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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 9.1909/​1910

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Walther, Felix: Strafbare Nachbildung einer Photographie: (Urteil des Reichsgerichts vom 22. November 1909)
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D.W.D.K.: Union Internationale des Beaux-Arts et des Lettres in Paris
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In eigener Sache
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https://doi.org/10.11588/diglit.52069#0219

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Ore Werkstatt der Kunst.

Heft 46.

24z

490? geschützt. Nur der Urheber durfte das Werk ver-
vielfältigen und gewerbsmäßig verbreiten. Als Verviel-
fältigung gilt nach ß t5 Abf. ; auch die Nachbildung,
die zur Vermeidung von Zweifeln ausdrücklich der Ver-
vielfältigung gleichgestellt ist. Lin anderer, der in anderen
als den gesetzlich zugelassenen Fällen vorsätzlich ohne Ein-
willigung des Berechtigten die Photographie nachbildete,
machte sich der Vervielfältigung schuldig und damit nach
Z 32 des genannten Gesetzes strafbar, mochte auch die
Herstellung der Nachbildung nicht auf rein mechanischem
Wege entstanden sein, sondern ihrerseits eine eigene
schöpferische Tätigkeit erkennen lassen. Der letzt-
erwähnte Umstand war nach K Abs. 2 geeignet, dem
Nachbildner ein Ver bietungsrecht gegenüber Dritten,
die seine Nachbildung vervielfältigten, gewerbsmäßig
verbreiteten usw., zu geben, enthob ihn aber nicht seiner
strafbaren Verantwortlichkeit gegenüber dem Urheber
des Originalwerkes. Es ist hiernach gleichgültig, ob
das vom Angeklagten selbst oder in seinem Auftrage von
seinen Bediensteten hergestellte und von ihm gewerbs-
mäßig verbreitete Bild eine auf rein mechanischem Wege
entstandene Vervielfältigung oder eine eigner schöpferischer
Tätigkeit entsprungene Nachbildung mittels eines anderen
Verfahrens war. Anders läge die Sache nur dann, wenn
dem Angeklagten der K zur Seite stände, was die
Strafkammer rechtsirrtumfrei mit prozessual ausreichender,
von der Revision ohne Grund bemängelter Feststellung
verneint. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind
nur dann gegeben, wenn lediglich eine fremde künst-
lerische Idee benutzt, ausgestaltet und verarbeitet wird,
hinein fremden Werke nur die Anregung entnommen,
gleichzeitig aber ein auf eigener, künstlerisch-
schaffend erTätigkeit beruhendes, sonach neues Werk
geschaffen wird. Ls muß ein in seiner charakteristischen
'Gesamtindividualität neues Werk vorliegen, geringfügige
Abänderungen, denen kein neuer künstlerischer Gedanke
zugrunde liegt, genügen ebensowenig, wie bloße Weg-
lassung einzelner Teile, Veränderung in der Farbgebung,
dem Umfange, Beifügung neuer Zutaten.
Nicht zu beanstanden ist die Annahme, daß Ange-
klagter nicht nur hinsichtlich der gewerbsmäßigen Ver-
breitung, sondern auch hinsichtlich der Vervielfältigung
als Täter zu erachten sei. Täter ist nicht nur der-
jenige, der mit dem erforderlichen Vorsatze die Verviel-
fältigung herstellt, sondern auch der, welcher einen
anderen mit der Vervielfältigung beauftragt,
sie veranlaßt, durch andere Herstellen läßt. Ls ist des-
halb ohne Bedeutung, ob Angeklagter die Vervielfälti-
gung selbst hergestellt, oder sie durch seine Bediensteten
Herstellen ließ."
Die Revision wurde demgemäß verworfen. (Aktz.:
2 v 778/09.)

