeckt
und in^Gebrauch) gekommen ist. Dem Kunstforscher tritt
der Lhemiker Sir Arthur Lhurch, der Professor für
Ehemie an der Londoner Akademie, bei und erklärt, daß
seine chemische Untersuchung die Fälschung des Gemäldes
ergeben habe. Das Bild war der Nationalgalerie schon
 
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