Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 3./4.1921/22
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0210
DOI issue:
2. Dezemberheft
DOI article:Donath, Adolph: Gespräche mit Bode
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Die Sammlung Bachofen, die so um das Jahr 1800
gegründet wurde, enthält in der Hauptsache altdeutsche
und altniederländische Bilder sowie frühe Italiener. Da
ist ein Hauptwerk von Konrad Witz, da ein Memling,
da ein Quinten Massys, hier ein Cranach, hier ein
Schäufelin, hier der sogenannte Braur.schweiger Meister
(von ungefähr 1540), der aber, nach Bode, mit Unrecht
mit Jan van Hemessen zusammengeworfen wird. Tafel
fiir Tafel gehen wir durch — der Katalog der Sammlung
stammt von Rudolf F. F. Burckhardt — und eine Be-
merkung gibt die andere. Bode erinnert sich, daß dieser
Botticelli da an 3000 Lire gekostet hat und daß über-
haupt einige Hauptperlen der Sammlung zu ähnlichen
Auktionspreisen erworben worden sind, die man heute
natiirlich nicht mehr für diskutabel hält. Was nun den
Prozeß selbst betrifft, der um diese Sammlung ausgetragen
wurde, sei mitgeteilt, daß Frau Louise Bachofen die
Schenkung an die Basler Kunsthalle bereits vor zehn
Jahren gemacht hat, daß aber die Schenkung von ihren
Erben angefochten wurde.
Ein Porträt aus dieser Sammlung, das mir Exzellenz
Bode zeigt und das eine Wiederholung eines verloren
gegangenen Selbstporträts von Holbein ist, veranlaßt
mich, Bode um seine Ansicht über die von der Tages-
presse besprochene Daktyloskopie von Ge-
mälden zu fragen, die bei der Prüfung der beiden
Grottenmadonnen von Leonardo (Louvre in
Paris und National-Gallery in London) eine ausschlag-
gebende Rolle gespielt haben soil. Bode nun, der beide
Bilder für echte Werke Leonardos hält, während man
noch bis vor einiger Zeit die Londoner Grottenmadonna
bloß als Werkstattarbeit gelten ließ, spricht sich dahin
aus, daß die Fingerabdrücke sozusagen „auf
gleicher Stufe mit der Durchstrahlung der Bilder*)
stehen, was den Nutzen für Bestimmung der Meister
anlangt.“ „Nur ganz ausnahmsweise“, sagt er, „könnte
einmal ein gewisses Resultat dadurch unterstützt werden!
Wie und wo will man denn die Fingerabdrücke prüfen!
Alte Bilder haben doch regelmäßig verschiedene
Firnisschichten, eine über der andern. Diese
Firnislagen müßten bis auf die alte Malerei entfernt
werden. Wenn dann Fingerabdrücke sichtbar werden,
wie will man feststellen, ob sie vom Maler, von seinen
Gehilfen, vom Vergolder oder vom Restaurator, der die
alten Firnisse abnahm, herrühren! Daß der Maler beim
Malen gelegentlich mit dem Finger (Rembrandt sogar
ab und zu mit der „Maus“) gearbeitet hat, kommt erst
bei späten Malern, und auch bei ihnen nur selten vor.“
*) Vergl.: Bode, „Kunstexpertise durch Röntgenstrahlen“.
Der Kunstwanderer“ 2. Februarheft 1921.
Abb. 1
Stangenglas mit Email-
malerei, Höhe 27,5 cm
Abb. 3
Stangenglas mit Email-
malerei, Höhe 27,5 cm
Süddeutschland
(Franken), um 1580
Süddeutschland 1586
Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3
Abb. 2. Kupfervergoldeter Deckelhumpen mit bunter Hinterglasmalerei, Höhel9cm
Deutschland um 1600
Sammlung Dr. Max Strauß, Auktion bei Glückselig und Wärndorfer, Wien
gegründet wurde, enthält in der Hauptsache altdeutsche
und altniederländische Bilder sowie frühe Italiener. Da
ist ein Hauptwerk von Konrad Witz, da ein Memling,
da ein Quinten Massys, hier ein Cranach, hier ein
Schäufelin, hier der sogenannte Braur.schweiger Meister
(von ungefähr 1540), der aber, nach Bode, mit Unrecht
mit Jan van Hemessen zusammengeworfen wird. Tafel
fiir Tafel gehen wir durch — der Katalog der Sammlung
stammt von Rudolf F. F. Burckhardt — und eine Be-
merkung gibt die andere. Bode erinnert sich, daß dieser
Botticelli da an 3000 Lire gekostet hat und daß über-
haupt einige Hauptperlen der Sammlung zu ähnlichen
Auktionspreisen erworben worden sind, die man heute
natiirlich nicht mehr für diskutabel hält. Was nun den
Prozeß selbst betrifft, der um diese Sammlung ausgetragen
wurde, sei mitgeteilt, daß Frau Louise Bachofen die
Schenkung an die Basler Kunsthalle bereits vor zehn
Jahren gemacht hat, daß aber die Schenkung von ihren
Erben angefochten wurde.
Ein Porträt aus dieser Sammlung, das mir Exzellenz
Bode zeigt und das eine Wiederholung eines verloren
gegangenen Selbstporträts von Holbein ist, veranlaßt
mich, Bode um seine Ansicht über die von der Tages-
presse besprochene Daktyloskopie von Ge-
mälden zu fragen, die bei der Prüfung der beiden
Grottenmadonnen von Leonardo (Louvre in
Paris und National-Gallery in London) eine ausschlag-
gebende Rolle gespielt haben soil. Bode nun, der beide
Bilder für echte Werke Leonardos hält, während man
noch bis vor einiger Zeit die Londoner Grottenmadonna
bloß als Werkstattarbeit gelten ließ, spricht sich dahin
aus, daß die Fingerabdrücke sozusagen „auf
gleicher Stufe mit der Durchstrahlung der Bilder*)
stehen, was den Nutzen für Bestimmung der Meister
anlangt.“ „Nur ganz ausnahmsweise“, sagt er, „könnte
einmal ein gewisses Resultat dadurch unterstützt werden!
Wie und wo will man denn die Fingerabdrücke prüfen!
Alte Bilder haben doch regelmäßig verschiedene
Firnisschichten, eine über der andern. Diese
Firnislagen müßten bis auf die alte Malerei entfernt
werden. Wenn dann Fingerabdrücke sichtbar werden,
wie will man feststellen, ob sie vom Maler, von seinen
Gehilfen, vom Vergolder oder vom Restaurator, der die
alten Firnisse abnahm, herrühren! Daß der Maler beim
Malen gelegentlich mit dem Finger (Rembrandt sogar
ab und zu mit der „Maus“) gearbeitet hat, kommt erst
bei späten Malern, und auch bei ihnen nur selten vor.“
*) Vergl.: Bode, „Kunstexpertise durch Röntgenstrahlen“.
Der Kunstwanderer“ 2. Februarheft 1921.
Abb. 1
Stangenglas mit Email-
malerei, Höhe 27,5 cm
Abb. 3
Stangenglas mit Email-
malerei, Höhe 27,5 cm
Süddeutschland
(Franken), um 1580
Süddeutschland 1586
Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3
Abb. 2. Kupfervergoldeter Deckelhumpen mit bunter Hinterglasmalerei, Höhel9cm
Deutschland um 1600
Sammlung Dr. Max Strauß, Auktion bei Glückselig und Wärndorfer, Wien