Union Internationale 6e8 8eanx-^.rts
et 6e3 I^ettres m Parts

Die Beschwerden über diese Gesellschaft mehren sich
derart, daß wir schon seit längerer Zeit den Künstlern auf
briefliche Anfragen bei uns den Rat erteilen mußten, von
einem Beitritt vorläufig noch abzusehen, bis wir das Re-
sultat unserer Umfrage übersehen und veröffentlichen
könnten. Selbstverständlich richteten sich unsere Nach-
forschungen auch nach Paris, obwohl man am Orte des
Schwindels selbst meist viel weniger weiß, als auswärts.
(Die obige Gesellschaft als schwindelhaft zu bezeichnen, sind
wir noch nicht berechtigt.) Die Gesellschaft liefert für den
Betrag von 8 Francs eine recht gute Zeitschrift. Bedenk-
licher ist ihr Gebühren in bezug auf die veranstalteten Aus-
stellungen, denn mehrere deutsche Künstler konnten trotz
vieler Reklamationen ihre dorthin gesandten Werke nicht
zurückerhalten. Im vorigen Jahre haben auch wir mehr-
fach direkt an die Gesellschaft geschrieben, ohne eine Ant-

wort zu erhalten; dagegen hat ein angesehener deutscher
Künstler, der sich im Lhren - Komitee der Gesellschaft be-
findet, nicht ungünstig über diese geurteilt.
Das Kaiserlich Deutsche Konsulat in Paris hat
die Freundlichkeit, über die Gesellschaft an Ort und Stelle
amtliche Erkundigungen einzuziehen, die dann an dieser
Stelle der Künstlerschaft mitgeteilt werden sollen.
V. W. V. K.

In eigener Zacke

Am 48. Januar, mittags 42 Uhr, findet
vor dem Schöffengericht in Groß-Lichterfelde ein
interessanter Kunstprozeß statt. Die „Kunstver-
einigung Berlin-München-Dresden-Düssel-
dorf", resp. deren Vorsitzender, der Hofmaler, Bild-
hauer und Kunstgewerbeschuldirektor Herr Schleu-
sing, hat den Redakteur der „Werkstatt der Kunst"
wegen Beleidigung verklagt.
Schon in Heft 40 des vorigen Jahrganges war
von uns die Einrichtung und das Gebahren der
„Kunstvereinigung" ausführlich besprochen worden.
Daraufhin erfolgten in den Heften 43 und 45
öffentliche Erklärungen des „künstlerischen Beirats",
Prof. T. Oesterley jun. in Blankenese, und des
„Zentralanzeigers für den deutschen Bilderhandel" als
des „offiziellen Vereinsorgans", die beide sich von
jeder Gemeinschaft mit der „Kunstoereinigung" los-
sagten. Diese drei Nummern find jeweils nach Er-
scheinen Herrn Schleusing zugestellt worden, ohne
daß von seiner Beite irgend etwas erfolgte. Erst
die Artikel in den Heften HO und Hs, i" denen
von Aufdeckungen des „Berliner Tageblattes", be-
treffend einen angeblichen Titelschwindel, berichtet
und aufs neue vor der „Kunstvereinigung" gewarnt
wurde, führten zu obiger Klage. Am 48. Januar
wird nun der Hofmarschall des Fürsten zu Lippe,
Herr Graf von Nittberg, der seinerzeit in einer
öffentlichen Erklärung Herrn Schleusing das Hof-
malerprädikat entzog, als Zeuge darüber ver-
nommen werden, ob Herr Schleusing vom Lippeschen
Hofe bevollmächtigt gewesen sei, fürstliche Hof-
lieferanten- und Kommerzienratstitel gegen
Bezahlung und Provision anzubieten. Ueber
die Qualität der durch die „Kunstvereinigung usw.
usw." vertriebenen Bilder, die für 25 Mk. ange-
boten werden und nicht unter 200 Mk. Wert haben
sollen, wird als gerichtlich geladener Sachver-
ständiger Herr Prof. Otto Günther-Naumburg,
Maler und Privatdozent an der Technischen Hoch-
schule in Berlin, urteilen. Seitens der klägerischen
Partei ist Herr Hofmaler Arthur Fischer aus der
Passage in Berlin, seitens der beklagten Redaktion
sind die Herren Prof. Otto Heinrich Engel, Mitglied
der Akademie, Maler Tarl Langhammer und Prof.
Rud. Schulte im Hofe, Vorsitzender des „Vereins
Berliner Künstler", als Sachverständige vorgeschlagen
worden. Inwieweit das Gericht auf diese Vor-
schläge eingehen wird, ist uns bei Schluß dieser
Nummer noch nicht bekanntgegeben worden.
 
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